Entwicklung eines E-Voting-Systems durch den Bund oder die Kantone (St. Iv. 19.312)

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Ende 2018 hatte der Kanton Genf sein seit 2003 bestehendes E-Voting System «CH-Vote», das neben Genf von vier weiteren Kantonen (AG, BE, LU, SG) eingesetzt worden war, aus Kostengründen eingestellt. Die Sicherheitsanforderungen waren als finanziell nicht mehr tragbar erachtet worden. Damit war kurzzeitig nur noch das System der Post in Betrieb gewesen, aber auch dieses musste 2019 aufgrund des Scheiterns eines Stresstests aufgegeben werden. Mit einer Standesinitiative versuchte der Kanton Genf in der Folge, das Heft wieder in die Hand zu bekommen. Der Genfer Grosse Rat forderte, dass der Bund zusammen mit den Kantonen ein neues System auf der Grundlage des Genfer «CH-Vote» entwickeln solle. E-Voting müsse vollständig von der öffentlichen Hand kontrolliert werden – eine Spitze gegen das vom spanischen Unternehmen Scytl hergestellte System der Post. Vollständige Transparenz, die notwendig sei für ein E-Voting-System, könne von Privaten nicht gewährleistet werden, so die Begründung in der Standesinitiative. Da der Kanton Genf bereits CHF 6.7 Mio. in sein Open-Source-System investiert habe, bestehe hier eine gute Basis für eine vom Bund zu finanzierende Weiterentwicklung eines E-Voting-Systems.
Zusammen mit zwei parlamentarischen Initiativen zum Thema E-Voting (Pa.Iv. Müller (fdp, LU; 18.427) und Pa.Iv. Zanetti (svp, ZH; 18.468) gab der Ständerat in der Herbstsession 2020 auch dem Genfer Ansinnen keine Folge. Die SPK-SR hatte sie zuvor mit 11 zu 0 Stimmen (ohne Enthaltungen) zur Ablehnung empfohlen, weil sie eine Beteiligung des Bundes an der Entwicklung eines E-Voting-Systems als nicht sinnvoll erachtete: Dies sei Sache der Kantone, erklärte die Kommission. In der Ratsdebatte lehnte es die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) trotz Loyalität und Treue gegenüber ihrem Kanton ab, einen Gegenantrag zum Kommissionsantrag zu stellen. Da die Motion Sommaruga (sp GE; Mo. 20.3908) zur Vorbehandlung an die SPK-SR überwiesen worden sei, könne auch ohne Annahme der Initiative im Sinne Genfs weitergearbeitet werden.

Dossier: Vote électronique

In der Sommersession 2021 verwarf auch der Nationalrat die Standesinitiative des Kanton Genfs für eine Weiterentwicklung eines E-Voting-Systems. Grundlage für den diskussionslosen Entscheid war ein Bericht der SPK-NR, die mit 18 zu 2 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) empfohlen hatte, dem Begehren aus Genf, das kantonseigene E-Voting-System mit Unterstützung des Bundes weiterzuentwickeln, keine Folge zu geben. Zwar sei die Idee, dass ein System für Abstimmen per Internet vom Bund und nicht von Privaten entwickelt werde, in der Kommission auf Sympathie gestossen, aber sich dabei lediglich auf den Genfer Entwurf alleine abzustützen, sei zu eng, hatte die Kommission ihre Empfehlung begründet. Nachdem also auch die grosse Kammer das Begehren abgelehnt hat, ist dieses vom Tisch.

Dossier: Vote électronique