Auszahlungsmodell für Dienstleistungen von Dritten im Bereich der Invalidenversicherung

Als PDF speichern

Im März 2021 reichte die SGK-NR eine Motion ein, mit der sie die Vergütung von Dienstleistungen von Dritten in der Invalidenversicherung neu regeln wollte. Zur Eingliederung von IV-beziehenden Menschen in den Arbeitsmarkt kann die IV Hilfsmittel bezahlen, wozu teilweise auch Dienstleistungen Dritter gezählt werden – etwa Gebärdensprachdolmetschende, Schriftdolmetschende, Vorlesedienste oder Transportdienste. Aktuell werden solche Dienste monatlich durch die IV vergütet, wobei der Höchstbeitrag beim anderthalbfachen Mindestbetrag der ordentlichen Altersrente liegt. Diese Regelung erachtete die Kommission als zu starr, da es den Betroffenen dadurch nicht möglich sei, «arbeitsintensivere Monate mit weniger intensiven Monaten zu kompensieren». Dadurch seien die Betroffenen in ihrer Arbeitstätigkeit eingeschränkt, schlimmstenfalls drohe ihnen dadurch gar der Arbeitsplatzverlust. Neu sollen die entsprechenden Mittel folglich jährlich ausbezahlt werden, wodurch die Betroffenen die Nutzung der Dienstleistungen selbständig planen könnten.
Bei der Behandlung der Motion im Nationalrat in der Sommersession 2021 lag ein Minderheitsantrag Rösti (svp, BE) auf Ablehnung der Motion vor. Der Minderheitensprecher hob ebenfalls die Wichtigkeit dieser Instrumente für die Integration der betroffenen Personen hervor, scheute sich aber aus Finanzierungsgründen vor einem «zusätzlichen Ausbau» bei der IV. Durch die Änderung könnte der tiefere Bedarf gewisser Monate, wie er bisher aufgetreten sei, über ein Jahr hinweg kompensiert werden, was insgesamt zu höheren Kosten führen könne. Zudem habe die Verwaltung in Aussicht gestellt, dass eventuell eine beschränkte Umsetzung auf Verordnungsebene möglich sei. Gesundheitsminister Berset unterstützte die Motion im Namen des Bundesrates, schätzte die maximalen Mehrkosten auf CHF 350'000 pro Jahr und hob entsprechend den geringen Anteil dieser Änderung an den Gesamtkosten der IV hervor. Mit 133 zu 50 Stimmen nahm der Nationalrat die Motion an, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-Fraktion.

Ende Januar 2022 befasste sich die SGK-SR mit der Motion ihrer Schwesterkommission, welche die Vergütung der Dienstleistungen von Dritten in der IV jährlich statt monatlich auszahlen wollte, wobei sie einstimmig deren Annahme beschloss.
In der Frühjahrssession 2022 beugte sich der Ständerat über die Motion, wo Maya Graf (gp, BL) die Haltung der Kommission vertrat: Die Umstellung von einem monatlichen zu einem jährlichen Abrechnungsmodell trage «den unterjährigen Schwankungen der Arbeitslast von Menschen mit Behinderung besser Rechnung». Ausserdem stärke man damit die Arbeitsmarktintegration und erhöhe die Eigenständigkeit von Betroffenen, so Graf. Weitere Vorteile seien die Umstände, dass Arbeitgebende besser mit Schwankungen der Arbeitslast über das Jahr hinweg umgehen könnten und die Kosten der Massnahme «vertretbar» seien. Auch Bundesrat Alain Berset weibelte in der kleinen Kammer für eine Annahme der Motion, da das Anliegen auch bereits von verschiedenen privaten Behindertenorganisationen gegenüber der Verwaltung vorgebracht worden sei. Der Ständerat folgte den Empfehlungen des Bundesrats und seiner Kommission und nahm die Motion stillschweigend an.

In der Sommersession 2024 folgten die beiden Kammern dem Antrag des Bundesrats und beschlossen die Motion der SGK-NR, welche ein Jahreskontingent statt eines monatlichen Auszahlungsmodells für die Dienstleistungen von Dritten in der IV forderte, abzuschreiben. Der Bundesrat erklärte in seinem Bericht über die Motionen und Postulate 2023, dass man den entsprechenden Artikel der HVI angepasst habe.