Alimentenbevorschussung harmonisieren (Pa.Iv. 19.459)

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Valérie Piller Carrard (sp, FR) erinnerte mit Verweis auf den Bericht des Bundesrates zum Nationalen Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut 2014–2018 in einer parlamentarischen Initiative daran, dass Einelternhaushalte besonders häufig von Armut betroffen seien. Die Alimentenbevorschussung, also die Bevorschussung der Alimente durch die öffentliche Hand, sofern der für den Unterhalt verantwortliche Elternteil seinen Unterhaltsleistungen nicht nachkommt, könne helfen, solche Armut zu bekämpfen, so die Initiantin. Die kantonalen Regelungen seien diesbezüglich jedoch sehr unterschiedlich, weswegen eine Harmonisierung der Alimentenbevorschussung zu schaffen sei, die es allen betroffenen Personen unabhängig ihres Wohnkantons erlauben würde, das eigene Existenzminimum und dasjenige der Kinder zu decken.
Während die RK-NR der Initiative im August 2020 mit 15 zu 10 Stimmen Folge gab, entschied die ständerätliche Schwesterkommission im Februar des Folgejahres mit 8 zu 5 Stimmen anders. Sie erachtete eine Harmonisierung nicht als zielführend, da sich eine harmonisierte Alimentenbevorschussung «in ein System der Sozialhilfe einfüg[en würde], das insgesamt in die Kompetenzzuständigkeit der Kantone fällt».

Im November 2021 korrigierte die RK-NR ihren im Sommer 2020 gefällten Entscheid und stellte sich gegen eine Harmonisierung der Alimentenbevorschussung, wie sie eine parlamentarische Initiative Piller Carrard (sp, FR) verlangte. Mit 12 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung beantragte sie ihrem Rat, der Initiative keine Folge zu geben, um die Kompetenzen der Kantone nicht zu beschneiden. Letztere seien am besten in der Lage, den «unterschiedlichen Verhältnissen in ihren Gebieten» angemessen Rechnung zu tragen. Die Minderheit erachtete Folgegeben aufgrund fehlender Rechtsgleichheit als notwendig. Zudem würden Unterhaltspflichtige und -berechtigte oftmals in unterschiedlichen Kantonen leben.

In der Frühjahrssession 2022 folgte der Nationalrat dem Antrag seiner RK-NR und stimmte gegen eine Harmonisierung der Alimentenbevorschussung auf Bundesebene. In der parlamentarischen Debatte hob die Initiantin Valérie Piller Carrard (sp, FR) hervor, dass sowohl die SODK als auch die SKOS bereits seit mehreren Jahren kantonsübergreifende Lösungen zur Alimentenbevorschussung forderten. Des Weiteren sei einer Standesinitiative des Kantons Zürich zur Harmonisierung der Alimentenbevorschussung (Kt.Iv. 09.301) von den Rechtskommissionen beider Räte Folge gegeben worden, diese sei dann aber unter «unklaren Umständen» abgeschrieben worden. Die Notwendigkeit einer bundesweiten Harmonisierung bestehe weiterhin, insbesondere da die beiden Elternteile oftmals in verschiedenen Kantonen lebten. Auch Nationalrätin Tamara Funiciello (sp, BE) argumentierte, dass aufgrund der unterschiedlichen Regelungen und der damit verbundenen ungleichen Beiträge an alleinerziehende Eltern vor allem Kinder unter Armut leiden würden. Die Gegnerinnen und Gegner der parlamentarischen Initiative hoben hervor, dass einige Kantone alleinerziehenden Eltern und/oder armutsbetroffenen Familien zusätzliche soziale Unterstützung zukommen lassen würden, was nicht direkt in der Alimentenbevorschussung abgebildet werde. Abschliessend entschied der Nationalrat mit 109 zu 82 Stimmen bei 3 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Den geschlossen gegen den Vorstoss stimmenden Fraktionen der SVP und FDP schlossen sich ein Mitglied der Grünliberalen und eine grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion an.