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  • Droit du mariage et du divorce

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Im Juni 2024 gab die RK-NR einstimmig einer parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS) Folge, welche für Kinder unverheirateter Eltern im Grundsatz das gemeinsame Sorgerecht ab der Geburt forderte. Damit würde die Regelung für unverheiratete Eltern an diejenige für verheiratete Eltern angeglichen. Die Kommission behandelte die Initiative zeitgleich mit einer Reihe von Geschäften, welche die gemeinsame elterliche Verantwortung im Trennungs- und Scheidungsfall stärken wollten – ein Anliegen, dem die Kommission gänzlich positiv gegenüberstand.

Kinder unverheirateter Eltern. Für eine gemeinsame elterliche Sorge ab der Geburt (Pa.Iv. 24.419)
Dossier: Nouvelle réglementation de la responsabilité parentale 2012–2017

In der Sommersession 2024 widmeten sich die beiden Räte der einzigen Differenz in der Vorlage über die Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten. Zuerst war der Ständerat am Zug, der einstimmig an seiner Version mit richterlicher Interessenabwägung für eine allfällige Weiterführung von Ehen mit minderjährigen Personen zwischen 16 und 18 Jahren blieb. Wie RK-SR-Sprecher Jositsch (sp, ZH) erneut betonte, gehe es bei der vorliegenden Ausnahmemöglichkeit nicht um Zwangsehen – diese seien sowieso verboten –, sondern um freiwillige Eheschliessungen, die in diversen europäischen Staaten – wie beispielsweise Schottland – legal seien. Es mache keinen Sinn, hier faktisch eine Zwangsscheidung bei der Einwanderung von entsprechenden Ehepaaren in die Schweiz einzuführen. Namens des Bundesrates bekräftigte auch Justizminister Beat Jans erneut seine Zustimmung für diese Variante. Der Nationalrat blieb jedoch mit 125 zu 64 Stimmen – eine Allianz aus Links-Grün und der SVP-Fraktion überstimmte die bürgerlichen Mitteparteien – ebenfalls dabei, die vorgesehene Interessenabwägung aus dem ZGB zu streichen, um keine Ausnahmen fürs Fortbestehen von Minderjährigenheiraten zu ermöglichen.
In seiner dritten Behandlung der Vorlage ergänzte der Ständerat schliesslich eine Präzisierung des betroffenen Artikels, wonach der richterliche Entscheid zur Weiterführung der Ehe ausdrücklich als Ausnahme deklariert wird, und kam damit dem Nationalrat entgegen. Bundesrat Beat Jans zeigte sich mit dieser Präzisierung einverstanden und versprach, nach einer gewissen Zeit eine Auswertung der Auswirkungen dieser neuen Rechtslage zu veranlassen. Diese Lösung wurde folglich auch von der RK-NR mehrheitlich unterstützt, worauf der Nationalrat diesen Vorschlag einhellig guthiess. In den Schlussabstimmungen wurde das Geschäft von beiden Räten einstimmig verabschiedet.

Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten (BRG 23.057)

Nachdem der Ständerat im März 2024 die Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten mit einigen kleinen Anpassungen gegenüber der Botschaft des Bundesrates angenommen hatte, behandelte in der Sommersession 2024 der Nationalrat die entsprechenden Änderungen im ZGB und IPRG. Die vorberatende RK-NR begrüsste die Vorlage mehrheitlich und empfahl deren Annahme. Der Nationalrat schuf lediglich eine Differenz zur Kantonskammer, indem er die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Ständerat präzisierte richterliche Interessenabwägung von noch minderjährigen Ehegatten oder Ehegattinnen auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit aus dem Gesetz strich. Wie Mehrheitssprecherin Sibel Arslan (basta, BS) im Plenum ausführte, schwäche dieser Zusatz die geplanten Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten. Er ermögliche Ausnahmen, die mitunter den Druck auf Minderjährige erhöhten, ein überwiegendes Interesse am Fortbestehen der Ehe auszuweisen, beispielsweise durch eine Schwangerschaft. Eine Kommissionsminderheit um Patricia von Falkenstein (ldp, BS) wollte den Zusatz beibehalten, um die Flexibilität – beispielsweise bei Eheschliessungen kurz vor dem 18. Lebensjahr – zu gewährleisten. Bundesrat Beat Jans sprach sich im Namen der Regierung ebenfalls für die Minderheit von Falkenstein aus, fand damit im Rat aber keine Mehrheit. Der Antrag auf Streichung der Interessenabwägung wurde von einer Allianz bestehend aus der SVP-Fraktion und Links-Grün mit 122 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.
In der Gesamtabstimmung votierte der Nationalrat einstimmig für den Entwurf. Das Geschäft ging zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat.

Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten (BRG 23.057)

Ein im April 2024 in Erfüllung eines Postulats Silberschmidt (fdp, ZH) publizierter Bericht fand keinen Nachweis dafür, dass die Gerichte einer Förderung der alternierenden Obhut im Wege stehen würden. Tatsächlich würde die alternierende Obhut zwar nach wie vor nur selten beschlossen, doch sei dies in erster Linie den «realen Lebensumständen» geschuldet – also namentlich weit auseinanderliegenden Wohnorten sowie der beruflichen und finanziellen Situation der beiden Elternteile –, folgerte der Bundesrat in seinem Bericht. Diese Rückschlüsse zog der Bundesrat nach Kenntnis zweier durch das Büro BASS in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich erstellter Studien, die in Erfüllung des Postulats in Auftrag gegeben worden waren und die unter anderem die Gerichtspraxis in fünf Kantonen untersuchten. Die Studien zeigten auch auf, dass die alternierende Obhut in der Romandie verbreiteter ist als in der Deutschschweiz, was auf die stärkere Erwerbsintegration der Westschweizer Mütter vor der Trennung zurückgeführt wurde. Zudem kam sie zum Schluss, dass die Regelung der Obhut nach einer Trennung oder Scheidung in den meisten Fällen einvernehmlich erfolge. In Fällen, wo dies nicht der Fall ist, wurde den Richterinnen und Richtern ein gutes Zeugnis attestiert im Versuch, eine Einigung zu erzielen und individuelle Lösungen für die Kinder zu finden. Auch gaben die im Rahmen der Studien befragten Richterinnen und Richter zu Protokoll, dass die Betreuungszeiten der Väter seit der Revision des Kindesunterhaltsrechts von 2017 generell zugenommen hätten und im Unterschied zu den früher üblichen Besuchen, die jeweils jedes zweite Wochenende stattfanden, nun auch «einzelne regelmässige Betreuungszeiten unter der Woche» umfassten.
Aufgrund all dieser Erkenntnisse folgerte der Bundesrat, dass es keiner weiteren Revision des Zivilgesetzbuches bedürfe. Vielmehr anerkannte er die Wichtigkeit gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und verwies auf die im Aktionsplan der Gleichstellungsstrategie 2030 aufgeführten Massnahmen, denn je ausgeglichener die Betreuungsverhältnisse bereits vor der Trennung seien, desto gleichmässiger verteilt seien sie auch nach der Trennung. Nicht zuletzt ortete der Bundesrat Handlungsbedarf im Bereich der Familienverfahren und Familiengerichtsbarkeit, wobei er auf laufende Abklärungen in Erfüllung mehrerer Postulate hinwies (Po. 19.3503; Po. 19.3478; Po. 22.3380; Po. 23.3047). Ebenfalls unterstützte er die Prüfung von möglichen Vereinfachungen der Unterhaltsberechnung. Auch dies entspricht der Forderung eines bereits überwiesenen Postulats (Po. 23.4328).

Evaluation der Gerichtspraxis nach der Revision des Unterhaltsrechts mit Fokus auf Obhuts- und Besuchsrechtsregelung (Po. 21.4141)
Dossier: Nouvelle réglementation de la responsabilité parentale 2012–2017

Nachdem der Bundesrat im Sommer 2023 eine Botschaft mit Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten verabschiedet hatte, begrüsste die zuständige RK-SR die Vorlage grossmehrheitlich und empfahl deren Annahme. Sie beantragte lediglich einige Präzisierungen: Wie Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) im Ratsplenum ausführte, sollten Artikel 105a und 9a ZGB dahingehend präzisiert werden, dass sowohl Ehen als auch eingetragene Partnerschaften einer zwingend erforderlichen gerichtlichen Einzelfallprüfung mit Interessenabwägung der beiden inzwischen volljährigen Eheschliessenden unterliegen sollen, wenn eine der betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Ungültigkeitsklage noch minderjährig war. Nur wenn das Gericht ein überwiegendes Interesse der noch minderjährigen Person feststellt, soll die bestehende Ehe weitergeführt werden können. So werde verhindert, dass eine vorgelagerte Behörde die Entscheidung vorwegnehmen könnte und es würden in spezifischen Einzelfällen Abweichungen von der Gesetzgebung ermöglicht, erläuterte Jositsch. Weiter beantragte die Kommission, in der Ehe-Definition von Artikel 181a StGB die religiöse Ehe explizit miteinzuschliessen, sodass diese äquivalent zur zivilen Ehe gehandhabt werde. Justizminister Beat Jans begrüsste namens des Bundesrates die vorgeschlagenen Änderungen, da diese bereits der Stossrichtung des bundesrätlichen Entwurfs entsprächen. In der Frühjahrssession 2024 unterstützte der Ständerat die Änderungsanträge seiner Kommission und nahm den so angepassten Entwurf in der Folge einstimmig an. Trotz Zustimmung in der Gesamtabstimmung hatte Marianne Binder-Keller (mitte, AG) vorgängig hingegen prinzipielle Bedenken zur richterlichen Abklärung des «freien Willens» von Ehegattinnen und Ehegatten geäussert, weil dieser bei Minderjährigenheiraten grundsätzlich nicht gegeben sei. Sie hoffte, dass ihre Bedenken von der RK-NR in deren Diskussion aufgenommen würden.

Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten (BRG 23.057)

In Umsetzung der parlamentarischen Initiative Stamm (svp, AG) legte die RK-NR im November 2023 einen Entwurf zur Änderung des Zivilgesetzbuches vor. Die darin geregelte Namensführung von Eheleuten und Paaren in eingetragener Partnerschaft soll um die Möglichkeit eines amtlichen Doppelnamens erweitert werden. Wie sie in ihrem Bericht erklärte, orientierte sich die Kommission an der in der Vernehmlassung am besten aufgenommenen Variante und bezog auf Anregung eines grossen Teils der Stellungnehmenden zusätzlich die Kinder mit ein.
Neu sollen sich beide Partner unabhängig voneinander für einen Doppelnamen mit oder ohne Bindestrich entscheiden können, wobei der Name des Partners bzw. der Partnerin dem eigenen Namen angefügt, nicht vorangestellt, wird. Wählt das Paar einen der beiden Ledig- oder bisherigen Namen zum Familiennamen, muss dieser im Doppelnamen an erster Stelle stehen. Ist dieser Name bereits ein Doppelname, kann kein dritter Name hinzugefügt werden. Im Doppelnamen können nicht mehr als zwei Namen getragen werden. Trägt eine der beiden Personen bereits vor der Eheschliessung bzw. Eintragung der Partnerschaft einen Doppelnamen, muss sie sich für einen davon entscheiden, um einen neuen Doppelnamen bilden zu können. Davon ausgenommen sind historisch gewachsene, sogenannte echte Doppelnamen.
Ein Doppelname kann auch zum Familiennamen erklärt werden. In diesem Fall tragen beide Partner sowie die gemeinsamen Kinder den gleichen Doppelnamen. Wird kein Familienname bestimmt oder sind die Eltern nicht verheiratet, können gemeinsame Kinder künftig dennoch einen Doppelnamen tragen, der sich aus den Namen der Eltern zusammensetzt, wobei alle Geschwisterkinder denselben Namen tragen müssen. Wenn bei unverheirateten Eltern ein Elternteil bereits einen Doppelnamen trägt, zum Beispiel durch eine frühere Heirat, kann dieser ebenfalls an die Kinder weitergegeben werden.
Angepasst werden muss darüber hinaus die Regelung für das Bürgerrecht der Kinder. Im Grundsatz sollen die Kinder wie bisher das Kantons- und Gemeindebürgerrecht desjenigen Elternteils erhalten, von dem sie den Namen übernehmen. Kinder mit Doppelnamen, der sich aus den Namen beider Elternteile zusammensetzt, sollen neu beide mit den Namen verknüpfte Kantons- und Gemeindebürgerrechte erhalten. Dies werde bereits heute so gehandhabt, wenn Kinder nach ausländischem Namensrecht die Namen beider Elternteile erhielten, führte die Kommission im Bericht aus.
Mit der Einführung der amtlichen Doppelnamen wird der gewohnheitsrechtliche, nicht amtliche Allianzname abgeschafft. Statt eines Allianznamens soll künftig ein Doppelname mit Bindestrich geführt werden können, der sowohl im Ausweis als auch im Personenstandsregister so eingetragen wird. Für bereits nach bisherigem Recht verheiratete oder in eingetragener Partnerschaft lebende Personen ist die Möglichkeit vorgesehen, dass sie den gewohnheitsrechtlich geführten Allianznamen als amtlichen Namen eintragen lassen können. Alternativ sollen sie durch einfache Erklärung einen Doppelnamen nach neuem Recht bilden können.
Der Entwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Égalité entre les femmes et les hommes dans le droit du nom

Mit der im Januar 2017 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsrevision wurde ein sogenannter Betreuungsbeitrag eingeführt, der vom unterhaltspflichtigen Elternteil an den obhutsberechtigten Elternteil zu entrichten ist. Die Mehrheit der RK-NR war besorgt, dass diese Entschädigung des obhutsberechtigten Elternteils den nicht obhutsberechtigten Elternteil in gewissen Fällen in die Armut stürzen könnte. Aus diesem Grund gab sie im Oktober 2023 mit 17 zu 7 Stimmen (1 Enthaltung) einer parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS) Folge, die eine Obergrenze für den Betreuungsbeitrag im Gesetz festlegen möchte, die sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils orientiert. Die Kommissionsminderheit anerkannte zwar die potentielle Problematik, betonte jedoch auch, dass der Betreuungsbeitrag zeitlich befristet sei. Zudem erachtete sie es als verfrüht, bereits so kurz nach Inkrafttreten der neuen Unterhaltsrechtsrevision Änderungen in die Wege zu leiten. Im Anschluss an die Beratungen beschloss die Kommission mit 14 zu 3 Stimmen (3 Enthaltungen) die Lancierung eines Kommissionspostulats (Po. 23.4328), das Licht in die aktuelle Praxis zum Betreuungsunterhalt bringen und bei Bedarf Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen soll.

Berechnungsmethode für den Betreuungsbeitrag im Gesetz festlegen (Pa.Iv. 22.490)
Dossier: Nouvelle réglementation de la responsabilité parentale 2012–2017

In der Herbstsession 2023 befürwortete der Nationalrat mit 112 zu 42 Stimmen (22 Enthaltungen) eine Motion Romano (mitte, TI), welche die alternierende Obhut nach einer Trennung oder Scheidung als Regelfall festsetzen will. Mit Ausnahme der vollumfänglich befürwortenden GLP fanden sich sowohl ablehnende als auch enthaltende Stimmen in allen Fraktionen.
Der Bundesrat hatte sich zuvor ablehnend zur Motion gestellt, da er die Festsetzung des alternierenden Modells als Regelfall als zu starr erachtete. Seit Inkrafttreten der Unterhaltsrevision im Jahr 2017 seien die zuständigen Gerichte oder die Kinderschutzbehörde bereits zur Prüfung der alternierenden Obhut verpflichtet, sofern das Kind oder ein Elternteil dies verlange. Der in Erfüllung eines Postulats der RK-NR (Po. 15.3003) erstellte Bericht zur alternierenden Obhut habe ferner diverse Herausforderungen aufgezeigt. Darüber hinaus gelte es zuallererst, Postulatsberichte zum neuen Unterhaltsrecht abzuwarten (Po. 21.4141; Po. 19.3503) und den Fortschritt einer von beiden Kommissionen Folge gegebenen parlamentarischen Initiative Kamerzin (mitte, VS; Pa.Iv. 21.449) zu beobachten.

Alternierende Obhut nach Trennung oder Scheidung als Regelfall festsetzen (Mo. 22.4000)
Dossier: Nouvelle réglementation de la responsabilité parentale 2012–2017

Um die Rechte von minderjährig verheirateten Personen zu stärken, verabschiedete der Bundesrat im August 2023 eine Botschaft mit Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten. Insbesondere wollte er mit Anpassungen im ZGB Betroffenen und Behörden mehr Zeit geben, eine Ehe, die mit einer minderjährigen Person geschlossen wurde, für ungültig zu erklären. Dies soll neu bis zum 25. Geburtstag der betroffenen Person möglich sein; bisher war das nur bis zum 18. Geburtstag möglich, danach galt die Ehe als «geheilt». Betroffene, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung der Ehe bereits volljährig, aber noch unter 25 Jahre alt sind, sollen die Möglichkeit erhalten zu erklären, dass sie die Ehe fortführen wollen. Ein Gericht muss dann bestätigen, dass diese Entscheidung dem freien Willen der minderjährig verheirateten Person entspricht. Aufgrund in der Vernehmlassung vorgebrachter Anregungen, den Schutz vor Minderjährigenheiraten nicht nur im ZGB, sondern auch im internationalen Privatrecht zu stärken, nahm der Bundesrat zudem zwei Anpassungen am IPRG in den Entwurf auf: Zum einen sollen im Ausland geschlossene Ehen in der Schweiz auf keinen Fall anerkannt werden, wenn eine betroffene Person noch nicht 16 Jahre alt ist. Zum anderen sollen sogenannte Sommerferienheiraten in der Schweiz künftig wirkungslos sein, indem Minderjährigenheiraten, bei denen eine der verheirateten Personen zum Zeitpunkt der Eheschliessung ihren Wohnsitz in der Schweiz hatte, grundsätzlich nicht anerkannt werden.

Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten (BRG 23.057)

Seit der Revision des Unterhaltsrechts, die per Januar 2017 in Kraft trat, ist die KESB dafür zuständig, nicht verheiratete Eltern mit gemeinsamen Kindern nach der Trennung bei der Ausarbeitung eines Unterhaltsvertrags oder einer Elternvereinbarung zu beraten. Mit einem Postulat wollte Yvonne Feri (sp, AG) den Bundesrat zur Prüfung veranlassen, inwiefern die KESB diese Beratung bei Unterhalts- und Elternverträgen gewährleiste. Gemäss Postulantin bestünden hier in der Praxis beträchtliche Unterschiede zwischen den Kantonen, manchmal fungierten auch Sozialdienste, Rechtsdienste oder Fachstellen als Anlaufstellen in diesen Belangen. Insbesondere für die Ausarbeitung von Elternvereinbarungen sei die Unterstützung durch die KESB lückenhaft. Wenn Unterhaltsverträge und Elternvereinbarungen separat ausgearbeitet würden, sei dies ineffizient, so Feri.
Der Bundesrat erklärte sich zur Annahme des Postulats bereit und beabsichtigte, dieses im Rahmen der laufenden Arbeiten zur Beantwortung zweier bereits überwiesener Postulate (Po. 19.3478; Po. 22.3380) zu erfüllen.
In der Sommersession 2023 nahm der Nationalrat das Postulat der Sozialdemokratin daraufhin stillschweigend an.

Kesb-Zuständigkeiten bei Unterhalts- und Elternverträgen (Po. 23.3047)
Dossier: Nouvelle réglementation de la responsabilité parentale 2012–2017

Nach Erscheinen des Berichts in Beantwortung dreier Postulate zur Prüfung eines «Pacs» (pacte civil de solidarité) nach Schweizer Art (Po. 15.3431; Po. 15.4082) sowie über die verschiedenen Definition und Rechtsfolgen des Konkubinats (Po. 18.3234) schrieb der Nationalrat die Vorstösse in der Sommersession 2023 im Rahmen seiner Beratungen zum Bericht des Bundesrates über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2022 als erfüllt ab.

Un PACS pour la Suisse (Po. 15.3431; Po. 15.4082)
Dossier: Une mouture suisse du PACS ?

In der Sondersession vom Mai 2023 lehnte der Nationalrat mit 95 zu 89 Stimmen (2 Enthaltungen) eine Motion Gysin (gp, TI) knapp ab, die für im Konkubinat lebende Eltern im Trennungsfall ähnliche Eheschutzmassnahmen forderte wie für verheiratete Eltern. Wenn etwa Fragen zur Betreuung und zum Besuchsrecht sowie zur Übernahme der gemeinsamen Wohnung nicht ebenso rasch geklärt werden könnten wie bei Ehepaaren nach der Trennung, könne sich dies sowohl zum Nachteil der Eltern als auch der Kinder auswirken, so die Tessiner Nationalrätin.
Der Bundesrat erachtete eine Gesetzesanpassung als verfrüht, da er zuerst die Postulatsberichte zum Konkubinat (Po. 18.3234) und zu einem Pacs nach Schweizer Art (Po. 15.3431; Po. 15.4082) abwarten wollte. Im Nationalrat befürworteten die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP die Motion, wobei sie vereinzelt auf Unterstützung aus den drei grossen bürgerlichen Fraktionen zählen konnten.
In der Sommersession 2023 überwiesen wurde indes ein Postulat Feri (sp, AG; Po. 23.3047), das den Bundesrat veranlasst zu prüfen, inwiefern die KESB unverheiratete Eltern bei der Ausarbeitung von Unterhalts- und Elternverträgen berät.

Konkubinat und Trennung. Anpassung der Gesetzgebung (Mo. 21.4283)

In der Frühjahrssession 2023 überwies der Nationalrat die Motion Caroni (fdp, AR) für ein zeitgemässes Abstammungsrecht mit 103 zu 74 Stimmen bei 4 Enthaltungen an den Bundesrat. Dieser und die Mehrheit der RK-NR hatten den Vorstoss zur Annahme beantragt. Wie die Kommissionsmehrheit im Bericht erläuterte, erachtete sie eine Revision des Abstammungsrechts als sinnvoll, «um sicherzustellen, dass alle Kinder unabhängig vom Zivilstand ihrer Eltern über dieselben Rechte verfügen». Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider führte im Ratsplenum aus, insbesondere die Regeln zur Anfechtung der Vaterschaftsvermutung des Ehemannes der Mutter seien nicht mehr zeitgemäss. Die Anfechtung der Vaterschaftsvermutung müsse universell, das heisst unabhängig vom Zivilstand der Eltern, geregelt werden. Ausserdem müsse die rechtliche Stellung der von einer privaten Samenspende betroffenen Personen gesetzlich geregelt werden. Die Minderheit – der im Nationalrat die geschlossene SVP-Fraktion und die grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion folgten – lehnte die Motion ab, weil viele Anpassungen bereits mit der «Ehe für alle» vorgenommen worden seien.

Zeitgemässes Abstammungsrecht (Mo. 22.3235)

In der Vernehmlassung stiess die Wiedereinführung von Doppelnamen auf grossmehrheitliche Zustimmung. Von 45 stellungnehmenden Akteuren sprachen sich 39 dafür aus – darunter 21 Kantone, die vier stellungnehmenden Parteien Die Mitte, FDP, SP und SVP sowie einige Frauenorganisationen, religiöse Vereinigungen und Fachorganisationen aus dem Zivilstandswesen. Mit dem Doppelnamen könne sowohl dem Prinzip der Unveränderbarkeit des eigenen Namens als auch dem Bedürfnis nach einem gemeinsamen Familiennamen als Ausdruck der Familienzusammengehörigkeit Rechnung getragen werden, so der Tenor im Ergebnisbericht der Vernehmlassung. Die fünf Kantone Glarus, Obwalden, Wallis, Zug und Zürich sowie die EKF lehnten die Vorlage hingegen ab. Sie kritisierten, dass das Namensrecht, das mit der Abschaffung der Doppelnamen 2013 möglichst einfach und transparent gestaltet worden sei, wieder verkompliziert würde. Das geltende Recht habe sich bewährt und es bestehe kein Handlungsbedarf. Die EKF monierte, die Wiedereinführung des Doppelnamens stärke die Gleichstellung nicht – wie in den befürwortenden Stellungnahmen oft gelobt –, sondern stärke im Gegenteil die Geschlechterstereotypen. Sie plädierte daher für die vollständige Abschaffung der Familiennamen.
Sehr unterschiedliche Ansichten bestanden über die konkrete Umsetzung des Vorhabens. Von den zwei Varianten, die im Vorentwurf zur Diskussion gestellt wurden, erhielt die «grosse Lösung», die grosse Flexibilität in der Namenswahl erlauben würde, mehr Zuspruch als die «kleine Lösung», die einer Rückkehr zur Regelung vor 2013 entspräche. An beiden Vorschlägen wurde indes auch Kritik geübt, weil sie zu eng bzw. zu offen gefasst seien. Die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden forderte überdies, dass mit der Revision auch die Namensführung der Kinder angepasst werden sollte, was im Vorentwurf nicht vorgesehen war. Es wurde argumentierte, dass zu vermeiden sei, dass Kinder nicht gleich heissen wie ihre beiden Eltern; mit der vorgeschlagenen «grossen Lösung» könnten nämlich beide Eltern einen Doppelnamen tragen, die Kinder jedoch nicht.
Weiter wurden im Vorentwurf drei Varianten zur Debatte gestellt, wie künftig mit den bisher nicht amtlichen, aber gewohnheitsrechtlich genutzten Allianznamen – bei denen der Ledigname mit Bindestrich hinten angefügt wird – umgegangen werden soll. Hierbei sprachen sich fast gleich viele Teilnehmende für die Beibehaltung des Status quo (Allianzname kann im Ausweis eingetragen werden, ist aber nicht amtlicher Name) aus, wie die Variante befürworteten, dass künftig nur noch der amtliche Name im Ausweis geführt werden kann, wobei bestehende Allianznamen neu zum amtlichen Namen gemacht werden könnten. Ein Mittelweg, der bestehende Allianznamen unberührt lassen wollte, während unter dem neuen Recht Verheiratete nur noch den amtlichen Namen im Ausweis führen könnten, fiel in der Vernehmlassung hingegen klar durch.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Égalité entre les femmes et les hommes dans le droit du nom

Wie bereits ihre Schwesterkommission gab die RK-NR einer parlamentarischen Initiative Caroni (fdp, AR) zur Schaffung eines «pacte civil de solidarité» (PACS) mit 13 zu 8 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) Folge. Damit wird die RK-NR beauftragt, einen Entwurf auszuarbeiten.

Einen Pacs für die Schweiz (Pa. Iv. 22.448)

Jahresrückblick 2022: Soziale Gruppen
von Viktoria Kipfer und Marlène Geber

Die Schweizer Asylpolitik wurde vor allem im Frühjahr 2022 primär durch den Krieg in der Ukraine geprägt, wie auch die Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse zeigt. So aktivierte die Schweiz im März 2022 erstmals den Schutzstatus S, der es den Geflüchteten aus der Ukraine erlaubt, ohne reguläres Asylverfahren in der Schweiz eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Bis im November 2022 fanden so rund 70'000 Flüchtende aus der Ukraine in der Schweiz Schutz. Das Zusammenleben zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und Schweizerinnen und Schweizern nahm zu Beginn des Krieges eine Hauptrolle in der medialen Berichterstattung ein. So zeigten sich viele Schweizerinnen und Schweizer vor allem zu Beginn solidarisch mit den Flüchtenden, von denen in der Folge rund die Hälfte bei Privatpersonen unterkam, wie die SFH berichtete. Gleichzeitig wurde der Schutzstatus S aber auch als «faktische Ungleichbehandlung» der Ukrainerinnen und Ukrainer gegenüber allen anderen Asylsuchenden kritisiert. Folglich wurden im Parlament zahlreiche Vorstösse zum neuen Schutzstatus eingereicht, welche diesen unter anderem einschränken oder anpassen wollten – jedoch erfolglos. Insgesamt führte die Zeitungsberichterstattung zur Asylpolitik im Zuge des Ukraine-Kriegs zu einem deutlichen Anstieg des medialen Interesses des Jahres 2022 zum Thema «Soziale Gruppen» gegenüber dem Vorjahr (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Diskutiert wurden auch allgemeine Neuregelungen bei den Asylsuchenden, etwa zur Schaffung der Möglichkeit, dass Asylsuchende nach einem negativen Aufenthaltsentscheid ihre Lehre in der Schweiz beenden dürften. Dieser Vorschlag scheiterte jedoch im Ständerat. Hingegen sprach sich der Nationalrat für zwei Motionen für eine Erleichterung des Zugangs zu einer beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papier sowie für die Ermöglichung der Erwerbstätigkeit auch im Falle eines negativen Asylentscheids aus. Unverändert bestehen blieben die zwangsweisen Covid-19-Tests von Abgewiesenen bei der Rückstellung in ihr Herkunftsland, welche das Parlament bis ins Jahr 2024 verlängerte. Finanzielle Unterstützung wollte der Bundesrat schliesslich Kantonen mit Ausreisezentren an der Landesgrenze in Ausnahmesituationen gewähren, National- und Ständerat nahmen jedoch gewichtige Änderungen an der entsprechenden Revision des AIG vor.

Im Jahre 2022 unternahmen Bundesrat und Parlament einige Anstrengungen bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Gewalt an Frauen. Einerseits inspirierte ein Bericht zu Ursachen von Homiziden im häuslichen Umfeld eine Vielzahl verschiedener Vorstösse, andererseits diente auch die Ratifikation der Istanbul-Konvention als Ansporn zur Lancierung parlamentarischer Vorlagen gegen häusliche und geschlechterbezogene Gewalt. Als Erbe der letztjährigen Frauensession wurde zudem ein erster Vorstoss, der nationale Präventionskampagnen gegen Gewalt fordert, überwiesen. Während sich bei diesem Thema eine Allianz von Frauen verschiedenster Parteien beobachten liess, fand ein Vorstoss aus dem rechten Lager, mit dem Gewalt an Frauen künftig mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden müsste, im Parlament keine Mehrheit. Des Weiteren rückte auch die Mehrdimensionalität der Gewalt an Frauen im Rahmen intersektionaler Vorstösse in den Fokus. Einerseits erhielt die Forderung nach verbessertem Schutz ausländischer Opfer vor häuslicher Gewalt mehr Aufmerksamkeit, andererseits wurde die Schutzbedürftigkeit von Menschen mit Behinderung bei häuslicher Gewalt hervorgehoben. Zwei weitere, im Frühjahr 2022 lancierte Vorlagen mit dem Titel «Wer schlägt, geht!» beschäftigten sich mit dem Wohnverhältnis nach Vorfällen der häuslichen Gewalt, während sich der Nationalrat in der Sommersession für eine nationale Statistik über Kinder, die Zeuginnen und Zeugen von häuslicher Gewalt sind, aussprach. Zuletzt forderten Vertreterinnen unterschiedlicher Parteien in sechs parlamentarischen Initiativen, Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts der Antirassismus-Strafnorm zu unterstellen, was von der erstberatenden RK-NR befürwortet wurde.

Die Idee eines «pacte civil de solidarité» (Pacs) treibt die Schweiz bereits seit mehreren Jahren um, was im Frühjahr 2022 in einem Bericht des Bundesrats über die «Ehe light» mündete. Auf Grundlage des Berichts wurde bereits ein parlamentarischer Vorstoss zur Schaffung entsprechender Rechtsgrundlagen im Ständerat eingereicht. Auch die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen fand im Jahr 2022 Platz auf der politischen Agenda. Denn Ende 2021 hatten Vertreterinnen und Vertreter der SVP zwei Volksinitiativen lanciert, welche die Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen reduzieren wollten: einerseits die Initiative «Für einen Tag Bedenkzeit vor jeder Abtreibung (Einmal-darüber-schlafen-Initiative)» und andererseits die Initiative «Für den Schutz von ausserhalb des Mutterleibes lebensfähigen Babys (Lebensfähige-Babys-retten-Initiative)». 2022 führten diese Anliegen auch innerhalb der SVP zu Diskussionen; insbesondere jüngere Vertreterinnen der Volkspartei äusserten sich dezidiert dagegen. Dieser Konflikt mündete unter anderem in der Ablehnung hauseigener Vorstösse durch eine Minderheit der SVP-Fraktion in der Sondersession 2022. Umgekehrt hatten es auch Vorstösse, die auf einen flächendeckenden und hürdenfreien Zugang zu Abtreibung abzielten, 2022 nicht leicht im Parlament.

Betreffend die Familienplanung sprachen sich beide Räte für eine Legalisierung der Eizellenspende für Ehepaare aus. Unter anderem weil die parlamentarische Initiative zur Überführung der Anstossfinanzierung für die familienexterne Kinderbetreuung in eine zeitgemässe Lösung den Sprung ins Sessionsprogramm 2022 verpasst hatte, stimmten National- und Ständerat einer Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienexterne Kinderbetreuung bis Ende 2024 zu. Um jedoch die Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung zu senken und die Anzahl Kitaplätze zu erhöhen, wurde im Frühjahr 2022 eine Volksinitiative «Für eine gute und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung für alle (Kita-Initiative)» lanciert. Auch die Annahme der «Ehe für alle» im September 2021 blieb nicht folgenlos im Parlament: Da gleichgeschlechtliche Paare nach der Heirat bei der Familienplanung weiterhin eingeschränkt seien, setzten sich zwei Motionen mit der rechtlichen Anerkennung der Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare auseinander, um deren Gleichberechtigung auch über die «Ehe für alle» hinaus voranzutreiben.

Darüber hinaus wurde 2022 eine Reihe von Forderungen aus der zweitägigen Frauensession 2021 vom Parlament aufgegriffen. Zwei Motionen zum Einbezug der Geschlechterperspektive in der Medizin stiessen in der Herbstsession 2022 in der grossen Kammer auf Akzeptanz. In Anbetracht des bevorstehenden digitalen Wandels fokussierten andere, auf die Frauensession zurückgehende erfolgreiche parlamentarische Vorstösse auf den Einbezug von Frauen in die Digitalisierungsstrategie des Bundes. In Anbetracht der in der Frauensession eingereichten Petitionen reichten die betroffenen Kommissionen auch mehrere Postulate ein, welche unter anderem Berichte zur Strategie zur Integration von Frauen in MINT-Berufen, zur Evaluation der schulischen Sexualaufklärung und zur Aufwertung der Care-Arbeit forderten – sie wurden allesamt angenommen.

In der LGBTQIA-Politik nahm besonders die Diskussion über die Existenz und das Verbot von Konversionstherapien viel Platz ein. Nach der Annahme der «Ehe für alle» waren 2021 drei parlamentarische Initiativen zum Verbot von Konversionstherapien eingereicht, später aber wegen einer lancierten Kommissionsmotion zurückgezogen worden. Angenommen wurde hingegen ein Postulat, das die Datengrundlage zum Vorkommen von Konversionsmassnahmen in der Schweiz verbessern möchte.

Auch die Gleichstellung gehörloser und hörbehinderter Menschen sollte gemäss Parlament vorangetrieben werden, weshalb National- und Ständerat eine Motion zur Schaffung eines Gesetzes zur Anerkennung der Gebärdensprachen annahmen.

Jahresrückblick 2022: Soziale Gruppen
Dossier: Rétrospective annuelle 2022

Nach dem Nationalrat nahm in der Wintersession 2022 auch der Ständerat eine Motion Paganini (mitte, SG) an, die den Bundesrat aufforderte, die nötigen Schritte zur Ratifizierung des Haager Unterhaltsübereinkommens (HUÜ) zu unternehmen. Die kleine Kammer überwies den Vorstoss stillschweigend.

Haager Unterhaltsübereinkommen. Vorbereitung und Ratifizierung durch die Schweiz (Mo. 22.3250)

Im Dezember 2022 veröffentlichte das Bundesamt für Justiz die Vernehmlassungsergebnisse zu den vorgeschlagenen Änderungen beim Eheungültigkeitsgrund der Minderjährigkeit im ZGB. Im Zentrum der Vorlage stand die Verschiebung der sogenannten Heilung der Ehe bis zum 25. Geburtstag der minderjährig verheirateten Person. Gemäss geltendem Recht wird die Ehe bereits am 18. Geburtstag «geheilt», das heisst, sie kann dann nicht mehr für ungültig erklärt werden. An der bestehenden Interessenabwägung soll gemäss Vernehmlassungsvorlage weiterhin festgehalten werden: Die Ehe soll ausnahmsweise aufrechterhalten werden können, wenn dies dem überwiegenden Interesse der betroffenen, minderjährigen Person entspricht. Im Fall, dass die minderjährig verheiratete Person zum Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung bereits volljährig – aber noch unter 25 Jahre alt – ist, soll die Ehe aufrechterhalten werden, wenn die betroffene Person aus freiem Willen erklärt, an der Ehe festhalten zu wollen. Grundsätzlich sollen Ehen mit Minderjährigen weiterhin ungültig sein; um dies zu verdeutlichen hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die Eheungültigkeit neu in einer eigenen Bestimmung zu regeln. Die Massnahmen waren in der Vernehmlassung breit begrüsst worden. Von 56 Stellungnehmenden sprach sich nur die SVP integral gegen die Vorlage aus. Ihr ging der Vorschlag zu wenig weit; ihrer Ansicht nach sollten Minderjährigenehen aus Prinzip in keinem Fall anerkannt werden. Eine Mehrheit der Teilnehmenden regte hingegen an, weitere Massnahmen gegen Minderjährigenehen im internationalen Privatrecht vorzusehen. Kritisiert wurde von einigen Teilnehmenden, dass die Verlängerung der Klagefrist Mehrkosten und -aufwand verursache, insbesondere auch, weil bei volljährig gewordenen Betroffenen ein Gericht den freien Willen prüfen müsse.

Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten (BRG 23.057)

In der Sommersession 2022 lancierte Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) eine parlamentarische Initiative zur Einführung eines «pacte civil de solidarité» (PACS) für die Schweiz. Ein entsprechendes Projekt solle sich konkret am Bericht des Bundesrats zur Einführung eines PACS orientieren. Konkret forderte der Initiant, Paaren eine Option zwischen der Ehe und dem weitgehend ungeregelten Konkubinat zu bieten, wie es bereits in Frankreich und den Benelux-Staaten geläufig sei. So könnten sich Personen in einer langjährigen Partnerschaft rechtlich absichern, ohne die Verpflichtungen einer Ehe einzugehen. Für einen PACS erachtete der Initiant eheähnliche Regelungen lediglich bei der Vertretung der Partnerschaft gegenüber Dritten und bei gemeinsamen Kindern als sinnvoll; deshalb sollte dieser eher als «Konkubinat plus» statt als «Ehe light» verstanden werden. Die RK-SR gab der parlamentarischen Initiative als erstberatende Kommission Anfang November 2022 mit 9 zu 2 Stimmen Folge.

Einen Pacs für die Schweiz (Pa. Iv. 22.448)

Wie bereits ihre Schwesterkommission gab im Oktober 2022 auch die RK-SR einer parlamentarischen Initiative Kamerzin (mitte, VS) Folge, die die alternierende Obhut bei geteiltem Sorgerecht fördern will. Die Kommission fällte den Entscheid einstimmig mit 10 zu 0 Stimmen. Wie ihre Schwesterkommission vertrat sie die Meinung, dass die alternierende Obhut, sogar bei Spannungen und Konflikten zwischen den Elternteilen, dem Kindeswohl zu Gute komme und somit auch bei Weigerung eines Elternteils zum Zuge kommen solle. Damit ist die RK-NR beauftragt, innert zweijähriger Frist eine entsprechende Gesetzesvorlage zu erarbeiten.

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge die alternierende Obhut fördern (Pa.Iv. 21.449)
Dossier: Nouvelle réglementation de la responsabilité parentale 2012–2017

Nachdem sie im Sommer 2022 eine Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Stamm (svp, AG) zur Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat in die Vernehmlassung gegeben hatte, beantragte die RK-NR ihrem Rat, die Frist zur Ausarbeitung einer Vorlage um zwei Jahre zu verlängern. Der Nationalrat kam diesem Begehren in der Herbstsession 2022 stillschweigend nach.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Égalité entre les femmes et les hommes dans le droit du nom

Mit der stillschweigenden Annahme einer Motion Caroni (fdp, AR) richtete der Ständerat in der Herbstsession 2022 den Auftrag an den Bundesrat, die rechtlichen Grundlagen für ein zeitgemässes Abstammungsrecht zu entwerfen. Wie der Motionär forderte, sollte sich die Regierung dabei an ihrem Bericht zum Reformbedarf im Abstammungsrecht, insbesondere an den darin enthaltenen Schlussfolgerungen, orientieren. Der Bundesrat hatte die Motion zur Annahme beantragt. Als nächstes wird der Nationalrat als Zweitrat über den Vorstoss befinden.

Zeitgemässes Abstammungsrecht (Mo. 22.3235)

Bereits in seinem Bericht in Erfüllung eines Postulats Vogler (csp, OW; Po. 19.3105) hatte sich der Bundesrat im Jahr 2021 klar dafür ausgesprochen, das Haager Unterhaltsübereinkommen (HUÜ) zu ratifizieren. Eine Motion Paganini (mitte, SG), die mit Bezugnahme auf den Bericht nun verlangte, dass die Regierung die notwendigen Schritte unternimmt, damit einer Ratifikation nichts mehr im Wege steht, empfahl er somit ebenfalls zur Annahme. Der Nationalrat kam diesem Antrag in der Sommersession 2022 stillschweigend nach.

Haager Unterhaltsübereinkommen. Vorbereitung und Ratifizierung durch die Schweiz (Mo. 22.3250)

In Umsetzung einer angenommenen parlamentarischen Initiative Stamm (svp, AG) eröffnete die RK-NR im Juni 2022 die Vernehmlassung über eine Änderung des Zivilgesetzbuches, mit der es Eheleuten wieder ermöglicht werden soll, einen Doppelnamen zu führen. Der Vorentwurf schlägt zwei verschiedene Lösungen vor: Die «kleine Lösung» käme einer Rückkehr zur Doppelnamenregelung vor 2013 gleich; derjenige Ehepartner, dessen Name nicht zum Familiennamen wird, soll seinen bisherigen Namen dem Familiennamen voranstellen und so einen Doppelnamen bilden können. Mit der «grossen Lösung» könnten künftig beide Ehegatten einen Doppelnamen führen, wobei der Name des Partners oder der Partnerin dem eigenen Namen nachgestellt wird. Wird einer der beiden Namen zum Familiennamen gewählt, könnte der andere der beiden Namen dem Familiennamen nachgestellt werden. Alle Doppelnamen könnten wahlweise mit oder ohne Bindestrich geschrieben werden. Die Namensführung der Kinder soll hingegen unverändert bleiben, für sie sind keine Doppelnamen vorgesehen. Die Vernehmlassung läuft bis am 8. Oktober 2022.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Égalité entre les femmes et les hommes dans le droit du nom

In der Frühjahrssession 2022 beantragte die SPK-NR ihrem Rat mit 14 zu 11 Stimmen und analog zu ihrer Schwesterkommission, nicht auf die Verfassungs- und Gesetzesänderung zur Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft und der Ehe im Einbürgerungsverfahren einzutreten. Sie vertrat die Ansicht, mit der Annahme der «Ehe für alle» in der Volksabstimmung vom 26. September 2021 sei das Anliegen der fünf gleichlautenden parlamentarischen Initiativen (Pa.Iv. 13.418; Pa.Iv. 13.419; Pa.Iv. 13.420; Pa.Iv. 13.421 und Pa.Iv. 13.422) bereits erfüllt worden. Da mit der Ehe nun die erleichterte Einbürgerung für eingetragene Partnerinnen und Partner offenstehe, sei die Gleichstellung in diesem Bereich praktisch erreicht und von der Vorlage würde nur eine kleine Minderheit profitieren, die ihre eingetragene Partnerschaft trotz der Wahlfreiheit nicht in eine Ehe umwandeln möchte. Der Bundesrat unterstützte diese Argumentation. Eine Kommissionsminderheit argumentierte hingegen, es gäbe durchaus Gründe, die eingetragene Partnerschaft nicht in eine «Ehe im klassischen Sinne» umzuwandeln. Somit brauche es eine solche Regelung für die bestehenden eingetragenen Partnerschaften, um die Diskriminierung zu beseitigen. Mit 101 zu 83 Stimmen bei einer Enthaltung folgte der Nationalrat aber seiner Kommissionsmehrheit und trat nicht auf den Entwurf ein. Für Eintreten stimmten die Fraktionen der SP, Grünen und Grünliberalen sowie Einzelpersonen aus den Parteien der Mitte und der FDP. Diese potenzielle Verfassungs- und Gesetzesänderung ist somit definitiv erledigt.

Egalité du partenariat enregistré et du mariage devant la procédure de naturalisation