Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern

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Im August 2022 reichte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats eine Kommissionsmotion mit dem aussagekräftigen Titel Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern ein. Die geforderte Taskforce solle die im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängten internationalen Sanktionen gegen Russland und Belarus umsetzen und insbesondere die in der Schweiz gelagerten Vermögenswerte von sanktionierten Personen finden und sperren.
Eine grosse Minderheit Schneeberger (fdp, BL) beantragte, die Motion abzulehnen. Gleiches tat der Bundesrat, der wie schon in seinen Stellungnahmen zu den ähnlich ausgerichteten Motionen von Carlo Sommaruga (sp, GE) und der SP-Fraktion darauf hinwies, dass die Umsetzung der Sanktionen die betroffenen Bundesstellen allgemein vor neue Herausforderungen stelle (Mo. 22.3236; Mo. 22.3214). Der Bundesrat zeigte sich aber überzeugt, dass die Prozesse zwischen den Bundesbehörden und den privaten Unternehmen funktionierten, das belege nicht zuletzt die hohe Zahl an Meldungen und die grossen Summen an eingefrorenen Vermögenswerten. Der Sanktionsvollzug werde vom SECO koordiniert und überwacht, zudem seien die verschiedenen Ämter in einer ständigen Koordinationsgruppe «Sanktionspolitik» zusammengefasst. Darüber hinaus tausche sich die Schweiz mit der Europäischen Kommission und den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Taskforce «Freeze and Seize» über die Umsetzung der Sanktionen aus, wobei auch eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen internationalen und nationalen Behörden im Raum stehe. Der Bundesrat sah aus diesen Gründen keinen Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit.

Der Nationalrat setzte sich in der Wintersession 2022 mit der Motion seiner Kommission auseinander. Kommissionssprecher Bendahan (sp, VD) stellte seiner Begründung voran, dass die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates bereits 2018 ein Koordinationsdefizit bei der Einführung von Sanktionen festgestellt habe und eine verbesserte Überwachung und Koordination durch das SECO verlange. In den Augen der WAK-NR könne die vorgeschlagene Taskforce ein Sanktionsregime effizienter umsetzen, als wenn sich die verschiedenen Departemente koordinieren müssen. Zudem könne ein derartig multidisziplinäres Gremium besser mit den komplexen Problemstellungen umgehen, die bei der Einführung von Sanktionen auftreten. Die WAK-NR wolle damit verhindern, dass die Schweiz im internationalen Netzwerk der Sanktionspartner zu einem schwachen Glied werde, fügte Bendahan weiter an. Der Motionstext sei bewusst offen formuliert, um dem Ständerat und dem Bundesrat genügend Spielraum für situative Anpassungen zu erlauben. Kathrin Bertschy (glp, BE) ergänzte, dass die vorliegende Motion im Gegensatz zu den ähnlich lautenden Vorstössen aus der Sommersession 2022 darauf verzichte, die Vermögenswerte einzuziehen. Daniela Schneeberger vertrat eine grosse Kommissionsminderheit – 12 Kommissionsmitglieder hatten die Ablehnung beantragt – und argumentierte, dass eine derartige Taskforce keinen Mehrwert bringe, sondern eher als Misstrauensvotum gegen das «funktionierende und etablierte System der Zusammenarbeit von Staat und privaten Akteuren» gelesen werden müsste. Eine neue Instanz würde vor allem erhöhten Koordinationsaufwand mit sich bringen, was nicht gerechtfertigt wäre, da nur ein kleiner Teil aller Sanktionen die blockierten Gelder betreffe. Wirtschaftsminister Guy Parmelin wies anschliessend darauf hin, dass die Schaffung einer Taskforce mit der Kompetenz, Vermögen zu blockieren, zahlreiche Doppelspurigkeiten mit dem SECO schaffen würde. Er warnte auch davor, die Wirksamkeit der Sanktionen an der Höhe der gesperrten Vermögenswerte messen zu wollen, da die Sperrung nur eine von vielen Massnahmen sei.
Die grosse Kammer nahm die Motion jedoch gegen den Willen des Bundesrats, sowie der Fraktionen der SVP und der FDP mit 101 zu 84 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) an.

In der Sommersession 2023 kam die Motion der WAK-NR, die die Schaffung einer Taskforce für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengeldern forderte, gemeinsam mit einer ähnlichen Motion von Ständerat Sommaruga (sp, GE; Mo. 22.3236), in den Ständerat. Die RK-SR hatte die Motion zur Ablehnung empfohlen, da die interdepartementale Zusammenarbeit sowie der Austausch der in- und ausländischen Stellen bei der Durchsetzung der Sanktionsregime ihrer Meinung nach gut funktionierten. Kommissionssprecher Philipp Bauer (fdp, NE) erklärte, dass auch die personellen Ressourcen ausreichten und eine neue Taskforce in den Augen der Kommissionsmehrheit dementsprechend nichts bringen würde.
Eine Minderheit Sommaruga beantragte hingegen die Annahme der Motion. Sommaruga argumentierte, dass das SECO bei Sanktionen auf die Meldung von zu sanktionierenden Vermögenswerten durch Banken und private Vermögensverwalter angewiesen sei. Eine Taskforce könnte hingegen proaktiv nach Vermögenswerten suchen, auch nach Briefkastenfirmen, und damit die Sanktionen deutlich konsequenter umsetzen.
Bundesrat Parmelin widersprach der Behauptung Sommarugas, dass das SECO auf den Goodwill der Unternehmen angewiesen sei, und verwies auf die bestehende Meldepflicht und Vor-Ort-Kontrollen durch das SECO und die FINMA. Zudem übermittelten die Zollbehörden dem SECO zahlreiche Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit Sanktionen. Die Schweiz arbeite schliesslich eng mit der EU zusammen und habe unter anderem an Plenarsitzungen der EU-Taskforce «Freeze and Seize» teilgenommen. Der Ständerat lehnte die Motion in der Folge mit 30 zu 7 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gegen den Willen der SP und der Grünen ab.