Intensive Debatten im Straf- und Zivilrecht, Überraschung bei E-ID

Das Jahr 2025 war im Bereich «Rechtsordnung» wie in vorherigen Jahren von verschiedenen straf- und zivilrechtlichen Fragen geprägt, was sich unter anderem in der Medienberichterstattung widerspiegelte (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Parlamentarisch und medial intensiv diskutiert wurden diverse Änderungen im Strafrecht, darunter die Einführung von Straftatbeständen zur Ahndung von Stalking und Folter. Während zu letzterer im Berichtsjahr die öffentliche Vernehmlassung stattfand, geht erstere auf eine Kommissionsinitiative aus dem Jahr 2019 zurück und konnte im Frühjahr 2025 final bereinigt werden. Ebenfalls bereits eine lange Vorgeschichte hat das im Jahr 2019 durch eine Standesinitiative angestossene Revisionsvorhaben zur Unverjährbarkeit von Mord, zu welchem im Berichtsjahr die Detailberatung gestartet wurde. Das Parlament diskutierte überdies die laufende Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe, welche unter anderem den Wechsel vom Strafvollzug in die Verwahrung neu regeln soll.

Im Zivilrecht war das im Berichtsjahr verabschiedete Bundesgesetz zur Transparenz juristischer Personen (TJPG) das vom Parlament im Themenbereich «Rechtsordnung» mit Abstand am intensivsten debattierte Geschäft. Im Vergleich mit allen 2025 vom Parlament beratenen Vorlagen belegt das TJPG gar den vierten Rang. Im Gegensatz zur bundesrätlichen Botschaft beschlossen National- und Ständerat eine Aufteilung der Vorlage in zwei Entwürfe und insbesondere diverse Änderungen zu den geplanten Sorgfaltspflichten für Beraterinnen und Berater. Doch auch der zweite Entwurf zum geplanten Transparenzregister für juristische Personen war nicht unumstritten und führte zu umfangreichen Diskussionen in den Räten. Nach längerer Debatte zu gar keinem Ereignis kam es indes beim Bundesratsgeschäft zur Einführung der kollektiven Rechtsdurchsetzung, worauf die beiden Kammern schliesslich gar nicht erst eintraten. Mehr Einigkeit herrschte hingegen bei der Gesetzesrevision über die Zustellung von Sendungen an Wochenenden und Feiertagen. Die geplante Vereinheitlichung der Fristenberechnung bei der Postzustellung benötigte von der Botschaft des Bundesrates bis zum Abschluss im Parlament nur acht Monate. Deutlich länger dauert hingegen die Mehrheitsfindung in der Frage zur Wiedereinführung von Doppelnamen, deren Detailberatung im Berichtsjahr fortgeführt wurde. Ob sich die beiden Räte in dieser Frage werden einigen können, blieb auch nach der Wintersession ungewiss. In die Detailberatung startete der Nationalrat schliesslich im Berichtsjahr auch bei einer Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, mit der für Schuldnerinnen und Schuldner ein vereinfachtes Nachlassverfahren sowie ein konkursrechtliches Sanierungsverfahren geschaffen werden sollen.

Für die grösste Überraschung im Themenbereich «Rechtsordnung» sorgte 2025 die Volksabstimmung zur E-ID im September, was auch ein Peak in der medialen Berichterstattung verdeutlicht (vgl. «Öffentlicher Dienst» in der Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Nachdem das neue Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise im Vorjahr vom Parlament deutlich befürwortet und das Referendum lediglich von einzelnen Klein- und Jungparteien ergriffen worden war, kam das knappe Ja von 50.4 Prozent der Stimmbevölkerung für viele unerwartet. Die Vox-Analyse identifizierte eine generelle Digitalisierungsskepsis sowie fehlendes Vertrauen in den Bund als Gründe für den engen Abstimmungsausgang. Auch die Digitalisierung der Verwaltung schritt im Berichtsjahr voran: Das neue Bundesgesetz für einen nationalen Adressdienst und die Änderungen des SchKG zur Digitalisierung im Betreibungswesen befanden sich 2025 mitten in der Detailberatung, wobei letzteres auf Antrag des Nationalrats neu den Grundstein für eine schweizweite Betreibungsregisterauskunft legen soll.

Wie die Medienkonjunktur zeigt, erhielten 2025 neben dem Strafrecht auch Fragen zur inneren Sicherheit einige Aufmerksamkeit. Dabei befürwortete das Parlament unter anderem eine strategische Aufstockung des Personalbestands im Fedpol. Des Weiteren verabschiedeten die Räte das neue Flugpassagierdatengesetz zur Bekämpfung von terroristischen und anderen schweren Straftaten (FPG) und der Bundesrat schloss die öffentliche Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über das Verbot des öffentlichen Verwendens von nationalsozialistischen Symbolen ab.

Die Schweizer Politik beschäftigte sich 2025 auch mit Grund- und Bürgerrechten. So nahmen beide Räte Kenntnis vom bundesrätlichen Bericht zur Anwendung, zu den gesetzlichen Grundlagen und zu den Grenzen des Notrechts. Auslöser für den Bericht waren insbesondere vergangene Krisen wie die Covid-19-Pandemie oder die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS gewesen. Überdies verabschiedete der Bundesrat im November seine ablehnende Botschaft zur Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht» (Demokratie-Initiative), welche Vereinfachungen im Einbürgerungsverfahren fordert. Eine breite öffentliche und politische Kontroverse über das Demonstrationsrecht löste schliesslich eine Pro-Palästina Kundgebung in Bern aus, welche im Oktober stattfand und bei der es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam (vgl. «Innere Konflikte und Krisen» in Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Dossier: Rétrospective annuelle 2025