Partis, associations et groupes d'interêt
Associations et autres groupes d'interêt
Attitudes contradictoires des associations patronales à l'égard de l'Etat — Malaise dans certaines associations paysannes au sujet de la politique agricole officielle — Les syndicats cherchent de nouveaux moyens de remédier au recul de leurs effectifs.
Die Verbände gerieten auch 1968 verschiedentlich ins Kreuzfeuer der Kritik. In den bundesrätlichen Richtlinien für die Regierungspolitik rügte der Bundesrat eine Entwicklung, « die zu einer nicht unbedenklichen Verschiebung in den effektiven Gewichten von Bundesrat und Parlament zugunsten der Organisationen und Verbände der Wirtschaft führen konnte, ja teilweise schon geführt hat », was zu gewerkschaftlichen Repliken Anlass gab
[1]. Richard Reich fasste das Unbehagen, das manchmal gegenüber den Verbänden herrscht, noch etwas präziser, wenn er am vorparlamentarischen Gesetzgebungsverfahren beanstandete, dass es zum zentralen Stellwerk des schweizerischen Kompromisses geworden sei. Er glaubt, man könnte viel Misstrauen beseitigen, wenn man die hinter verschlossenen Türen vor sich gehenden Vernehmlassungen durch Konferenzen mit Hearingcharakter ersetzte
[2]. Wenn wir im folgenden das Verbandsgeschehen historisch registrierend verfolgen, so gehen wir jeweilen zuerst auf die verbandsinternen Ereignisse und erst hernach auf die eigentliche Verbandspolitik ein, und dies nur soweit sie nicht schon in den einzelnen Sachkapiteln berührt worden ist.
Unternehmer
Der Schweizerische
Handels- und Industrieverein hielt wie üblich seine Delegiertenversammlung in Zürich ab. Es sprachen Professor H. Sieber (Bern) über die Bodenrechtsartikel und Bundesrat H. Schaffner über die Wirtschaftslage
[3]. Der Schweizerische Bankiertag widmete sich im September in Bern erneut dem Notenbankinstrumentarium und dem Finanzprogramm (Ansprache Bundesrat Celios)
[4]. An der Delegiertenversammlung des Zentralverbandes schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen Anfang Juli in Basel wurde Rückschau gehalten auf die Ära des bisherigen langjährigen Präsidenten Albert Dubois. Es wurde ihm eine Festschrift überreicht
[5]. Der Direktor, L. Derron, wies in seinem Referat « Arbeitgeberpolitik in einer sich wandelnden Umwelt »
[6] auf die Wichtigkeit der neu aufgenommenen Sozialpartnergespräche hin. Wir werden weiter hinten auf sie eingehen. Im schweizerischen Gewerbeverband, dessen Mitglieder sich nach einer Aussage von Direktor Fischer nicht mehr als Mittelständler, sondern als Unternehmer verstehen sollten
[7], ging das Präsidium von Nationalrat U. Meyer-Boller an Nationalrat K. Hackhofer über
[8]. Wiederum wurde in den Verhandlungen auf die Wichtigkeit gewerblicher Unternehmungsführung hingewiesen und gleichzeitig die Konkurrenzfähigkeit der Klein- und der sich stets noch vermehrenden Mittelbetriebe durch eine Werkbesichtigung ad oculos demonstriert
[9].
In den Stellungnahmen zu aktuellen Problemen der schweizerischen Politik machten sich innerhalb der Unternehmerverbände neben der Tendenz zu einheitlicher Meinungsbildung nach wie vor typische Schattierungen bemerkbar. In den umstrittenen Fragen des Notenbankinstrumentariums, des Finanzprogramms und des Bodenrechts, auf die wir schon an anderer Stelle eingegangen sind
[10], brachte man meist die bereits bekannten Erklärungen erneut vor, wobei die Argumente je nach Interessenrichtung mehr oder weniger pointiert formuliert wurden. Bedenken wurden von der Unternehmerseite vor allem auch gegen die neue Hochschulvorlage vorgebracht, am deutlichsten von gewerblicher Seite. Doch wurde die zeitweise angedrohte Referendumskampagne nicht eingeleitet
[11]. Eine Zeitlang stand auch ein von diesen Kreisen in Vorschlag gebrachtes Referendum gegen die Reallohnerhöhung des Bundespersonals im Bereich des Möglichen
[12]. Der Schweizerische Handels- und Industrieverein wies darauf hin, dass durch die Erhöhung zusätzliche Kaufkraft von 400-500 Mio Franken geschaffen werde, was den inflatorischen Auftrieb verstärke
[13].
Umgekehrt war aber von Unternehmern auch zu vernehmen, welch grosse Bedeutung der Staat als Wirtschaftsmacht für die schweizerische Industrie besitze. Rene Frey, der Präsident des Verbandes schweizerischer Maschinen-Industrieller, betonte an dessen Delegiertenversammlung, dass der Anteil der staatlichen Aufwendungen (ohne PTT und SBB) am Sozialprodukt nahezu einen Fünftel betrage. Die staatlichen Aufträge, Käufe und Dienstleistungen (Bund, Regiebetriebe und SBB) beliefen sich für die schweizerische Industrie auf 2 Mia Franken jährlich (ohne Aufwendungen für Hoch- und Tiefbau)
[14]. Wenn der Staat hier dem Unternehmertum bedeutend weniger bedrohlich erschien, so erklärte dagegen der scheidende Präsident des Gewerbeverbandes, der staatliche Anteil am nationalen Einkommen sei zu gross geworden
[15]. Unter diesem Aspekt wird auch die gewerbliche Skepsis gegenüber der Hochschulpolitik, von der etwa gesagt wurde, sie werde dazu dienen, die ohnehin schon übersetzte Höhe der staatlichen Ausgaben zu rechtfertigen, besser verständlich
[16].
Landwirtschaft
Die bäuerlichen Interessenverbände hatten sich im vergangenen Jahre erneut mit dem Problem der Überproduktion zu beschäftigen
[17]. Wir möchten hier nur mehr auf die verbandspolitischen Aspekte dieser Sachlage hinweisen. Die Unzufriedenheit einzelner bäuerlicher Kreise äusserte sich ähnlich wie 1967, wo Vergleiche mit dem Landesstreik von 1918 gezogen wurden, in der Übernahme sozialistischer Phraseologien und im Gebrauch symbolischer Gewaltanwendung
[18]. Vor einer Anfang Mai in Yverdon stattfindenden Protestversammlung von 2000-5000 erzürnten Bauern zog der Präsident eine Parallele « entre le premier mai ouvrier et le premier mai paysan »
[19]. Der bäuerliche Unmut entlud sich sowohl gegenüber den staatlichen wie gegenüber den Verbandsbehörden. Vom Bund verlangte man die Schaffung eines von den industriellen und Arbeiterbelangen befreiten Agrardepartementes
[20]. Gegenüber dem Bauernverband machten — unter der Leitung der welschschweizerischen « Union des producteurs suisses » — einige dissidente landwirtschaftliche Vereine der deutschen Schweiz (Sempach, Schüpfen, Thun und Solothurn) Miene, eine neue, kämpferische bauernpolitische Vereinigung zu gründen, welche die landwirtschaftlichen Interessen wirkungsvoller vertreten solle
[21]. Der Schweizerische Bauernverband distanzierte sich von diesen Heissspornen, nahm allerdings später die damals erhobenen Vorwürfe wieder zurück, als die Drohungen nicht verwirklicht worden waren
[22]. Der Eifer der « Union des producteurs suisses » scheint immerhin propagandistisch so guten Eindruck gemacht zu haben, dass sich ihr die Freiburger Bauern anschlossen
[23].
Arbeitnehmer
Auf der Seite der Arbeitnehmerorganisationen hatten die beiden grössten gewerkschaftlichen Spitzenverbände erneut einen Mitgliederrückgang zu beklagen
[24]. Es drückt sich hierin vor allem die zunehmende Abwanderung von Arbeitskräften aus dem zweiten in den dritten Sektor aus
[25]. Die Gewerkschaften versuchten, diese Beeinträchtigung mit verschiedenen Mitteln zu kompensieren. Als naheliegendste Massnahme empfahlen einzelne, die Nichtorganisierten zu Ersatzleistungen oder, mehr oder weniger versteckt, indirekt zum Beitritt zu veranlassen. Man möchte dabei in den Gesamtarbeitsverträgen einen Solidaritäts- oder Anschlussbeitrag der Nichtorganisierten einhandeln oder den Organisierten gewisse Vorteile verschaffen, was von den Arbeitgebern bisher abgelehnt worden ist
[26]. Der Landesverband freier Schweizer Arbeiter (LFSA) distanzierte sich entschieden von jedem Versuch, Druck auf die Nichtorganisierten auszuüben
[27]. In den Reihen des Christlichnationalen Gewerkschaftsbundes (CNG) empfahl man statt dessen, sich dem neuen Arbeitertyp durch verbesserte gewerkschaftliche Dienstleistungen anzupassen, z. B. durch vermehrte Leistungen in der Weiterbildung
[28]. Vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund wurden entsprechende Fernkurse für Arbeiterbildung eingeführt
[29]. Zur Aktivierung der Arbeiter diskutierte man verschiedenenorts auch die Frage der Mitbestimmung im Betrieb. Man empfahl dabei, nicht einfach das deutsche Mitbestimmungsrecht zu kopieren, sondern einen eigenen, schweizerischen Weg zu suchen, etwa durch eine Revision des OR
[30]. Der LFSA wollte ein kommendes Mitbestimmungsrecht strikte auf soziale Fragen beschränkt wissen
[31]. Die Parallelität studentischer Forderungen nach Mitbestimmung führte auf gewerkschaftlicher Seite nur ausnahmsweise zu einem positiven Echo
[32], obschon sich auch die Studenten mehr und mehr quasi gewerkschaftlicher Methoden bedienten und Verbandspolitik betrieben
[33]. Wiesen die Arbeitgeber jede Art von direktem oder indirektem Koalitionszwang zurück, so zeigten sie sich anderseits sehr offen für die noch junge Einrichtung der Sozialpartnergespräche mit den Gewerkschaften, um in diesem Rahmen zentrale politische, soziale und wirtschaftliche Fragen zu besprechen, z. B. Probleme der Freizügigkeit, der AHV, der Fremdarbeiterpolitik usw.
[34]. Man begreift deshalb, dass sich der Gewerkschaftsbund gegenüber den Initiativvorstössen der Sozialdemokratie reserviert verhielt
[35]. Der Übergang des Präsidiums von Hermann Leuenberger an den vielbeschäftigten Präsidenten des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiter-Verbandes, Ernst Wüthrich, löste den Ruf nach einem vollamtlichen Präsidentenposten aus
[36]. Die Angestelltenverbände hatten sich weniger als die Gewerkschaften über Mitgliederrückgang zu beklagen. Die Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände (VSA) verzeichnete ein Wachstum von 1193 Mitgliedern auf insgesamt 125 982 (0,9 %)
[37]. Sie konnte 1968 ihren 50. Geburtstag feiern, was sie zu einer Standortbestimmung veranlasste. Dabei wünschte sie eine zahlenmässig grössere parlamentarische Repräsentation der Angestellten und verlangte eine personelle Berücksichtigung in der Kartellkommission sowie eine besondere Stelle für Angestelltenfragen im BIGA
[38].
[1] BBl, 1968, I, S. 1219; Repliken der Nationalräte Wüthrich und Leuenberger in Sten. Bull. NR, 1968, S. 271, 282. Vgl. oben, S. 10.
[3] NZZ, 569, 16.9.68; auf Wunsch Bundesrat Schaffners wurde über die bundesrätlichen Ausführungen nichts berichtet.
[4] NZZ, 584, 23.9.68 ; Bund, 223, 23.9.68.
[5] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 63/1968, S. 547 ff., 555 f.; Arbeitgeberpolitik in der Nachkriegszeit 1948 bis 1967, Zürich 1968.
[6] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 63/1968, S. 569 ff.; NZZ, 446, 23.7.68.
[8] Über den in Zürich stattfindenden Gewerbekongress vgl. NZZ, 285, 9.5.68; NZ, 213, 10.5.68; GdL, 110, 11./12.5.68.
[9] Ebenda. Der Trend zum Wettbewerbsdenken zeigt sich auch in der neuen Wettbewerbsordnung des Baumeisterverbandes, über die oben, S. 55, berichtet wurde.
[10] Vgl. oben, S. 59 ff., 66 ff. u. 95 ff.
[11] Vgl. oben, S. 120 ff.
[12] Bund, 124, 29.5.68 (Vorschlag der Berner Handelskammer); vgl. oben, S. 107 f.
[14] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 63/1968, S. 552.
[17] Vgl. oben, S. 75 ff.
[18] Vgl. oben, S. 75 ff.
[19] Nach TdG, 103, 2.5.68, waren es 5000, nach GdL, 102, 2.5.68, 2000 Bauern.
[21] NZZ, 315, 24.5.68; vgl. oben, S. 73.
[22] NBZ, 106, 7.5.68; 146, 25.6.68.
[23] TdL, 315, 10.11.68; 322, 17.11.68.
[24] Rückgang der Mitgliederzahl des Schweiz. Gewerkschaftsbundes von 441 203 um 4679 auf 436 524 (1,06 %) und des Christlichnationalen Gewerkschaftsbundes von 91 636 um 1157 auf 90 479 (1,26 %), Mitteilungen des Sekretariates des SGB; NZZ, 185, 25.3.69.
[25] So betrug der Rückgang der Arbeiter in der Metall- und Maschinenindustrie allein zwischen 1962 und 1967 ca. 11 %. Bezeichnenderweise ist auch im CNG der Rückgang der Mitglieder des Christlichen Metallarbeiter-Verbandes mit ca. 800 am stärksten.
[26] Vgl. SPJ, 1967, S. 157 f.; über die « prime aux travailleurs syndiqués» GdL, 195, 21.8.68; über die von der Gewerkschaft Textil, Chemie, Papier geforderte Anschlussgebühr NZ, 475, 14.10.68; vgl. auch oben, S. 108.
[30] Der Schweiz. Metall- und Uhrenarbeiter-Verband setzte eine entsprechende Studienkommission ein (gk, 43, 7.11.68; NZZ, 688, 6.11.68); über eine aus Angehörigen verschiedener Gewerkschaftsrichtungen zusammengesetzte Mitbestimmungskommission in Zürich s. oben, S.106; vgl. ferner die Forderungen des Schweiz. Bau- und Holzarbeiterkongresses in Biel (gk, 40, 17.10.68; NZZ, 632, 14.10.68).
[32] PS, 120, 28.5.68 ; TdG, 129, 4.6.68.
[33] Vat., 123, 27.5.68; NZZ, 402, 3.7.68; 644, 18.10.68 (Aktionsprogramm des Verbandes der Schweiz. Studentenschaften); 758, 6.12.68 (Der VSS unterstützt das ETH-Referendum).
[35] Bund, 143, 21.6.68; NZZ, 379, 24.6.68. Vgl. oben, S. 157.
[36] NZZ , 680, 4.11.68; 688, 6.11.68; 708, 15.11.68; Tw, 262, 7.11.68 ; gk, 43, 7.11.68.
[37] Mitteilung des Sekretariates der VSA.
[38] NZZ, 537, 1.9.68 (Standortbestimmung); Jubiläumsberichte: NZZ, 584, 23.9.68; NZ, 438, 23.9.68; TdG, 223, 23.9.68.