Chronique générale
Finances publiques
Situation inchangée des finances publiques : déficit des cantons et communes, comptes équilibrés de la Confédération — Les buts à court terme de la réforme des finances fédérales (élimination de la progression à froid en matière d'impôt de défense nationale et majoration des taux maxima de l'impôt sur le chiffre d'affaires) demeurent incontestés ; par contre, les buts à moyen terme (suppression des limitations temporelles et matérielles des impôts fédéraux dans la Constitution) ne sont adoptés par les Chambres que moyennant recours à la procédure de conciliation — Opposition fédéraliste des milieux de droite au projet de réforme financière ; opposition également de la gauche, pour des raisons de politique sociale ; désaccord au sein des partis gouvernementaux — Bien qu'adopté par le peuple, le projet de réforme des finances est rejeté par le vote négatif de la majorité des cantons — Le Conseil fédéral présente un nouveau projet ; il renonce, parce que contestés, aux buts à moyen terme — Les réductions de dépenses proposées par le Conseil fédéral ne sont adoptées que très partiellement par le Parlement — Etudes et travaux préparatoires sur la péréquation financière et l'harmonisation fiscale — Lancement d'initiatives pour l'introduction de certains impôts destinés au financement de l'infrastructure — Entrée en vigueur des majorations fiscales sur le vin et l'alcool.
Situation der öffentlichen Finanzen
Das Jahr 1970 brachte keine entscheidende Änderung in der Situation der öffentlichen Finanzen. Soweit aus den sehr unterschiedlich aufgebauten Staatsrechnungen der Kantone überhaupt Schlüsse gezogen werden können, liess sich eine leichte Verbesserung der kantonalen Finanzlage feststellen. Im Vergleich mit den Voranschlägen fielen die Rechnungsabschlüsse für 1969 ausnahmslos besser aus. Der Vergleich mit dem Vorjahr zeigte keine einheitliche Tendenz, wenn auch die Kantone mit verbesserten Abschlüssen überwogen
[1]. Hingegen waren wiederum sämtliche Voranschläge für 1971 defizitär. Gesamthaft wurde mit Rekordausgabenüberschüssen von 810 Mio Fr. (1970: 600 Mio Fr.) gerechnet. Wenn man noch die von den Gemeinden veranschlagten Defizite von 450 Mio Fr. hinzuzählt, so kommt man auf Beträge, die als alles andere als konjunkturgerecht bezeichnet wurden
[2].
Der Bund stand finanziell immer noch günstiger da als die Gemeinden und Kantone. Die Staatsrechnung 1969, die in der Sommersession von den eidgenössischen Räten oppositionslos genehmigt wurde, wies in der Finanzrechnung einen Einnahmenüberschuss von 28 Mio Fr. und in der Gesamtrechnung einen Reinertrag von 446 Mio Fr. aus. Damit konnte der Fehlbetrag in der Bilanz auf 2,32 Mia Fr. reduziert werden
[3]. Auch die Staatsrechnung für 1970 schloss mit einem erfreulichen Ergebnis ab, wurde doch in der Finanzrechnung statt des budgetierten Defizits von 23 Mio Fr. ein Einnahmenüberschuss von 210 Mio Fr. erzielt. Die Abweichung vom Voranschlag wurde vor allem auf eine unerwartete Steigerung der Einnahmen zurückgeführt. Bei den Vermögensveränderungen betrug der Ertragsüberschuss indessen nicht wie vorgesehen 416. Mio Fr., sondern lediglich 88 Mio Fr., was mit der Umstellung von Silber- auf Kupfernickelmünzen und den durch höhere zweckgebundene Einnahmen bedingten grösseren Rückstellungen erklärt wurde
[4]. Schliesslich sah der Bundesrat in der Botschaft über den Voranschlag für 1971 einen Ausgabenüberschuss in der Finanzrechnung von 57 Mio Fr. und einen Ertragsüberschuss bei den Vermögensänderungen von 368 Mio Fr. vor. Die Ausgaben sollten um 13%, die Einnahmen um 12,4% steigen. Die Zunahme der Ausgaben um 1 Mia Fr., die das Wachstum des Bruttosozialproduktes beträchtlich überstieg, wurde als inflationistisch kritisiert. Bundesrat Celio erklärte sein Dilemma: einerseits müsse das Budget antizyklisch wirken, anderseits dürften aber dringende, wachstums- und sozialpolitisch notwendige Ausgaben nicht zurückgestellt werden, da sonst soziale Spannungen und Engpässe in der Infrastruktur entstehen könnten. Es wurde denn auch betont, dass der Grossteil der neuen Ausgaben, nämlich 860 Mio Fr., auf die Ausgabengruppen soziale Wohlfahrt, Verkehr und Energie, Landwirtschaft sowie Unterricht und Forschung entfalle. Zudem habe der Bund die vielen neuen Aufgaben nicht an sich gerissen. Sie seien durch Parlamentsbeschlüsse, die ihrerseits auf öffentlichen Druck hin zustandegekommen seien, ausgelöst worden
[5].
Bundesfinanzreform
Der Leidensweg der Bundesfinanzreform wurde 1970 um ein weiteres Stück verlängert. Nachdem der Ständerat noch in der Wintersession 1969 die Vorlage des Bundesrates behandelt und dabei in verschiedenen Punkten abgeändert hatte
[6], befasste sich im Frühjahr 1970 der
Nationalrat mit dem umstrittenen Geschäft. Da die Vorlage
Steuererhöhungen bei der Wust vorsah, kam der günstige Abschluss der Staatsrechnung 1969 für Bundesrat Celio ungelegen. Schon in der Eintretensdebatte wurden entscheidende Einwände gegen seine Vorlage angemeldet. Biel (LdU, ZH) vertrat im Namen seiner Fraktion eine grundsätzlich neue Konzeption. Er wollte eine Bundessteuer auf Einkommen und Vermögen einführen, an deren Ertrag Kantone und Gemeinden zur Hälfte beteiligt sein sollten
[7]. Diese Konzeption wurde ebenso eindeutig abgelehnt wie jene von Muret (PdA, VD), der dem Bund das alleinige Recht zur Besteuerung der juristischen Personen einräumen wollte. Die übrigen politisch gewichtigsten Einwände kamen indessen erst in der Detailberatung richtig zum Ausdruck. Die Nahziele der Vorlage blieben dabei nicht ernsthaft bestritten. Die Beseitigung der kalten Steuerprogression bei der West, die durch Erleichterungen für Einkommen bis zu 88'700 Fr. erreicht werden sollte, war unangefochten. Auch beim Maximalsatz der West wurde an den vom Bundesrat vorgeschlagenen 9 % (abzüglich 5 % Rabatt) für Einzelpersonen und 8 % (abzüglich 5 % Rabatt) für juristische Personen festgehalten. Anderslautende Anträge von Max Weber (soz., BE), der bei den Einzelpersonen auf 12 % gehen wollte, und von Eisenring (k.-chr., ZH), der 8 % vorschlug, wurden abgelehnt. Das gleiche Schicksal erlitten zwei Anträge von Fischer (rad., BE). Sowohl der Vorschlag, die Biersteuer auf dem Stand vom 31. Dezember 1970 zu fixieren, als auch das alte Postulat einer Minimalsteuer für Genossenschaften fanden wenig Anhänger. Bei den Sozialabzügen von der West ging der Nationalrat weiter als der Ständerat. Die entscheidenden Differenzen zum Ständerat entstanden aber erst bei den mittelfristigen Zielen der Finanzvorlage. Im Nationalrat wurde gegen die Opposition der Liberalen, der Konservativen und einiger Freisinniger die Befristung der Bundessteuern (114 : 43 Stimmen) und die Fixierung von Höchstsätzen in der Verfassung (109: 47 Stimmen bei der Wust; 95 : 55 Stimmen bei der West) wieder aufgehoben. Konsequenterweise wurde dann die Wehrsteuer in « direkte Bundessteuer » umbenannt. Mit dem knappen Mehr von 69 zu 65 Stimmen nahm der Nationalrat auch noch einen neuen Artikel auf, der dem Bund die Kompetenz gab, die Harmonisierung der Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden zu fördern. Andererseits folgte er der kleinen Kammer, indem er die Provision der Kantone an der Verrechnungssteuer von 6 auf 12 % erhöhte. In der Gesamtabstimmung wurde die nur unwesentlich veränderte Vorlage des Bundesrates mit 90 zu 16 Stimmen angenommen
[8].
In der zweiten Phase, der
Differenzbereinigung, ging es hauptsächlich um die zeitliche und materielle Begrenzung der Steuern in der Verfassung. Dabei entschloss sich Bundesrat Celio zu einem neuartigen Schritt: er setzte in einem Brief den Mitgliedern der ständerätlichen Finanzkommission seine Argumente für die Aufhebung der Begrenzungen nochmals auseinander. Von konservativer Seite wurde ihm deswegen vorgeworfen, er wolle das Parlament manipulieren, während auf der anderen Seite gefragt wurde, wie sich denn der Bundesrat durchsetzen solle, wenn er sich nicht engagieren dürfe
[9]. Der Ständerat hielt jedenfalls — trotz oder wegen des ungewöhnlichen Vorgehens von Bundesrat Celio — vorerst an seinen Beschlüssen fest. Erst nach heftigen Auseinandersetzungen nahm er die Aufhebung der Fixierung von Steuerhöchstsätzen in der Verfassung knapp an. Der vom Nationalrat eingeführte Artikel über die Steuerharmonisierung wurde in beiden Räten durch eine Motion ersetzt, die den Bundesrat beauftragte, einen solchen Verfassungsartikel vorzubereiten. In den Fragen der Sozialabzüge konnten sich die Räte nach langwierigem Seilziehen noch in der Sommersession einigen. Die bereinigte Vorlage wurde schliesslich vom Nationalrat mit 112 zu 25 und vom Ständerat mit 19 zu 14 Stimmen gutgeheissen
[10].
Damit kam der
Abstimmungskampf als dritte Phase in Gang. Eröffnet worden war er allerdings schon während der parlamentarischen Debatten. Dort war bereits erklärt worden, dass für den Fall, dass die zeitliche und die sachliche Beschränkung der Steuern nicht mehr in der Bundesverfassung verankert würde, der Widerstand gegen die Vorlage organisiert würde. Die Gegner der Vorlage konzentrierten ihre Anstrengungen denn auch auf die Bekämpfung dieser Neuerung. Sie gründeten ein «Aktionskomitee für die Rechte von Volk und Ständen in Steuersachen », dem fithrende Persönlichkeiten der Konservativ-christlichsozialen Volkspartei, der Liberalen, der Freisinnigen, des Gewerbeverbandes und des Redressement National angehörten. Dieses Komitee lancierte als Gegenangriff eine Initiative, die im wesentlichen die gleichen Punkte enthielt wie die im November zur Abstimmung gelangende Vorlage, mit dem entscheidenden Unterschied allerdings, dass die Bundessteuern weiterhin befristet und die Maximalsätze wieder verankert waren. Die Opposition wurde mit der Befürchtung begründet, dass ohne diese zeitliche und sachliche Begrenzung der Steuern in der Verfassung das Ständemehr ausgeschaltet wäre und die Steuerzahler nur noch über den Umweg des fakultativen Referendums etwas zu sägen hätten, was einem Abbau der Volksrechte gleichkomme. Zudem gerate der Bund eher in Versuchung, die Steuern Schritt um Schritt zu erhöhen
[11]. Die Gegner in den konservativen Reihen argumentierten ausserdem, sie könnten einer Dauerordnung nicht zustimmen, solange der Finanzausgleich, die Steuerharmonisierung sowie die Abgrenzung der Steuerkompetenzen zwischen Bund und Kantonen nicht befriedigend gelöst seien. Die Partei könne mehr erreichen, wenn sie auf diese Schutznorm für die Kantone nicht voreilig verzichte. Schliesslich wurde noch geltend gemacht, die Vorlage bringe überhaupt keinen Steuerabbau; im Gegenteil, der kleine Mann verliere bei der Wust mehr, als er bei der West gewinne
[12]. Gegnerschaft erwuchs der Vorlage auch von links. Die PdA sowie die Genfer und die Waadtländer Sozialdemokraten sprachen von einer Vorlage für die Reichen, die das Gewicht zu stark auf die unsoziale Wust lege und bei der West die hohen Einkommen viel zu wenig belaste
[13]. Von den gesamtschweizerischen Organisationen engagierten sich nur die Liberaldemokratische Union, das Redressement National und der Gewerbeverband
[14] für ein Nein, wobei sich einige prominente Gewerbevertreter und der bedeutende Baumeisterverband nicht an die Parole der Zentrale hielten
[15].
Die Front der
Befürworter war ebenso wenig einheitlich wie jene der
Gegner. Im befürwortenden Aktionskomitee « für eine moderne Bundesfinanzordnung » sassen genau wie im ablehnenden Mitglieder aller bürgerlichen Parteien
[16]. Am deutlichsten wurden die parteiinternen Gegensätze bei den Konservativ-Christlichsozialen. Deren leitender Ausschuss hatte die Nein-Parole empfohlen, wurde indessen an der Delegiertenversammlung mit 80 zu 79 Stimmen knapp überstimmt, was eine ganze Reihe von Kantonalparteien nicht daran hindern konnte, Ablehnung der Vorlage zu empfehlen
[17]. Auch bei den anderen drei Bundesratsparteien, an deren gesamtschweizerischen Delegiertenversammlungen klare befürwortende Mehrheiten zustande kamen, hielten sich nicht alle Kantonalparteien an die Empfehlung der Zentralpartei
[18]. Der Landesring entschied sich geschlossen, die Evangelischen und Demokraten fast einheitlich für ein Ja
[19]. Am eindeutigsten setzten sich der Bauernverband
[20] und die Arbeitnehmerverbände für die Vorlage ein
[21], während es als taktische Meisterleistung Bundesrat Cellos bezeichnet wurde, dass sich die Arbeitgeberseite sowie Handel und Industrie aus der Diskussion weitgehend zurückhielten, obwohl sie die zeitliche und materielle Beschränkung insbesondere bei der West eigentlich begrüsst hätten. Der grosse Einsatz und das Geschick von Bundesrat Celio wurden von beiden Seiten anerkannt
[22]. Den Befürwortern ging es in der Abstimmungskampagne einmal darum, die Befürchtungen wegen des Abbaus der Volksrechte und des dahin fallenden Ständemehrs zu zerstreuen. Dabei wiesen sie darauf hin, dass die Kantone finanziell schon lange nicht mehr unabhängig seien, sondern als Bittsteller und Subventionsempfänger an einer gesunden Finanzlage des Bundes interessiert sein müssten. Eine grundlegende Reform könne überhaupt erst nach Wegfallen des zeitlichen Drucks in Angriff genommen werden. Zudem dürfe man auch dem Parlament Vertrauen entgegenbringen. Ein Referendum könne rasch ergriffen werden, was schon die Tatsache zeige, dass die Gegner der Vorlage sogar eine Initiative zustande brächten. Aber es gehe den Gegnern gar nicht um die Volksrechte, sondern um den Schutz der hohen Einkommen. Die wichtigsten Vorteile der Vorlage des Bundesrates, die Entlastung der unteren Einkommen bei der West und die Ausmerzung der kalten Progression, könnten bei einer Ablehnung auf lange Zeit nicht realisiert werden. Mit der neuen Finanzvorlage würde der Bund zudem eine grössere Flexibilität in der Steuerpolitik erhalten, was gerade für die Konjunkturpolitik dringend sei
[23]. Den Konservativen schliesslich wurde vorgeworfen, sie würden die Vorlage nur ablehnen, um Revanche an denjenigen Bundesratsparteien zu nehmen, die seinerzeit das Sofortprogramm Bundesrat Bonvins nicht unterstützt hatten
[24].
Bei einer geringen Stimmbeteiligung von nur 40,2 % wurde die neue Finanzordnung am 15. November
trotz einer Stimmenmehrheit von 366 117 Ja zu 294 965 Nein wegen des negativen Ständemehrs abgelehnt: acht ganze und zwei Halbkantone stimmten zu, elf ganze und vier Halbkantone verwarfen
[25]. Erst zum fünften Mal seit Bestehen des Bundesstaates wich damit das Volksmehr vom Ständemehr ab. Diese Tatsache veranlasste die Gegner der Vorlage zum Kommentar, gerade diese Abstimmung habe gezeigt, wie nötig das qualifizierte Mitbestimmungsrecht der Kantone, für das sie gekämpft hätten, sei. Die beiden volksreichsten Kantone Zürich und Bern hätten in diesem Fall theoretisch die ganze übrige Schweiz überstimmen können. Dieser Beweis eines lebendigen Föderalismus, der seine Prüfung bestanden habe, bestätige, dass es das Ständemehr erlaube, ein gewisses politisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten
[26]. Selbst in Kreisen der Gegner fürchtete man allerdings, der Sieg des Ständemehrs sei eher ein Pyrrhussieg des Föderalismus. Durch die Nachbarschaft zu Kräften und Kreisen, die den modernen Leistungsstaat durch Steuergeldentzug knapp halten wollen, sei der Föderalismus in ein schiefes Licht geraten. Man werde nun den Eindruck haben, er diene bloss als Vorspann zur Verhinderung des Fortschritts, dies um so mehr, als in diesem Fall eine Reihe finanzschwacher Kantone, die von der Neuordnung hätten profitieren können, den Ausschlag gegeben hätten. Der Graben zwischen Stadt und Land werde unter Umständen noch tiefer
[27]. Von sozialdemokratischer Seite wurde daran erinnert, dass es auch eine Opposition von links gegeben habe, für die der Tarif der West die hohen Einkommen zu wenig belastet habe. Diese Opposition sei in Genf und Waadt, vielleicht sogar gesamtschweizerisch, entscheidend gewesen
[28].
Bundesrat Celio zog zwei
Konsequenzen aus dem Abstimmungsergebnis. Einmal kündigte er unmittelbar nach Bekanntwerden des Resultats eine neue Vorlage an. Diese lag im. Dezember bereits vor. Sie verzichtete auf die mittelfristigen Strukturreformen, war bis 1980 befristet und sah für natürliche Personen bei der direkten Bundessteuer einen leicht erhöhten Höchstsatz von 9,5 % vor. Damit die Vorlage im Sommer 1971 bereits vor das Volk kommen könne; wurde angekündigt, der Ständerat werde sich in einer ausserordentlichen Session im Januar, der Nationalrat im Frühjahr damit befassen. Weil auch dieses beschleunigte Vorgehen es nicht erlaube, bei der West die erhöhten Sozialabzüge rechtzeitig in Kraft zu setzen, wurde ein nach Steuerbetrag gestaffelter Rabatt von 5 bis 25 % vorgesehen. Die anderen wesentlichen Punkte wurden aus der verworfenen Vorlage übernommen
[29].
Budget für 1971
Die zweite Konsequenz von Bundesrat Celio betraf das Budget für 1971. Das ursprünglich vom Bundesrat vorgesehene Defizit der Finanzrechnung von 57 Mio Fr. hatte sich wegen späterer, von Parlament und Bundesrat gefasster Beschlüsse auf 126 Mio Fr. erhöht
[30]. Bei Annahme der Finanzordnung hätte es wieder auf 18 Mio Fr. reduziert werden können. Da dies nun aber nicht der Fall war, beantragte der Bundesrat aus konjunkturpolitischen Gründen die Kürzung verschiedener Budgetpositionen um insgesamt rund 100 Mio Fr. Diese Kürzungsanträge stiessen bereits in der Finanzkommission des Nationalrates auf Widerstand. Dort fragte man sich, weshalb Abstriche nun plötzlich möglich seien, nachdem frühere Anfragen nach Ausgabenkürzungen immer kategorisch negativ beantwortet worden waren
[31]. In den Räten war man sich zwar weitgehend einig, dass man etwas zur Konjunkturdämpfung beitragen sollte. Nur betrachtete man die Objekte, bei denen Kürzungen vorgenommen werden sollten, als ungeeignet. Nationalrat Schürmann (k.-chr., SO) sprach gar von einer Strafexpedition gegen jene, die die Finanzvorlage abgelehnt hatten; insbesondere bei den Posten, welche die Landwirtschaft betrafen, wolle man jetzt die ländlichen Regionen bestrafen. Auch die Kürzung der Nationalstrassenkredite um 50 Mio Fr. wurde von beiden Räten abgelehnt
[32]. Einen bedeutenderen Abstrich (von 25 Mio Fr.) beschlossen die Räte einzig beim Militärbudget; weitergehende Anträge des Landesrings und der Sozialdemokraten, die hier bis zu 100 Mio Fr. hätten einsparen wollen, wurden indessen im Nationalrat jeweils mit etwa 100 zu 50 Stimmen abgelehnt
[33]. Insgesamt wurden bloss Kürzungen im Umfang von 35 Mio Fr. vorgenommen, so dass das für 1971 veranschlagte Defizit der Finanzrechnung letztlich rund 92 Mio Fr. betrug. Dieses Ergebnis einer grossen Diskussion wurde als blamabel bezeichnet; dies um so mehr, als es sich bei allen Kürzungsvorschlägen um Beträge handle, die zu bescheiden seien, um mehr als eine psychologische Wirkung auf Konjunktur und Teuerung auszuüben
[34].
Finanzausgleich und Steuerharmonisierung
In den Fragen des Finanzausgleichs
und der
Steuerharmonisierung wurden keine bedeutenden Fortschritte erzielt
[35]. Es wurden lediglich vier Kantone wegen einer geringfügigen Modifizierung der Einteilungskriterien in eine tiefere Kategorie der Finanzstärke eingereiht
[36]. In einer Studie über die bisherigen Auswirkungen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs wurden die Umverteilungseffekte als bescheiden taxiert. Am bedeutendsten seien sie noch bei der Sozial- und der Agrarpolitik
[37]. Die Kommission unter der Leitung des solothurnischen Finanzdirektors Ritschard konnte den ersten Teil ihrer Arbeiten über die Steuerharmonisierung abschliessen und einen Entwurf mit Vorschriften über die Besteuerung der natürlichen und juristischen Personen vorlegen. In einem zweiten Teil sollen Vorschläge für die Harmonisierung der Liegenschaftsbesteuerung, der Quellensteuer, des Steuerstrafrechts und des Verfahrensrechts erarbeitet werden
[38]. Es wurde indessen darauf hingewiesen, dass nach der Lösung der gesetzestechnischen Fragen die Schwierigkeiten bei der politischen Verwirklichung erst beginnen würden. Nachdem der Bundesrat selbst die Idee der Anrechnungssteuer
[39] hatte fallen lassen, wurde nun von privater Seite der Weg über ein Rahmengesetz des Bundes empfohlen
[40].
Die Unzufriedenheit einer grossen Anzahl von Stimmbürgern wegen der Anwesenheit der vielen Ausländer und wegen des Wohnungsproblems gab Anlass zur Lancierung von zwei Initiativen, die eine
Infrastruktursteuer fordern: In einem neuen Begehren schlug Nationalrat Schwarzenbach Steuern zur Finanzierung von Umweltschutz- und Infrastrukturaufgaben vor. Die Arbeitgeber hätten eine Abgabe von einem bestimmten Prozentsatz auf der an Ausländer ausbezahlten Bruttolohnsumme zu entrichten. Der Steuersatz sollte gleich hoch sein wie der Prozentanteil der ausländischen Wohnbevölkerung am Total der schweizerischen Wohnbevölkerung. Diese Lohnsteuer, die im Jahre 1970 mehr als 1 Mia Fr. eingebracht hätte, fand wenig Anklang. Sie sei ungerecht, wäre von der Wirtschaft nicht zu verkraften und würde eine unheimliche Teuerungswelle auslösen
[41]. Ähnliches wurde auch über die von Denner lancierte Initiative « Billiger Wohnen » gesagt. In ihr wurden eine Abgabe von 500 Fr. für jeden beschäftigten Ausländer, eine Exportabgabe bis zu 8 % und eine progressive Kapitalsteuer zur Finanzierung eines Wohnbaufonds gefordert. Diese Beiträge würden jährlich ca. 1,5 Mia Fr. ausmachen
[42].
Andere indirekte Steuern
Die Auseinandersetzungen um die
Wein- und Branntweinsteuern wurden vorderhand abgeschlossen. Auf den 2. April erhöhte der Bundesrat die Monopolgebühren bei der Einfuhr von bestimmten Weinspezialitäten von 60 Fr. auf 165 Fr. je 100 kg brutto. Auf das gleiche Datum trat auch, und zwar trotz massiver Widerstände aus der Innerschweiz, die im Dezember 1969 beschlossene Erhöhung der Spezialitätenbranntweinsteuer in Kraft
[43].
[1] wf, Dokumentations- und Pressedienst, 25, 22.6.70.
[2] Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der Eidg. Steuerverwaltung und weichen von den durch die Kantone veröffentlichten leicht ab, da die Steuerverwaltung einige Bereinigungen vornimmt. Nach ihrer Rechnung sieht der Kanton GE als einziger einen kleinen Überschuss vor; vgl. wf, Dokumentations- und Pressedienst, 51/52, 21.12.70; Die Volkswirtschaft, 44/1971, S. 15 f.; wf, Artikeldienst, 7, 15.2.71. Für das Jahr 1970 wurden die Berechnungen der Steuerverwaltung vom Finanzvorstand der Stadt Zürich, E. Bieri (rad.), angezweifelt; vgl. NZZ, 83, 19.2.70; 86, 21.2.70.
[3] Vgl. SPJ, 1969, S. 78; Staatsrechn. Eidg., 1969; BBI, 1970, II, S. 41; NZZ, 252, 4.6.70; 254, 5.6.70; 264, 11.6.70; 266, 12.6.70; 267, 12.6.70.
[4] Bund, 56, 9.3.71; NZ (sda), 109, 9.3.71.
[5] Voranschl. Eidg., 1971; GdL, 244, 19.10.70; 246, 22.10.70; TdG, 245, 20.10.70; BN, 440, 20.10.70; NZZ, 487, 20.10.70; Lib.. 17, 20.10.70; NZ, 482, 20.10.70; Lb, 245, 21.10.70. '
[6] Vgl. SPJ, 1969, S. 79 ff.; BBl, 1969, II, S. 749 ff.
[7] Tat, 26, 31.1.70; NZ, 55, 3.2.70; 152, 5.4.70.
[8] Sten. Bull. NR, 1970, S. 106 ff., 159 ff., 209 ff.; JdG, 54, 6.3.70.
[9] NZ, 216, 15.5.70; Vat., 111, 15.5.70; 112, 16.5.70; Bund, 117, 24.5.70; NZZ, 220, 15.5.70; 242, 29.5.70.
[10] Sten. Bull. NR, 1970, S. 345 ff., 440, 472 f., 474; Sten. Bull. StR, 1970, S. 146 ff., 228 ff., 238, 247; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 24, 12.6.70; 25, 19.6.70; 30, 24.7.70; 35, 28.8.70; 36, 4.9.70; 37, 11.9.70; 38, 18.9.70; 39, 25.9.70; 40, 2.10.70; 41, 9.10.70; 42, 16.10.70; 43, 23.10.70; 44, 30.10.70; 45, 6.11.70; 46, 13.11.70; NZZ, 217, 13.5.70 (Generalversammlung des Redressement National); 402, 31.8.70; Trumpf Buur, 170, März 1970; Tat, 208, 4.9.70; BN, 304, 24.7.70; 461, 2.11.70; Ostschw., 164, 17.7.70; 261, 7.11.70; JdG, 209, 8.9.70; 256, 3.11.70; TdG. 202, 29./30.8.70; Vat., 205, 5.9.70.
[11] Vat., 164, 18.7.70; 241, 17.10.70; 244, 21.10.70; 263, 12.11.70; NZN, 243, 17.10.70; 244, 19.10.70; 249, 27.10.70; 265, 12.11.70; Lib., 16, 19.10.70; NZ, 521, 11.11.70.
[12] VO, 238, 17.10.70; 244, 24.10.70; 245, 26.10.70; 250, 31.10.70; 262, 14.11.70; PS, 241, 21.10.70; 257, 9.11.70; 258, 10.11.70; 259, 11.11.70; Tw, 247, 22.10.70.
[13] Für eine Übersicht über die gesamtschweizerischen Parolen vgl. Weltwoche, 46, 13.11.70; siehe auch NZZ, 501, 28.10.70.
[14] NZZ (sda), 494, 23.10.70; NZZ, 519, 7.11.70; 525, 11.11.70.
[15] NZZ (sda), 456, 1.10.70.
[16] NZZ. 465, 7.10.70; Tw, 236, 9.10.70; Lib., 16, 19.10.70; NZN. 244, 19.10.70; die Nein-Parole gaben die Kantonalparteien von LU, UR, GL, ZG, BL, SH, SG, GR, AG und des Unterwallis sowie die konservativen Flügelparteien von SZ, TG und Oberwallis heraus.
[17] JdG, 237, 12.10.70; NBZ, 237, 12.10.70; Tw, 250, 26.10.70. Beim Freisinn gaben folgende Kantonalparteien die Nein-Parole heraus: SZ, OW, NW, GL, ZG, AG. Bei der BGB waren AG und TI für ein Nein, bei der SPS VD, GE und Jura.
[18] Tat, 210, 7.9.70; 245, 19.10.70; NZZ (sda), 497, 26.10.70; 522, 9.11.70.
[20] SGB: NZZ (sda), 458, 2.10.70; gk, 37, 14.10.70; 38, 22.10.70; 39, 29.10.70; 40, 5.11.70; VSA: Tat, 234, 6.10.70; NZZ, 426, 14.9.70; CNG: Lb (sda), 248, 24.10.70; NZZ (sda), 503, 29.10.70.
[21] AZ, 252, 30.10.70; Lb, 123, 1.6.70; NZZ, 436, 19.9.70; BN, 448, 24./25.10.70; GdL, 264, 12.11.70; wf, Dokumentations- und Pressedienst, 8, 23.2.70; 11, 16.3.70; 17, 27.4.70; 21, 25.5.70; 25, 22.6.70; 27/28, 6.7.70; 29/30, 20.7.70; 38, 21.9.70; 43, 26.10.70.
[22] Lb, 253, 30.10.70; AZ, 241, 17.10.70.
[23] NZZ, 508, 1.11.70; Lb, 163, 17.7.70; 234, 8.10.70; 187, 14.8.70; 250, 27.10.70; GdL, 252, 29.10.70; BN, 437, 17./18.10.70; 297, 20.7.70; NBZ, 162, 15.7.70; 264, 12.11.70; Tw, 162, 15.7.70; 169, 23.7.70; 254, 30.10.70; 266, 13.11.70; Bund, 243, 18.10.70; 264, 11.11.70; Tat, 245, 19.10.70.
[24] Bund, 67, 22.3.70; Tw, 234, 7.10.70; Lb, 210, 10.9.70; sowie SPJ, 1967, S. 63 f.
[25] BBl, II, 1970, S. 1574 ff.; zur Gesamtinterpretation vgl. Bund, 275, 24.11.70; NZZ, 537, 18.11.70.
[26] NZN, 268, 16.11.70; 273, 21.11.70; Vat., 266, 16.11.70; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 47, 20.11.70; Bund, 273, 22.11.70.
[27] NBZ, 267, 16.11.70; NBüZ, 335, 16.11.70; JdG, 267, 16.11.70; NZZ, 534, 16.11.70; BN, 482, 16.11.70; BN, 487, 18.11.70; Ostschw., 268, 16.11.70.
[28] AZ, 266, 16.11.70; PS, 263, 16.11.70; VO, 266, 19.11.70; NZ, 537, 20.11.70; gk, 42, 19.11.70.
[29] BBI, 1970, II, S. 1581 ff.; NZZ, 534, 16.11.70; NZN, 269, 17.11.70; NZ, 537, 20.11.70; 586, 19.12.70; Tw, 293, 15.12.70; Ostschw., 297, 19.12.70; Lb, 299, 23.12.70.
[30] Vgl. oben, S. 82 f., Anm. 160.
[31] NZZ (sda), 526, 11.11.70; NZZ, 544, 22.11.70; 563, 3.12.70; NZ, 535, 19.11.70.
[34] BBI, 1970, II, S. 1636 f.; Parlamentsberichte in NZZ, 563, 3.12.70; 564, 3.12.70; 565, 4.12.70; 572, 8.12.70; 573, 9.12.70; 575, 10.12.70; Kommentare in NZ, 540, 23.11.70; 558, 3.12.70; 563, 6.12.70; 567, 8.12.70; 587, 20.12.70; NZN, 272, 20.11.70; NBZ, 281, 2.12.70; TLM, 337, 3.12.70; Tat, 287, 7.12.70; Bund, 288, 9.12.70; AZ, 285, 8.12.70; PS, 284, 10.12.70; Vat., 287, 11.12.70; Lb, 291, 14.12.70.
[35] Vgl. oben, S. 64, Anm. 165.
[36] NE, SH und SO rutschten zu den mittelstarken, LU zu den finanzschwachen Kantonen ab; vgl. Vat., 7, 10.1.70.
[37] NZZ, 496, 25.10.70; RUDOLF ROHR und WALTER GUT, Bundesstaatlicher Finanzausgleich in der Schweiz, Zürich 1970.
[38] GdL, 54, 6.3.70; vgl. SPJ, 1969, S. 83; NZ (sda), 266, 15.6.70; NZZ (sda), 413, 6.9.70.
[39] Vgl. SPJ. 1969, S. 82 f.; BBl, 1969, II, S. 780 f.
[40]NZZ, 415, 7.9.70; 496, 25.10.70; 544, 22.11.70; Lb, 254, 31.10.70.
[41] Bund, 228, 30.9.70; Lb, 228, 1.10.70; NZ, 451, 1.10.70; NZZ, 459, 3.10.70; Tat, 233, 5.10.70; Vat., 237, 13.10.70; vgl. unten, S. 134.
[42] NZZ, 405, 1.9.70; wf, Dokumentations- und Pressedienst, 35, 31.8.70; vgl. unten, S. 120.
[43] Vgl. SPJ, 1969, S. 83; NZZ (sda), 45, 28.1.70; 150, 2.4.70; NZZ, 154, 5.4.70; NZ, 95, 27.2.70.