CO2-neutrales Fliegen bis 2050 (Po. 21.3973)

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Die UREK-NR wollte den Bundesrat im August 2021 mit einem Postulat beauftragen darzulegen, wie CO2-neutrales Fliegen bis 2050 ermöglicht werden könne. Eine Minderheit Rüegger (svp, OW) beantragte die Ablehnung des Vorstosses, der Bundesrat wollte ihn hingegen annehmen. Der Nationalrat nahm sich in der Frühjahrssession 2022 des Themas an. Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) stellte fest, dass sich auch der Aviatiksektor bewegen müsse, wenn die Schweiz ihr Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu werden, erreichen wolle. In diesem Sektor gebe es aber spezifische Herausforderungen, da es hier um andere Distanzen gehe und auch immer der internationale Kontext berücksichtigt werden müsse. Auch gelte es zu bedenken, dass die Entwicklung eines neuen Flugzeuges viele Jahre in Anspruch nehmen könne. Die Fragen nach der Finanzierung, der Herstellung von synthetischen Treibstoffen sowie der internationalen Koordination müssten deshalb zeitnah angegangen werden. Diesem Votum hielt Monika Rüegger entgegen, dass die Stimmbevölkerung im Sommer 2021 das CO2-Gesetz, das eine Flugticketabgabe enthielt, abgelehnt hatte. Diese Entscheidung gelte es zu respektieren; es gehe nicht an, dass «die vom Volk abgelehnten Ziele über Umwege, durch das ‹Hintertürli›», wiedereingeführt würden. Zudem habe die ICAO 2019 das Projekt CORSIA gestartet, in dessen Rahmen die beteiligten Fluggesellschaften ihre CO2-Emissionen reduzierten respektive kompensierten. Schliesslich unterlägen Flüge innerhalb der Schweiz und von der Schweiz in EWR-Staaten bereits dem Schweizer EHS.
Verkehrs- und Umweltministerin Sommaruga vertrat die Ansicht, dass die Flugbranche klare Vorgaben brauche, wie sie ihren Beitrag zur Klimaneutralität leisten könne, und dass genau diese Fragen mit dem geforderten Postulatsbericht beantwortet werden könnten. Die offenen Fragen würden selbstverständlich im internationalen Kontext angegangen. Das habe der Bundesrat im Übrigen auch im Rahmen der Vorlage zum neuen CO2-Gesetz so gehandhabt; in Abstimmung mit den Regeln in der EU habe er eine Pflicht zur Beimischung von erneuerbaren Flugtreibstoffen beim Kerosin vorgeschlagen. Im Anschluss sprach sich die grosse Kammer mit 128 zu 48 Stimmen bei 3 Enthaltungen klar für Annahme des Postulats aus. Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Im Februar 2024 zeigte der Bundesrat in einem Bericht zu einem Postulat der UREK-NR auf, wie CO2-neutrales Fliegen bis 2050 erreicht werden kann. Der Schweizer Luftverkehr verursacht laut dem Bericht rund 11 Prozent der gesamtschweizerischen CO2-Emissionen. Um diese Emissionen entsprechend dem Netto-Null-Ziel zu reduzieren, seien verschiedene technische und marktbasierte Massnahmen sowie weitere Forschung notwendig.
Die wichtigste technische Massnahme ist gemäss dem bundesrätlichen Bericht der Einsatz von nachhaltigen Flugtreibstoffen, insbesondere auch die im CO2-Gesetz geplante Beimischpflicht von emissionsarmen Treibstoffen. Weitaus weniger Reduktionspotential ortete der Bericht bei Wasserstoff- und Elektroflugzeugen. Im Bereich der marktbasierten Massnahmen bestehe bereits der Emissionshandel, welcher gut funktioniere. Dennoch könne zusätzliches CO2 eingespart werden, wenn diese wirtschaftlichen Anreize weiter ausgebaut würden. Schliesslich bestehe auch die Möglichkeit, durch «Effizienzsteigerungen in der Flugzeugflotte und im Flugbetrieb» die CO2-Emissionen zu reduzieren. Mit den diesen technischen und marktbasierten Massnahmen können laut dem Bericht rund 70 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden. Um eine komplette Reduktion zu erreichen, seien aber auch sogenannte Negativemissionstechnologien notwendig, mit welchen CO2 aus der Luft entnommen und anschliessend gespeichert wird.
Die Mehrheit dieser Massnahmen lässt sich laut dem Bericht auch auf den militärischen Flugverkehr anwenden, in welchem eine Reduktion der CO2-Emissionen ebenfalls möglich und notwendig sei, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen.
Auch wenn der Bundesrat die Reduktion der CO2-Emissionen des Flugverkehrs somit als machbar einschätzte, wies der Bericht auch auf verschiedene Hürden zur Erreichung dieses Ziels hin. Der Zeitrahmen für diese Einsparungen sei beispielsweise äusserst eng, was die schnelle Implementierung von Massnahmen voraussetze. Weiter stehe der Luftverkehr mit anderen Sektoren in Konkurrenz um Ressourcen und klimaneutrale Energieträger. Auch sei das Potential der Negativemissionstechnologien limitiert und die Möglichkeiten der CO2-Emissionsreduktion hingen vom zukünftigen Fortschritt der Forschung ab. Gesamthaft sei somit eine «rechtzeitige und ausreichende Finanzierung der Massnahmen» notwendig, um eine massgebliche und zeitnahe Reduktion der CO2-Emissionen im Flugverkehr zu erreichen.