Die Regierungsratswahlen im Kanton Basel-Landschaft vom Februar 2023 wurden im Juli 2022 durch die etwas überraschende und eher spät erfolgte Rücktrittsankündigung des amtierenden Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektors Thomas Weber (BL, svp) so richtig lanciert. Dieser gab an, er wolle nach zehn Jahren in der Regierung unter anderem wieder mehr Zeit mit seiner Familie verbringen und auch politisch oder beruflich neue Herausforderungen annehmen. Um ihren frei werdenden Sitz im fünfköpfigen Regierungsgremium zu verteidigen, nominierte die SVP Nationalrätin Sandra Sollberger (BL, svp). Sollberger genoss in Basel-Landschaft eine hohe Bekanntheit und galt als SVP-Hardlinerin. Die Basler Zeitung attestierte ihr beispielsweise eine «extreme Haltung in Ausländerfragen [und] in der Europapolitik». Die Nomination von Sollberger wurde denn auch zu einem Stresstest für die «bürgerliche Allianz» der Baselbieter Mitte, FDP und SVP. Diese Parteien hatten geplant, den Wahlkampf zusammen zu bestreiten und die Kandidierenden der anderen Parteien ihren Wählenden jeweils zur Wahl zu empfehlen. Noch 2019 war eine solche Allianz zumindest teilweise daran gescheitert, dass die SVP neben Weber mit Thomas de Courten (BL, svp) einen Kandidaten nominiert hatte, der in den Augen der damaligen CVP zu extrem war und den sie nicht unterstützen wollte. Trotz einiger kritischer Stimmen innerhalb der Mitte betreffend Sollbergers Positionen beschlossen deren Mitglieder schliesslich, neben ihrem bisherigen Finanzdirektor Anton Lauber (BL, mitte) und der FDP-Bildungsdirektorin Monica Gschwind (BL, fdp) auch Sollberger zur Wahl zu empfehlen. Ein zweites potenzielles Hindernis für die bürgerliche Allianz bestand in der Frage, mit wie vielen Kandidierenden die Allianz antreten würde. Die FDP liebäugelte offen damit, neben ihrer bisherigen Regierungsrätin Gschwind noch eine zweite Kandidatur zu stellen. Die SVP sah aber in einer zweiten FDP-Kandidatur eine mögliche Gefahr für die Wahl Sollbergers. Um einen Konflikt mit der SVP zu verhindern und um die bürgerliche Allianz nicht zu gefährden, beschloss eine Mehrheit der FDP-Delegierten deshalb, auf eine zweite Kandidatur zu verzichten und nur die drei bürgerlichen Kandidierenden zur Wahl zu empfehlen. Auch bei dieser Nominationsveranstaltung gab es jedoch kritische Voten an die Adresse der SVP und ihrer Kandidatin. Trotz dieser Schwierigkeiten stand am Schluss die bürgerliche Allianz.
Auf linker Seite bildete sich derweil kein Pendant zu dieser Allianz. Die SP und die Grünen verzichteten, trotz vieler gemeinsamer Positionen, auf eine Zusammenarbeit im Wahlkampf. Die Grünen hatten bereits im Herbst 2021 angekündigt, neben ihrem amtierenden Regierungsrat Isaac Reber (BL, gp) noch eine zweite Kandidatur zu lancieren. Nach mehreren Absagen aussichtsreicher potenzieller Kandidierender musste die Partei aber im Mai 2022 zurückkrebsen. Die Sozialdemokraten hingegen nominierten neben ihrer bisherigen Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer (BL, sp) mit Landrat Thomas Noack (BL, sp) noch einen zweiten Kandidierenden. Die fehlende Kooperation im Wahlkampf zwischen den beiden linken Parteien zeigte sich auch an einigen öffentlich ausgetragenen Unstimmigkeiten, etwa als die SP und Noack den amtierenden Bau- und Umweltdirektor Reber für dessen Klimapolitik, welche aus Sicht der SP bisher zu wenig ambitioniert gewesen sei, kritisierten.
Die GLP portierte derweil den unbekannten IT- und Energieberater Manuel Ballmer (BL, glp). Ihm wurden von den Medien im Vorfeld kaum Chancen auf eine Wahl eingeräumt. Das Kandidierendenfeld komplettierte Thomi Jourdan (BL, evp), der bereits bei einer Ersatzwahl 2013 einmal für den Regierungsrat kandidiert hatte und dabei zwar unterlegen war, aber ein gutes Resultat erzielt hatte. Jourdan gab seine Kandidatur erst Mitte Oktober 2022 bekannt – einiges später als die restlichen Kandidierenden. Er bewarb sich explizit auf den frei gewordenen Posten als Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektor und führte eine äusserst sichtbare Kampagne, insbesondere auf Plakaten. Ganz anders derweil die Kampagne von Sandra Sollberger. Die als Favoritin ins Rennen gestartete SVP-Vertreterin mied viele Wahlpodien und schlug auch zahlreiche Medienanfragen aus. Die Medien attestierten ihr deshalb einen «schwachen Wahlkampf» (Tages-Anzeiger).

Der Wahlsonntag am 12. Februar 2023 brachte dann tatsächlich die Überraschung: Thomi Jourdan holte 26'228 Stimmen und zog damit als schweizweit erster Vertreter der EVP in eine kantonale Regierung ein. Die bisherigen Regierungsrätinnen und -räte schafften alle die Wiederwahl problemlos. Das beste Resultat erzielte Anton Lauber (41'725 Stimmen), gefolgt von Isaac Reber (37'522), Kathrin Schweizer (35'032) und Monica Gschwind (35'018). Eine herbe Niederlage setzte es für die SVP und ihre Kandidatin Sandra Sollberger ab. Sie übertraf zwar mit ihren 25'085 Stimmen ebenfalls knapp das absolute Mehr von 24'962 Stimmen, landete aber nur auf dem sechsten Platz, womit sie die Wahl um 1'143 Stimmen verpasste. So schied die SVP am gleichen Tag, an dem sie bei den Landratswahlen zur stärksten Kraft wurde, aus der Regierung aus. Thomas Noack (23'771 Stimmen) und Manuel Ballmer (20'112) reihten sich auf den Plätzen sieben und acht ein. Die Wahlbeteiligung lag bei 34.3 Prozent. Zwei Tage nach den Wahlen nahm die frisch gewählte Regierung die Verteilung der Departemente vor. Sie beschloss dabei, dass Jourdan sein Wunschdepartement, das Volkswirtschafts- und Gesundheitsdepartement, übernimmt. Die restlichen Mitglieder des Regierungsrates behielten alle ihre Dossiers.

Dossier: Kantonale Wahlen - Basel-Landschaft
Dossier: Kantonale Regierungsratswahlen 2023