Als Reaktion auf den 2023 erschienen Bericht über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche der Schweiz versprach die Bischofskonferenz die Einleitung diverser Massnahmen, um den strukturellen Faktoren, die Missbrauch und dessen Vertuschung begünstigen, entgegenzuwirken. Ende 2024 zeigten sich Medien und Betroffene jedoch ernüchtert, da es der katholischen Kirche nur teilweise oder gar nicht gelinge, die versprochenen Änderungen einzuführen.
Noch im November 2023, sprachen die Bischöfe Joseph Bonnemain und Felix Gmür persönlich bei Papst Franziskus vor, um ihre Ideen zur Verbesserung der Situation vorzustellen, wie der «Blick» berichtete. Der Papst unterstützte die Forderung zur Aufhebung der Regelung, gemäss welcher Akten über sexuellen Missbrauch nach 10 Jahren zerstört werden sollen. Ferner äusserte sich der Papst ebenfalls positiv zum Vorschlag, dass die katholische Kirche der Schweiz ein eigenes kirchliches Straf- und Disziplinargericht einrichtet und beauftragte die Bischöfe damit, dem Vatikan einen konkreten Vorschlag vorzulegen. Bis anhin liegt es in der Verantwortung der Bischöfe, an sie herangetragene Missbrauchsfälle an Minderjährigen nach Rom zu melden. Mit einem eigenen Straf- und Disziplinargericht soll eine zentralisierte und unabhängige Stelle geschaffen werden, welche auf der einen Seite den Bischöfen nicht mehr so viel Kontrolle über den Umgang mit Missbrauchsfällen gibt und auf der anderen Seite sicherstellt, dass auch Vorwürfe gegen Bischöfe untersucht werden. Zudem könnten damit auch verjährte Fälle, welche in der weltlichen Justiz nicht mehr verfolgt werden, über das kanonische Recht nach wie vor verfolgt und Täter daraufhin etwa ihres Amtes enthoben werden. Kein Entgegenkommen zeigte der Papst hingegen bei der Forderung, die Archive des Vatikans für die Forschenden der Universität Zürich – welche mittlerweile mit einer umfassenden Studie zum Thema beauftragt wurden – zu öffnen.
Trotz der mehrheitlichen Unterstützung seitens des Papstes gelang es den Verantwortlichen allerdings nicht, die Massnahmen bis Ende 2024 auch umzusetzen. So kritisierte der Sonntagsblick, dass bis im Herbst 2024 nur 32 von 127 Klöstern in der Schweiz die Regelung, Archivakten nach 10 Jahren zu zerstören, angepasst hatten. Dass bis Ende 2024 keine weiteren Fortschritte bezüglich des Straf- und Disziplinargerichts erreicht wurden, wurde ebenfalls medial kritisiert und es stand die Forderung im Raum, dass sich der Bundesrat beim Vatikan selbst für ein solches Kirchengericht, sowie für die Öffnung der Archive einsetzen solle.
Ernüchtert zeigten sich Betroffene gegenüber den Medien zudem über das Ergebnis einer Voruntersuchung gegen fünf Schweizer Bischöfe, die der Churer Bischof Joseph Bonnemain im Auftrag des Papstes und mit Unterstützung der Staatsanwaltschaft durchgeführt hatte. Der Papst hatte diese Voruntersuchung im Herbst 2023 veranlasst, nachdem der Pfarrer Nicolas Betticher im Rahmen der Pilot-Studie der Universität Zürich einen Bischof angeschuldigt hatte, einen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Die anderen vier Bischöfe hätten Täter gedeckt und Missbrauch vertuscht, wie die Sonntagszeitung wusste. Einzig gegen Bonnemain standen keine Vorwürfe im Raum. Wie der Tages-Anzeiger berichtete, kam der Vatikan Mitte Oktober 2024 zum Schluss, dass keine ausreichenden Beweise für den Missbrauchsvorwurf vorlägen. Die Staatsanwaltschaft musste den Fall ihrerseits wegen Verjährung fallen lassen. Zudem seien zwar Versäumnisse bei der Meldung von Missbrauchsfällen festgestellt worden, diese würden aber keine kanonischen Strafverfahren nötig machen. Der Papst rügte daraufhin die betreffenden Bischöfe mit einem persönlichen Brief, was der Interessensgemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld zu wenig weit ging.
Positiv äusserten sich die Medien zum Entscheid der Bischofskonferenz, bestehende staatliche Opferstellen mit einer nationalen kirchlichen Informations- und Koordinationsstelle zu unterstützen. Zudem sollen nach dem Willen der Bischofskonferenz ab 2025 neue Mitarbeitende der katholischen Kirche psychologische Tests durchlaufen müssen, die speziell für das kirchliche Umfeld konzipiert wurden und potentielle Täter frühzeitig aufspüren sollen.
Nicht zuletzt führte der Umgang mit dem Missbrauchsskandal auch innerhalb der katholischen Kirche zu Kritik. So trat etwa der Chefredakteur Charles Martig von Kath.ch, dem Onlineportal der katholischen Kirche, zurück. Martig kritisierte gegenüber der NZZ, dass einige Bischöfe regelmässig versucht hätten, seine kritische Berichterstattung zum Thema zu beeinflussen. Aus ähnlichen Gründen zog sich auch der Präventivbeauftragte der Kirche, Stefan Loppacher, von seinem Amt zurück. Seine Vorgängerin, Karin Iten, hatte gemäss «Blick» bereits 2023 aus ähnlichen Gründen gekündigt.