Vorstösse zu Reformen des Wahlprozederes haben im Parlament nach eidgenössischen Wahlen jeweils Hochkonjunktur. Dies war auch nach den eidgenössischen Wahlen 2023 nicht anders: Gleich fünf Vorstösse (Mo. 23.4220; Mo. 23.4477; Mo. 23.4083; Mo. 23.4355 und Mo. 23.4356) und drei parlamentarische Initiativen (Pa.Iv. 23.481, Pa.Iv. 23.482 und Pa.Iv. 23.452) wurden Anfang 2024 dazu beraten.
Es sei Zeit für faire Nationalratswahlen, bei denen jede Stimme gleich viel zähle, forderte dabei etwa die Grünliberale Fraktion. Die Fraktionsmotion (Mo. 23.4220) kritisierte insbesondere das aktuell für die Sitzverteilung verwendete «Hagenbach-Bischoff»-Verfahren. Dieses bewirke, dass nicht jede Wählendenstimme das gleiche Gewicht habe. Eine bessere Lösung stelle die «doppeltproportionale Divisormethode mit Standardrundung (‹doppelter Pukelsheim›)» dar, die in verschiedenen Kantonen eingeführt worden sei. Mit diesem System zähle jede Stimme unabhängig von der Grösse des Wahlkreises gleich viel, der Wählendenwille könne dadurch «optimal abgebildet» werden und Listenverbindungen würden obsolet.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Mit dem doppelten Pukelsheim sei es möglich, dass Partei A in einem Kanton mehr Stimmen erhalte als Partei B, aufgrund des Zuteilungsverfahrens aber in diesem Kanton trotzdem Partei B mehr Sitze erhalte als Partei A. Solche Sitzverteilungen über Wahlkreise hinweg, wie sie der doppelte Pukelsheim mit sich bringen könne, würde dem «Gerechtigkeitsempfinden» von Wählenden nicht gerecht. Zudem habe das Parlament die Einführung des Doppeltproporzverfahrens bereits mehrfach abgelehnt (2008; 2009; 2012; 2019; 2021).
In der Sondersession im April 2024 zog die GLP die Motion zurück, weil sich die SPK-NR momentan aktiv mit den Fragen zu Wahlsystem und Listenverbindungen auseinandersetze, wie Jürg Grossen (glp, BE) erklärte. «Wir vertrauen darauf, dass die Kommission eine gute Lösung zur Verbesserung des Wahlsystems für die Nationalratswahlen findet», so Grossen.