Der Nationalrat befasste sich in der Sommersession 2024 mit dem Verlagerungsbericht 2023, welchen der Bundesrat im November zuvor veröffentlicht hatte. Im Namen der KVF-NR erläuterten Jon Pult (sp, GR) und Andri Silberschmidt (fdp, ZH) die wichtigsten Aspekte der alpenquerenden Verkehrsverlagerung der Jahre 2021 bis 2023 und legten die weiteren Überlegungen der Verkehrskommission dar. Die Verkehrsverlagerung stagniere oder sei sogar rückläufig und das gesetzlich vorgegebene Verlagerungsziel von 650'000 alpenquerenden Fahrten pro Jahr sei erneut verfehlt worden. Gründe für den rückläufigen Trend seien unter anderem die Konjunkturlage und die europaweit unzureichende Qualität von Bahndienstleistungen und -infrastruktur. Nachdem die Kommission verschiedene Akteurinnen und Akteure angehört habe, sei sie zum Schluss gekommen, dass die vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen nicht ausreichen würden, um das Verlagerungsziel in Zukunft zu erreichen. Aus diesem Grund reichte die Kommission fünf Vorstösse ein, um die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene zu fördern (Mo. 24.3389, Mo. 24.3390, Mo. 24.3391, Po. 24.3392 und Mo. 24.3393).
Weiter meldete sich KVF-NR-Mitglied Benjamin Giezendanner (svp, AG) zum Verlagerungsbericht zu Wort. Er hatte gegen alle fünf Kommissionsvorstösse Minderheitsanträge eingereicht. Giezendanner unterstrich, dass die vorliegende Verlagerungsperiode von Covid-19, einer unsicheren Konjunkturlage sowie von verschiedenen Bahnstreiks geprägt gewesen sei und der Rückgang der Verlagerungszahlen unter Einbezug der zweiten Hälfte des Jahres 2023 weniger drastisch sei als im Bericht angegeben. Im internationalen Vergleich liege der Modalsplit der Schweiz mit 74 Prozent Bahnanteil im alpenquerenden Güterverkehr ein Vielfaches über ihren Nachbarländern. In Anbetracht dessen, dass das Verlagerungsziel wiederholt verpasst worden sei, sei das Ziel von 650'000 alpenquerenden Fahrten illusorisch. Vielmehr solle auf Markt und Dekarbonisierung vertraut werden, um die Situation des alpenquerenden Güterverkehrs zu verbessern.
Die Fraktionen von SP, Grünen, GLP und Mitte begrüssten die Erwägungen der Kommission. Laut den jeweiligen Fraktionssprechenden müssen gegen die Stagnation der Verkehrsverlagerung Massnahmen ergriffen werden, um das gesetzlich vorgeschriebene Ziel von 650'000 Fahrten zu erreichen. Auch die FDP-Fraktion war laut Sprecher Alex Farinelli (fdp, TI) der Ansicht, dass das Verlagerungsziel schrittweise erreicht werden könne und müsse. Dabei unterstütze sie aber nicht alle Vorstösse der KVF-NR zur Förderung der Verkehrsverlagerung. Die SVP-Fraktion verzichtete ganz auf ein Votum zum Verlagerungsbericht.
Bundesrat Albert Rösti legte ebenfalls die wichtigsten Punkte des Verlagerungsberichts dar. Aufgrund der Konjunkturlage und des überlasteten Schienennetzes sei die Einhaltung des Verlagerungsziels zwar weithin verfehlt worden, der Anteil des Schienenverkehrs sei aber stabil. Dennoch seien auch aus der Sicht des Bundesrats weitere Massnahmen nötig. Laut Rösti waren verschiedene Schritte dafür schon unternommen worden oder in Planung – beispielsweise die Anpassung des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes oder die Verschiebung von Mitteln für den Schienengüterverkehr von langen zu mittleren Distanzen. Bei Bedarf seien aber auch weitere Massnahmen denkbar.
Im Anschluss an die Debatte über die fünf Vorstösse der KVF-NR nahm der Nationalrat den Verlagerungsbericht 2023 formell zur Kenntnis.