11. AHV-Revision (BRG 00.014)

Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Der Bundesrat stellte seinen Fahrplan für die Finanzierung der AHV/IV bis zum Jahr 2010 vor. Darin bekundete er die Absicht, die heutige Mischfinanzierung von Lohnabzügen und Mehrwertsteuer beizubehalten, die absehbaren Zusatzkosten jedoch ausschliesslich über die Konsumabgabe abzudecken, allenfalls in Ergänzung mit einer Energiesteuer. Insgesamt solle der MWSt-Satz bis ins Jahr 2006 um 2,5 auf 10% erhöht werden. Für eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer spricht nach Ansicht des Bundesrates, dass weder die Arbeitskosten noch die Investitionen und Exporte unmittelbar verteuert würden. Von den zusätzlichen 2,5 MWSt-Prozenten erwartete er Mehrerträge von CHF 5.5 Mrd. bis CHF 6 Mrd.

11. AHV-Revision: Leistungsseitige Massnahmen (BRG 05.093)

Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Nach dem Scheitern der 11. AHV-Revision in der Volksabstimmung vom 16. Mai 2004 beschloss der Bundesrat, den Umbau der 1. Säule der Alterssicherung in kleinen Schritten anzugehen. Ende Februar stellte er die wichtigsten Reformideen zur Diskussion. So soll das Rentenalter der Frauen dem Niveau der Männer (65 Jahre) angeglichen werden. Zudem schlug er vor, die Renten nicht mehr im Zweijahresrhythmus der Teuerung anzupassen, sondern nur noch dann, wenn diese vier Prozent erreicht. Auch regte er an, nach einer Übergangsfrist die Witwenrenten für kinderlose Frauen abzuschaffen. Da die Erstauflage der 11. AHV-Revision unter anderem deshalb von der Linken erfolgreich bekämpft worden war, weil das Parlament auf die Einführung einer sozial abgefederten Frührente verzichtet hatte, präsentierte der Bundesrat nun ein neues Modell für eine Überbrückungsrente für bestimmte Personenkategorien (beispielsweise Teilinvalide und ältere Arbeitslose). Damit erteilte er den Forderungen nach einem allgemein zugänglichen flexiblen Pensionierungsalter ohne Rentenkürzung eine klare Absage. Die neue Überbrückungsrente soll wie die Ergänzungsleistungen (aber grosszügiger ausgestaltet) aus allgemeinen staatlichen Mitteln und nicht über die AHV (d.h. durch Lohnabgaben) finanziert werden, um die Notwendigkeit eines Exports ins Ausland zu vermeiden. In einem zweiten Reformpaket sollten technische Verbesserungen bei der AHV, die in der 11. AHV-Revision nicht bestritten gewesen waren (beispielsweise die Aufhebung des Freibetrags für erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner sowie die Erweiterung des Anspruchs auf Betreuungsgutschriften), wieder aufgenommen werden.

In seiner gewohnt ungestümen Art wollte Bundesrat Couchepin diese 11. AHV-Revision „light“ im Schnellzugstempo durchziehen und lud deshalb Mitte April Kantone, Parteien und Verbände für Ende Mai zu einer konferenziellen Vernehmlassung ein, welche die reguläre dreimonatige Vernehmlassung ersetzen sollte. Die Kantone reagierten mit Empörung auf dieses Ansinnen: Eine AHV-Revision sei ein zu gewichtiges Reformvorhaben, als dass auf eine umfassende Vorbereitung verzichtet werden könne. Die Grünen als erste, dann auch die CVP und die SP erklärten, die Konferenz boykottieren zu wollen, da wirklich keine Dringlichkeit bestehe; die SVP zeigte ebenfalls wenig Verständnis für das forsche Vorgehen Couchepins, einzig die FDP stellte sich hinter ihren Bundesrat. Angesichts dieser Widerstände verlängerte Couchepin die Vernehmlassungsfrist bis Ende Juli. Die Konferenz fand dennoch statt, wenn auch in reduziertem Rahmen; sie führte zu keinen konkreten Ergebnissen.

In der schriftlichen Vernehmlassung stiessen die Vorschläge des Bundesrates auf allgemeine Kritik. SP, Grüne und Gewerkschaften lehnten die Revision als Leistungsabbau ab. Als inakzeptabel bezeichnete die Linke die Verlangsamung des Teuerungsausgleichs durch eine Inflationsschwelle: Leistungen, die bereits heute kein existenzsicherndes Ausmass hätten, dürften nicht derart weiter reduziert werden. Bei der Erhöhung des AHV-Alters der Frauen und der Neuregelung bei den Witwenrenten war die Ablehnung nicht ganz so kategorisch; als Voraussetzung dafür wurden jedoch die tatsächliche Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt sowie die Einführung eines flexiblen Rentenalters ohne Rentekürzung genannt.

Als eigentliche Knacknuss der Revision erwies sich die Überbrückungsrente. SP und Grüne kritisierten, mit dieser werde eine Abkehr vom Sozialversicherungsprinzip in der AHV eingeleitet. Gemeinsam mit dem SGB warf die SP den Vorschlägen vor, sie würden nur zu einer Entlastung der Arbeitslosenversicherung, der IV und der Sozialhilfe führen und hätten nichts mit einer sozial ausgestalteten Flexibilisierung des Rentenalters zu tun. Auch bei den bürgerlichen Parteien und der Wirtschaft stiess die Überbrückungsrente auf Widerstand, allerdings aus entgegengesetzten Gründen. Für die SVP war sie gar der Anlass, trotz der begrüssten Sparvorschläge die ganze Revision abzulehnen, da diese Rente einen unverantwortbaren Leistungsausbau darstelle. Nicht so weit gehen wollten FDP, CVP und die Wirtschaftsverbände. FDP und Economiesuisse kritisierten den vage formulierten Bezügerkreis, weshalb es fraglich sei, ob der angegebene Kreditrahmen von CHF 400 Mio. ausreichen könne. Die CVP hatte bereits bei früherer Gelegenheit erklärt, die Übergangsrente könnte „Gerechtigkeit schaffen“, doch dürfe sie nicht auf IV-Rentner und ausgesteuerte Arbeitslose beschränkt werden.

Trotz dem geballten Widerstand hielt der Bundesrat an seinem Modell der Überbrückungsrente für über 62-jährige Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen fest. Bei der Aufhebung der Witwenrente für kinderlose Frauen krebste er zurück, was umso erstaunlicher war, als der Vorschlag in der Vernehmlassung mehrheitlich auf Zustimmung gestossen war. Ebenso verzichtete er teilweise auf die Teuerungsschwelle bei der Anpassung der Renten. Das Limit von vier Prozent soll nur gelten, falls der AHV-Ausgleichsfonds von heute 88% auf unter 70% einer Jahresausgabe fällt. Um unheilige Allianzen zwischen der Linken und der SVP zu verhindern, die allenfalls schon im Parlament zu einem Absturz der Neuauflage der 11. AHV-Revision führen könnten, beschloss der Bundesrat Ende Jahr, die beiden Revisionspakete anders zu bündeln: Anstatt die Vorlage in eine Leistungs- und eine „technische“ Seite aufzuteilen, fasste er mit Ausnahme der Überbrückungsrente alle Neuerungspunkte (inkl. Erhöhung des Rentenalters der Frauen) in einer ersten Botschaft zusammen, während die zweite, ebenfalls im Dezember veröffentlichte Botschaft (Revision des Ergänzungsleistungsgesetzes) allein die Vorruhestandsleistung betrifft. Der Bundesrat schätzte die mit seinen Vorschlägen erzielbaren jährlichen Einsparungen auf CHF 532 Mio. und die Mindereinnahmen auf CHF 191 Mio., was per saldo einer Entlastung um CHF 341 Mio. entspricht.

Um unheilige Allianzen zwischen der Linken und der SVP zu verhindern, die allenfalls schon im Parlament zu einem Absturz der Neuauflage der 11. AHV-Revision führen könnten, beschloss der Bundesrat Ende 2005 die beiden Revisionspakete anders zu bündeln: Anstatt die Vorlage in eine Leistungs- und eine „technische“ Seite aufzuteilen, fasste er mit Ausnahme der Überbrückungsrente alle Neuerungspunkte in einer ersten Botschaft zusammen, während die zweite allein die Vorruhestandsleistung betrifft. In der ersten Botschaft stehen der Fortbestand des Systems und die Erweiterung der Flexibilisierungsmöglichkeiten beim Altersrücktritt im Vordergrund. Im Einzelnen ging es um eine Anpassung der Renten, die Vereinheitlichung des Rentenalters von Männern und Frauen, die Erweiterung der Vorbezugs- und Aufschubsregelungen, die Aufhebung des Freibetrages für erwerbstätige Rentner und Rentnerinnen und die Erleichterung der Durchführung der Versicherung durch verschiedene technische Massnahmen.

Erstrat war der Nationalrat. Er diskutierte die erste Botschaft der Neuauflage der 11. AHV-Revision zusammen mit der oben beschriebenen AHV-Initiative. Eine Kommissionsminderheit Rechsteiner (sp, BS) hatte zunächst das Nichteintreten verlangt, zog diesen Antrag dann aber wieder zurück, in der Hoffnung, dass die Revision den Handlungsspielraum für die Flexibilisierung nutzen und nicht auf Kosten der Frauen gehen wird. Eine Rückweisung an den Bundesrat beantragte auch die FDP-Fraktion und zwar mit dem Auftrag, eine neue umfassende AHV-Revisionsvorlage auszuarbeiten, die eine echte Flexibilisierung des Rentenalters sowie gezielte Anreize für den Verbleib von älteren Personen im Erwerbsleben beinhaltet. Pelli (fdp, TI) präsentierte dazu ein neues Modell, das im Nationalrat aber keinen Anklang fand und mit 33 zu 154 Stimmen abgelehnt wurde. Die Lager bei der Eintretensdebatte und deren Argumente waren auch bei der 11. AHV-Revision gleich geblieben wie bei der SGB-Initiative. Auf der einen Seite setzte sich das links-grüne Lager für die Flexibilisierung und die Vermeidung eines Sozialabbaus ein, auf der anderen Seite zeigten sich die Bürgerlichen hauptsächlich besorgt über die langfristige Finanzierung der AHV und setzten sich für eine "intelligente" Flexibilisierung und Konsolidierung der ersten Säule ein.

In der Detailberatung folgte der Nationalrat der Mehrheit seiner Kommission und verwarf alle Minderheitsanträge. Die schliesslich angenommene Regelung sieht vor, das Rentenalter der Frauen auf 65 anzuheben und die Flexibilität der AHV zu verbessern, jedoch ohne sozialen Ausgleich. Der Nationalrat distanzierte sich vom Bundesrat bei der Rentenanpassung. Dieser hatte vorgesehen, die Rentenanpassung auszusetzen, wenn der Stand des Ausgleichsfonds unter 45% sinkt. Die grosse Kammer fand diese Bestimmung überflüssig und legte fest, die Renten nur dann anzupassen, wenn die Teuerung seit der letzten Anpassung um 4% gestiegen ist. Zum flexiblen Rentenalter lagen fünf verschiedene Konzepte vor. Die Kommissionsmehrheit unterstützte die Idee einer Kürzung um den vollständigen versicherungstechnischen Gegenwert der vorbezogenen Rente. Die vier verschiedenen Minderheitsanträge sahen vor, bis zu einer bestimmten Lohngrenze einen einheitlichen Kürzungssatz vorzusehen, danach diesen Satz progressiv zu erhöhen und ab einer bestimmten Obergrenze die versicherungstechnische Kürzung anzuwenden. Die Mitglieder der SVP- und der FDP-Fraktion lehnten jegliche soziale Abfederung ab, mit der Begründung, dass die demographische Entwicklung die AHV früher oder später vor schwerwiegende finanzielle Probleme stellen werde. Auch die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre erhitzte, insbesondere aufgrund des vorher beschlossenen fehlenden sozialen Ausgleichs, die Gemüter. Sowohl die Befürworter als auch die Gegner dieser Erhöhung argumentierten mit der Gleichstellung. Für die Bürgerlichen rechtfertigte die längere Lebenserwartung der Frauen die Gleichbehandlung in Bezug auf das Rentenalter. Nach Ansicht der Linken wäre es völlig verfehlt, dass die Frauen mit einer Erhöhung des Rentenalters für die Finanzierung der AHV herhalten müssen, während sie in der Arbeitswelt nicht gleichgestellt sind. Die Erhöhung des Frauenrentenalters passierte den Nationalrat mit 120 zu 69 Stimmen. Der Nationalrat änderte zudem in Anlehnung an einen Minderheitsantrag Maurer (svp, ZH) das Gesetz über die berufliche Vorsorge in einem wichtigen Punkt: Es wird künftig möglich sein, vor dem ordentlichen Rentenalter eine Rente aus der beruflichen Vorsorge zu beziehen, auch wenn die betreffende Person die Erwerbstätigkeit nicht vollständig aufgibt. Der Nationalrat nahm den Antrag gegen den Willen von Bundesrat Couchepin, der GP, der SP und einem Teil der CVP mit 97 zu 88 Stimmen an. Bei der Gesamtabstimmung kündigten die SP, die Grünen und die CVP-Fraktion an, dass sie die Revision nicht unterstützen, wenn das Frauenalter ohne eine soziale Kompensation erhöht wird. Da sich die Christlichdemokraten schliesslich doch für die Revision aussprachen, passierte die Vorlage die Gesamtabstimmung mit 97 zu 89 Stimmen.

Die im Vorjahr behandelten leistungsseitigen Massnahmen der 11. AHV-Revision wurden im Berichtsjahr auch im Ständerat diskutiert. Das Eintreten auf die Vorlage beschloss dieser ohne Gegenstimme. Im Laufe der Debatte zeichneten sich drei verschiedene Meinungslager ab: einerseits die Gegner eines höheren Frauenrentenalters mit erleichterter vorzeitiger Pensionierung für Personen mit niedrigem Einkommen und andererseits die sparpolitisch motivierten Befürworter des Nationalratsbeschlusses sowie die Befürworter der Variante der Kommissionsmehrheit, welche die Erhöhung des Frauenrentenalters und eine befristete Rentenkürzung bei vorzeitigem Ruhestand vorsah.

In der Detailberatung folgte der Ständerat der Kommissionsmehrheit und wies alle Minderheitsanträge zurück. Damit schuf er mehrere, teilweise auch grundlegende, Differenzen zum Nationalrat. So wollte er beispielsweise den Maximalbeitragssatz auf das 25-fache und nicht wie vom Nationalrat vorgeschlagen auf das 50-fache des Mindestsatzes festsetzen. Im Gegensatz zum Nationalrat löste die Erhöhung des Frauenrentenalters im Ständerat keine grosse Diskussion aus. Eine grössere Differenz zum Nationalrat schuf die kleine Kammer beim Rentenvorbezug. Mit 25 zu 16 Stimmen wurde der Vorschlag der Kommissionsmehrheit angenommen, welcher einen auf zehn Jahre befristeten flexiblen Rentenvorbezug für Frauen vorsah, mit einer von der Dauer des Vorbezugs sowie von der Höhe des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens abhängigen Rentenkürzung. Dabei sollte die Rente nach versicherungstechnischen Regeln gekürzt werden, sobald das massgebende Jahreseinkommen einen Anspruch auf eine maximale Altersrente rechtfertigt. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Vorlage zwar an, allerdings mit einem Ergebnis von 16 Ja-Stimmen bei 10 Gegenstimmen und 12 Enthaltungen.

Die leistungsseitigen Massnahmen der 11. AHV-Revision gingen im Berichtsjahr in die Differenzbereingung. Der Nationalrat beschäftigte sich insbesondere mit zwei Differenzen, die zum Ständerat entstanden waren. Die erste Differenz bezog sich auf die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre und die Frage, ob die dadurch eingesparten CHF 800 Mio. teilweise oder ganz für eine sozial abgefederte Frühpension eingesetzt werden sollen. Die SVP und Teile der FDP-Liberalen Fraktion vertraten die Meinung, dass die Einsparungen für die langfristige Sicherung der AHV aufzuwenden seien. Der entsprechende Antrag Kleiner (fdp, AR) wurde mit 91 zu 90 Stimmen jedoch knapp zugunsten eines Kompromissvorschlages der CVP abgelehnt. Dieser sah vor, die Hälfte des eingesparten Geldes für die soziale Abfederung einzusetzen. Durch einen taktisch geführten Abstimmungskampf gelang es der SVP und FDP-Liberalen, dass sich der Rat weigerte, die Ausgabenbremse zu lösen und die Mittel für die zuvor angenommene Maximalvariante frei zu geben. Die zweite Differenz bezog sich auf die Bestimmungen zur Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung. Auch diese Differenz zum Ständerat wurde nicht ausgeräumt. Die grosse Kammer beschloss dem Antrag der Kommissionsmehrheit zu folgen und einen Teuerungsausgleich anzunehmen, der alle zwei Jahre erfolgen soll. Ausserdem stimmte sie einem Einzelantrag Baader (svp, BL) zu, der daran festhielt, dass Leistungen aus patronal finanzierten Personalfürsorgestiftungen nicht als Bestandteil des massgebenden Lohnes zu betrachten und deshalb nicht AHV-pflichtig sind. Die übrigen Differenzen mit dem Ständerat räumte der Nationalrat aus.

Der Ständerat hielt in der Differenzbereinigung daran fest, dass die Erhöhung des Rentenalters der Frauen mit einer Subventionierung der vorzeitigen Pensionierung für tiefere Einkommen zu verknüpfen sei. Er stimmte aber einem Kompromissvorschlag von Bundesrat Didier Burkhalter zu, der den Kreis der Nutzniesser so einschränken wollte, dass eine verbilligte Frührente nur Personen mit einem Einkommen zwischen ca. CHF 41'000 und 61'000 gewährt würde. Beim zweiten Diskussionspunkt über die Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung stimmte der Ständerat mit 25 zu 8 Stimmen der Kommissionsmehrheit zu, welche einen Kompromissvorschlag formuliert hatte. Schliesslich hielt der Rat ohne Gegenantrag daran fest, dass auch Leistungen aus patronal finanzierten Personalfürsorgestiftungen Bestandteil des massgeblichen Lohnes seien.

In der weiteren Differenzbereinigung stimmte die grosse Kammer weitgehend den Beschlüssen des Ständerates zu. Bei der Anpassung der AHV-Renten an die Teuerung folgte der Nationalrat mit 110 zu 63 Stimmen der Variante des Ständerates. Auch bezüglich der Kompensation der Anpassung des Rentenalters folgte der Nationalrat dem Ständerat gegen den Willen von zwei Minderheitsanträgen. In der verbliebenen Differenz bezüglich der patronalen Fürsorgestiftungen folgte hingegen die kleine Kammer dem Nationalrat.

In der Schlussabstimmung kam es im Nationalrat zu einer „unheiligen Allianz“ zwischen der Linken und der SVP, welche der Vorlage die Zustimmung verweigerte. Linke und Grüne argumentierten damit, dass die Sparmassnahmen bei der AHV auf Kosten der Frauen zu wenig sozial abgefedert seien. Die SVP hingegen lehnte die Vorlage ab, weil sie sachlich falsch sei und sozialpolitisch unnötige Elemente enthalte. Das Bundesgesetz über die leistungsseitigen Massnahmen wurde im Nationalrat schliesslich mit 118 zu 72 Stimmen abgelehnt. Der Ständerat hingegen nahm das Gesetz mit 31 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen an.

11. AHV-Revision: Einführung einer Vorruhestandsleistung (BRG 05.094)

Die zweite Botschaft der 11. AHV-Revision beschäftigte sich mit der Einführung einer Vorruhestandsleistung, die als Ergänzung des Rentenvorbezugs in der AHV gedacht war. Diese Vorruhestandsleistung betrifft Frauen und Männer über 62 Jahren, die es sich heute aus finanziellen Gründen nicht leisten können, vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Es handelt sich dabei um Personen des unteren Mittelstandes, die in zu guten finanziellen Verhältnissen leben, um nebst der vorbezogenen Altersrente der AHV Ergänzungsleistungen zu erhalten, die jedoch mit gekürzten Leistungen der 1. und 2. Säule kein angemessenes Leben führen können. Diese Vorruhestandleistung ist nicht als Versicherungsleistung ausgestaltet, sondern bedarfsabhängig. Deshalb soll sie auch nicht in das Bundesgesetz über die AHV aufgenommen werden, sondern in dasjenige über die Ergänzungsleistungen der AHV. Finanziert werden die Vorruhestandleistungen aus den Einsparungen, die mit der Erhöhung des Frauenrentenalters erzielt werden. Daher wird sie nur mit dem Inkrafttreten der Erhöhung des Frauenalters eingeführt.

Die Kommission des Nationalrates hatte mit 9 zu 4 Stimmen beschlossen, dem Plenum zu empfehlen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Der Kommissionssprecher Bortoluzzi(svp, ZH) begründete diesen Entscheid damit, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung als nicht geeignet erachtet wurde, weil die Leistungen im freien Personenverkehr gelegentlich „exportiert“ werden müssten. Zwar präzisierte die Botschaft, dass die Vorruhestandsleistung bedarfsabhängig sei und daher unter gewissen Umständen vom Auslandexport ausgeschlossen werden könne, der Nationalrat verzichtete aber im Anschluss an die Erklärung seiner Kommission darauf, sich zu der Vorlage zu äussern und beschloss diskussionslos das Nichteintreten.

Die zweite Botschaft der 11. AHV-Revision, welche sich mit der Einführung einer Vorruhestandsleistung beschäftigte, war im Vorjahr im Nationalrat auf Ablehnung gestossen. Der Ständerat beschloss im Berichtsjahr, auf die Vorlage ebenfalls nicht einzutreten. Damit war sie insgesamt abgewiesen und erledigt.