Anpassungen am Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht

Der Nationalrat gab einer parlamentarischen Initiative Lüscher (fdp, GE) Folge, die eine Ergänzung des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht verlangt. Es geht dabei um die Steigerung der Attraktivität der Schweiz als Sitz von Schiedsgerichten. Gemäss dem Initianten könnte dies mit der Bestimmung erreicht werden, dass sich schweizerische staatliche Gerichte nicht nur bei im Inland ansässigen Schiedsgerichten sondern auch bei solchen im Ausland mit einer summarischen Prüfung des Schiedsspruchs begnügen.

Der Ständerat gab als Zweitrat einer parlamentarischen Initiative Lüscher (fdp, GE) Folge. Diese verlangt die Einführung des Prinzips der negativen Wirkung der Kompetenz-Kompetenz in das Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG). Bevor ein Richter Entscheide fällt, soll er abwarten, bis die Schiedsgerichte über ihre Zuständigkeit entschieden haben. Damit soll die Rolle der Schweiz als anerkannter internationaler Schiedsplatz erhalten und gestärkt werden. Entgegen der Mehrheit seiner Rechtskommission entschied sich der Ständerat mit 24 zu 14 Stimmen für die Annahme der Initiative. Er folgte damit der Kommissionsminderheit, die – auch in Anbetracht der deutlichen Zustimmung im Nationalrat – in dieser ersten Phase des Entscheids der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates die Möglichkeit geben wollte, sich genauer mit dem Anliegen auseinanderzusetzen.

Eine 2008 eingereichte und 2011 angenommene parlamentarische Initiative Lüscher (fdp, GE) betreffend die Kompetenz-Kompetenz ausländischer Schiedsgerichte gab den Anstoss zu Diskussionen über weitere Anpassungen des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPRG) in diesem Bereich, welche schliesslich 2012 in die Lancierung einer Motion der Rechtskommission des Nationalrates mündeten. Diese fordert eine Anpassung des zwanzigjährigen Gesetzes, um die Attraktivität der Schweiz als Sitz von Schiedsgerichten zu erhalten. Dabei ist insbesondere das Verhältnis zwischen staatlichen Gerichten und internationalen Schiedsgerichten zu klären. Der Nationalrat entschied sich in der Sommersession für eine Fristverlängerung für die Umsetzung der Initiative und nahm gleichzeitig die Kommissionsmotion an. Diese wurde im Ständerat in der Folgesession ebenfalls angenommen.

Les chambres ont doublement manifesté leur soutien au rôle de la Suisse en tant que place arbitrale attrayante au niveau international. Premièrement, l’initiative parlementaire Lüscher (plr, GE), à laquelle les chambres avaient donné suite en 2009 et 2010, demandant que le tribunal suisse laisse en premier lieu les arbitres se prononcer sur leur propre compétence, a bénéficié d’une prolongation de délai de mise en œuvre suite aux travaux des consultations universitaires et des travaux d’une sous-commission. Deuxièmement et à cette même fin, les chambres ont transmis une motion de la Commission des affaires juridiques du Conseil national (CAJ-CN) appelant le Conseil fédéral à procéder à un examen critique des dispositions de la loi fédérale sur le droit international privé en tenant compte des autres législations européennes et de la jurisprudence du Tribunal fédéral. Cet examen doit permettre de renforcer l’attrait de la Suisse en tant que place arbitrale internationale.

Die parlamentarische Initiative Lüscher (fdp, GE), mit welcher Anpassungen am Bundesgesetz über das internationale Privatrecht vorgenommen werden sollten, wurde in der Sommersession 2016 vom Nationalrat abgeschrieben. Im EJPD sind derzeit Arbeiten zur Umsetzung der Kommissionsmotion 12.3012, die eine umfassendere Revision desselben Gesetzes fordert, im Gang. Damit wird auch das Anliegen der parlamentarischen Initiative erfüllt werden.

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht. 12. Kapitel: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit (BRG 18.076)

Nachdem die Revision des zwölften Kapitels des IPRG zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in der Vernehmlassung ein sehr positives Echo erzeugt hatte, verabschiedete der Bundesrat im Oktober 2018 die entsprechende Botschaft. Durch die Stärkung der Parteiautonomie (d.h. der Möglichkeit für die Parteien, in internationalen Privatrechtsangelegenheiten das anwendbare Recht selbst zu wählen) und der Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit des Gesetzes, bei gleichzeitiger Bewahrung seiner Prägnanz und Flexibilität, soll die Modernisierung sicherstellen, dass die Schweiz auch in Zukunft zu den gefragtesten Standorten für internationale Schiedsgerichte gehören kann.

Um die Erfolgsgeschichte des Schiedsplatzes Schweiz, die hauptsächlich auf dem zwölften Kapitel des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPRG) fusst, weiterzuführen, hatte der Bundesrat gestützt auf eine Motion (12.3012) der RK-NR eine Revision der Normen zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit angestossen. Wie Justizministerin Karin Keller-Sutter in der Wintersession 2019 dem Nationalratsplenum erläuterte, diene die Revision erstens zur Nachführung der Gerichtspraxis, zweitens zur weiteren Stärkung der Parteiautonomie und drittens zur Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit des Gesetzes. Als wichtigste Neuerung sollen Eingaben an das Bundesgericht künftig auch in englischer Sprache möglich sein. Die vorberatende RK-NR hatte am Entwurf des Bundesrates fast nur marginale Änderungen vorgenommen. Die grösste Differenz zum bundesrätlichen Entwurf schuf sie, indem sie es den Parteien eines Schiedsverfahrens ermöglichen wollte, auf eigenen Antrag und eigene Kosten vom Bundesgericht eine beglaubigte englische Übersetzung des vollständig ausgefertigten Entscheids erstellen zu lassen. Die Grüne Fraktion konnte mit ihren drei Minderheitsanträgen für eine zusätzliche Korruptionsbekämpfungsklausel sowie für die Ausweitung der Revisionsgründe bei nachträglich erkannten Unklarheiten ausserhalb ihrer eigenen und der SP-Reihen nicht überzeugen. Der Nationalrat folgte somit dem Ansatz des Bundesrates und der Kommissionsmehrheit, am bewährten Gesetz so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig zu ändern. Einstimmig (bei 2 Enthaltungen) nahm die grosse Kammer das revidierte zwölfte Kapitel des IPRG an und schrieb die Motion 12.3012 ab.

Die Stärkung des Schiedsplatzes Schweiz durch die Revision des zwölften Kapitels des IPRG über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit war im Frühjahr 2020 auch im Ständerat grundsätzlich unbestritten. Nach dem oppositionslosen Eintreten auf die Vorlage führte die kleine Kammer nur in zwei Punkten eine Diskussion über grössere inhaltliche Differenzen. Erstens beantragte eine Minderheit Mazzone (gp, GE) die Einfügung einer Korruptionsbekämpfungsklausel – ein Anliegen, mit dem die Grüne Fraktion bereits im Nationalrat gescheitert war –, derzufolge das Schiedsgericht bei Feststellen von Indizien für eine Bestechung von den Parteien ergänzende Beweise verlangen könnte. Die Ratsmehrheit folgte mit 31 zu 13 Stimmen jedoch der Kommissionsmehrheit, die, so Berichterstatter Beat Rieder (cvp, VS), das Schiedsgericht «nicht zum verlängerten Arm der Strafjustizbehörde» machen wollte. Auch der Bundesrat war einer solchen Klausel skeptisch gegenübergestanden, da sie laut Justizministerin Karin Keller-Sutter in Anbetracht der internationalen Sachverhalte wohl eher Rechtsunsicherheit schaffen und letztlich die funktionierende Praxis in Frage stellen würde. Zum Zweiten hatte der Nationalrat entschieden, dass im Beschwerdeverfahren gegen einen Schiedsspruch vor Bundesgericht Rechtsschriften auf Englisch eingereicht werden dürfen und dass das Bundesgericht auf Antrag und Kosten einer Partei auch eine beglaubigte englische Übersetzung seines Urteils anfertigen muss. Das Bundesgericht sei ohnehin schon überlastet und sicher «kein Übersetzungsdienst», quittierte Kommissionssprecher Rieder diesen Entscheid der grossen Kammer. Dem Nationalrat zu folgen war im Ständerat deswegen gar keine Option; es stand jedoch zur Debatte, ob allenfalls Eingaben in englischer Sprache zulässig sein sollten, was auch dem Vorschlag des Bundesrates entsprach. Mit 29 zu 14 Stimmen entschied sich die Kantonskammer gegen die Zulassung englischsprachiger Rechtsschriften am Bundesgericht, das diesen Schritt selbst als «verfassungsrechtlich bedenklich» eingestuft habe, so Rieder, der diese Position im Namen der Kommissionsmehrheit vertrat. Die anwesende Bundesrätin hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass in anderen Ländern – «sogar in Frankreich!» – Verfahren vor staatlichen Gerichten sogar gänzlich in Englisch geführt werden könnten und diese Neuerung die Attraktivität des Schiedsplatzes Schweiz steigern würde. Mit dieser einzigen inhaltlichen Differenz überwies der Ständerat das Geschäft einstimmig zurück an den Nationalrat und hiess die Abschreibung der Motion 12.3012, die die Revision angestossen hatte, stillschweigend gut.

Sollen Beschwerden gegen einen Schiedsentscheid vor Bundesgericht auch auf Englisch eingereicht werden dürfen? Darum drehte sich in der Sommersession 2020 die Differenzbereinigung in der Revision des zwölften Kapitels des IPRG betreffend die internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Während der Nationalrat als Erstrat diese Frage mit Ja beantwortet hatte und darüber hinaus das Bundesgericht hatte verpflichten wollen, auf Antrag und Kosten einer Partei eine beglaubigte englische Übersetzung des Urteils zu erstellen, hatte der Ständerat Englisch am Bundesgericht kategorisch abgelehnt. Die RK-NR hielt es für den Schiedsplatz Schweiz jedoch für entscheidend, dass Rechtsschriften auf Englisch akzeptiert werden, wolle sie im internationalen Wettbewerb im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit nicht ins Hintertreffen geraten. Sie beantragte ihrem Rat daher, englische Rechtsschriften zuzulassen, aber auf die Übersetzungspflicht zu verzichten und damit dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesrats zu folgen, was der Nationalrat auch stillschweigend tat. Nachdem der Ständerat ebenso stillschweigend eingelenkt hatte, nahmen beide Räte das Geschäft in den Schlussabstimmungen einstimmig an.