Totalrevision des Nationalbankgesetzes (BRG 02.050)

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Die im Berichtsjahr durchgeführte Vernehmlassung über ein neues Nationalbankgesetz (NBG), welches dasjenige von 1953 ablösen soll, ergab dieselben Fronten wie bereits 1999 bei dem in der Schlussabstimmung im Parlament gescheiterten neuen Währungsartikel. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) verlangte, dass die Zielsetzung der Geld- und Währungspolitik dem Gesamtinteresse des Landes und dabei insbesondere der Vollbeschäftigung dienen müsse, während der Unternehmerverband economiesuisse und auch die Nationalbank (SNB) selbst der Wahrung der Preisstabilität den Vorrang einräumen möchten. Der Bundesrat hatte eine Kompromissformel zwischen den beiden Positionen vorgeschlagen, welche die Gewährleistung der Preisstabilität zwar explizit erwähnte, aber im Gegensatz zum erwähnten Verfassungsartikel (BV) nicht als vorrangiges Ziel bezeichnete. Umstritten war zudem, wer für die Bestimmung der Höhe der für die Geld- und Währungspolitik erforderlichen Reserven zuständig sein soll. Während economiesuisse und die SNB darüber das Bankdirektorium entscheiden lassen wollen, sprach sich der Gewerkschaftsbund für den stärker von politischen Einflüssen geprägten Bankrat aus. Die angestrebte Straffung der Bankorgane wurde hingegen nicht beanstandet.

Ende Juni legte der Bundesrat seine Botschaft für eine Totalrevision des Nationalbankgesetzes (NBG) vor. Bei der in der Vernehmlassung heftig umstrittenen Konkretisierung der in der neuen Bundesverfassung (BV) festgeschriebenen Zieldefinition („Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes“) kam der Bundesrat der Linken einen Schritt entgegen. Diese wollte neben der Preisstabilität auch andere wirtschaftspolitische Ziele wie die Vollbeschäftigung verankert haben. Der Entwurf des Bundesrates sieht vor, das die Nationalbank (SNB) die Aufgabe hat, die Preisstabilität zu gewährleisten, dabei aber die konjunkturelle Entwicklung beachten muss. Der in die neue Verfassung aufgenommene Grundsatz der Unabhängigkeit der Nationalbank wird im Gesetzesentwurf mit der Bestimmung konkretisiert, dass es der Nationalbank und ihren Organen untersagt ist, Weisungen von der Regierung, dem Parlament oder anderen Stellen entgegenzunehmen. Im neuen Gesetz sollen im weiteren die Hauptaufgaben der Nationalbank, welche in der neuen Bundesverfassung nicht mehr aufgeführt sind, einzeln aufgezählt werden (z.B. Bargeldversorgung), hingegen nicht mehr die erlaubten geschäftlichen Tätigkeiten. In der Frage der Rückstellungen und damit implizit der Höhe des an die Kantone und den Bund abzuliefernden Gewinns konnte sich die Nationalbank, welche hier für grösstmögliche Autonomie plädiert hatte, nicht durchsetzen. Zwar obliegt es ihr, den Umfang der für die Währungspolitik benötigten Reserven und die dazu erforderlichen Rückstellungen festzulegen. Diese Entscheide müssen jedoch vom Bankrat, der von den Aktionären und dem Bundesrat gewählt wird, genehmigt werden. Dieser Bankrat soll gemäss Antrag des Bundesrats von 40 auf 11 Mitglieder verkleinert werden. Im Rahmen einer Straffung der Organisation sollen zudem einige Gremien (Bankausschuss, Lokalkomitees und Lokaldirektionen) abgeschafft werden.

Das Parlament konnte im Berichtsjahr die Beratung der Totalrevision des Nationalbankgesetzes (NBG) abschliessen. Der Ständerat befasste sich als erster mit dem Geschäft. Im Gegensatz zum Entwurf des Bundesrats beschloss er, dass zu den Mindestreserven der Banken neben den von ihnen gehaltenen Münzen und Noten in Schweizer Franken und ihren Giroguthaben bei der Nationalbank (SNB) weiterhin auch ihre Postkontoguthaben zählen sollen. Die Kommissionsmehrheit hatte argumentiert, dass dies eine wichtige Massnahme zur Unterstützung der Post sei, da sonst die Banken diese Postgirokonten abbauen und den für die Post ertragreichen Zahlungsverkehr abziehen würden. Der Ständerat beschnitt im weiteren die Kompetenz des Bankrats, indem dieser dem Bundesrat die Kandidaten für die Wahl und Abwahl in das Direktorium nicht vorschlagen soll, sondern vom Bundesrat nur noch dazu konsultiert werden muss.

Im Nationalrat war Eintreten unbestritten. Bei der Beratung der Ziele der Nationalbankpolitik unterlag die Linke wie zuvor bereits in der kleinen Kammer mit ihrem Versuch, die Wahrung der Preisstabilität und die ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung (und zusätzlich auch noch die Vollbeschäftigung) zu gleichwertigen Zielen zu erklären. Die vom Ständerat beschlossene Anrechnung der Postgiroguthaben zu den Mindestreserven der Banken wurde von der SP unterstützt, fand aber keine Zustimmung. Die bürgerliche Mehrheit wandte sich gegen die im internationalen Vergleich unübliche Einbindung der Post in die Nationalbankpolitik und sprach sich zudem aus ordnungspolitischen Gründen gegen eine derartige indirekte Subventionierung der Post aus. Die Linke unterlag auch mit allen anderen Abänderungsanträgen, so etwa mit der Forderung, dass nicht nur die Mehrheit, sondern alle Mitglieder des Bankrats durch den Bundesrat gewählt werden (und damit die Kantone und die übrigen Aktionäre ihren Einfluss auf dessen Zusammensetzung verlieren). Gegen den Widerstand der Linken strich der Nationalrat ferner die vom Ständerat beschlossene Beschneidung der Kompetenzen des Bankrats bei der Vorbereitung der Wahl des Direktoriums.

In der Differenzbereinigung gab der Ständerat bei der Wahlvorbereitung für das Direktorium nach. Beim Einbezug der Postkontoguthaben zu den Mindestreserven beharrten beide Kammern auf ihren Entscheiden. Die Einigungskonferenz verhalf schliesslich der vom Bundesrat und vom Nationalrat vertretenen Ansicht zum Durchbruch und strich die Postkontoguthaben aus der Liste der für die Mindestreserven anrechenbaren Mittel. In der Schlussabstimmung passierte das revidierte Nationalbankgesetz (NBG) den Ständerat mit 39 zu 5 Stimmen; im Nationalrat, wo eine knappe Mehrheit der SP und die geschlossene GP dagegen votiert hatten, lautete das Ergebnis 142 zu 37.