Bundesrat setzt externe Expertengruppe zur Bereinigung des Bundeshaushalts ein

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Im März 2024 kündigte der Bundesrat an, zur Bereinigung des Bundeshaushalts eine externe Expertengruppe einzusetzen. Die Ausgaben seien in den letzten Jahren überproportional zu den Einnahmen gewachsen, was mittelfristig ohne Gegenmassnahmen zu einem jährlichen strukturellen Defizit von CHF 4 Mrd. führen werde. Vorschläge für solche Gegenmassnahmen soll nun eine Gruppe bestehend aus fünf Expertinnen und Experten mit ausgewiesenem Finanz- und Verwaltungswissen bis im Spätsommer 2024 erarbeiten. Für die Ausarbeitung von Massnahmen auf der Ausgabenseite, die prioritär gegenüber Massnahmen auf der Einnahmeseite behandelt werden sollen, werde das Gremium eine systematische Überprüfung aller Aufgaben und Subventionen des Bundes durchführen. Nach Vorliegen dieses Berichts wird der Bundesrat zusammen mit den Kantonen, den Parteien und den Sozialpartnern definitive Massnahmen erarbeiten und diese ab Winter 2024/25 in die Vernehmlassung geben.

Dossier: Mesures d'assainissement des finances fédérales 2024

Im September 2024 befasste sich der Bundesrat erstmals mit dem Bericht der Expertengruppe zur Aufgaben- und Subventionsüberprüfung. Der Bericht zeigte 60 Massnahmen auf, mit denen der Bundeshaushalt in den kommenden Jahren um bis zu CHF 4.9 Mrd. entlastet werden könnte. Dies übertrifft den geschätzten Bereinigungsbedarf von bis zu CHF 4.5 Mrd. pro Jahr ab 2030 und lässt damit Entscheidungsspielraum offen, wie die Autorinnen und Autoren des Berichts betonen. Die von Serge Gaillard geleitete Expertengruppe untersuchte sämtliche Bundesausgaben, insbesondere Subventionen und Transferleistungen, und legte den Fokus auf ausgabenseitige Entlastungen. Angesichts der stark wachsenden Ausgaben, vor allem in der AHV und der Armee, sollten laut Bericht Massnahmen zur Ausgabenreduktion Vorrang vor Einnahmeerhöhungen haben. Die Überprüfung erfolgte gemäss drei finanzpolitischen Kriterien: Erstens wurde die Effizienz überprüft und damit die Frage gestellt, ob politische Ziele mit weniger Mitteln erreicht werden könnten. Hierbei wurden Massnahmen im Bereich der Migrationspolitik, der Klima- und Energiepolitik sowie in der Verkehrsinfrastruktur entwickelt. So schlug die Expertengruppe vor, die Asylpolitik stärker auf die rasche Integration ins Erwerbsleben auszurichten, um Unterstützungskosten zu senken. Bei der Klima- und Energiepolitik plädierte sie für einen verstärkten Einsatz von Lenkungsabgaben sowie auf eine Kürzung der Einlagen in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) und in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) im Bereich der Verkehrsinfrastruktur. Das zweite Kriterium befasste sich mit der Abgrenzung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen. Der Bericht empfahl, auf die Übernahme von Kantonsaufgaben wie beispielsweise die familienergänzende Kinderbetreuung zu verzichten. Das dritte Kriterium zielte darauf ab, das Ausgabenwachstum in der sozialen Wohlfahrt zu bremsen. Dazu empfahl der Bericht, die Bundesbeiträge an die AHV von deren Ausgabenentwicklung zu entkoppeln und stattdessen an das langsamere Wachstum der Bundeseinnahmen zu knüpfen, was die Stabilität der AHV-Finanzierung erhöhen würde.
Parallel dazu sollte das Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) durch gemeinsame Massnahmen von Bund und Kantonen begrenzt werden, indem Zielwachstumsraten festgelegt und die Bundesbeiträge für Prämienverbilligungen daran angepasst würden. Weitere vorgeschlagene Massnahmen umfassten Kürzungen oder Streichungen von Subventionen, eine Neupriorisierung der Ausgaben sowie die Begrenzung des Personalaufwandes beim Bund.

Der Bundesrat bekräftigte in der Folge seine Absicht, das Haushaltsgleichgewicht primär durch ausgabenseitige Massnahmen zu erreichen. In den kommenden Monaten werde er in Gesprächen mit Kantonen, Parteien und Sozialpartnern die Vorschläge der Expertengruppe weiter vertiefen, bevor konkrete Massnahmen in die Vernehmlassung geschickt werden.

In den Medien wurden die Sparvorschläge des Berichts intensiv diskutiert und analysiert, wobei Parteien und Interessensorganisationen zu Wort kamen. Während FDP und SVP die jeweiligen Sparvorschläge gemäss Blick begrüssten und gar zusätzliche Kürzungen, insbesondere im Bereich der Asylpolitik und Kulturförderung forderten, verlangte die Mitte zunächst eine eingehende Prüfung der fiskalischen Folgen der Einsparungen, bevor sie Position zu den jeweiligen Massnahmen beziehen werde. Auch die GLP unterstütze, gemäss dem Blick, die geplanten Massnahmen, jedoch kritisierte GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy als Co-Präsidentin von Alliance F die geplanten Einsparungen bei den Kita-Subventionen. Gemeinsam mit der SP äusserte Alliance F auch ihre Enttäuschung über den Ausschluss von Frauenorganisationen aus den Gesprächen mit dem Bundesrat und bemängelte die unzureichende Berücksichtigung von Familienanliegen in der Expertengruppe. Die links-grünen Parteien reagierten insgesamt mit deutlicher Ablehnung auf die Vorschläge, wie der Tagesanzeiger und die Aargauer Zeitung berichteten: Die SP entsorgte den Bericht symbolisch im Papierkorb und bezeichnete ihn als «Frontalangriff auf die soziale Schweiz». Die Grünen lehnten die Vorschläge ebenfalls ab und forderten Einsparungen bei der Armee anstatt beim Klimaschutz und bei den Sozialleistungen.

Dossier: Mesures d'assainissement des finances fédérales 2024