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Jahresrückblick 2024: Sozialversicherungen

Mit sechs Abstimmungen war der Themenbereich der Sozialversicherungen im Jahr 2024 stark von der direkten Demokratie geprägt und sorgte für viel Gesprächsstoff. Dies schlug sich auch in der medialen Berichterstattung nieder, in der die Sozialversicherungen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich häufiger thematisiert wurden (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Gleich zu Beginn des Jahres konnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über zwei Volksinitiativen zur Umstrukturierung der Altersvorsorge entscheiden: über die Initiative für eine 13. AHV-Rente des SGB und über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen. Erstere verlangte eine zusätzliche 13. AHV-Rente pro Jahr für alle AHV-Bezügerinnen und -Bezüger und wurde überraschenderweise mit einem Ja-Stimmenanteil von 58.3 Prozent angenommen – ein historisches Ergebnis: Erstmals wurde somit eine AHV-Initiative von der Stimmbevölkerung gutgeheissen. Gleich nach Annahme begannen die Diskussionen um die Frage der Finanzierung der zusätzlichen Rente, welche die Initiative nicht definiert hatte. Der Bundesrat entschied sich in seiner Botschaft für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.7 Prozentpunkte. Der Ständerat trat in der Wintersession 2024 einstimmig auf die vorgeschlagene Umsetzung der 13. AHV-Rente ein, vertagte aber die Debatte über die Finanzierung auf nächstes Jahr, da er für einen Entscheid zusätzliche Informationen benötige.
Keine Mehrheit fand hingegen die gleichzeitig zur Abstimmung gestandene Renteninitiative, welche eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters für beide Geschlechter auf 66 Jahre und danach eine Koppelung an die durchschnittliche Lebenserwartung forderte. Sie wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 25.3 Prozent abgelehnt.
Mit dem Zustandekommen der Volksinitiative der Mitte für «faire AHV-Renten auch für Ehepaare» Anfang 2024 befand sich bereits die nächste AHV-Initiative in den Startlöchern, über welche die Stimmbevölkerung in absehbarer Zeit voraussichtlich entscheiden wird.

Auch die berufliche Vorsorge stand 2024 ganz im Zeichen der direkten Demokratie: Nach dem Erfolg der AHV-Reform an der Urne zwei Jahre zuvor stand im September die Referendumsabstimmung über die BVG-Reform an. Mit der Reform sollten der Umwandlungssatz gesenkt und im Gegenzug die Sparanstrengungen der Versicherten verstärkt werden, wobei 15 Jahrgänge zudem einen Rentenzuschlag erhalten sollten. Kurz vor der Abstimmung verkündete das BSV, dass es sich bei den Prognosen für die AHV in den letzten fünf Jahren um Milliarden verrechnet habe und die erste Säule somit besser dastehe, als bisher angenommen. Dies führte erstens zu einer letztlich abgewiesenen Beschwerde beim Bundesgericht mit der Forderung, die Abstimmung zur AHV 21 zu wiederholen. Zweitens löste diese Nachricht Spekulationen darüber aus, ob die Bekanntgabe des Rechnungsfehlers Auswirkungen auf die Abstimmung über die BVG-Reform haben werde. Diese wurde in der Tat mit einem Ja-Stimmenanteil von 32.9 Prozent von der Stimmbevölkerung abgelehnt. Infolge dieser Ereignisse stieg die Zahl der Artikel zum Thema Altersvorsorge im Spätsommer sichtlich an (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Drei Vorlagen standen 2024 im Bereich der Krankenversicherung zur Abstimmung bereit: Im Juni lehnte die Stimmbevölkerung die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP, die eine Deckelung der Krankenkassenprämien bei zehn Prozent des Einkommens forderte, mit einem Ja-Stimmenanteil von 44.5 Prozent ab. Noch deutlicher wurde am gleichen Abstimmungssonntag mit einem Ja-Stimmenanteil von 37.2 Prozent die Kostenbremse-Initiative der Mitte verworfen, welche die OKP-Prämien an die Lohn- und Wirtschaftsentwicklung koppeln wollte. Bei beiden Initiativen wird stattdessen ein indirekter Gegenvorschlag in Kraft treten.
Nachdem das Parlament im Jahr zuvor nach vierzehnjähriger Beratung mit der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) einen Systemwechsel in der Finanzierung der Gesundheitskosten verabschiedet hatte, hiess im November auch die Stimmbevölkerung diese weitreichende Änderung mit einem Ja-Stimmenanteil von 53.3 Prozent gut.
Alle drei Abstimmungsvorlagen befassten sich direkt oder indirekt mit dem Prämienanstieg. Die Relevanz dieses Themas zeigte sich gemäss Medien zudem im September 2024, als der Bundesrat einmal mehr einen Anstieg der Krankenkassenprämien – diesmal um sechs Prozent – zu vermelden hatte. Dies schlug sich schliesslich auch im parlamentarischen Diskurs nieder, wo der Entwurf des zweiten Kostendämpfungspakets im Gesundheitswesen den Ständerat als Zweitrat nach einer ausführlichen Debatte mit Änderungen passierte und der Nationalrat Ende Jahr mit der Differenzbereinigung begann (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen).

Doch nicht nur die Volksabstimmungen prägten den Themenbereich der Sozialversicherungen 2024, auch das strukturelle Defizit des Bundeshaushalts wirkte sich darauf aus. So hatte der Bundesrat im Vorjahr vorgeschlagen, das strukturelle Defizit in den Finanzplanjahren 2025–2027 unter anderem durch Kürzungen im Bereich der Witwenrente zu tilgen. Dementsprechend führte er 2024 eine Vernehmlassung zur Teilrevision des AHVG durch, mit der Neuerung, die Hinterlassenenrente nur noch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des jüngsten Kindes auszurichten – also analog zur Witwerrente. Somit reagierte der Bundesrat auf ein Urteil des EGMR aus dem Jahr 2022, welcher der Schweiz eine Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern vorgeworfen hatte. Kurzfristig sollte zudem eine Verringerung des Bundesbeitrags an die ALV um CHF 1.25 Mrd. bis ins Jahr 2029 den Bundeshaushalt entlasten.

Die ALV gab im Parlament zusätzlich zu reden, als sich beide Räte intensiv mit der Frage befassten, ob Unternehmerinnen und Unternehmer besser gegen Arbeitslosigkeit versichert werden sollen – ein Überbleibsel aus der Corona-Zeit, als die schlechtere Absicherung der Unternehmerinnen und Unternehmer im Vergleich zu den Arbeitnehmenden deutlich geworden war. Anfang Jahr gelangte ein ausgearbeiteter Vorentwurf zur Umsetzung einer parlamentarischen Initiative mit diesem Anliegen in die Vernehmlassung, wo die Meinungen der Vernehmlassungsteilnehmenden geteilt waren. Nachdem der Ständerat die Vorlage an die Kommission zurückgewiesen hat, ist in dieser Frage noch kein Entscheid in Sicht. Völlig unbestritten war hingegen eine Teilrevision des AVIG, die auf die Erhöhung der Rechtsklarheit abzielte und beide Räte einstimmig passierte.

Jahresrückblick 2024: Sozialversicherungen
Dossier: Rétrospective annuelle 2024

Johanna Gapany (fdp, FR) wollte im Juni 2024 mit einer Motion das AVIG anpassen, um die Auszahlung von Schlechtwetterentschädigungen aufgrund von grosser Hitze zu vereinfachen. In der Herbstsession 2024 begründete die Motionärin ihren Vorstoss im Ständerat damit, dass der Klimawandel zu einer massiven Zunahme von Hitzewellen geführt habe, welche die Arbeit im Freien erschwerten. Das AVIG sei in dieser Hinsicht veraltet und die darin enthaltene Regelung der Schlechtwetterentschädigung eher auf Kälteperioden ausgelegt. Neu solle die Entschädigung auch nur für einzelne Stunden, wenn die Temperatur besonders hoch sei, ausbezahlt werden und nicht mehr nur für ganze oder halbe Tage gewährt werden. Auch die drei Karenztage zwischen den Entschädigungsperioden funktionierten bei Hitzewellen nicht, weswegen man auf diese bei kurzen, aber intensiven Hitzeperioden verzichten müsse, so Gapany. Bundesrat Guy Parmelin forderte im Anschluss den Ständerat dazu auf, die Motion abzulehnen: Dem Bundesrat gehe die vorgeschlagene Änderung deutlich zu weit, zumal die Motion einem Paradigmenwechsel gleichkomme. Die kleine Kammer entschied sich mit 22 zu 14 Stimmen dazu, die Motion anzunehmen.

Pour un versement simplifié de l'indemnité en cas d'intempéries lors de fortes chaleurs (Mo. 24.3581)
Dossier: Santé et sécurité au travail

In der Herbstsession 2024 nahm sich die kleine Kammer als Zweitrat der Umsetzung der Initiative Silberschmidt (fdp, ZH) an, die verlangt, dass Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung besser gegen Arbeitslosigkeit versichert werden sollen. Erich Ettlin (mitte, OW) erläuterte als Kommissionssprecher, dass Eintreten auf die Vorlage in der SGK-SR unbestritten gewesen sei (9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung) und man mit 9 zu 1 Stimmen dem Beschluss des Nationalrats mit einer kleinen redaktionellen Änderung zugestimmt habe. Kritik gab es stattdessen von ausserhalb der Kommission: Benedikt Würth (mitte, SG) stellte einen Einzelantrag auf Nichteintreten. Er kritisierte die Vorlage in Gänze: So sei der Titel der Initiative trügerisch, da Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung bereits heute ALV-Gelder beziehen könnten. Ausserdem minderten die heute angewandten strengen Regeln beim ALV-Bezug von Unternehmerinnen und Unternehmer die «systemimmanente Missbrauchsproblematik». Diese Regeln wolle die Vorlage nun aber stark auflockern, weshalb der Ständerat darauf nicht eintreten solle. Das Missbrauchspotenzial der Vorlage kritisierte auch Beat Rieder (mitte, VS), der die Kommission mit einem Rückweisungsantrag dazu bringen wollte, inhaltlich «nochmals über die Bücher zu gehen» und Fachpersonen zum Missbrauchsrisiko anzuhören. Zwar lehnte der Ständerat den Nichteintretensantrag Würth mit 30 zu 14 Stimmen (1 Enthaltung) ab, jedoch erzielte der Rückweisungsantrag Rieder mit 27 zu 18 Stimmen eine Mehrheit, wodurch sich die Kommission erneut mit dem Entwurf befassen wird.

Unternehmerinnen und Unternehmer, welche Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bezahlen, sollen auch gegen Arbeitslosigkeit versichert sein (Pa.Iv. 20.406)

Der Nationalrat beriet in der Sommersession 2024 als Zweitrat über die Teilrevision des AVIG, nachdem im April des gleichen Jahres auch die SGK-NR einstimmig – analog zu ihrer Schwesterkommission – der Vorlage zugestimmt hatte. Benjamin Roduit (mitte, VS) und Kris Vietze (fdp, TG) präsentierten für die Kommission die Vorteile der Teilrevision, die primär in einer «Erhöhung der Effizienz und Transparenz bei den Arbeitslosenkassen» beständen, was vor allem mit der Einführung des Bonus-Malus-Systems und der jährlichen Veröffentlichung der ALK-Kennzahlen geschehen solle. Zudem werde das AVIG im Zuge der Teilrevision noch mit weiteren Änderungen optimiert, wie einem verbesserten Zugang zu Berufspraktika oder einer verstärkten Interoperabilität der Informationssysteme. Der bisher geschmeidige Weg der Teilrevision setzte sich auch im Nationalrat fort, der in der Folge ohne Gegenantrag beschloss, auf das Geschäft einzutreten. Die verschiedenen formalen Korrekturen des Ständerats wurden von der grossen Kammer stillschweigend angenommen. Auch in der Gesamtabstimmung waren sich die Ratsmitglieder einig und beschlossen einstimmig mit 171 zu 0 Stimmen (keine Enthaltung) die Annahme des Entwurfs.

Die zwei Wochen später stattfindende Schlussabstimmung änderte erwartungsgemäss nichts an der Geschlossenheit der Räte: Der Ständerat nahm den Entwurf einstimmig mit 45 zu 0 Stimmen (keine Enthaltung) an und der Nationalrat tat dies ebenso mit 197 zu 0 Stimmen (1 Enthaltung), womit der Erlass zustande gekommen war.

Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (BRG 23.084)
Dossier: Transparence dans les caisses de chômage

Der Nationalrat beugte sich in der Sommersession 2024 über den Erlassentwurf der SGK-NR zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative von Andri Silberschmidt (fdp, ZH), die forderte, dass Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung, die Beiträge an die ALV entrichten, auch gegen Arbeitslosigkeit versichert sein sollen. Arbeitslosenkassen zahlten heute nur Entschädigungen an Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung aus, «wenn sie wirklich von dieser Firma losgelöst sind», so Silberschmidt. Häufig befänden sich Betroffene aber in Situationen, in denen das Verhältnis nicht auf die Schnelle aufgegeben werden könne, wodurch diese trotz jahrelanger Beiträge an die ALV keine Unterstützung erhielten. Der Initiant ging auch auf das Hauptargument des Bundesrates ein: Er verstehe die Sorge, dass es zu Betrugsfällen kommen könne, er gehe aber von der Ehrlichkeit der KMU-Wirtschaft aus. Zudem sehe der Entwurf drei Bedingungen für den entsprechenden Bezug von ALV-Leistungen vor: Die betroffene Person dürfe nicht mehr im Unternehmen tätig sein, sie dürfe kein Mitglied des Verwaltungsrats sein und sie müsse mindestens zwei Jahre im Unternehmen gearbeitet haben. Léonore Porchet (gp, VD), die französischsprachige Kommissionssprecherin, wies überdies auf die Evaluationsklausel hin, die den Bundesrat nach fünf Jahren zu einer Überprüfung der Revision verpflichtet.

Eine Kommissionsminderheit um Thomas Aeschi (svp, ZG) forderte, nicht auf den Entwurf einzutreten. Das bestehende AVIG enthalte einen guten Kompromiss zwischen der Unterstützung von Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung und einer Reduzierung des Missbrauchspotenzials. Er verwies überdies darauf, dass Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung bereits heute das Anrecht auf Entschädigung hätten, wenn sie ihre Stellung aufgäben. Schliesslich sei die ALV nicht dazu da, das unternehmerische Risiko zu senken. Mit seiner Minderheit vertrat er die Position der SVP-Fraktion, während sich die Vertreterinnen und Vertreter der übrigen Fraktionen allesamt für eine Annahme des Entwurfs aussprachen. Nachdem auch Bundesrat Guy Parmelin für Nichteintreten argumentierte hatte, trat der Nationalrat mit 126 zu 63 Stimmen (1 Enthaltung) auf den Entwurf ein, wobei einzig die geschlossene stimmende SVP-Fraktion dagegen votierte.

In der anschliessenden Detailberatung versuchten verschiedene Minderheiten, das Missbrauchspotenzial der neuen Regelung zu minimieren. Dazu schlug Thomas Aeschi unter anderem eine Wartefrist von 120 Tagen vor der Entstehung eines ALV-Anspruchs, eine abgeschlossene Liquidation als Voraussetzung oder einen Ausschluss von Mitgliedern der Gesellschafterversammlung einer GmbH sowie von mitarbeitenden Ehegatten von der Regelung vor. Gemäss Andri Silberschmidt und Léonore Porchet würden durch die hohen Hürden jedoch so gut wie alle Unternehmerinnen und Unternehmer von der Regel ausgeschlossen, was den Sinn der Vorlage verfehle. Der Minderheitsantrag wurde mit 125 zu 66 Stimmen abgelehnt, wobei ausser der SVP-Fraktion sämtliche Fraktionen geschlossen oder beinahe geschlossen dagegen votierten.
Eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) stellte neben den Anspruchsvoraussetzungen für ALV die Rückerstattungspflicht ins Zentrum, welche Personen betrifft, die innert dreier Jahre nach Erhalt von ALV wieder zum alten Arbeitgeber zurückwechseln. Die SGK-NR hatte Personen mit häufig wechselnden oder befristeten Arbeitsverhältnissen von dieser Rückerstattungspflicht ausgenommen, worauf die Minderheit Gutjahr verzichten wollte. Eine Sonderregelung für diese Personen würde einen hohen bürokratischen Aufwand und eine Ungleichbehandlung bedeuten. Auch die Minderheit Gutjahr scheiterte mit 102 zu 89 Stimmen, konnte aber neben der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion grosse Teile der Mitte-Fraktion überzeugen.
Daneben schlug auch eine Minderheit Meyer (sp, ZH) eine Ergänzung zur Missbrauchsbekämpfung vor: Sie wollte verhindern, dass durch die Gesetzesänderung zukünftig ALV-Entschädigungen und Dividenden simultan bezogen werden können. Auch sie scheiterte jedoch mit 127 zu 64 Stimmen, wobei sie einzig bei den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen Stimmen holte.
Abschliessend wurde das nun bereinigte Konzept der Mehrheit einer weiteren Minderheit Aeschi gegenübergestellt, die forderte, dass sich Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung von der «Beitragspflicht befreien» könnten, jedoch damit auch ihr Recht auf ALV-Entschädigungen verwirken würden: Der Nationalrat entschied sich mit 101 zu 90 Stimmen gegen diesen Antrag, der erneut von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion und der beinahe geschlossen stimmenden Mitte-Fraktion unterstützt wurde.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf der Kommission mit 121 zu 65 Stimmen (5 Enthaltungen) an, wobei die beinahe geschlossen stimmende SVP-Fraktion und vereinzelte Mitglieder der Mitte-Fraktion dagegen votierten.

Unternehmerinnen und Unternehmer, welche Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bezahlen, sollen auch gegen Arbeitslosigkeit versichert sein (Pa.Iv. 20.406)

Der Bundesrat empfahl in seiner im Februar 2024 publizierten Stellungnahme, auf den Entwurf zur parlamentarischen Initiative Silberschmidt (fdp, ZH), die Unternehmerinnen und Unternehmer besser gegen Arbeitslosigkeit versichern wollte, nicht einzutreten. Das bestehende AVIG sei «ein guter Kompromiss» zwischen dem innerbetrieblichen Status von Mitarbeitenden mit arbeitgeberähnlicher Stellung und der Minimierung des Missbrauchspotenzials, das mit dieser beruflichen Stellung einhergeht. Denn die Personengruppe, die der Urheber mit seiner Initiative besser schützen wolle, habe oft einen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung. Eine Ausweitung der ALV könnte Unternehmerinnen und Unternehmer in der Folge zu risikofreudigeren Handlungen bewegen, da für sie neu eine finanzielle Absicherung bestehen würde. Zudem gebe es auch heute generell keinen automatischen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigungen (ALE); auch bei Personen ohne arbeitgeberähnliche Stellung sei diese immer an Bedingungen gekoppelt. Unternehmerinnen und Unternehmer hätten bereits heute Anspruch auf ALE, wenn die Personen ihre Stellung nicht mehr inne hätten und kein Missbrauchspotenzial mehr bestehe. Auch die Minderheitsvariante blieb beim Bundesrat chancenlos: Eine solche Regelung widerspreche dem Solidaritätsprinzip der Sozialversicherungen. Beide Varianten seien zudem mit einem grossen bürokratischen Aufwand und Kosten verbunden.

Unternehmerinnen und Unternehmer, welche Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bezahlen, sollen auch gegen Arbeitslosigkeit versichert sein (Pa.Iv. 20.406)

Der Ständerat beriet als Erstrat in der Frühjahrssession 2024 die Teilrevision des AVIG, nachdem ihr die SGK-SR einstimmig mit 11 zu 0 Stimmen (1 Enthaltung) zugestimmt hatte. Für die Kommission erläuterte Damian Müller (fdp, LU) die Vorzüge der Teilrevision: Sie schaffe Rechtsklarheit und «mehr Effizienz und Transparenz» beim Entschädigungssystem der Verwaltungskosten von Arbeitslosenkassen (ALK). Weitere Neuerungen seien die Einführung des Bonus-Malus-Systems, die Verpflichtung für Ausgleichsstellen, ihre Kennzahlen zu den Verwaltungskosten zu veröffentlichen, und ein erleichterter Zugang zu Berufspraktika für junge Erwachsene. Die Teilrevision setze ausserdem seine eigene Motion Müller (Mo. 20.3665) weitestgehend um, weshalb der Bundesrat und die Kommission die Abschreibung ebendieser forderten. Auch Bundesrat Guy Parmelin erläuterte, dass besagte Motion durch die Teilrevision grösstenteils erfüllt werde. Einzig einem Teilaspekt des Vorstosses, der forderte, dass ALK nicht mehr die Möglichkeit haben sollten, ihren Tätigkeitsbereich einzuschränken, stehe der Bundesrat kritisch gegenüber, weswegen er auf die entsprechende Anpassung des AVIG verzichten wolle. Diese Haltung sei auch in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst worden.
Die kleine Kammer trat zuerst ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und stimmte anschliessend einstimmig mit 41 zu 0 für Annahme des Entwurfs. Im Vergleich zur Version des Bundesrats nahm der Ständerat einzig eine minimale, formale Korrektur vor und strich einen Absatz: Der besagte Passus stand mit einem anderen, zeitlich befristeten Gesetz in Zusammenhang und war nicht mehr länger anwendbar, da die befristete Bestimmung zum besagten Zeitpunkt ausgelaufen war.

Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (BRG 23.084)
Dossier: Transparence dans les caisses de chômage

Im Januar 2023 trat die SGK-NR mit 16 zu 7 Stimmen auf den Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Silberschmidt (fdp, ZH; Pa.Iv. 20.406) ein. Diese forderte, dass Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung besser gegen Arbeitslosigkeit versichert werden sollen, wenn sie ALV-Beiträge bezahlen.
Sechs Monate später stimmte die SGK-NR mit 18 zu 6 Stimmen (1 Enthaltung) für ihren Vorentwurf: Dieser ermögliche – analog zum Initiativtext – Betroffenen «einfacher und rascher ALE» zu beziehen, wobei Kurzeitentschädigungen davon ausgeschlossen sein sollen. Nach einer Frist von 20 Tagen entstehe neu ein Anspruch auf ALE unter den Bedingungen, dass bereits zwei Jahre im Betrieb gearbeitet wurde und kein engeres Verhältnis zur Unternehmung, beispielsweise in Form einer Anstellung oder eines Verwaltungsratsmandats, mehr bestehe. Dabei bemängelte eine Minderheit die zu lasche Restriktion der Kriterien, während eine zweite Minderheit forderte, dass Unternehmerinnen und Unternehmer ohne Anspruch auf ALE neu keine ALV-Beiträge mehr verrichten müssen. Die Kommission entschied in der Folge, zwei Varianten in die Vernehmlassung zu geben. Die Minderheitsvariante, die von Thomas Aeschi (svp, ZG) initiiert wurde, enthielt die Befreiung der Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung von den ALV-Beiträgen, während die Mehrheitsvariante diese beibehielt.

Von Mitte August 2023 bis Ende November 2023 lief das Vernehmlassungsverfahren. Von den 61 angeschriebenen Akteuren trafen insgesamt 58 Stellungsnahmen ein, wobei 28 der Mehrheitsvariante, 4 der Minderheitsvariante und 26 keiner der beiden Varianten zustimmten. Die grosse Mehrheit der Kantone (AG, AI, AR, BL, BE, FR, GL, GR, LU, NW, OW, SG, SO, SZ, TG, TI, UR, VD, VS, ZG, ZH) lehnte die Vorlage gänzlich ab und präferierte «die Beibehaltung des Status Quo», da die heute geltende Regelung ausreiche. Drei Kantone (JU, NE, SH) unterstützten die Mehrheitsvariante, jedoch mit Änderungsvorschlägen. Einzig der Kanton Genf stand ohne weitere Ergänzungen hinter der Mehrheitsvariante. Die Minderheitsvariante wurde von allen Kantonen abgelehnt, da sie den Versicherungsschutz mindere und «wenig praktikabel» sei. Mehr Anklang fand die Vorlage bei den Parteien: Von den insgesamt vier eingegangenen Stellungsnahmen der Parteien, unterstützten drei (FDP, Grüne, SP) die Mehrheitsvariante. Einzig die SVP lehnte die Variante der Kommissionsmehrheit ab und begrüsste die Minderheitsvariante, da diese die Diskriminierung von Unternehmerinnen und Unternehmern mindere. Bei den Dachverbänden, den weiteren interessierten Kreisen und den spontan eingereichten Stellungnahmen sprach sich der Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden für die Mehrheitsvariante und gegen die Minderheitsvariante aus. Ähnlich wie bei den Kantonen lehnten ein paar Stakeholder (UNIA, VDK, VAK, SGB, Travail.Suisse) beide Varianten ab und befürworteten den Status Quo. Von den Kantonen und den Dachverbänden, welche die Mehrheitsvariante ablehnten, wurde zudem öfters gefordert, eine «vertiefte Kosten-Nutzen-Analyse» durchzuführen, sollte die Variante dennoch weiterverfolgt werden.
Aufgrund der Ergebnisse aus der Vernehmlassung nahm die Kommission zwei Änderungen am Entwurf vor: Erstens sollen Personen mit häufig wechselnden oder befristeten Arbeitsverhältnissen von der zweijährigen Frist und der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden. Zweitens solle der Bundesrat fünf Jahre nach der Gesetzesänderung Bericht erstatten und etwaige Gesetzesanpassungen unterbreiten.
Ende Februar 2024 verabschiedete die SGK-NR mit 13 zu 12 Stimmen ihren Entwurf zuhanden des Rates.

Unternehmerinnen und Unternehmer, welche Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bezahlen, sollen auch gegen Arbeitslosigkeit versichert sein (Pa.Iv. 20.406)

Im November 2023 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Teilrevision des AVIG, welche in der überwiesenen Motion 20.3665 gefordert worden war.
Das Hauptziel der vorliegenden Teilrevision des AVIG bestand darin, grössere Transparenz, Effizienz und Rechtsklarheit in Bezug auf das Entschädigungssystem der Verwaltungskosten der Arbeitslosenkassen herzustellen. Pauschale Entschädigungen sollen abgeschafft werden und neu sollen die Arbeitslosenkassen nur für diejenigen Verwaltungskosten entschädigt werden, die von ihnen in den obligatorischen jährlichen Veröffentlichungen der Leistungskennzahlen als effektiv angefallene Verwaltungskosten ausgewiesen werden. Zudem wurde vorgeschlagen, dass besonders effiziente Arbeitslosenkassen einen Bonus erhalten, während ineffiziente Arbeitslosenkassen zusätzlich zur Kasse gebeten werden sollen. Zusätzlich schlug der Bundesrat auch wenige materielle Änderungen vor, wie etwa die Erweiterung der Möglichkeit zur Teilnahme an Berufspraktika oder die Erarbeitung von Grundlagen für einen verbesserten Datenaustausch.

Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (BRG 23.084)
Dossier: Transparence dans les caisses de chômage

Zur Erfüllung der Motion von Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) gegen Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang hatte der Bundesrat den Zugang der Stellensuchenden der IV zur Stellenplattform durch eine einfachere Erstellung eines Logins zu erleichtern versucht. Zudem sollten mit Zustimmung der Betroffenen auch die IV-Beratenden Zugang zum Informationsvorsprung erhalten. Damit erachtete der Bundesrat die Motion als erfüllt und beantragte ihre Abschreibung. Stillschweigend stimmten National- und Ständerat diesem Antrag in der Sommersession 2023 zu.

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang (Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative; Mo. 19.3239)

Mitte Oktober 2022 erklärte der Bundesrat, dass das ALV-Solidaritätsprozent per 1. Januar 2023 wegfallen werde. Seit 2011 wurde auf Lohnanteile über CHF 148'200 ein zusätzlicher Abzug von 1 Prozent erhoben, wobei je hälftig die Arbeitgebenden und die Arbeitnehmenden dafür aufkamen. Dies brachte der ALV jährlich bis zu CHF 400 Mio. ein und trug damit zu ihrer Entschuldung bei. Da das Eigenkapital des ALV-Ausgleichsfonds Ende 2022 mehr als CHF 2.5 Mrd. betragen werde, falle dann die gesetzliche Grundlage zur Erhebung des Beitrags automatisch weg, erklärte die Regierung.

Arbeitslosenversicherung: Solidaritätsprozent fällt per 1. Januar 2023 weg

Unter dem Eindruck der Covid-19-Pandemie wollte Benjamin Roduit (mitte, VS) den Bundesrat beauftragen, die soziale Absicherung der Selbstständigerwerbenden in einem Bericht zu untersuchen. Dabei sollen insbesondere in Krisenzeiten deutlich werdende Lücken ermittelt und Massnahmen dagegen vorgeschlagen werden – ausdrücklich störte sich der Motionär am fehlenden Anspruch der meisten Selbständigerwerbenden auf Arbeitslosenentschädigung, obwohl sie Beitragszahlungen leisten müssten.
Der Bundesrat war jedoch der Meinung, dass eine Aufnahme der Selbständigerwerbenden in die Arbeitslosenversicherung aufgrund des zu grossen Missbrauchsrisikos abzulehnen sei. Stattdessen habe man in der ausserordentlichen Situation der Corona-Pandemie eine passende, ausserordentliche Lösung für diese betroffenen Personen gefunden.
In der Herbstsession 2022 nahm der Nationalrat das Postulat mit 108 zu 75 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) entgegen dem Willen der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion an.

Für eine bessere soziale Absicherung der Selbstständigerwerbenden (Po. 20.4141)

Im August 2022 publizierte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung der Motion Bruderer Wyss (sp, AG) gegen Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang. Die Motion stellte insofern eine Herausforderung dar, als der Zugang zum Informationsvorsprung durch die Stellenmeldepflicht «in die bestehenden Prozesse der IV und der Öffentlichen Arbeitsvermittlung (öAV) eingebettet» werden musste. Zur Erfüllung der Motion seien zuerst grundlegende Fragen geklärt und anschliessend zwei Massnahmen erarbeitet worden, erläuterte der Bundesrat im Bericht. So sei eine Situationsanalyse der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) vorgenommen und die Vermittlungstätigkeiten für IV-Stellensuchende untersucht worden. Aufgrund dieser Analysen entschied die Regierung, den Zugang der Stellensuchenden der IV zu erleichtern, indem vermittlungsfähige, von der IV betreute Personen erleichtert ein Login zur Stellenplattform erstellen und somit den Informationsvorsprung durch die Stellenmeldepflicht nutzen können. Zudem sollen mit Zustimmung der Betroffenen auch die IV-Beratenden Zugang zum Informationsvorsprung erhalten.

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang (Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative; Mo. 19.3239)

Als im Jahr 2020 die Anzahl Kurzarbeitsbeziehende aufgrund der Covid-19-Pandemie plötzlich massiv angestiegen war, beantragte Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) in einer Motion eine Erhöhung der Kurzarbeitsentschädigung für Brutto-Einkommen bis CHF 4000 auf 100 Prozent des Lohnes. Damit solle verhindert werden, dass Haushalte mit kleinen Einkommen aufgrund von Kurzarbeit unter das Existenzminimum sinken und in die Sozialhilfe gedrängt würden.
Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, zumal das «Ziel der Kurzarbeitsentschädigung [...] nicht die Existenzsicherung der Arbeitnehmenden», sondern eine Verhinderung der Ganzarbeitslosigkeit darstelle. Zudem würden die Kosten der KAE dadurch um 3 Prozent ansteigen.
In der Frühjahrssession 2022 zog die Motionärin ihren Vorstoss zurück – er war bis zu diesem Zeitpunkt nicht behandelt worden. In der Zwischenzeit hatte das Parlament aber im Rahmen der ersten Revision des Covid-19-Gesetzes eine ähnliche, temporäre Regelung erlassen und diese anschliessend zweimal bis Ende 2021 verlängert.

Kurzarbeitsentschädigung von 100 Prozent des Lohnes für Einkommen bis rund 4000 Franken (Mo. 20.3364)

Insbesondere zu Beginn der Covid-19-Pandemie machten sich zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier Gedanken darüber, wie man Unternehmen, Angestellte und Selbständigerwerbende in dieser schwierigen Situation unterstützen könnte. Christian Dandrès (sp, GE) schlug vor, die bisher von KAE ausgeschlossenen Personen neu ins ordentliche Kurzarbeitsentschädigungsregime zu integrieren und ihren Einkommensausfall zu 100 Prozent, maximal jedoch bis zum Schweizer Medianlohn zu entschädigen. Dazu soll neu auch ein beschränkter und befristeter ALV-Beitrag auf ihre AHV-pflichtigen Einkommen erhoben werden. Gleichzeitig soll auch der Verdienstausfall der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zum Medianlohn zu 100 Prozent, darüber hinaus weiterhin zu 80 Prozent versichert werden. Überdies sollten Unternehmen, die KAE beantragten, während zwei Jahren keine Dividenden ausschütten dürfen und sich verpflichten, Kündigungen soweit möglich zu vermeiden. Mit dem Dividendenverzicht hatte Dandrès eine Forderung der SGK-NR (Mo. 20.3164) aufgenommen, ähnliche Forderungen wurden überdies später auch im Rahmen des Covid-19-Gesetzes gestellt. Der Bundesrat erachtete eine solche Änderung als Gefahr für das System der ALV, das bereits jetzt mit sehr hohen Kosten zu kämpfen habe. In der Frühjahrssession 2022 zog der Motionär seinen Vorstoss ohne Begründung zurück.

Bisher von KAE ausgeschlossene Personen ins ordentliche Kurzarbeitsentschädigungsregime integrieren (Mo. 20.3257)
Dossier: Covid-19 – Mesures visant à atténuer les conséquences économiques

In der Frühjahrssession 2022 zog Motionärin Stefania Prezioso Batou (egsols, GE) ihren Vorstoss gegen Einkommensstrafen für Personen, die wegen Covid-19 arbeitslos sind zurück, den sie im Mai 2020 eingereicht hatte. Sie hatte beantragt, 100 Prozent des Einkommens Arbeitsloser, von Personen in Kurzarbeit sowie von Selbständigerwerbenden bis zu einem bisherigen monatlichen Einkommen von CHF 9750 zu garantieren. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, zumal der Sinn der ALE und der KAE nicht in der Existenzsicherung der Betroffenen, sondern in einer Entschädigung des Erwerbsausfalls respektive im Verhindern der Ganzarbeitslosigkeit liege. Der Bundesrat habe zudem Massnahmen getroffen, um die arbeitslosen Personen und Personen in Kurzarbeit zu unterstützen – die Forderung der Motionärin würde aber die Kosten der ALE um 25 Prozent und diejenigen für KAE um 20 Prozent erhöhen. Im Dezember 2020 hatte das Parlament im Rahmen der Revision des Covid-19-Gesetzes zudem eine 100-prozentige Auszahlung des Lohns bei KAE für Personen mit Einkommen bis CHF 3470 beschlossen und diese in späteren Revisionen bis Ende 2021 verlängert.

Keine Einkommensstrafe für Personen, die wegen Covid-19 arbeitslos sind

Im Februar 2022 zog die GPK-NR eine erste Bilanz über den Covid-19-Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende während der Covid-19-Pandemie. Zwischen März und September 2020 waren Selbständigerwerbende, «deren Erwerbstätigkeit von der Covid-19-Pandemie betroffen war», unterstützt worden. Insgesamt beurteilte die Kommission das Vorgehen des Bundesrates als positiv. Zwar weise der Covid-19-Erwerbsersatz für Selbständigerwerbende eine grosse Schwäche auf, nämlich die «begrenzte Aufsicht und die beschränkten Möglichkeiten zur Missbrauchsbekämpfung». Diese Schwäche habe der Bundesrat aber zugunsten eines breiten, unbürokratischen Instruments während der Pandemie wissentlich in Kauf genommen. Tatsächlich seien bei Kontrollen auch nur wenige Fälle von unzulässigen Bezügen gefunden worden. Auch bei der Verlängerung des Erwerbsersatzes im Juli 2020 habe die Regierung eine «angemessene Interessenabwägung vorgenommen». Gut funktioniert hätten auch die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure sowie die Umsetzung des Entschädigungssystems. Verbesserungen schlug die Kommission hingegen beim Austausch zwischen BSV und BAG vor, bei der Aufsicht des BSV über die Ausgleichskassen sowie bei der Harmonisierung der Daten und der Digitalisierung. Zudem sollte der Bundesrat eine bessere soziale Absicherung der Selbstständigerwerbenden prüfen.

Im Mai 2022 nahm der Bundesrat Stellung zur Bilanz der GPK-NR über den Covid-19-Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende. Er erachtete die vorgeschlagenen Massnahmen als unnötig, zumal «aus den für die Krisensituation festgestellten Mängeln keine Rückschlüsse auf das Funktionieren im Normalbetrieb gezogen werden können». Auch eine bessere soziale Absicherung der Selbständigerwerbenden sei mit Verweis auf verschiedene hängige Vorstösse und bereits veröffentlichte Berichte (etwa zum Po. 16.3908) nicht nötig.

Erste Bilanz der GPK-NR über den Covid-19-Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende

Jahresrückblick 2021: Sozialversicherungen

Wie in den Jahren zuvor dominierte auch 2021 die Altersvorsorge die mediale Berichterstattung zu den Sozialversicherungen (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren blieb jedoch das Interesse an diesem Themenbereich erstaunlich tief – erstaunlich insofern, als in diesem Jahr die beiden grossen Revisionen der Altersvorsorge – die AHV 21 und die BVG 21 – im Parlament behandelt wurden. Ende Jahr, als in der Wintersession die Behandlung der zwei Projekte im Parlament anstand, flackerte jedoch durchaus etwas Interesse an dem Themenbereich auf (vgl. Abbildung 1).

In der Frühjahrssession begann der Ständerat die Debatte zur AHV 21-Reform, nachdem die vorberatende SGK-SR zuvor medial für ihre lange Behandlungsfrist gescholten worden war. Einigkeit herrschte zwischen den zwei Räten bei der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre, ansonsten unterschieden sich die Ansichten der zwei Kammern jedoch deutlich. Nachdem der Ständerat in der Herbstsession einer vom Nationalrat vorgeschlagenen Mehrwertsteuererhöhung von 0.4 Prozent zugestimmt hatte, setzte sich die kleine Kammer in der Wintersession bei der Ausgestaltung der Kompensationsmassnahmen grösstenteils durch: Bei gleichem Gesamtbetrag (CHF 3 Mrd. bis ins Jahr 2030) und gleicher Anzahl Übergangsjahrgänge (9) obsiegten die im Vergleich zum Vorschlag der grossen Kammer höheren Rentenzuschläge und weniger grosszügigen Vorbezugsmöglichkeiten. Innerhalb eines Jahres konnte die AHV 21 somit zu Ende beraten werden. Jedoch kündigte der SGB noch am Tage der Einigung zwischen den Räten an, das Referendum ergreifen zu wollen, an dem sich unter anderem auch die SP beteiligen will.

Nach einer gar noch längeren Vorgeschichte startete in der Wintersession 2021 auch die Reform der beruflichen VorsorgeBVG 21 – in die Parlamentsberatung. Besonders umstritten war hier das von den Sozialpartnern vorgeschlagene Umlageverfahren zur Reduktion der durch die Senkung des Umwandlungssatzes entstehenden Renteneinbussen. Noch vor der ersten Behandlung lagen bereits zahlreiche Alternativvorschläge auf dem Tisch, weshalb die Medien der Revision nur geringe Erfolgschancen zuschrieben. Dies zeigten etwa auch die ersten Reaktionen auf den Behandlungsstart der Reform in der Wintersession 2021: Nachdem sich der Nationalrat entschieden hatte, die Kompensation eines Rentenzuschlags nur 15 Jahrgängen statt allen Neurentnerinnen und Neurentnern zukommen zu lassen und dabei auf das Umlageverfahren zu verzichten, stellten die links-grünen Parteien auch hier bereits ein Referendum in Aussicht.

Wie üblich standen auch dieses Jahr verschiedene Volksinitiativen zum Thema «Altersvorsorge» auf dem Programm – die Bundeskanzlei verkündete das Zustandekommen gleich zweier neuer Initiativen: der Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter», welche eine 13. AHV-Rente forderte, sowie der Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)», die eine automatische Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung verlangte. Hingegen scheiterte die Volksinitiative «Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten, mit der die Renten von Personen mit jährlichem Einkommen unter CHF 72'000 von den Steuern hätten befreit werden sollen, in der Unterschriftensammlung.

Die mediale Flaute in der Berichterstattung über die Altersvorsorge führte zu einer Stärkung der Diskussionen über die Krankenversicherung, wobei im Parlament insbesondere Projekte gegen den Prämienanstieg im Mittelpunkt standen. Zentral war dabei das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, das im Jahr zuvor in zwei Pakete unterteilt worden war. Während das Paket 1a dieses Jahr trotz einiger breit diskutierter Punkte bereinigt werden konnte, hatte man die am stärksten umstrittenen Regelungen ins Paket 1b ausgelagert. Diesbezüglich entschieden sich National- und Ständerat bis Ende Jahr unter anderem gegen das vom Bundesrat vorgeschlagene Referenzpreissystem und schlugen stattdessen Alternativen vor. Noch keine Botschaft lag Ende Jahr zum zweiten Paket zur Kostendämpfung vor, an welcher der Bundesrat 2021 arbeitete.

Eine Offensive gegen den Prämienanstieg hatten im Jahr zuvor die Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg mit je drei Standesinitiativen für einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife sowie für zwei Massnahmen zur Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen gestartet. In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat die KVAV geändert und dabei den freiwilligen Abbau und die Rückerstattung der Krankenkassenreserven vereinfacht sowie die Regeln dazu präzisiert. Als Folge dieser Änderung präsentierte der Bundesrat im September die Krankenkassenprämien für das Jahr 2022: Erstmals seit 2008 würde die mittlere Prämie sinken, was grösstenteils auf einen Reserveabbau und eine knappere Kalkulation durch die Krankenversicherungen – also auf seine Verordnungsänderung – zurückzuführen sei. Der Ständerat sprach sich in der Folge gegen die Initiativen zu den Reserven aus, hiess aber den Einbezug der Kantone sowie eine ähnlich lautende Motion) gut.

Die Folgen der hohen Krankenkassenprämien bekämpfte die Prämien-Entlastungs-Initiative, welche im Vorjahr zustande gekommen war und eine Beschränkung der Krankenkassenprämien für die Haushalte auf maximal 10 Prozent des Einkommens forderte. Der Bundesrat empfahl die Initiative zur Ablehnung, präsentierte aber 2021 einen indirekten Gegenvorschlag, womit unter anderem der durchschnittliche Kantonsbeitrag an die Prämienverbilligungen erhöht werden sollte. Hingegen verpasste 2021 die Volksinitiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung», mit der die Bürgerinnen und Bürger Art und Umfang ihrer Versicherung hätten wählen können, die Unterschriftenhürde.

Für Diskussionen sorgte nicht zuletzt auch der Entwurf der SGK-SR zur Umsetzung der Standesinitiative des Kantons Thurgau über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht. Einig war man sich diesbezüglich, dass Kinder bei Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr für ihre Krankenkassenprämien und Kostenbeteiligungen, welche ihre Eltern zuvor nicht bezahlt hatten, haftbar gemacht und zudem nicht mehr auf sogenannten schwarzen Listen der säumigen Prämienzahlenden aufgeführt werden sollen. Umstritten war hingegen, inwiefern die entsprechenden Listen zukünftig noch geführt werden dürfen: Obwohl eine Kommissionsminderheit mit der Unterstützung des Bundesrates die Streichung der Listen beantragt hatte, sprach sich der Ständerat überaus knapp für deren Beibehaltung aus. Diesen Entscheid stützte auch der Nationalrat.

Schliesslich spielte 2021 auch die Covid-19-Pandemie erneut eine Rolle im Krankenversicherungsbereich. Der Bundesrat genehmigte im Januar 2021 den Tarifvertrag zur Vergütung der Covid-19-Impfung, gemäss dem die OKP CHF 14.50 als Pauschale und CHF 5 für das Impfmaterial pro Impfung übernimmt. Der Bund bezahlt die Differenz dieser CHF 5 zum Einkaufspreis der Impfung, der vertraulich ist. Dadurch sollten der OKP für das Jahr 2021 Kosten von CHF 201 Mio. entstehen. In der Wintersession entschied sich das Parlament im Rahmen der vierten Revision des Covid-19-Gesetzes erst in der Einigungskonferenz dagegen, die Verträge mit den Impfstofflieferanten offenzulegen – der Nationalrat hatte sich eine solche Offenlegung gewünscht.

Besonders stark von den Covid-19-Massnahmen betroffen waren schliesslich die Arbeitslosenversicherung durch die Kurzarbeitsmassnahmen sowie die Erwerbsersatzordnung durch die Covid-19-Erwerbsausfallentschädigungen. Der Einsatz beider Instrumente war während des Jahres mehrfach verlängert oder gar erweitert worden, um der schwierigen Situation verschiedener Branchen zu begegnen. Dadurch fielen bezüglich Kurzarbeit 2021 Corona-bedingte Kosten von CHF 10.8 Mrd. und für die Erwerbsausfallentschädigungen solche in der Höhe von CHF 2.2 Mrd. an. Wie bereits im Vorjahr entschieden sich Bundesrat und Parlament, der ALV die Kurzarbeitskosten zu vergüten, damit diese ihre Schuldenobergrenze nicht erreicht.

Jahresrückblick 2021: Sozialversicherungen
Dossier: Rétrospective annuelle 2021

Gegen Ende 2021 machte sich der Bundesrat daran, verschiedene Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und ihrer Auswirkungen für das Jahr 2022 zu verlängern. Nachdem das Parlament im Rahmen der vierten Revision des Covid-19-Gesetzes die Gesetzesgrundlage dafür geschaffen hatte, verlängerte der Bundesrat Mitte Dezember 2021 den Corona-Erwerbsersatz um ein Jahr bis Ende 2022. Damit sollten «Personen, die aufgrund von Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus einen Erwerbsausfall erleiden», weiterhin finanzielle Unterstützung erhalten – sofern sie ihren Anspruch bis zum 31. März 2023 anmelden. Entsprechend wurden auch die dafür vorgesehenen Mittel von CHF 490 Mio. um CHF 1.69 Mio. erhöht. Auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung nahm der Bundesrat einige Verlängerungen vor: Die Aufhebung der Voranmeldefrist, die verlängerte Bewilligungsdauer sowie die höheren KAE für geringe Einkommen blieben allesamt bis Ende 2022 in Kraft. Gleichzeitig verlängerte er das summarische Abrechnungsverfahren für KAE bis zum 31. März 2022 und hob die Karenzzeit für KAE vorläufig auf. Schliesslich dehnte er den Anspruch auf KAE auf «Unternehmen, die der 2G+-Regel unterliegen», aus.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Principales mesures de lutte contre la pandémie du coronavirus (Covid-19)
Dossier: Covid-19 – Mesures visant à atténuer les conséquences économiques

In der Wintersession 2021 lehnte der Ständerat die Motion Nantermod (fdp, VS) zur Stärkung der Rechtssicherheit durch eine Verhinderung von Vertragsumdeutungen stillschweigend ab. Die SGK-SR hatte die Ablehnung zuvor mit 10 zu 2 Stimmen beantragt und damit begründet, dass die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Unselbstständigen gemäss geltendem Recht und bundesgerichtlicher Rechtssprechung klar genug sei. Der Parteiwille solle nicht gestärkt werden, da die «tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht die Erklärungen der Parteien» für die Einteilung der Sozialversicherungen entscheidend seien. Damit war die Motion erledigt.

Rechtssicherheit stärken und Vertragsumdeutungen vermeiden (Mo. 18.3753)

Im November 2021 entschied das Bundesgericht, dass auch während der Covid-19-Pandemie Ferien- und Feiertagsentschädigungen in die Berechnung von Kurzarbeitsentschädigungen einfliessen müssen. Eine Restaurantbetreiberin hatte im März 2020 Kurzarbeitsentschädigungen aufgrund eines Covid-19-bedingten Umsatzrückgangs beantragt, bei denen aber die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern Feiertags- und Ferienentschädigungen nicht anrechnen wollte. Dies sei während des summarischen Abrechnungsverfahrens aufgrund der Formulierung der entsprechenden Covid-19-Verordnung nicht erlaubt, argumentierte die Kasse. Im Oktober 2020 hiess das Luzerner Kantonsgericht die gegen diesen Entscheid eingereichte Beschwerde gut, woraufhin die Arbeitslosenkassen den Fall an das Bundesgericht weiterzog. Dabei stellte auch das SECO Rechtsbegehren auf Aufhebung dieses Urteils. Das Bundesgericht urteilte, dass keine hinreichende Regelung auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe für eine Nichtberücksichtigung der Ferien oder Feiertage vorliege und diese folglich mindestens «in pauschalisierter Form» angerechnet werden müssten.

Bundesgerichtsurteil zur Bemessung der Kurzarbeitsentschädigungen bei Personen im Monatslohn

Mitte November 2021 entschied das Bundesgericht, dass der Bund den Unternehmen bei den Kurzarbeitsentschädigungen im summarischen Abrechnungsverfahren für Mitarbeitende im Monatslohn auch einen Ferien- und Feiertagsanteil auszahlen müsse. Folglich hätten die Arbeitgebenden Anspruch auf höhere Abgeltungen durch die ALV, als diese im Rahmen der Covid-19-Kurzarbeitsentschädigungen im summarischen Abrechnungsverfahren erhalten hätten, erklärte das SECO im Februar 2022. Im Juni 2022 präsentierte das SECO eine Möglichkeit für digitale Gesuchstellung zur Überprüfung des Anspruchs eines Unternehmens auf KAE zwischen 2020 und 2021, wobei die Gesuchsfrist im Dezember 2022 für Nachzahlungen von Ende Oktober 2022 auf Ende Dezember 2022 verlängert wurde.

Bundesgerichtsurteil zum Abrechnungsverfahren für Kurzarbeit

Am 1. Oktober 2021 verlängerte der Bundesrat das summarische Abrechnungsverfahren für Kurzarbeitsentschädigung (KAE) und damit die Covid-19-Verordnung «Arbeitslosenversicherung» erneut. Mit der sofortigen Inkraftsetzung der Änderung sollte das summarische Abrechnungsverfahren somit bis Ende 2021 in Kraft bleiben.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Principales mesures de lutte contre la pandémie du coronavirus (Covid-19)
Dossier: Covid-19 – Mesures visant à atténuer les conséquences économiques

Anfang September 2021 gab die SGK-SR bekannt, dass sie eine Aufnahme des vereinfachten Anmeldeverfahrens und des summarischen Abrechnungsverfahrens für KAE – wie sie im Rahmen der Corona-Pandemie angewandt wurdenins ordentliche Recht mit 9 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ablehne. Die Verfahren erlaubten es nicht, festzustellen, wer Anrecht auf KAE habe. Auch ein Ferien- und Feiertagszugschlag bei den KAE lehnte die Kommission ab, da dadurch bei Kurzarbeit mehr als 80 Prozent des Lohns ausbezahlt würden. In der Herbstsession 2021 setzte sich der Ständerat erneut mit der Motion auseinander, nachdem er den Vorstoss zuvor seiner Kommission zur Vorberatung zugewiesen hatte. Philippe Bauer (fdp, NR) verwies in der Begründung seiner Motion darauf, dass das Bundesgericht bereits eine Entschädigung für Ferien und Feiertage durch die Arbeitslosenversicherung prüfe, weshalb er Ziffer 2 seiner Motion zurückziehe. Er halte aber weiterhin an der Forderung nach Übernahme von Teilen des vereinfachten Verfahrens fest (Ziffer 1). Mithilfe von Kontrollmechanismen sollen dabei Missbräuche verhindert werden. Bundesrat Parmelin erwiderte, dass das SECO das ordentliche Verfahren durch digitale Lösungen zu vereinfachen und den Aufwand sowohl für die Unternehmen als auch für die Kontrollstellen zu verringern versuche. Mit 21 zu 15 Stimmen (bei 1 Enthaltung) lehnte der Ständerat in der Folge Ziffer 1 der Motion ab, die damit vollständig vom Tisch war.

Kurzarbeitsentschädigung. Weitere administrative Hürden abbauen (Mo. 20.4169)

In der Herbstsession 2021 behandelte der Ständerat die Motion der SGK-NR für eine plafonierte Entschädigung für in KMU mitarbeitende Ehegatten bei Kurzarbeit. Zuvor hatte die SGK-SR den Vorstoss ihrer Schwesterkommission mit 9 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) zur Ablehnung empfohlen: Man befürworte in dieser schwierigen Lage für die Unternehmen zwar generell unbürokratische Massnahmen, lehne aber eine dauerhafte Erweiterung der Anspruchsberechtigung auf KAE unter anderem wegen des erhöhten Missbrauchsrisikos ab. Stattdessen wolle man die Frage zu den anspruchsberechtigten Personen bei KAE im Rahmen der parlamentarischen Initiative Silberschmidt (fdp, ZH; Pa.Iv. 20.406) weiter behandeln. Stillschweigend folgte der Ständerat dem Ablehnungsantrag seiner Kommission.

Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (Mo. 20.3454)