Im Berichtjahr stand die 2012 von der Assemblé Interjurassienne (AIJ), der 1994 gegründeten Tripartiten Konferenz bestehend aus den Kantonen Jura und Bern und einer Vertretung des Bundes, vorgeschlagene erneute Juraabstimmung an. Konkret ging es um die Frage, ob ein Verfahren, das in die Gründung eines neuen Kantons mündet, der das Gebiet des heutigen Kantons Jura und des französischsprachigen Teils des Kantons Bern – den Berner Jura – umfasst, eingeleitet werden sollte. Mitte 2012 bereiteten die Regierungen der beiden betroffenen Kantone die entsprechenden Verfassungsänderungen vor – die Absichtserklärung der beiden Kantone war noch im Februar 2012 unterzeichnet worden. Im Kanton Bern war dabei die Idee des vorgesehenen zweistufigen Verfahrens umstritten. Nach einer ersten kantonalen (Jura) bzw. gesamtregionalen Abstimmung (Berner Jura) sollten die Gemeinden innert zweier Jahre eine kommunale Abstimmung durchführen können, mit der sie abhängig vom Ausgang der Gesamtabstimmung über einen Verbleib beim Kanton Bern oder einen Wechsel zum Kanton Jura entscheiden können. Noch Ende 2012 hatte die SVP des Kantons Bern im Grossen Rat eine Motion eingereicht, mit der dieser zweite Schritt verhindert werden sollte. Die Motionäre argumentierten, dass die Gefahr eines Flickenteppichs bestünde und die Initiative für eine erneute Abstimmung zur Jurafrage gar nicht von der Bernjurassischen Bevölkerung eingereicht worden sei, sondern von oben oktroyiert würde. Die Jurafrage sei schon lange geklärt und eine Abstimmung deshalb eine unnötige Zwängerei. Die Motion war zwar mit Hilfe der BDP und der EDU noch in der Wintersession letzten Jahres angenommen worden, die Jura-Delegation des Grossen Rates – aufgrund eines Sonderstatuts haben die französischsprachigen Parlamentarier ein Vetorecht – hatte aber einen Rückkommensantrag eingelegt, so dass Ende Januar 2013 erneut darüber befunden werden musste. Eine Annahme des Vorstosses hätte Neuverhandlungen zwischen den involvierten Kantonen bedingt. Diesmal wurde die Motion allerdings mit 78 zu 74 Stimmen knapp zurückgewiesen. Die Gegner sahen es als undemokratisch an, wenn die Bernjurassier nicht selber über ihre Zukunft entscheiden könnten. Die Änderung des Gesetzes zum Sonderstatut des Berner Juras, die die Grundlage für die Juraabstimmung auf Berner Seite schuf, wurde anschliessend mit 94 zu 51 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Im Jurassischen Parlament passierte der Verfassungsartikel 139 als Grundlage für die Juraabstimmung im Nordkanton zwei Tage nach dem Berner Entscheid einstimmig und ohne Enthaltungen. Damit war der Weg frei für einen gemeinsamen Urnengang, der auf den 24. November angesetzt wurde.
Im Kanton Jura befürworteten alle Parteien mit Ausnahme der SVP einen Zusammenschluss, im Berner Jura standen vor allem autonomistische Gruppierungen für einen Kantonswechsel ein. Die Berner Kantonalparteien waren hingegen – mit Ausnahme der PSA, die für eine Fusion eintrat und den Grünen, die Stimmfreigabe beschlossen – alle für einen Verbleib der französischsprachigen Region beim Kanton Bern. Der Conseil du Jura Bernois (CJB), das Bernjurassische Regionalparlament mit Kompetenzen in Kultur- und Bildungsfragen, sprach sich Ende Juni mit 15:9 Stimmen für einen Verbleib beim Kanton Bern aus. Die Regierungen empfahlen jeweils ein Ja (Jura) bzw. ein Nein (Bern). Die in der Jurafrage seit jeher stark engagierten und in der Wahl der Mittel häufig unzimperlichen Béliers und Sangliers – erstere streben einen Grosskanton Jura an, letztere wollen den Verbleib des Berner Juras beim Kanton Bern – störten den Dialog kaum. Sie weigerten sich allerdings auch, die Charta der AIJ zu unterzeichnen (siehe unten). Eine im September vom Handels- und Industrieverein Bern durchgeführte Umfrage kam zum Schluss, dass rund drei Viertel der Gewerbetreibenden im Berner Jura den Verbleib im Kanton Bern bevorzugten. Die wichtigsten Argumente für den Anstoss eines Fusionsprozess war das politische Gewicht, welches der Berner Jura gewinnen könnte. Während der Kanton Jura von je zwei französischsprachigen National- und Ständeräten vertreten sei, werde die französischsprachige Bevölkerung des Kantons Bern durch deutschsprachige Parlamentarier beim Bund vertreten. Umstritten war, wo der Berner Jura wirtschaftlich besser aufgehoben sei. Im Kanton Jura waren seit 2000 mehr Firmen und Arbeitsplätze geschaffen worden als im Berner Jura, die Arbeitslosigkeit und die Steuerbelastung waren aber im Norden höher als im Süden. Die Staatsschulden pro Kopf lagen mit CHF -101 im Kanton Jura tiefer als im Kanton Bern (CHF -197), die wirtschaftliche Attraktivität des Kantons Bern wurde aber als höher eingeschätzt als jene des Kantons Jura. Während die Bevölkerungszahl im Kanton Jura in den letzten Jahren zunahm (Mitte 2013 wohnten rund 71 000 Personen im Kanton Jura), stagnierte das Bevölkerungswachstum im Berner Jura (52 000 Einwohner; 5.3% der Gesamtbevölkerung von Bern). Vor allem im Kanton Jura wurde zudem betont, dass ein Ja leidglich einen Prozess für einen allfälligen neuen Kanton anstosse. Ein solcher Prozess könne auch eine grosse Chance für ein modernes Kantonsgebilde sein. Die Gegner wiesen auf die Bedeutung der Region als Sprachbrücke hin. Der Kanton Bern habe in der gesamten Schweiz mit dem französischsprachigen Norden eine zentrale kulturelle und politische Brückenfunktion inne, die mit einem Ja am 24. November verloren ginge. Die Gegner warnten zudem vor der Idee eines Warmlaufens. Ein Ja im November wäre nicht bloss eine Einleitung für einen möglichen Fusionsprozess, sondern eine entscheidende Weichenstellung. Ein Nein könnte zudem die Stärkung der Autonomierechte in der Region nach sich ziehen.
Die im Spätfrühling langsam einsetzende Abstimmungskampagne verlief – anders als noch in den 1970er Jahren – auffallend sachlich. Ein Umstand der auch von der AIJ, die ihrerseits mit einer Charta für politischen Anstand warb, lobend hervorgehoben wurde. Im März war das finanzielle Engagement der beiden Kantonsregierungen ein Medienthema. Beide Exekutiven wollten sich nach den Grundsätzen der Objektivität, Transparenz und Verhältnismässigkeit für den Verbleib des Berner Juras beim Kanton Bern bzw. für einen Fusionsprozess engagieren und vor allem ihre Informationspflicht wahrnehmen. Eine Finanzierung von Abstimmungskampagnen käme nicht in Frage. Das Jurassische Pro-Komitee „construire ensemble“ gab – nach einigem Wirbel – gar eine Spende von der so genannten Wiedervereinigungsstiftung zurück. Die Stiftung hatte Ende der 80er Jahre Geld vom Kanton Jura erhalten. Die Sensibilität des Themas hat historische Wurzeln: Aus den so genannten Schwarzen Kassen hatte die Berner Regierung bei den 1970er-Plebisziten heimlich probernische Gruppierungen finanziert, was in den 1980er Jahren zum Berner Finanzskandal führte. Die Geschichte wurde auch im Berichtjahr wieder breit diskutiert. Bereits im Juni 2013 durchgeführte, erste Umfragen liessen darauf schliessen, dass die Meinungen früh gemacht waren. Es zeichnete sich ein relativ deutliches Nein im Berner Jura und ein ebenso deutliches Ja im Kanton Jura ab. Mitte Juli verschärfte sich der Ton ein wenig. Die SVP, die junge SVP und die Sangliers machten mit provokativen Plakaten auf sich aufmerksam („non à la mafia, non au Jura“), mit denen auch Behördenmitglieder aus dem Kanton Jura diffamiert wurden; so wurde etwa Elisabeth Baume-Schneider (sp) als Hexe karikiert, die dem Berner Jura einen vergifteten Apfel überreicht. Derweil luden die Béliers ein, via Facebook Ideen für Artikel für eine neue Verfassung zu entwerfen. Im September versprach der Bund für die Abstimmung 15 unabhängige Beobachter zu entsenden, die den fairen Verlauf des Urnengangs sicherstellen sollten. Ende September veranstaltete eine Gruppe von Antiseparatisten einen Umzug auf den Pierre Pertuis, einen Pass zwischen Tavannes und Sonceboz. Trotz emotionalen und markigen Aufrufen – etwa zu „totaler Mobilisation“ – blieb die Situation friedlich. Im Kanton Jura bemühten sich die Spitzen der Politik, für ein Ja zu werben. Der Abstimmungskampf blieb aber dennoch lau; die Jurassierinnen und Jurassier schienen sich gar nicht sonderlich für die Frage zu interessieren. Eine Mitte Oktober veröffentlichte Studie zeigte anhand von Abstimmungsresultaten zu eidgenössischen Abstimmungen, dass der Berner Jura im Stimmverhalten grössere Ähnlichkeit mit dem Kanton Jura als mit dem restlichen Kanton Bern zeigt. Allerdings wurden dabei auch thematische und vor allem kommunale Nuancen sichtbar. Die grösste Übereinstimmung zeigte sich wenig überraschend in Moutier. Für etwas Wirbel sorgte eine Mitte Oktober an alle Haushalte im Berner Jura verschickte Broschüre von „construire ensemble“, in der mit einem finanziellen Gewinn für den Berner Jura geworben wurde, der sich bei einer Fusion dank höherer Zahlungen aus dem Finanzausgleich einstellen würde. Auch die Béliers machten auf sich aufmerksam, indem sie regionale Einrichtungen symbolisch mit Ketten verschlossen, um darauf hinzuweisen, dass diese vom Kanton Bern zu wenig unterstützt würden. Für einiges Aufsehen sorgte zudem die in einem Interview mit Le Temps Anfang September gemachte Aussage der Freiburger Regierungsrätin Isabelle Chassot (cvp), die ein Zusammengehen empfahl. Dies hatte – nach einer Interpellation im Berner Grossrat – gar einen interkantonalen Briefwechsel auf Regierungsebene zur Folge. Zwei weitere rund einen Monat vor der Abstimmung durchgeführte Umfragen bestätigten die Trends vom Juni: Einem massiven Ja im Kanton Jura (rund 70 bis 75%) stand ein allerdings nicht mehr so deutliches Nein (rund 55 bis 60%) im Berner Jura gegenüber. Darüber hinaus liess sich eine sehr knappe Entscheidung im Städtchen Moutier absehen. Die Umfrageprognosen bestätigten sich am Abstimmungssonntag vom 24. November. Allerdings war das Nein im Berner Jura wesentlich massiver als erwartet: 71,8% der Bernjurassier verwarfen die Fusionspläne. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 72,7%. Noch deutlicher war das Resultat im Kanton Jura, wo sich 76,6% der teilnehmenden Stimmberechtigten – die Beteiligung lag hier bei 64,2% – für einen Fusionsprozess aussprachen. Alle Jurassischen Gemeinden wiesen Ja-Mehrheiten auf. Die Enttäuschung auf Jura-Seite und die Freude auf Berner Seite waren gross. Damit war die Jurafrage, wie von vielen gewünscht, allerdings nicht vom Tisch, da sich Moutier mit 55% Ja-Stimmenanteil für einen Fusionsprozess aussprach und sich in der Nachbargemeinde Belprahon ein Patt ergab: je 110 Stimmberechtigte stimmten für bzw. gegen den Prozess. Dadurch haben beide Gemeinden die Möglichkeit, eine kommunale Abstimmung zu organisieren, mit der über eine gemeindeweise Fusion mit dem Kanton Jura entschieden werden soll. Das genaue Verfahren war allerdings noch offen. Am Abend der Abstimmung kam es zwar vereinzelt zu Provokationen der Pro-Berner in Moutier, insgesamt wurde der Abstimmungsprozess aber sowohl von den Abstimmungsbeobachtern des Bundes als auch in der internationalen Presse als vorbildlich bezeichnet. Das deutliche Nein warf bereits seine Schatten auf die im März 2014 anstehenden Kantonalberner Gesamterneuerungswahlen voraus. Allgemein wird erwartet, dass die Regierungsratswahlen aufgrund des Jura-Sitzes entschieden werden. Der Berner Jura hat dank seines Autonomiestatus einen garantierten Regierungssitz.