Dernière mise à jour: 25.04.2017, 14:23

Dossier: Lutte penalé et en matière de droit civil contre la violence dans la familie 1996 - 2006 Sauvegarder en format PDF

Verschärfung des StGB betreffend Gewalt in der Ehe (Pa.Iv. 96.465)

Dossier: Révision du code pénal concernant les abus sexuels - l'integrité sexuelle et le viol conjugal

Mit zwei parlamentarischen Initiativen verlangte im Nationalrat die Sozialdemokratin von Felten (BS) eine Verschärfung des Strafrechts zum Schutz der Frauen vor Gewalt in der Ehe oder in eheähnlichen Verhältnissen. Die erste Initiative (Pa.Iv. 96.464) verlangt, dass die einfache Körperverletzung durch den Mann in diesen Verhältnissen zu einem Offizialdelikt wird. Der zweite Vorstoss will erreichen, dass sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in der Ehe vom Staat als Offizialdelikt, also auch ohne Einwilligung der betroffenen Frau verfolgt werden muss. Noch 1990 hatte sich der Nationalrat anlässlich der Revision des Sexualstrafrechts für die Ausgestaltung als Antragsdelikt entschieden. Nun beantragte die vorberatende Kommission die Überweisung beider Vorstösse. Gegenanträge stellten Dorle Vallender (fdp, AR) und Suzette Sandoz (lp, VD); sie blieben aber mit 72:70 (Körperverletzung) resp. 82:66 (Vergewaltigung) Stimmen in der Minderheit.

Nachdem der Nationalrat 1997 zwei parlamentarischen Initiativen von Felten (sp, BS) für die Verfolgung von Vergewaltigung und anderen Gewaltakten in der Ehe oder eheähnlichen Verhältnissen als Offizial- und nicht nur als Antragsdelikt Folge gegeben hatte, legte nun seine Rechtskommission eine entsprechende Gesetzesänderung vor. Da sie der Ansicht war, dass ein von Staates wegen einzuleitendes Verfahren in Einzelfällen nicht dem Willen des Opfers entsprechen könnte, sah sie allerdings vor, dass bei weniger schweren Fällen das Verfahren auf Wunsch des Opfers eingestellt werden kann.

Der Nationalrat befasste sich mit den Kommissionsvorschlägen zur Umsetzung von zwei parlamentarischen Initiativen von Felten (sp, BS) für die strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigung und anderen Gewaltakten in der Ehe oder eheähnlichen Verhältnissen. Diese gelten in Zukunft als Offizial- und nicht nur als Antragsdelikt. Bei weniger gravierenden Straftatbeständen (einfache Körperverletzung, Tätlichkeit, Drohung, Nötigung) kann das Verfahren auf Wunsch des Opfers eingestellt werden. Gegen den Widerstand der SVP und der Liberalen hiess der Nationalrat die neuen Bestimmungen mit 118 zu 33 Stimmen gut. Nachdem der Ständerat oppositionslos zugestimmt hatte, wurde die Gesetzesrevision in der Herbstsession verabschiedet.

Zivilrechtliche Bekämpfung von Gewalt in der Familie und in eheähnlichen Partnerschaften

Eine parlamentarischen Initiative Vermot (sp, BE) verlangte die Schaffung eines Gewaltschutzgesetzes, das die von häuslicher Gewalt betroffenen Personen (insbesondere Frauen und Kinder) schützt und die sofortige Wegweisung von gewalttätigen Personen aus der gemeinsamen Wohnung sowie ein zeitlich limitiertes Betretungsverbot festlegt. Heute sind Frauen und Kinder häufig gezwungen, ausser Haus Schutz zu suchen, während der gewalttätige Mann in der Wohnung bleibt. Diskussionslos gab der Nationalrat der Initiative Folge und wies die Vorlage zur konkreten gesetzlichen Umsetzung der Rechtskommission zu. Der Kanton St. Gallen schritt hier bereits zur Tat. Das Polizeigesetz wurde dahingehend revidiert, dass die Polizei künftig ermächtigt ist, den Täter auf der Stelle aus der Wohnung zu weisen und ihm die Rückkehr für bis zu zwei Wochen zu verbieten. Ähnliche Regelungen werden in weiteren Kantonen vorbereitet.

Der Nationalrat stimmte einer Änderung des Zivilgesetzbuches zu, mit der die Opfer von Gewalt, Drohungen und Nachstellungen im Familien- und Bekanntenkreis besser geschützt werden sollen. Die Vorlage, die auf eine parlamentarische Initiative Vermot (sp, BE) zurückgeht, sieht als Schutzmassnahmen unter anderem ein Kontakt- und Annäherungsverbot vor sowie die Ausweisung des Täters aus der gemeinsamen Wohnung. Der Nationalrat überwies den Teil eines Postulats Stump (sp, AG), der einen Bericht über die Ursachen von Gewalt gegen Frauen und Kinder in Familien verlangte; die Entwicklung und Umsetzung eines Aktionsplans zur Bekämpfung dieser Gewalttaten lehnte er hingegen mit finanziellen Argumenten ab.

Nachdem in den letzten Jahren die strafrechtlichen Voraussetzungen zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie und in eheähnlichen Partnerschaften ausgebaut worden sind, beantragte die Rechtskommission des Nationalrats nun auch noch zivilrechtliche Massnahmen zum Schutz von unter Gewalt leidenden, bedrohten oder verfolgten Personen. Sie tat dies in Umsetzung einer 2001 von der grossen Kammer angenommenen parlamentarischen Initiative Vermot (sp, BE). Konkret geht es darum, dass ein Gericht einem Täter verbieten kann, eine gemeinsame Wohnung zu betreten, sich dieser oder dem Opfer zu nähern, oder sich an bestimmten Orten, an denen das Opfer verkehrt, aufzuhalten. Strafbar wird neu auch das so genannte Stalking (Verfolgen oder Belästigen eines Opfers durch physische Präsenz oder Telefonate). Damit die Opfer nicht auf die Durchführung eines Gerichtsverfahrens warten müssen, sollen die Kantone eine Stelle bezeichnen, welche eine Wohnungsausweisung sofort anordnen kann. In einigen Kantonen (u.a. St. Gallen) sind derartige Bestimmungen bereits eingeführt worden. Der Nationalrat stimmte den Anträgen zu; dagegen sprach sich in der Gesamtabstimmung nur eine Mehrheit der SVP-Fraktion aus. Die Forderung der Linken, ausländischen Opfern, deren Aufenthaltsstatus von demjenigen des Täters (z.B. des Ehepartners) abhängt, während der ganzen Verfahrensdauer eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, fand hingegen keine Mehrheit. Der Nationalrat überwies den Teil eines Postulats Stump (sp, AG), der einen Bericht über die Ursachen von Gewalt gegen Frauen und Kindern in Familien verlangte; die Entwicklung und Umsetzung eines Aktionsplans zur Bekämpfung dieser Gewalttaten lehnte er hingegen mit finanziellen Argumenten ab.

Im Vorjahr hatte der Nationalrat einer Änderung von Art. 28b ZGB zugestimmt, mit der die Opfer von Gewalt, Drohungen und Nachstellungen im Familien- und Bekanntenkreis besser geschützt werden sollen. Neben einem Kontakt- und Annäherungsverbot bis hin zur Ausweisung des Täters aus der gemeinsamen Wohnung hatte der Nationalrat die Kantone verpflichten wollen, Beratungsstellen für alle Formen von Gewalt, auch für Nachstellungen, einzurichten. Der Ständerat befand, in diesem letzten Punkt werde die materielle Zivilrechtskompetenz des Bundes in unzulässiger Weise überschritten und lehnte den verbindlichen Auftrag mit 27 zu 12 Stimmen ab. In die Entscheidung spielten auch Überlegungen zum neuen Finanzausgleich hinein. Gegen den Willen der Fraktionen von SP und GP schloss sich der Nationalrat hier aus vorwiegend pragmatischen Überlegungen mit 101 zu 66 Stimmen an. In den Schlussabstimmungen passierte die Gesetzesänderung mit 187 zu 1 Stimmen in der grossen und einstimmig in der kleinen Kammer.

Die vom Nationalrat im Vorjahr beschlossenen zivilrechtlichen Massnahmen zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie und in eheähnlichen Partnerschaften fanden auch im Ständerat Zustimmung. Er lehnte es aus föderalistischen Gründen aber ab, den Kantonen vorzuschreiben, dass sie Beratungsstellen einrichten müssen. Der Nationalrat übernahm in der Differenzbereinigung diese Streichung.