Im Zug der langfristig angelegten Reform des Strafrechts traf der Bundesrat Vorentscheide zur Revision der Bestimmungen zum Schutze von Leib und Leben, Sittlichkeit und Familie. Im Vernehmlassungsverfahren zu den entsprechenden Vorschlägen der Expertenkommission Schultz, das bis Ende 1981 gedauert hatte, war zum Teil massive Kritik laut geworden. Sie hatte sich vor allem gegen die vorgeschlagene Liberalisierung des Sexualstrafrechts gerichtet. So lehnte es die Mehrheit der Vernehmlasser ab, dass das Schutzalter auf 14 Jahre gesenkt werde. In der weiteren Diskussion bemängelten z.B. die städtischen Polizeidirektoren, dass die Experten eine Lockerung der strafrechtlichen Handhaben gegen die Pornographie befürwortet hatten. Es wurde vermerkt, dass in der Öffentlichkeit das Pendel zurückschwinge: Der liberale Kurs der Kommission gerate mit den sich wieder wandelnden Wertmassstäben der Bevölkerung in Konflikt. Unter diesen Umständen entschloss sich der Bundesrat, einen vorsichtigeren Reformweg einzuschlagen. Um der Gefahr eines Referendums gegen das ganze Paket zu begegnen, beauftragte er das EJPD, ihm zwei getrennte Gesetzesentwürfe zu unterbreiten: einen über strafbare Handlungen gegen Leib und Leben und die Familie sowie einen über das Sexualstrafrecht. Das Schutzalter sollte bei 16 Jahren belassen werden und der Inzest strafbar bleiben. Demgegenüber folgte er den Vorschlägen der Experten, künftig auf Antrag auch die Vergewaltigung in der Ehe zu verfolgen sowie hetero- und homosexuelles Verhalten strafrechtlich gleichzubehandeln. In der Frage der Pornographie hatte das EJPD eine Differenzierung sowie die Ansetzung einer Altersgrenze für den Schutz von Jugendlichen zu prüfen. Als neue Materie sollten Darstellungen reiner Gewalttätigkeiten, insbesondere im Videobereich, erfasst werden. Ferner beauftragte das EJPD Prof. Hans Schultz, bis zum Frühjahr 1985 die Allgemeinen Bestimmungen des StGB auf ihre Revisionsbedürftigkeit zu überprüfen und einen Vorentwurf auszuarbeiten. Von der Einsetzung einer neuen Expertenkommission wurde noch abgesehen.
- Mot-clés
- Date
- 1 décembre 1983
- Type
- Objet du conseil fédéral
- Acteurs
- Sources
-
Afficher
- NZZ, 6.5. und 30.12.83; Presse vom 2.6.83 und 3.6.83; AT, 2.6.83; Bund, 2.6.83; SZ, 3.6.83; Vat., 3.6.83; PZ, 1.12.83.
- Recht, 1/1983, S. 53 ff.
- Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, 119/1983
de Jürg Siegenthaler
Modifié le 24.07.2024
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