Die Mitte wurde zu Beginn des Jahres von zwei personellen Paukenschlägen durchgeschüttelt: Innerhalb weniger Tage gaben sowohl Parteipräsident Gerhard Pfister als auch Bundesrätin Viola Amherd ihre Rücktritte bekannt. Das Rennen um die Bundesratsnachfolge wurde lange von den zahlreichen, auch überraschenden Absagen möglicher Kandidierender – darunter auch der abtretende Parteipräsident – dominiert; erst in letzter Minute konnte die Partei ein Zweier-Ticket präsentieren, was ihr vielerorts als «Debakel» (Blick) und auch als schlechte Werbung für ihren Wunsch nach einem zweiten Bundesratssitz ausgelegt wurde. Am Ende setzte sich mit dem Zuger Regierungsrat Martin Pfister ein Überraschungskandidat gegen den gemeinhin favorisierten St.Galler Nationalrat und Bauernverbandspräsidenten Markus Ritter durch. Die Presse war sich weitgehend einig, dass die Partei nicht vom bei Bundesratswahlen häufigen Schaufenstereffekt profitieren konnte, sondern in der öffentlichen Wahrnehmung vielmehr beschädigt aus dem Prozess hervorging, weil sie auf die Aufgabe schlecht vorbereitet wirkte und für die Öffentlichkeit überraschende parteiinterne Konflikte aufbrachen. Insbesondere wurde dem abtretenden Parteipräsidenten und zunächst als aussichtsreichem Kandidaten gehandelten Gerhard Pfister ein angeblich anhaltend schlechtes Arbeitsklima im Generalsekretariat der Partei zur Last gelegt, und die Mitte-Frauen monierten mangelnde Unterstützung für allfällige weibliche Kandidaturen.
Ruhiger verlief das Auswahlprozedere zum Parteipräsidium, wo dem von Beginn weg als Favorit geltenden Philipp Bregy letztlich keine Gegenkandidatur erwuchs. Bregy versprach den von seinem Vorgänger eingeschlagenen sozialliberalen Kurs fortzuführen und setzte sich zum Ziel, bei den eidgenössischen Wahlen 2027 die FDP als drittstärkste Partei abzulösen und ihr den zweiten Bundesratssitz abzunehmen.
Durch den Positionswechsel des bisherigen Fraktionschefs Bregy brauchte auch die Fraktion ein neues Präsidium; in einer Kampfwahl setzte sich Yvonne Bürgin gegen Maya Bally durch. Auch die als einflussreiche rechte Hand von Gerhard Pfister geltende, parteiintern teilweise umstrittene Generalsekretärin Gianna Luzio trat ab; zu ihrem Nachfolger wurde Blaise Fasel bestimmt.
Nach der Klärung der Personalfragen beruhigten sich die Diskussionen um die Partei; davor hatten manche Medien Zerfallserscheinungen, einen ungenügend verdauten Abschied vom christlichen Etikett der CVP und – ohne den dominanten Gerhard Pfister – ein programmatisches und strategisches Vakuum geortet. Anhaltendes Sprengpotenzial für die Partei sahen sie unter anderem in der Europafrage, in der die konservativen Stammlande der Partei zu einem anderen Kurs neigten als die urbanen und westschweizerischen Sektionen. Bei der Vernehmlassung zu den Bilateralen III entschied sich die neue Parteispitze dafür, die Verträge zu unterstützen, aber verschiedene Einwände zur inländischen Umsetzung anzumelden und die Position zur Frage des Ständemehrs zu vertagen. Für einige mediale Aufmerksamkeit – und Kritik aller anderen Parteien – sorgte der Vorschlag der Mitte, der Nachhaltigkeitsinitiative mit einem direkten Gegenentwurf und einer Zuwanderungs-Schutzklausel auf Verfassungsebene entgegenzutreten. Im Zollstreit mit den USA zeigte sich die Mitte als einzige bürgerliche Partei offen für Retorsionsmassnahmen in Form von Gegenzöllen und einer Beschwerde bei der WTO.
Bei den vier kantonalen Parlamentswahlen des Jahres wies die Mitte insgesamt eine leicht positive Bilanz auf (JU +2 Mandate, VS +1, SO 0, NE -1). In den Kantonsregierungen blieb sie stabil und konnte ihre Sitze verteidigen; im Kanton Jura gelang dies trotz des Bruchs mit einem ihrer beiden bisherigen Regierungsvertreter. Die Mitte bleibt damit mit Abstand die Partei mit den schweizweit meisten kantonalen Regierungsmandaten (41).