Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen (BRG 00.088)

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Verbesserte Ermittlungsverfahren versprach man sich im Berichtsjahr auch von DNA-Profil-Datenbanken. Mit den damit möglichen Analysen können biologische Täterspuren (Blut, Speichel, Hautteilchen, Haare etc.) eindeutig einer Person zugeordnet werden. Eine vom EJPD im Einvernehmen mit den kantonalen Polizeidirektoren eingesetzte Expertenkommission empfahl, eine solche Datenbank zentral beim Bund einzurichten. Da es sich bei diesem „genetischen Fingerabdruck“, der allerdings keine Informationen über die Gene an sich enthält, um besonders schützenswerte Daten handelt, würde die Datenbank einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. In ersten Kommentaren in den Medien wurde die Nützlichkeit derartiger Analysen bei der Aufklärung und Verhinderung von schweren Verbrechen durch Wiederholungstäter hervorgestrichen, gleichzeitig aber heftige Kritik am Vorschlag der Experten vorgebracht, möglichst alle erkennungsdienstlich behandelten Personen darin zu erfassen. Nationalrat Widmer (sp, LU) reichte eine Motion ein, in welcher er rechtliche Grundlagen für den Schutz der Persönlichkeitsrechte verlangt. Insbesondere sollen DNA-Profile von Personen, die sich nach der erkennungsdienstlichen Behandlung als unschuldig erwiesen haben, wieder gelöscht werden. Der Kanton Bern, welcher bereits über eine DNA-Profil-Sammlung verfügt, möchte allerdings nicht auf eine bundesweite Regelung warten. Seine Regierung gab einen Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung, der jedoch als datenschützerisch ungenügend kritisiert wurde.

Dossier: DNA-Profile

Der Bundesrat legte im November seine Botschaft über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifikation von unbekannten oder vermissten Personen vor. Nachdem bereits in einzelnen Kantonen und auf Bundesebene (seit Sommer 2000) versuchsweise entsprechende Datenbanken eingerichtet worden waren, erachtete der Bundesrat eine rasche und einheitliche Regelung der Rahmenbestimmungen für sinnvoll. Das neue Gesetz sieht vor, dass solche Informationen bei der Ermittlungsarbeit genutzt werden dürfen und die Probeentnahme von der Polizei angeordnet werden kann. Weigert sich die betroffene Person, ist eine richterliche Anordnung erforderlich. Nur auf richterliche Anordnung darf eine Massenuntersuchung zur Ermittlung von Straftätern vorgenommen werden (sog. Flächenfahndung). Die ursprünglich vorgesehene Beschränkung dieser Methode auf schwere Straftaten wurde fallengelassen. Die aufgrund der Proben erstellte Datenbank unterliegt den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes und nicht den Sonderbestimmungen über die polizeilichen Informationssysteme. Grundsätzlich sollen die Informationen bei Wegfall des Tatverdachts, bei Freispruch oder bei Ableben der erfassten Personen gelöscht werden.

Dossier: DNA-Profile

In der Herbstsession nahm der Nationalrat als Erstrat die Verhandlungen über das neue Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen auf. Grundsätzlich begrüssten alle Fraktionen die Verwendung dieses neuen Instruments. Alle waren sich aber auch einig, dass der Schutz der Privatsphäre des Individuums stärker gewichtet werden müsse als im bundesrätlichen Vorschlag. Auf Antrag der vorberatenden Kommission beschloss der Rat, dass nur DNA-Sequenzen untersucht und gespeichert werden dürfen, welche keine Erbgutinformationen enthalten. Nicht durchsetzen konnte sich der Kommissionsantrag, dass nur Profile von Personen in das Informationssystem aufgenommen werden dürfen, die im Zusammenhang mit einem bestimmten, schweren Delikt verdächtigt werden. Gegner dieser Einschränkung machten insbesondere geltend, dass die Erfahrung im Ausland zeige, dass Verbrechen oft aufgeklärt werden können, weil das Profil des Täters früher im Zusammenhang mit einem relativ unbedeutenden Delikt (z.B. Diebstahl) erfasst und gespeichert worden ist. Der Rechtsschutz wurde gegenüber dem Bundesratsantrag ausgebaut, indem die Polizei die Verdächtigten explizit darüber informieren muss, dass sie eine Probeentnahme verweigern können (worauf sie dann von einem Richter angeordnet werden kann), und dass jede Person das Recht hat, Auskunft darüber zu verlangen, ob ihr Profil in der Datenbank vorhanden ist. Zudem sollen die Profile bei Wegfall des Tatverdachts, bei Einstellung des Verfahrens oder nach Ablauf der Probezeit bei bedingten Freiheitsstrafen nach einer bestimmten Frist nicht bloss auf Gesuch hin, sondern automatisch gelöscht werden. Nicht durchsetzen konnte sich dagegen ein Antrag der Linken, auf so genannte Massenuntersuchungen zu verzichten. Diese sollen gemäss der Ratsmehrheit bei der Aufklärung schwerer Verbrechen zulässig sein, allerdings nur auf richterliche Anordnung. Da die SP und die Grünen auch mit ihren anderen Versuchen scheiterten, die Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse in der Strafuntersuchung restriktiver zu gestalten, lehnten sie das neue Gesetz in der Gesamtabstimmung ab.

Dossier: DNA-Profile

Als Zweitrat befasste sich der Ständerat mit dem neuen Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen. Als Verschärfung gegenüber der nationalrätlichen Fassung fügte der Ständerat die Bestimmung ein, dass zur Aufklärung von Verbrechen auch Massenuntersuchungen durchgeführt werden können. Dabei werden DNA-Proben nicht nur von konkret Tatverdächtigen genommen, sondern von einem weiteren Personenkreis, auf den bestimmte in Bezug auf die Tatbegehung festgestellte Merkmale zutreffen (z.B. junge Männer eines Dorfes). Ferner strich die kleine Kammer die vom Nationalrat aufgenommene Bestimmung, dass eine Person von den Behörden die Durchführung einer DNA-Analyse verlangen kann, um sich von einem bestehenden Tatverdacht zu befreien. Sie argumentierte dabei, dass bei einem Straf- resp. Ermittlungsverfahren diese Möglichkeit im Rahmen der Verteidigungsrechte ohnehin gegeben sei. Gegen den Widerstand der Linken, welche von den Massenuntersuchungen vor allem eine Stigmatisierung von Minderheitsgruppen anderer Hautfarbe oder Sprache befürchtete, schloss sich der Nationalrat in der Differenzbereinigung dem Ständerat an. In der Schlussabstimmung wurde das Gesetz im Nationalrat mit 124:18 Stimmen und im Ständerat einstimmig verabschiedet.

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