Revision des Opferhilfegesetzes (BRG 05.078)

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Wegen der Kostenexplosion bei den Genugtuungszahlen, dem organisatorischen Wirrwar bei der Unterstützung der Opfer des Luxor-Attentats von 1997 sowie weiterer Unzulänglichkeiten des Gesetzes beschloss das Bundesamt für Justiz, das Opferhilfegesetz einer ersten Revision zu unterziehen. Zur Debatte steht dabei auch der Abbau von Leistungen, so etwa die Streichung der Opferhilfe für Verkehrsunfälle und die Reduktion oder gar Abschaffung von Genugtuungszahlungen. Im Berichtsjahr wurden zusammen mit den kantonalen Opferhilfestellen die Revisionsanliegen aufgelistet; im Jahr 2000 soll dann eine Expertenkommission das Gesetz grundlegend überarbeiten.

Dossier: Totalrevision Opferhilfegesetz 2005-2007

Gleichzeitig gab das EJPD eine Teilrevision des OHG in die Vernehmlassung, welche minderjährige Opfer (unter 16 Jahren) im Strafverfahren besser schützen will. Insbesondere sollen sich Opfer von sexuellen Übergriffen und Beschuldigte möglichst nicht begegnen und die Befragung der Opfer auf das Notwendigste beschränkt werden.

Dossier: Totalrevision Opferhilfegesetz 2005-2007

Ende Jahr gab das EJPD seine Vorschläge für eine Revision des Opferhilfegesetzes (OHG) in die Vernehmlassung. In Übereinstimmung mit den Experten schlug das Departement restriktivere Voraussetzungen für die Auszahlung von Genugtuungen vor: Danach soll ein Anspruch nur bestehen, wenn die Straftat zu einer schweren Beeinträchtigung des Opfers geführt hat, die sich während längerer Zeit auf die Arbeitsfähigkeit, die ausserberuflichen Tätigkeiten oder die persönlichen Beziehungen auswirkt. Überdies soll die Summe nach oben begrenzt sein und sich am maximal versicherten Jahresverdienst in der Unfallversicherung orientieren. Opfer sollen höchstens zwei Drittel (rund 70'000 Fr.), Angehörige ein Drittel (ca. 35'000 Fr.) dieses Betrags erhalten. Eine Besserstellung der Opfer wurde hingegen in der Frage der Verjährungsfrist von Ansprüchen vorgeschlagen: diese soll von zwei auf fünf Jahre, für kindliche Sexualopfer sogar noch weiter verlängert werden. Bei Straftaten, die im Ausland begangen wurden, soll überprüft werden, ob auch ausländische Opfer mit mindestens fünfjährigem Wohnsitz in der Schweiz finanziell entschädigt werden könnten. (Zum Sexualstrafrecht siehe hier)

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Die vom Bundesrat vorgeschlagene Totalrevision des Opferhilfegesetzes (OHG) wurde in der Vernehmlassung prinzipiell befürwortet. Umstritten war aber die Höhe der Genugtuungszahlungen. Laut Revisionsentwurf entsprechen diese dem Bedürfnis der Opfer nach sozialer Anerkennung und sollten beibehalten, aber limitiert werden. Diese Begrenzung wurde mehrheitlich begrüsst. Der bundesrätliche Vorschlag einer Limite von zwei Dritteln des maximal versicherten Jahresgehalts nach Versicherungsgesetz (rund 70'000 Fr.) stiess hingegen auf weniger Akzeptanz. Die SVP zeigte sich mit dieser Limite einverstanden, warnte aber vor Kostensteigerungen und setzte sich für strenge Vergabekriterien ein. Die FDP verlangte die ersatzlose Streichung der Genugtuungen, die CVP wollte höhere Limiten und die SP sowie die Grünen sprachen sich dafür aus, keine Begrenzung vorzunehmen. Umstritten war auch, ob Einwohner der Schweiz, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden sind, Anspruch auf Leistungen haben. Einzig die SVP sprach sich für diesen Fall generell gegen Leistungen nach OHG aus. Die Mehrzahl der an der Vernehmlassung beteiligten Organisationen befürworteten die kostenlose Unterstützung durch die Beratungsstellen, nicht aber Entschädigungen und Genugtuungen. SKOS, SP, Grüne und der Verband der Schweizer Frauenorganisationen, Alliance F, möchten hingegen alle Fälle abdecken. Mit Unterstützung der SODK verlangten diese Kreise zudem neue Regelungen für Opfer von häuslicher Gewalt und von Menschenhandel.(Zur Bekämpfung der Gewalt in Ehe und Partnerschaft siehe hier)

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Zwei Jahre nach Beendigung der Vernehmlassung legte der Bundesrat Botschaft und Entwurf für eine Totalrevision des Opferhilfegesetzes vor. Hauptziel ist es, die stetig steigenden Kosten für die Opferhilfe, für welche die Kantone aufkommen müssen, durch griffigere Regeln unter Kontrolle zu bringen und den Anspruch auf Genugtuungsleistungen zu beschränken. Für diese schlägt der Bundesrat einen Maximalbetrag von 70'000 Fr. für Opfer und von 35'000 Fr. für Angehörige vor. Opfer von im Ausland begangenen Straftaten sollen weiterhin Hilfe in Form von Beratung, aber keine Geldleistungen mehr erhalten. Im Gegenzug wird die Frist für die Einreichung von Begehren um Entschädigung und Genugtuung von heute zwei auf fünf Jahre verlängert; die Frist für minderjährige Opfer von Straftaten gegen die physische oder sexuelle Integrität wird zusätzlich ausgedehnt.

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Le Conseil fédéral a présenté en fin d’année son message concernant la révision totale de la loi fédérale sur l’aide aux victimes d’infractions (LAVI). En vigueur depuis 1993, cette loi permettait chaque année à plusieurs milliers de personnes de recevoir conseils et assistance dans les centres LAVI mis en place par les cantons, et de pouvoir également bénéficier de réparations morales ou d’indemnisations. Dans son projet de loi, le Conseil fédéral a proposé de plafonner le montant des aides financières et de les exclure en cas d’agression subie à l’étranger ou d’attentat terroriste, par exemple. Le gouvernement a ainsi fixé le montant maximum de la réparation morale à 70 000 francs pour la victime directe et à 35 000 pour les proches. Pour justifier cela, le Conseil fédéral a expliqué que les faits survenant à l’étranger étaient trop difficiles à vérifier, et que les voyageurs devaient assumer eux-mêmes les risques éventuels posés par leurs déplacements, en contractant notamment une assurance ou en évitant de se rendre dans des régions en crise.

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Der Nationalrat behandelte als Erstrat die Totalrevision des Opferhilfegesetzes. Eintreten war unbestritten, obgleich die Sprecherin und der Sprecher der Fraktionen der SP und der GP kritisierten, dass der Entwurf die Lage der Opfer verschlechtere, weil es dem Bund und vor allem den Kantonen in erster Linie ums Sparen gehe. In der Detailberatung lehnte der Rat verschiedene Minderheitsanträge von linksgrüner Seite ab. Mit 109 zu 66 Stimmen stimmte er dem Antrag des Bundesrates zu, wonach keine Entschädigungen und Genugtuungen gewährt werden, wenn die Straftat im Ausland begangen worden ist. In der Vernehmlassung zum Gesetz war die Mehrheit der Antwortenden gegen diese Neuerung gewesen. Bundesrat Blocher rechtfertigte die Abkehr von der bisherigen Praxis: Es sei schwierig herauszufinden, was in der Ferne wirklich vorgefallen sei; zudem trügen „die Menschen auch eine Selbstverantwortung, damit sie nicht in Kriminalfälle verwickelt werden“. Für Grossereignisse wie Terroranschläge versprach er Sonderlösungen; dann würden Bund, Kantone und Reiseversicherer die Opfer entschädigen.

In einem weiteren zentralen Punkt folgte die bürgerliche Ratsmehrheit ebenfalls dem Bundesrat und beschloss auf starken Druck der Kantone mit 97 zu 56 Stimmen, dass die Genugtuung höchstens 70 000 Fr. für Opfer und 35 000 Fr. für Angehörige betragen darf. Auf Antrag der Kommission wurde zudem die Bestimmung gestrichen, dass die Kantone die Angebote der Opferhilfe publik zu machen haben. Unbestritten waren Verbesserungen im neuen Opferhilfegesetz: So können Gesuche bis fünf Jahre nach der Tat eingereicht werden, was vor allem für minderjährige Opfer sexueller Verbrechen wichtig ist, da für diese der Zeitpunkt des Fristbeginns neu ab Bekanntwerden der Straftat gilt. Der Nationalrat verabschiedete die Vorlage mit 103 zu 56 Stimmen.

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Le Conseil national s’est saisi du projet de révision totale de la loi fédérale sur l’aide aux victimes d’infractions durant l’année sous revue. L’entrée en matière a été acquise sans opposition. Toutefois, estimant que le projet entraînait une dégradation de la situation des victimes d’infractions, les rapporteurs du groupe socialiste et du groupe des Verts ont conditionné leur approbation à l’issue de la discussion par article. Au cours de cette dernière, différentes propositions de minorité déposées par le camp rose-vert ont été rejetées. Le plénum s’est en outre rallié, par 109 voix contre 66, au projet du Conseil fédéral, qui prévoyait qu’aucune indemnité ni réparation morale ne soit accordée à la victime si l’infraction a été commise à l’étranger. Il a en revanche décidé, sur proposition de sa commission, de biffer le principe selon lequel les cantons doivent faire connaître l’existence de l’aide aux victimes. Il a également suivi le Conseil fédéral et décidé, par 97 voix contre 56, que le montant de la réparation morale ne pouvait excéder 70 000 francs pour la victime, et 35 000 francs pour un proche. Le projet de loi a été adopté au vote sur l’ensemble par 103 voix contre 56, Verts et socialistes se prononçant en bloc contre le projet.

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Bei der Totalrevision des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz) folgte der Ständerat mit deutlichem Mehr in den wesentlichen Punkten dem Nationalrat, der im Vorjahr weitgehend dem Entwurf des Bundesrates zugestimmt hatte, insbesondere bei den Entschädigungs- und Genugtuungszahlungen an die Opfer (nach unten korrigierte Höchstbeträge für die Genugtuungen, Wegfall der Leistungen bei Straftaten, die im Ausland begangen werden). Abweichend vom Nationalrat fügte er aber mit Stichentscheid des Präsidenten wieder die Pflicht für die Kantone ein, die Angebote der Opferhilfe publik zu machen. Im Nationalrat beantragte eine Minderheit um Leutenegger Oberholzer (sp, BL), hier der kleinen Kammer zu folgen. Unterstützung erhielt sie von Bundesrat Blocher: Eine Streichung der Bestimmung bedeute zwar nicht, dass die Kantone diese Information nicht mehr publik machen dürften, aber die Verpflichtung entfalle für jene Delikte, in welche (zumindest in einem ersten Schritt) die Polizei nicht involviert sei. Das sei insbesondere der Fall bei länger zurückliegenden Straftaten etwa im Bereich von sexuellem Missbrauch, wo die Betroffenen allenfalls vor einer Anzeige eine Beratung nötig hätten. Der Minderheitsantrag unterlag mit 100 zu 73 Stimmen. SP und Grüne sprachen sich geschlossen für die Informationspflicht aus, ebenso eine Minderheit der CVP. Angesichts der doch klaren Mehrheitsverhältnisse in der grossen Kammer beugte sich der Ständerat in diesem Punkt. In der Schlussabstimmung wurde die Revision mit 126 zu 66 (SP und GP) resp. mit 42 zu 1 Stimmen angenommen.

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Suite à l’examen de la révision totale de la loi sur l’aide aux victimes d’infraction par le Conseil national fin 2006, le Conseil des Etats s’est saisi de cet objet. Il a suivi la chambre du peuple sur la question du champ d’application de la loi à raison du lieu, qui prévoit qu’aucune indemnité ni réparation morale ne soit accordée à la victime si l’infraction a été commise à l’étranger. Il s’est cependant rallié, grâce à la voix prépondérante de son président, au projet du Conseil fédéral, se prononçant en faveur d’un devoir d’information imposé aux cantons. Quant au montant de la réparation morale, les députés ont suivi le Conseil national et décidé, par 26 voix contre 8, de la ramener à 70 000 francs lorsque l’ayant droit est la victime, et à 35'000 francs lorsque l’ayant droit est un proche. Au vote sur l’ensemble, le Conseil des Etats a approuvé le projet par 31 voix contre 0 et 3 abstentions. Le Conseil national a toutefois maintenu sa position sur le devoir d’information (contre l’avis de la gauche), à laquelle le Conseil des Etats s’est finalement rallié.

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