Das Bundesgesetz über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz, HFG), das bereits seit 2009 im Entwurf vorlag, wurde im Berichtsjahr von beiden Kammern durchberaten und verabschiedet. Im HFG wurden bereits vorhandene Elemente der Bundesregulierung (z.B. Transplantations- und Heilmittelgesetz) und der kantonalen Gesetzgebung zusammengezogen und vereinheitlicht. Dabei wollten es der Bundesrat und die vorbereitenden Gremien primär als Gesetz zum Schutz des Menschen in der Forschung und erst sekundär als Fördergesetz für den angesprochenen Forschungsbereich verstanden wissen. Gegen den Wunsch der Patientenorganisationen waren die Heilversuche (nicht-anerkannte bzw. standardisierte ärztliche Therapien, oft zur Behandlung unheilbarer Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium) aus der Vorlage ausgeklammert worden. Da die Räte sich dennoch über einen allfälligen Regulierungsbedarf im Bereich der Heilversuche informiert wissen wollten, lancierte die WBK-NR eine entsprechende Motion (Mo. 11.3001), die zusammen mit dem Gesetzesentwurf beraten und diskussionslos angenommen wurde.

Inhaltlich verfolgt das Gesetz vier Ziele: Die Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts potenzieller Versuchspersonen, die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Forschung am Menschen im internationalen Wettbewerb, den adäquaten Umgang mit bereits vorhandenem biologischem Material und entsprechenden Daten sowie die Verankerung einer Melde- bzw. Registrierungspflicht von Projekten im Bereich der Humanforschung. Als Regulierungsbehörde sind die bereits bestehenden kantonalen Ethikkommissionen vorgesehen, für die im Gesetz gemeinsame Beurteilungsgrundsätze festgehalten werden. In der Eintretensdebatte wurde vor allem auf den Interessenkonflikt zwischen den beiden Rechtsgütern Menschenwürde (Selbstbestimmungsrecht) und Forschungsfreiheit (internationale Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsplatzes Schweiz) hingewiesen, den es mit dem Humanforschungsgesetz zu entschärfen gelte. Bundesrat, links-grüne Sprecherinnen und Sprecher sowie die CVP gewichteten dabei die Interessen bzw. den Schutz des Einzelnen höher als jene der Wissenschaft und der Gesellschaft. Insbesondere bürgerliche Ratsmitglieder erwarteten vom Gesetz hingegen die Verankerung von möglichst guten Rahmenbedingungen für die in internationalem Wettbewerb stehende Humanforschung. Beide Räte traten ohne Gegenantrag, der Nationalrat als erster, auf die Vorlage ein.

Auf Antrag der Nationalratskommission stimmte die Grosse, später auch die Kleine Kammer einer Regelung zum Einsatz von Placebos zu, die im Bundesratsentwurf fehlte. Zudem entschied der Erstrat, auch Urteilsunfähige in das Einwilligungsverfahren einzubeziehen, worin der Ständerat wiederum keine sachliche Relevanz sah. In der Differenzbereinigung beharrte der Nationalrat auf seiner Position, worauf sich der Ständerat ihm anschloss. Knapp, mit Stichentscheid des Ratspräsidenten entschied der Nationalrat die Streichung eines umstrittenen Passus in der Sicherstellungsklausel, der den Schutz von Personen vorsah, denen eine Versicherung aufgrund des Versicherungsvertragsrechts den Versicherungsschutz verweigern könnte. Auf Antrag der Kommission anerkannte die Grosse Kammer abweichend vom Bundesrat zudem den Tatbestand der Unangemessenheit und akzeptierte letztere als Grund für eine allfällige Rüge. Allerdings gab er in der Differenzbereinigung nach und schwenkte auf die vom Ständerat gestützte Bundesratsversion um, welche die Unangemessenheit als Rügegrund ausklammerte. Um die Bewilligungsverfahren der kantonalen Ethikkommissionen möglichst kurz zu halten, setzte der Nationalrat ihnen eine Behandlungsfrist von zwei Monaten für normale Gesuche. Gleichzeitig erteilte er dem Bundesrat die Kompetenz, bei dringendem Handlungsbedarf kürzere Bearbeitungszeiten zu veranlassen. Nach anfänglicher Ablehnung akzeptiere der Ständerat im Rahmen der Differenzbereinigung die Fristen. Für die Idee seiner WBK, die Arbeit der kantonalen Ethikkommissionen durch Ombudsstellen begleiten zu lassen, vermochten sich weder die WBK-NR noch der Nationalrat erwärmen. In Bezug auf die Bestimmungen zur Registrierungspflicht für Humanforschungsvorhaben, die sich an internationalen Standards orientiert, beschloss der Ständerat den Begriff „Forschungsprojekte“ durch „klinische Studien“ zu ersetzen und letzeres in den Begriffsdefinitionen des Gesetzes zu verankern. Der Nationalrat übernahm die Idee, wählte aber anstellte der „klinischen Studien“ den gängigeren „klinischen Versuch“, womit die Kleine Kammer leben konnte. Ohne Opposition akzeptierten beide Räten die Änderungen im bisherigen Recht (Bundesgesetz über den Datenschutz, Transplantationsgesetz, Stammzellenforschungsgesetz, Heilmittelgesetz). In der Herbstsession nahmen sie die Vorlage deutlich an.

Per Anfang Januar 2014 treten das Humanforschungsgesetz (HFG) und die dazugehörigen Verordnungsbestimmungen in Kraft. Mit dieser Neuregelung der Forschung am Menschen werden die Personen, die sich für die medizinische Forschung zur Verfügung stellen, besser geschützt und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für die Forschung verbessert. Auch dieser Schritt geht mit den Vorgaben der Strategie „Gesundheit2020" des Bundesrats einher. Forschung am Menschen durfte bereits bis anhin nur mit Einwilligung der betroffenen Person durchgeführt werden. Mit dem neuen Gesetz gilt diese Norm auch für die Forschung mit biologischem Material (beispielsweise Gewebeproben). Massgebend für eine Bewilligung ist bei allen Forschungsprojekten das Risiko, dem sich die teilnehmenden Personen aussetzen. So müssen Forschungsvorhaben mit hohem Risiko strengere sicherheitsbezogene Anforderungen erfüllen, als Studien mit geringem Risiko. Zusätzlich wird zur Förderung der Transparenz in der Forschung am Menschen ein öffentliches Register eingerichtet, in dem alle klinischen Versuche, die in der Schweiz durchgeführt werden, erfasst werden müssen. Den Zugang zum Register wird eine Koordinationsstelle des Bundes innerhalb des BAG verwalten, wo auch allgemeine Informationen zur Humanforschung abrufbar sein werden.