Der Nationalrat hatte über die Aufhebung der Immunität von Nationalrat Keller (sd, BL) zu entscheiden. Die Bezirksanwaltschaft Zürich hatte ein entsprechendes Gesuch gestellt, nachdem Keller wegen Verletzung des Rassendiskriminierungsverbots angezeigt worden war. Zur Last gelegt wurde ihm ein Boykottaufruf gegen „amerikanische und jüdische Waren, Restaurants und Ferienangebote“. Er hatte diesen Aufruf als Reaktion auf Boykottbeschlüsse amerikanischer Staaten und Gemeinden gegen schweizerische Unternehmen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Bankguthaben von Holocaustopfern an die Redaktionen verschiedener Schweizer Medien zwecks Veröffentlichung geschickt. Da Keller seine Pressemitteilung als Nationalrat und Präsident der Schweizer Demokraten unterzeichnet hatte, war die Einstufung als Fall der relativen Immunität unbestritten. Eine Kommissionsmehrheit sprach sich für deren Aufhebung aus, da der Tatbestand der Rassendiskriminierung mit grosser Wahrscheinlichkeit erfüllt sei und – gerade angesichts der besonderen Verwerflichkeit von Antisemitismus – ein grosses öffentliches Interesse an einem Gerichtsurteil bestehe. Eine Minderheit der Kommission lehnte eine Immunitätsaufhebung ab. Sie verurteilte zwar den Aufruf Kellers ebenfalls, zweifelte aber daran, dass das für eine Immunitätsaufhebung geforderte Kriterium einer wahrscheinlichen Verurteilung erfüllt sei, da der Aufruf nicht gegen Personen, sondern gegen Firmen gerichtet sei und zudem vom Gericht die besondere Situation (Reaktion auf Boykottmassnahmen) berücksichtigt werden müsste. Mit 94 gegen 45 vor allem von der SVP und der FP kommenden Stimmen sprach sich der Rat für die Immunitätsaufhebung aus.
- Schlagworte
- Datum
- 17. Dezember 1998
- Prozesstyp
- Anderes
- Geschäftsnr.
- 98.063
- Akteure
- Quellen
-
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- AB NR, 1998, S. 2760 ff.
- LT und TA, 10.11.98; TA, 18.12.98.
von Hans Hirter
Aktualisiert am 15.05.2017
Aktualisiert am 15.05.2017