Für die Befürworter der Vorlage stellte die Erhöhung der Streitwertgrenze lediglich eine Anpassung an die seit der letzten Erhöhung (1959) eingetretene Lohn- und Preisentwicklung dar. Zudem betonten sie die föderalistische Organisation desschweizerischen Gerichtswesens, welche es nicht erforderlich mache, dass sich das Bundesbericht mit allen Fällen befassen müsse.

Da die "Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz" gegen die Revision des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege das Referendum eingereicht hatten, musste darüber das Volk entscheiden. Im Zentrum der Argumente der Revisionsgegner stand die Erhöhung der Streitwertgrenze für zivilrechtliche Fälle von 8000 Franken auf 30 000. Diese Erhöhung bringe auf der einen Seite nur eine geringe Reduktion der Arbeitslast der Richter, da es bisher beim Bundesgericht pro Jahr bei einem Total von rund 4000 Fällen bloss deren 600 zivilrechtliche (davon rund ein Drittel mit einem Streitwert von weniger als 30 000 Fr.) gegeben habe. Andererseits würde aber mit dieser Erhöhung das Bundesgericht seiner Möglichkeit beraubt, wichtige Grundsatzentscheide im Arbeits-, Miet- oder Konsumentenschutzrecht zu fällen. Damit würde nach Ansicht der Revisionsgegner nicht nur die Rechtsstellung der meisten Angestellten, Mieter und Konsumenten verschlechtert, sondern auch das Anliegen einer einheitlichen schweizerischen Rechtssprechung beeinträchtigt. Das im Parlament noch sehr umstrittene Vorprüfungsverfahren für staatsrechtliche Beschwerden spielte hingegen in der Abstimmungskampagne kaum eine Rolle.

Von den Parteien setzten sich die drei bürgerlichen Bundesratsparteien, die Liberalen und die Auto-Partei für die Revision ein; die linken und grünen Parteien, der Landesring und die SD bekämpften sie gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Mieter- und der Konsumentenverbänden. Die Interessenorganisationen der Unternehmer und der Landwirte verzichteten auf Empfehlungen. Diese Zurückhaltung mag ein Grund dafür gewesen sein, dass die flaue Abstimmungskampagne in den Medien eindeutig von den Gegnern dominiert wurde.

Organisation der Bundesrechtspflege. Abstimmung vom 1. April 1990
Beteiligung: 40,7% Nein: 863 524 (52,7%) Ja: 775 870 (47,3%)
Parolen:
Nein: SP (1*), GPS, LdU, SD (2), POCH, PdA, GBS; SGB, CNG; Konsumentenbund, Mieterverband.
Ja: FDP, CVP (6), SVP (5), LP (1*), AP; Redressement National.
Stimmfreigabe: EVP (3 Nein, 2 Ja*)
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Am 1. April lehnte der Souverän die Revision mit einer Mehrheit von 52,7% ab. Die stärkste Ablehnung ergab sich in den Kantonen Jura (65%), Genf, Neuenburg und Schwyz; die grössten Ja-Anteile wiesen Appenzell-Innerrhoden (55%), Nidwalden und Waadt auf. Eine nach dem Urnengang durchgeführte Befragung zeigte, dass die Anhänger der bürgerlichen Parteien die Parteiparolen nur schlecht befolgt hatten: einzig die Sympathisanten der SVP waren mehrheitlich hinter der Revision gestanden (60%), beim Freisinn hielten sich Gegner und Befürworter die Waage, während bei der CVP die Ablehnung mit 57% dominierte.