Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011

Als PDF speichern

Die SP äusserte ihre Wahlziele nach der empfindlichen Niederlage von 2007 eher verhalten. Man wolle schweizweit zulegen, aber keine unrealistischen Zahlen nennen, sagte Präsident Levrat im Januar. Er sei überzeugt, dass die Trendwende für die SP geschafft sei. Ziel sei eine Zunahme an Sitzen und an Wählerprozenten – so Generalsekretär Christen Anfang Februar. Man wolle sich für Leute mit kleinen Einkommen und die Mittelschicht stark machen. Als Kernthemen wolle die SP die Arbeitslosigkeit, die Altersvorsorge und das Gesundheitswesen hervorheben. Das Wahlkampfbudget wurde auf 1,5 Mio. CHF beziffert.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Mit dem Slogan „Für alle statt für wenige“ läutete die SP Ende März ihren Wahlkampf ein. Die Wahlplattform der Sozialdemokraten umfasste zehn Punkte: Die durch den Ausstieg aus der Atomenergie und von der Cleantech-Initiative schon lange vor der Atomreaktorkatastrophe in Japan angestossene bedingte Konzentration auf erneuerbare Energien soll 100'000 neue Arbeitsplätze schaffen. Mit der Forderung nach einer Einheitskrankenkasse, preisgünstigen Wohnungen und existenzsichernden Mindestlöhnen wurde die Stossrichtung in der Sozialpolitik umrissen. Tagesschulen und bezahlte Weiterbildung sollen zu mehr Chancengleichheit führen. Zudem umfasste das Zehnpunkteprogramm die Einführung einer Erbschaftssteuer zur Finanzierung der AHV und ein Lebensarbeitszeitmodell zu deren langfristigen Sicherung. Schliesslich solle der Service Public flächendeckend erhalten und der Werkplatz Schweiz gestärkt werden. Letzteres bedinge auch eine strenge Regulierung des Finanzplatzes. Die Forderung nach einem EU-Beitritt fehlte jedoch auf der Wahlplattform 2011, welche an der Delegiertenversammlung nicht kritiklos verabschiedet wurde. Die im Vorjahr aufgrund des neuen Parteiprogrammes angestossene visionäre Aufbruchsstimmung sei im faden Wahlprogramm nicht zu finden, monierte etwa die Juso. Nachdem Parteipräsident Levrat die Genossen aufgefordert hatte, die Kräfte zu bündeln um dem „Kartell der Rechten“ die Stirn zu bieten, wurde die Plattform schliesslich gutgeheissen.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Rückenwind erhofften sich die Genossen im Wahlkampf dank der Cleantech-Initiative, die sie bereits im März 2010 lanciert hatten und in deren Folge sie sich die Schaffung neuer Arbeitsplätze erhoffen. Der Ausstieg aus der Abhängigkeit von Atom- und Erdölenergie und die konsequente Umstellung auf erneuerbare Energien und saubere Technologien würden eine nachhaltige Wirtschaftsbranche mit entsprechendem Arbeitsplatzpotential schaffen. Das Begehren wurde kurz vor den Wahlen mit 104'788 beglaubigten Unterschriften eingereicht. Mit Hilfe von Initiativen lasse sich der Wahlkampf auf der Strasse führen, gab Präsident Levrat zu Protokoll. Mit der Lancierung der Einheitskrankenkassen- und der Mindestlohninitiative sollte Anfang 2011 zusätzlich mobilisiert werden. Im März des Berichtsjahres reichte die Juso zudem mit 113'005 beglaubigten Unterschriften die 1:12-Initiative ein.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Ihr Abschneiden bei den eidgenössischen Wahlen wertete die SP als Erfolg. Im Vergleich zu den Wahlen 2007 büsste sie zwar bei den Nationalratswahlen erneut Wählerstimmen ein (-0,8 Prozentpunkte). Der Wähleranteil von 18,7% bedeutete das drittschlechteste Resultat in ihrer Geschichte. Nur 1987 (18,4%) und 1991 (18,5%) hatte sie schlechter abgeschnitten. Allerdings konnte sie die Verluste nicht nur begrenzen – bei den Wahlen 2007 hatten die Sozialdemokraten noch 3,8 Prozentpunkte eingebüsst – sondern dank Proporzglück auch in drei Sitzgewinne gegenüber 2007 ummünzen. Nimmt man die Anzahl Sitze unmittelbar vor den Wahlen als Ausgangspunkt, resultierte gar der Gewinn von fünf Mandaten. Während der Legislatur hatte die SP nämlich den Glarner Sitz des zurückgetretenen Werner Marti an die BDP verloren und einen Berner Sitz hatte sie aufgrund des Parteiaustritts von Ricardo Lumengo eingebüsst. Sitze gewinnen konnte die SP in den Kantonen Waadt (+2), Freiburg, Solothurn, und Wallis (je 1). Allerdings mussten die Genossen im Tessin und, wie erwähnt, in Glarus einen Sitzverlust hinnehmen. Insgesamt verfügte die SP damit im Nationalrat neu über 46 Mandate. An Wähleranteilen zulegen konnten die Sozialdemokraten insbesondere in den Kantonen Freiburg, St. Gallen und in der Waadt. Grössere Verluste musste die SP hingegen in den Kantonen Zug, Basel-Stadt, Graubünden und Jura hinnehmen. In vier Kantonen ging die SP als wählerstärkste Partei hervor: in Freiburg (26,7%), in Basel-Stadt (29,1%), in der Waadt (25,2%) und in Genf (19,1%). In der Romandie (23,2%) verfügte die SP denn auch über eine grössere Wählerschaft als in der deutsch- (17,6%) und in der italienischsprachigen Schweiz (16,8%).

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Eher unerwartet konnte die SP auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Die zwei Sitzgewinne in den Kantonen Aargau (Bruderer) und St. Gallen (Rechsteiner) und die Rückeroberung des Berner Sitzes (Stöckli), den die SP aufgrund der Ersatzwahl für Bundesrätin Sommaruga im Frühjahr noch an die SVP verloren hatte, sorgten dafür, dass die Sozialdemokraten die höchste Zahl an Ständeratsmandaten in ihrer Geschichte erreichten. Mit elf Mandaten war man in der kleinen Kammer neu sogar gleich stark wie die FDP. Die acht Sitze in den Kantonen FR (Berset), SO (Zanetti) BS (Fetz), BL (Janiak), VD (Savary), NE (Berberat), GE (Maury Pasquier) und JU (Hêche) konnten relativ problemlos verteidigt werden. Nur im Kanton Waadt musste die SP in einen zweiten Wahlgang. Ohne Erfolg blieben die Sozialdemokraten in den Kantonen ZH, LU, OW (mit der Juso), ZG, SH, TG, TI und VS.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Im September erklärte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey ihren Rücktritt. Die SP konnte dadurch eine im Wahlkampf nicht unwichtige, verstärkte Medienaufmerksamkeit generieren, da das Karussell mit den potentiellen Nachfolgerinnen und Nachfolgern relativ rasch zu drehen begann. Früh gab die Partei bekannt, nur Kandidierende aus der lateinischen Schweiz zu berücksichtigen. Schliesslich entschied sich die Fraktion für ein Zweierticket mit dem Staatsrat Pierre-Yves Maillard aus dem Kanton Waadt und dem Freiburger Ständerat Alain Berset. Obwohl die SVP bei den Bundesratswahlen im Dezember schliesslich beide Sitze der SP angriff, wurden sowohl Simonetta Sommaruga im ersten Wahlgang bestätigt als auch Alain Berset bereits im zweiten Umgang gewählt. Sommaruga behielt das EJPD und Berset übernahm das EDI.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011