Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

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Zusammenfassung
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Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

Im Jahr 2009 verlangte Ruth Humbel (damals cvp, AG) in einer parlamentarischen Initiative die Einführung einer einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Gesundheitskosten, EFAS genannt. 2011 gaben beide Gesundheitskommissionen der Initiative Folge, woraufhin die SGK-NR bis 2019 einen Entwurf erarbeitete. Dieser sah vor, dass die Krankenversicherungen zukünftig alle ambulanten und stationären Behandlungen vergüten, wobei sich die Kantone landesweit einheitlich zu mindestens 22.6 Prozent an den Bruttoleistungen der Versicherungen beteiligen. Umstritten war in der folgenden Parlamentsberatung einerseits die Rolle der Kantone – die Höhe ihrer Beteiligung an den Kosten, aber auch ihre zukünftigen Kompetenzen im Gesundheitsbereich –, andererseits die Frage, ob auch die Kosten der Langzeitpflege in EFAS integriert werden sollen. Nachdem der Ständerat Letzteres als zwingende Bedingung für eine Unterstützung der Kantone in die Vorlage aufgenommen und der Nationalrat dem etwas widerwillig zugestimmt hatte, debattierten die beiden Räte zahlreiche Detailfragen zur Ausgestaltung der zukünftigen Finanzierung im Gesundheitswesen bis zur Wintersession 2023. In den Schlussabstimmungen sprachen sich beide Räte deutlich für Annahme der Reform aus (NR: 141 zu 42 Stimmen bei 15 Enthaltungen, SR: 42 zu 3 Stimmen). Das noch an demselben Tag von der Gewerkschaft VPOD angekündigte Referendum kam im April 2024 zustande, so dass im November 2024 über die Vorlage abgestimmt werden wird.


Chronologie
Parlamentarische Initiative und Zustimmung der Kommissionen
Vorentwurf der SGK-NR
Vernehmlassung
Entwurf der SGK-NR
Stellungnahme des Bundesrates
Debatte im Erstrat
Berichte zum Einbezug der Pflegeleistungen
Debatte im Zweitrat: Der Ständerat integriert die Pflegekosten
Start des Nationalrats ins Differenzbereinigungsverfahren
Differenzbereinigung, Schlussabstimmungen und Ergreifen des Referendums
Zustandekommen des Referendums


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Résumé
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Introduction d'un système de financement moniste pour les prestations de santé (EFAS; Iv. Pa. 09.528)
(Traduction: Chloé Magnin)

En 2009, Ruth Humbel (alors pdc, AG) a demandé, dans une initiative parlementaire, l'introduction d'un financement uniforme des coûts de la santé ambulatoires et stationnaires, appelé EFAS. En 2011, les deux commissions de la santé ont donné suite à l'initiative, à la suite de quoi la CSSS-CN a élaboré un projet jusqu'en 2019. Celui-ci prévoyait que les assurances-maladie remboursent à l'avenir tous les traitements ambulatoires et hospitaliers, les cantons participant de manière uniforme dans tout le pays à hauteur d'au moins 22.6 pour cent aux prestations brutes des assurances. Lors des débats parlementaires qui ont suivi, le rôle des cantons a d'une part été controversé – le montant de leur participation aux coûts, mais aussi leurs futures compétences dans le domaine de la santé – et d'autre part, la question de savoir si les coûts des soins de longue durée devaient également être intégrés dans EFAS a aussi été sujette à discussion. Après que le Conseil des Etats avait inscrit cette dernière condition comme condition obligatoire pour un soutien des cantons dans le projet et que le Conseil national l'avait approuvée un peu à contrecœur, les deux chambres ont débattu de nombreux détails sur l'organisation du futur financement du domaine de la santé jusqu'à la session d'hiver 2023. Lors des votes finaux, les deux chambres se sont clairement prononcées en faveur de la réforme (CN : 141 voix contre 42 et 15 abstentions, CE : 42 voix contre 3). Le référendum, annoncé le même jour par le syndicat SSP, a abouti en avril 2024, de sorte que le projet sera soumis au vote en novembre 2024.

Chronologie
Initiative parlementaire et approbation des commissions
Avant-projet de la CSSS-CN
Consultation
Projet de la CSSS-CN
Avis du Conseil fédéral
Débat au sein du premier conseil
Rapports sur l'intégration des prestations de soins
Débat au second conseil : le Conseil des Etats intègre les coûts des soins
Début de la procédure d'élimination des divergences au Conseil national
Procédure d'élimination des divergences, votes finaux et lancement du référendum
L'aboutissement du référendum
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Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Ruth Humbel (cvp, AG) die Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS) erreichen. Demnach soll die öffentliche Hand zukünftig Aus- und Weiterbildung der Medizinalpersonen, den Risikoausgleich, Public Health und gemeinwirtschaftliche Leistungen sowie die Prämienverbilligung finanzieren. Die Krankenversicherungen sollen hingegen für die Finanzierung aller stationären und ambulanten Leistungen gemäss KVG zuständig sein. Dadurch sollten die Fehlanreize im Gesundheitssystem, die durch die unterschiedliche Finanzierung des ambulanten und stationären Bereiches entstünden, korrigiert werden, ohne dass die Kantone die Kontrolle über die öffentlichen Gelder verlören, argumentierte die Motionärin. Dies würde den Handlungsspielraum der Kantone zum Beispiel bei der integrierten Versorgung chronisch kranker, polymorbider Menschen vergrössern und den Krankenversicherern eine freie Prämienfestsetzung erlauben.

Im Februar 2011 gab die SGK-NR der Initiative mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge. Nachdem ihre Schwesterkommission den Vorstoss im April desselben Jahres noch sistiert hatte, weil sie der Motion Brändli (svp, GR; 09.3546) folgend zuerst die Ausarbeitung eines Vorschlags durch den Bundesrat abwarten wollte, stimmte die SGK-SR im November 2011 dem Beschluss ihrer Schwesterkommission mit 7 zu 1 Stimme zu. In der Folge entschied sich die mit der Erarbeitung eines Entlassentwurfs beauftragte Subkommission «KVG» der SGK-NR, die laufenden Arbeiten im Rahmen des Nationalen Dialogs Gesundheitspolitik abzuwarten. In deren Rahmen sollten zwischen 2012 und 2018 verschiedene wissenschaftliche Studien zum entsprechenden Thema durchgeführt werden. Aus diesem Grund und wegen der starken Auslastung der Subkommission legte die Kommission 2013, 2015 und 2017 je einen Antrag auf Verlängerung der Behandlungsfrist um zwei Jahre vor, welche der Nationalrat jeweils genehmigte.

Im April 2018 verabschiedete die SGK-NR einen ersten Vorentwurf für eine einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) mit 15 zu 7 Stimmen. Zukünftig sollen die Krankenversicherungen sowohl die Kosten der ambulanten als auch der stationären Behandlungen übernehmen. Die Kantone sollen einen Beitrag von mindestens 25.5 Prozent an die Behandlungskosten (nach Abzug der Franchisen und des Selbstbehalts) leisten. Die Anteile sind dabei so berechnet, dass die Umstellung für Kantone und Krankenversicherungen kostenneutral ist. Die Kommission definierte drei Ziele der Reform: Diese solle zu einer Verlagerung von stationären zu kostengünstigeren ambulanten Behandlungen führen, die prämien- und steuerfinanzierten Anteile an den Kosten für die OKP stabilisieren sowie die sachgerechte Tarifierung fördern. Eine Minderheit I beantragte Nichteintreten, weil die Kantone zur Mitfinanzierung des ambulanten Bereichs verpflichtet würden, ohne dass sie diesen (mit-)steuern könnten. Eine Minderheit II schlug hingegen vor, die Anreize für eine effiziente Versorgung zu vergrössern, indem die Kantone den Krankenversicherungen bei Vorliegen eines Risikoausgleichs Pro-Kopf-Pauschalen anstelle eines Anteils der Versorgungskosten gutschrieben.

An der Vernehmlassung zum Vorschlag der SGK-NR zur Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen zwischen Mai und September 2018 nahmen 111 Organisationen teil, darunter alle Kantone, die GDK, die CLASS, sechs grosse Schweizer Parteien, Dachverbände der Wirtschaft, Konsumentenverbände, Leistungserbringendenverbände, Ärztegesellschaften, Versicherungsverbände und Patientenorganisationen. Generell begrüssten die Vernehmlassungsteilnehmenden zwar eine einheitliche Finanzierung, zahlreiche von ihnen lehnten den vorliegenden Vorschlag dennoch als ungenügend ab. Zuspruch fand die Vorlage bei den bürgerlichen Parteien, Economiesuisse sowie zahlreichen Leistungserbringenden und Versicherungen. Sie erhofften sich mehrheitlich eine sachgerechtere Tarifierung im ambulanten Bereich, eine Verlagerung vom stationären zum ambulanten Bereich sowie eine kostensenkende Wirkung der verschiedenen Massnahmen. Die Kantone forderten fast durchwegs eine Überarbeitung der Vorlage, da sie die Fehlanreize im Gesundheitswesen vor allem in der Tarifierung orteten und mit der einheitlichen Finanzierung folglich keine grosse Kosteneindämmung erwarteten. Eine Verlagerung sei zudem durch Operationslisten schneller zu erreichen, argumentierten sie. Hingegen würden die Möglichkeiten der Kantone zur Kostensteuerung – sowie die demokratische Kontrolle – reduziert, indem die Rolle der Versicherungen gestärkt würde. Stattdessen verlangten die Kantone für eine zukünftige Mitfinanzierung der ambulanten Leistungen auch entsprechende Steuerungsmöglichkeiten für deren Angebot. Die SP und die Gewerkschaften lehnten die Vorlage ab. Die SP befürwortete zwar eine einheitliche Finanzierung, nicht aber den Transfer von Mitteln zu den Versicherungen. Gespalten zeigten sich die Konsumentenverbände: Einige befürworteten die einheitliche Finanzierung, andere forderten alternative Massnahmen wie eine sachgerechte Tarifierung oder eine verbesserte Qualität der ambulanten Leistungen.

Im April 2019 erschien der Bericht der SGK-NR zu ihrem Entwurf für die Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Darin verdeutlichte sie noch einmal die drei Ziele der Vorlage: Sie wolle erstens die Verlagerung von stationären zu günstigeren ambulanten Behandlungen fördern, wo dies sinnvoll sei; zweitens die Anteile an den obligatorisch versicherten Krankheitskosten, die durch Prämien und Steuern finanziert werden, stabilisieren; sowie drittens die sachgerechte Tarifierung fördern. Dazu sollen die Krankenversicherungen zukünftig alle ambulanten und stationären Behandlungen vergüten, wobei sich die Kantone landesweit einheitlich zu mindestens 22.6 Prozent an den Bruttoleistungen der Versicherungen beteiligen. Eingeschlossen sind bei den Bruttoleistungen auch die Kostenbeteiligungen der Versicherten, also Kosten, die nicht die Krankenversicherungen, sondern die Versicherten übernommen haben.
Das sogenannte «monistische Finanzierungsmodell» beinhalte folglich nur noch eine Zahlstelle; alle Rechnungen müssten somit zukünftig an die Krankenversicherungen geschickt werden, welche alleine für deren Kontrolle zuständig seien. Dies solle für alle OKP-Leistungen gelten, auch für Psychiatrie, Rehabilitation und Akut- und Übergangspflege – nicht aber für die Pflegeleistungen, wie von den Kantonen gefordert worden war. Bei diesen müssten mit dem Postulat «Integration der Pflegeleistungen in die Efas» (Po. 19.3002) zuerst verschiedene Grundlagen – unter anderem zur Herstellung von Kostentransparenz, zur Abgrenzung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie zur Definition der Pflegestufen – geklärt werden, bevor sie ebenfalls integriert werden könnten. Als Reaktion auf die Vernehmlassungsantworten ergänzte die Kommission die Vorlage um den Auftrag an den Bundesrat, die Pflegeleistungen bei Vorliegen der entsprechenden Grundlagen in die EFAS-Vorlage aufzunehmen. Die 22.6 Prozent, welche die Kantone zukünftig übernehmen sollten, entsprächen den Beiträgen der Kantone und Gemeinden an den stationären Leistungen zwischen 2012 und 2015, wenn diese ihre Anteile von 55 Prozent im stationären Bereich bereits erreicht hätten. In der Realität hatten die Kantone in dieser Übergangsperiode nach der KVG-Revision jedoch nur einen Anteil von durchschnittlich knapp 53 Prozent der Kosten übernommen. Die Kritik der Kantone in der Vernehmlassung und ihren Wunsch, das ambulante Versorgungsangebot steuern zu können, wenn sie dieses mitfinanzieren müssten, habe die Kommission aufgenommen, indem sie die Inkraftsetzung der einheitlichen Finanzierung an die Inkraftsetzung der Neuregelung der Zulassung von Leistungserbringenden (BRG 18.047) geknüpft habe.
Die SGK-NR nahm die Vorlage im April 2019 mit 15 zu 7 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Obwohl sich die ständerätliche Kommission im Mai 2019 mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen die Verknüpfung mit dem Bundesratsgeschäft zur Zulassung von Leistungserbringenden gewehrt und eine solche abgelehnt hatte, um Letzteres nicht womöglich auf Jahre hinaus zu blockieren, bestätigte die nationalrätliche Kommission ihren diesbezüglichen Entscheid im August 2019. Sie wolle die «Verknüpfung der beiden Reformen nicht aufgeben, bevor nicht auch die Kantone ein Entgegenkommen bei der einheitlichen Finanzierung erkennen» liessen.

Im August 2019 nahm der Bundesrat Stellung zum Vorschlag der SGK-NR für eine Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Er erklärte, dass er die Stossrichtung der Vorlage generell befürworte, der Bericht der Kommission aber noch einige Fragen ungeklärt lasse. So bedeute diese Änderung einen Systemumbau mit weitreichenden Wechselwirkungen und müsse folglich sorgfältig angegangen werden. Bei den Wechselwirkungen sprach er insbesondere die Schnittstelle zwischen OKP und Zusatzversicherungen an und betonte, dass diese vermutlich die Wirkung von EFAS einschränken würden. Zum Beispiel entlaste die Erhöhung des Finanzierungsanteils der OKP für Vertragsspitäler ausserhalb der kantonalen Spitalplanung die Zusatzversicherungen stark und schaffe damit womöglich auch Anreize für zusätzliche ambulante Behandlungen. Die vom Bericht erwähnten Massnahmen würden wohl nicht ausreichen, diese Anreize auszugleichen. Zudem wollte der Bundesrat wissen, ob es Steuerungsmöglichkeiten für die Kantone gebe, die über die Verknüpfung von EFAS mit dem Bundesratsgeschäft zur Zulassung von Leistungserbringenden (BRG 18.047) hinausgingen.

In der Herbstsession 2019 behandelte der Nationalrat als Erstrat den Vorschlag der SGK-NR für eine Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Eine Kommissionsminderheit Gysi (sp, SG) hatte dem Rat Nichteintreten beantragt. Barbara Gysi betonte, dass die SP-Fraktion zwar eine einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen befürworte, aber diese Vorlage ablehne, da darin die «Meinung der Kantone in grossen Zügen missachtet» worden sei. Den Kantonen käme nur noch die Rolle der Zahlstelle zu, die Relevanz der Spitallisten würde stark reduziert. Überdies würde die Vorlage zu einer Besserstellung der Privatspitäler und Zusatzversicherten zulasten der OKP führen, kritisierte Gysi. Aufgrund der zahlreichen Mitglieder in der Subkommission, die Mandate bei Krankenversicherungen oder Krankenkassenverbänden hätten, und aufgrund der «getreuen» Umsetzung der Vorschläge von Curafutura begünstige die Vorlage die Interessen der Krankenversicherungen. «Diese Vorlage stammt klar aus der Feder von Curafutura», fasste sie ihre Kritik zusammen. Ein Nichteintreten würde dem Bundesrat zusammen mit den Kantonen eine neue Lösungsfindung ermöglichen.
Ruth Humbel (cvp, AG) betonte als Kommissionssprecherin, dass es den Krankenversicherungen nicht verboten sei, fachliche Inputs zu geben. Zudem seien die Privatspitäler ein «Nebenschauplatz». In erster Linie stärke die Vorlage die Steuerungsmöglichkeit der Kantone, indem sie neu den ambulanten und stationären Bereich planen könnten, einen Einsitz in Tarmed oder Tardoc erhielten und weiterhin die Tarife genehmigten oder erliessen, wenn sich die Tarifpartner nicht einigten. Mit 136 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat in der Folge für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen stammten aus der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von MCG-Mitglied Roger Golay (mcg, GE).
In der Detailberatung diskutierte der Nationalrat verschiedene technische Fragen, die jedoch, so die Auffassung der meisten Rednerinnen und Redner, hochpolitisch waren. So beriet die grosse Kammer die Berechnung der Kantonsbeiträge, bei der zwei Fragen umstritten waren: Soll erstens der Abzug der Risikoabgaben risikobasiert oder kostenbasiert erfolgen und sollen zweitens die Kostenbeteiligungen der Versicherten abgezogen werden, bevor die Kantonsbeiträge berechnet werden. Bei ersterer Frage sprach sich eine Kommissionsminderheit Nantermod (fdp, VS) für das risikobasierte Pauschalmodell aus. Dieses habe den Vorteil, dass nur die Risikokompensation und nicht die variablen Verwaltungskosten der Versicherungen berücksichtigt würden, erklärte Regine Sauter (fdp, ZH) für die Kommissionsminderheit. Dadurch würden die Anreize zur Kosteneffizienz erhöht. Hingegen argumentierte Heinz Brand (svp, GR), dass es hier um Steuergelder der Kantone gehe und diese der Kostenwahrheit entsprechen müssten. Somit könne man diese nicht «aufgrund irgendwelcher mathematischer Berechnungen» verteilen. Mit 111 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat für den Mehrheitsantrag der SGK-NR und somit für das kostenbasierte Modell aus: Eine Allianz aus SP-, Grünen- und SVP-Fraktion setzte sich diesbezüglich gegen die geschlossen stimmenden übrigen Fraktionen durch.
Eine weitere Minderheit Nantermod setzte sich dafür ein, dass die Kostenbeteiligungen der Versicherten, also zum Beispiel die Franchisen, ebenfalls in die Berechnung des Kantonsanteils einfliessen sollten. Nur dadurch würden Personen mit hohen Franchisen gleich behandelt wie Personen mit tiefen Franchisen. Mit dieser Berechnungsart müssten die Kantone den Versicherungen aber auch Geld für Kosten überweisen, die nicht von ihnen, sondern von den Versicherten bezahlt worden seien, kritisierte Gesundheitsminister Berset. Rechtlich sei es gemäss dem Bundesamt für Justiz zudem problematisch, wenn der Bund die Kantone zwinge, Kosten zu übernehmen, die nicht unter die OKP fielen, erklärte Kommissionssprecherin Humbel. Weiter könne es nicht sein, dass die Eigenverantwortung, die den höheren Franchisen zugrunde liege, «an die Kantone delegiert werde». Mit 148 zu 33 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) respektive 141 zu 46 Stimmen (bei keiner Enthaltung) sprach sich der Nationalrat für den Antrag des Bundesrates und die Berechnung der Kantonsbeiträge nach Abzug der Franchisen aus. Für die Minderheit hatten sich vor allem Teile der SVP- und der FDP.Liberale-Fraktionen eingesetzt. Gleichzeitig entschied sich der Rat auch, den von den Kantonen übernommenen Mindestanteil von 22.6 Prozent auf 25.5 Prozent zu erhöhen, wie es der Bundesrat beantragt hatte.
Wie sich bereits in der Eintretensdebatte angekündigt hatte, war die Frage der Vergütungen an die Vertragsspitäler in der Detailberatung besonders umstritten. Diese liegt heute bei 45 Prozent, neu soll sie jedoch auf 74.5 Prozent erhöht werden. Dadurch würden Privatspitäler, die sich nicht an der Ausbildung oder am Grundversorgungsauftrag beteiligten, die besonders lukrative Fälle der übrigen Spitäler abwerben würden und deren Gewinne auf den Konten von ausländischen Investoren landeten, noch stärker aus der OKP abgegolten werden als bisher, kritisierte Barbara Gysi. Dadurch käme es zu einem Anstieg der Prämien der Grundversicherten, zu einer Mengenausweitung durch die Privatspitäler – bereits jetzt würden halbprivat oder privat versicherte Personen zum Beispiel 2.2-mal häufiger am Knie operiert als Grundversicherte – sowie zu einem Anstieg der Anzahl Privatspitäler. Schliesslich unterliefe dies auch die Spitalplanung der Kantone. Letzteren Punkt betonte auch Bundesrat Berset. Kommissionssprecherin Humbel entgegnete hingegen, dass Privatkliniken nicht per se teurer seien als öffentliche Spitäler und es überdies nur zehn davon gebe. Heute würden 45 Prozent der stationären Kosten der Vertragsspitäler durch die Kantone sowie 100 Prozent der ambulanten Leistungen durch die Versicherungen vergütet; mit einem Anteil von 74.5 Prozent wäre der Unterschied zu heute somit vernachlässigbar. Die grosse Kammer sprach sich in der Folge mit 132 zu 56 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) deutlich für den Antrag der Kommissionsmehrheit und die höhere Vergütung für die Vertragsspitäler aus.
Bei der Frage nach der zukünftigen Rolle der gemeinsamen Einrichtung der Versicherungen entschied sich der Rat gegen eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) und eine Minderheit Carobbio (sp, TI) dafür, dass die Einrichtung neu auch für die Aufteilung des Kantonsbeitrags auf die Versicherungen zuständig sein soll. Sowohl Aeschi als auch Carobbio hatten mit ihren Anträgen beabsichtigt, die Rolle der Kantone in EFAS zu stärken; Thomas Aeschi wollte den Kantonen die Möglichkeit geben, das Geld selbst zu verteilen, während Marina Carobbio der gemeinsamen Einrichtung die Kontrolle über die Zahlungen übertragen wollte, damit die Kantone den Versicherungen nicht blind vertrauen müssten, wie Bea Heim (sp, SO) erklärte.
Schliesslich stimmte der Nationalrat dem Entwurf mit 121 zu 54 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) zu, wobei die ablehnenden Stimmen wie schon in der Eintretensabstimmung von der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay stammten. Auch im Lager der SVP stiess die Vorlage mit 8 Enthaltungen jedoch nicht ausschliesslich auf Unterstützung.

Bereits kurze Zeit nach der Behandlung der Vorlage für eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich durch den Nationalrat setzte sich die SGK-SR damit auseinander und hörte erste Vertretungen der Kantone und der Versicherungen an. Sie würdigte die Arbeit ihrer Schwesterkommission, erachtete den Entwurf «in der vorliegenden Fassung [aber] weder [als] ausgereift noch [als] mehrheitsfähig». In der Folge erteilte sie der Verwaltung einen Auftrag zu umfassenden Abklärungen zu zahlreichen Detailfragen, unter anderem zur Frage des Einbezugs der Pflegefinanzierung, wie sie auch eine Motion der SGK-NR (Mo. 19.3002) verlangt hatte. Den entsprechenden Bericht publizierte die Kommission im Februar 2021.
In diesem Bericht zog das EDI das Fazit, dass der Einbezug der Pflegeleistungen in EFAS wünschenswert sei, da Fehlanreize verhindert, die Kostenanteile der verschiedenen Leistungsträger «dauerhaft stabilisiert» und die koordinierte Versorgung gefördert werden können. Zuerst müsse dafür aber die Kostentransparenz verbessert und die Tarifierung der Pflegeleistungen neu geregelt werden, was innerhalb von fünf Jahren erledigt werden könne. Folglich soll EFAS mit einer Übergangsfrist von drei Jahren noch ohne Pflegeleistungen eingeführt werden, diese sollten nach insgesamt sieben Jahren zusätzlich integriert werden. Unklar bleibe aber, wie gross der Finanzierungsanteil der Kantone im Pflegebereich sein müsse – 2016 hätte dieser 27.5 bis 27.9 Prozent betragen. Gleich bleiben soll der Kostenbeitrag der Patientinnen und Patienten an den Pflegeleistungen, so dass keine neuen Kosten für die EL entstehen sollten. Mit dem Einbezug der Pflegeleistungen komme es gegenüber heute zu Verschiebungen in der Belastung der einzelnen Kantone – abhängig davon, wie stark ambulante Leistungen in den jeweiligen Kantonen heute schon genutzt würden, so der Bericht. Deshalb soll der «Übergang zum neuen Finanzierungsteiler schrittweise erfolgen» und maximal ein Prozentpunkt pro Jahr betragen. Zudem sollen die Kantone die Möglichkeit erhalten, weitere Leistungsbereiche zu steuern, etwa bezüglich Psychologinnen und Psychologen. Ansonsten sollten die neuen, im Rahmen der Zulassungskriterien für Leistungserbringende geschaffenen Instrumente zur Steuerung genügen, resümierte das EDI. Dieses hiess überdies die Beteiligung der Kantone an den Tariforganisationen für ambulante Bereiche und ihre Aufnahme in die gemeinsame Einrichtung KVG gut, zumal die Kantone den ambulanten Bereich ja neu auch mitfinanzieren würden. Eine Änderung der vom Nationalrat vorgeschlagenen Regelungen verlangte das EDI beim Finanzierungsanteil der OKP für Vertragsspitäler. Dieser sollte gemäss Nationalrat von 45 auf rund 75 Prozent erhöht werden, wovon das EDI aber eine Kostensteigerung erwartete. Denn durch die Möglichkeit für (Zusatz-)Versicherungen, Spitäler unter Vertrag zu nehmen, verliere die kantonale Spitalplanung an Relevanz. Um dies zu verhindern, soll der Finanzierungsanteil bei 45 Prozent für Vertragsspitäler belassen werden. Schwierig tat sich das EDI schliesslich damit, die finanziellen Einsparungen von EFAS zu quantifizieren. Einsparungen seien vor allem dadurch möglich, dass die Versicherungen mehr Anreize hätten, ambulante anstelle von stationären Leistungen zu fördern, da sie neu auch gleichermassen für Letztere aufkommen müssten. Schätzungen bezifferten das Sparpotenzial auf bis zu CHF 3 Mrd., «wobei allerdings unklar ist, welcher Teil davon in der Praxis tatsächlich realisierbar ist».
Im April 2021 nahm die Kommission ihre Behandlung der Reform wieder auf und führte erneut «umfangreiche Anhörungen» durch – unter anderem neu auch mit Vertretenden der Patientenschaft, der Ärzteschaft, der Spitäler, der Pflegeheime und der Spitex. In der Folge gab die Kommission einen Zusatzbericht zu ausgewählten Fragen in Auftrag und reichte eine Motion (Mo. 22.3372) ein, mit der sie vom Bundesrat eine Evaluation der einheitlichen Finanzierung der Leistungen nach KVG verlangte. Der Zusatzbericht der Verwaltung erschien im November 2021 und behandelte Fragen zu Kostenneutralität, finanziellen Auswirkungen und Sparpotenzialen, Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Kantone, Tariforganisationen sowie erneut zum Einbezug der Pflegeleistungen.
Auf Grundlage dieser zwei Berichte startete die Kommission im Januar 2022 in die Detailberatung, unterbrach diese aber im März 2022 bereits wieder, um die künftigen Vorgaben für die individuelle Prämienverbilligung im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur Prämienentlastungs-Initiative abzuwarten. Anfang Juli 2022 schloss die Kommission ihre erste Lesung der EFAS-Vorlage ab und bereitete sich mit der zweiten Lesung auf die in der Herbstsession 2022 anstehende Behandlung im Ständerat vor.

In der Wintersession 2022 setzte sich der Ständerat erstmals mit dem Entwurf für eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich auseinander und nahm dabei verschiedene gewichtige Änderungen am Entwurf vor. Der Rat folgte dabei überall seiner Kommissionsmehrheit, deren Position Erich Ettlin (mitte, OW) darlegte.

Die zentrale Änderung gegenüber der nationalrätlichen Version stellte der Einbezug der Pflegefinanzierung in EFAS dar, wie ihn die Kantone ausdrücklich gefordert hatten. Der Nationalrat hatte einen solchen noch abgelehnt, da die dafür nötigen Informationen, etwa zur Kostentransparenz, erst beschafft werden müssten. Um unter anderem diesen fehlenden Informationen Rechnung zu tragen, soll die Pflegefinanzierung gemäss Vorschlag der SGK-SR jedoch erst nach sieben Jahren integriert werden. Stillschweigend folgte der Ständerat seiner Kommission in dieser zentralen Frage.
Doch auch allgemein will sich der Ständerat bei der Umsetzung von EFAS Zeit lassen, so sollen erst drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die ersten Umstellungen erfolgen, wobei während der anschliessenden vier Jahre die Anteile der Kantone langsam gesteigert werden – sieben Jahre nach Inkrafttreten sollen demnach die Kostenbeteiligungsziele der Kantone erfüllt sein. Minderheiten von Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) und Josef Dittli (fdp, UR), welche eine Umsetzungszeit von neun Jahren respektive einen vom Bundesrat festzulegenden Spielraum zwischen sieben und neun Jahren forderten, fanden keine Mehrheit.

Als Reaktion auf den Einbezug der Pflegefinanzierung legte die kleine Kammer den Kantonsbeitrag an die ambulanten und stationären Kosten auf 26.9 Prozent fest – der Nationalrat hatte ohne Pflegefinanzierung einen Beitrag von 25.5 Prozent vorgesehen. Damit wird der Kantonsbeitrag proportional zu den entstandenen Kosten bemessen und soll lediglich die Nettoleistungen berücksichtigen. Eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG) hatte beantragt, auf die Bruttokosten abzustellen. Der Kantonsbeitrag wäre demnach aufgrund der gesamten Leistungen ohne Franchisen oder Selbstbehalt berechnet worden. So befürchtete Minderheitensprecher Hegglin, dass Personen mit hohen Franchisen bei Berücksichtigung der Nettobeträge benachteiligt würden und die Versicherungen die Prämien für hohe Franchisen zukünftig erhöhen müssten, weil sich die Kantone stärker an den Kosten von Personen mit tiefen Franchisen beteiligten. Die Kommissionsmehrheit und der Bundesrat erachteten es allerdings als eine – wohl sogar verfassungsrechtlich – unzulässige Ungleichbehandlung, wenn sich die Kantone an den Kosten von Franchisen und Selbstbehalten beteiligten, nicht aber die Versicherungen. Mit 28 zu 11 Stimmen folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und lehnte damit auch den von der Minderheit vorgeschlagenen tieferen Kantonsbeitrag von 24.1 Prozent der Bruttokosten ab.

Als weiteren zentralen Punkt stärkte der Ständerat die Position der Kantone bezüglich Datenzugang und Steuerungsmöglichkeiten. Bisher verfügten die Kantone über sämtliche jährlich anfallenden 1.3 Mio. Rechnungen der stationären Behandlungen – da sie diese mitfinanzierten. Da sie neu aber auch die ambulanten Leistungen mitfinanzieren werden, verlangten sie zusätzlich Zugang zu den 130 Mio. Rechnungen der ambulanten Behandlungen. Dies lehnten jedoch die Versicherungen ab, da sie eine Verlängerung der Zahlungsverfahren befürchteten. Nach einem runden Tisch des BAG schlug die Kommissionsmehrheit vor, dass die Kantone weiterhin nur die Originalrechnungen des stationären Bereichs erhalten, eine Minderheit Stöckli (sp, BE) wollte jedoch den Kantonen auch Zugang zu aggregierten Daten zur Kostenentwicklung gewähren. Man solle die «Stellung der Kantone nicht unzulässig herabminder[n]» und ihnen Zugang zu denjenigen Daten geben, die sie für ihre vielen Aufgaben benötigen, verlangte er. Mit 22 zu 20 Stimmen lehnte der Ständerat diese Ergänzung jedoch knapp ab. Generell sollen die Kantone somit eine Wohnsitzkontrolle und eine formale Prüfung der stationären Leistungen vornehmen können, jedoch keine Prüfung der WZW-Kriterien.
Hingegen verbesserte der Ständerat die Steuerungsmöglichkeiten der Kantone, unter anderem durch eine neue Zulassungssteuerung bei nichtärztlichen Leistungserbringenden – bisher war nur eine Zulassungssteuerung bei ärztlichen Leistungserbringenden möglich. In Übereinstimmung mit der überwiesenen Motion 20.3914 sollte neu aber zum Beispiel auch bei psychotherapeutischen Leistungen ein Zulassungsstopp aufgrund eines überdurchschnittlich starken Anstiegs des Kostenniveaus verglichen mit anderen Kantonen möglich sein. Eine Minderheit Dittli erachtete dies «weder [als] nötig noch [als] sinnvoll», unter anderem da die bestehenden «Instrumente der Wirtschaftlichkeitskontrolle und der Qualitätsentwicklung» für eine Kontrolle der Kosten ausreichten. Mit 23 zu 16 Stimmen folgte der Ständerat aber seiner Kommissionsmehrheit.
Gestärkt werden sollte unter anderem auch die Gemeinsame Einrichtung KVG, indem diese zukünftig die Kantonsbeiträge berechnet, einfordert und die Aufteilung der Gelder der Kantone an die Versicherungen übernimmt. Neu sollen nach dem Willen des Ständerates zudem die Kantone darin Einsitz erhalten.

Im Nationalrat sehr umstritten war die Frage nach der Vergütung der Vertragsspitäler, die bisher bei 45 Prozent durch die Versicherungen lag, während die Listenspitäler neben den 45 Prozent durch die Versicherungen auch 55 Prozent Vergütung durch die Kantone erhielten. Die grosse Kammer wollte diese Vergütung der Vertragsspitäler von 45 Prozent auf 73.1 Prozent erhöhen, um den Finanzierungsanteil aus der OKP gleich zu behalten wie bei den Listenspitälern. Der Ständerat entschied sich hingegen stillschweigend für den bundesrätlichen Vorschlag, um eine Attraktivitätssteigerung der Vertragsspitäler und damit eine Einschränkung der Wirksamkeit der Spitalplanung zu verhindern.

Abgelehnt wurde schliesslich auch ein Minderheitsantrag Carobbio Guscetti, der ausdrücklich sicherstellen wollte, dass bei Anstieg der kantonalen Beteiligung die Kosten für die Prämienzahlenden in gleichem Verhältnis sinken. Bereits bei der Spitalfinanzierung 2012 sei der erhoffte dämpfende Effekt auf die Prämien ausgeblieben, mit dieser Regelung solle dieser deshalb sichergestellt werden, forderte die Minderheitensprecherin – jedoch vergeblich. Mit 30 zu 11 Stimmen lehnte der Ständerat den Antrag ab, Kommissionssprecher Ettlin hatte argumentiert, dass die Prämien automatisch sinken müssten, da sie «den Gesundheitskosten eines Kantons entsprechen müssen».

In der Folge sprach sich die kleine Kammer in der Gesamtabstimmung mit 29 zu 6 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) für den Entwurf aus. Die ablehnenden Stimmen und Enthaltungen stammten hauptsächlich von Mitgliedern der SP- und der Grünen-Fraktion.

In der Herbstsession 2023 machte sich der Nationalrat an die Differenzbereinigung zum Entwurf für eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich und nahm dabei einige gewichtige Bereinigungen vor.

Die grosse Frage, die sich bei der Debatte im Rat stellte, betraf einmal mehr den Einbezug der Langzeitpflege in EFAS. Die beiden Kommissionssprecher Lorenz Hess (mitte, BE) und Philippe Nantermod (fdp, VS) betonten mehrfach, dass sich die SGK-NR diese Integration nicht gewünscht habe, EFAS ohne Pflege jedoch aufgrund des Widerstands der Kantone und des Ständerats nicht möglich sei. Die Integration der Pflege verursache zwar Kosten, die Einsparungen durch EFAS seien aber noch immer so gross, dass sich die Reform dennoch lohne. Folglich empfahl die Kommissionsmehrheit, dem Einbezug zuzustimmen und diese Differenz zu bereinigen. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) erachtete jedoch die Zusatzkosten durch die Integration der Pflege als so hoch, dass sie «allfällige Einsparungen» durch EFAS übersteige – folglich solle diese Differenz zum Ständerat aufrechterhalten werden. Mit 130 zu 57 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer dem Mehrheitsantrag und integrierte die Langzeitpflege in EFAS. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP-Fraktion sowie von einzelnen Mitglieder der SP- und der Mitte-Fraktion. Somit war das grösste Hindernis für die Vorlage aus dem Weg geräumt.

Zwar hatte der Nationalrat bei der Integration der Pflegekosten eingewilligt, die Kommissionsmehrheit schlug aber vor, diese erst nach erfolgter Kostentransparenz im Pflegebereich umzusetzen, konkret also nach Vorliegen der kosten- und datenbasierten Pflegeleistungstarife und der vollständigen Umsetzung der Pflegeinitiative. Der Ständerat wollte die Pflege hingegen gleich im Anschluss an die erfolgte Einführung von EFAS integrieren, der Nationalrat stimmte hier jedoch dem Vorschlag seiner Kommissionsmehrheit zu.
Auch zahlreiche weitere Fragen waren direkt mit der Integration der Pflegekosten verbunden, etwa die Höhe des Kantonsanteils. So lehnte der Nationalrat einen Minderheitsantrag Aeschi, den Kantonsbeitrag auf 24.5 Prozent und somit ohne Einbezug der Pflegekosten festzulegen, ab. Alternativ wurde diskutiert, den Kantonsanteil gegenüber dem ständerätlichen Vorschlag zu erhöhen – die Kommissionsmehrheit schlug eine Erhöhung auf 28.6 Prozent vor (Ständerat: 26.9%), eine Minderheit Weichelt (al, ZG) gar auf 30 Prozent. Eine Minderheit Glarner (svp, AG) wiederum wollte diesbezüglich dem Ständerat folgen. Auch hier setzte sich die Kommissionsmehrheit durch, genauso wie bei ihrer Forderung, dass der Kantonsbeitrag periodisch überprüft werden soll.

In der Folge pflichtete der Nationalrat vielen Änderungsvorschlägen des Ständerates bei, aufgrund ihrer grossen Anzahl blieben dennoch einige gewichtige Differenzen offen – insbesondere bei der Frage nach den zukünftigen Kompetenzen der Kantone bezüglich der Finanzierung der Gesundheitsleistungen. Hier hatte der Ständerat verschiedene Regelungen geschaffen, etwa dass die Kantone Kostenübernahmen ablehnen und Beschwerden vor dem Versicherungsgericht führen können, wenn sie der Meinung sind, dass die Bedingungen der Kostenübernahme nicht erfüllt sind. Beides lehnte der Nationalrat auch gegen verschiedene Minderheitsanträge ab. Auch den kostenlosen Zugang der Kantone zu den stationären Rechnungen der Krankenkassen strich die grosse Kammer wieder – sie folgte dabei einer Minderheit Silberschmidt (fdp, ZH) anstelle der Kommissionsmehrheit, welche hier einen Kompromissvorschlag gemacht hatte. Stattdessen dehnte der Nationalrat die Datenlieferungen der Kantone an die Versicherungen aus, indem er auch die zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen der Leistungserbringenden nötigen Daten einbezog.
Des Weiteren hatte sich der Ständerat davor gefürchtet, dass die Spitalplanung ihre Wirksamkeit verlieren würde, wenn Vertragsspitäler zukünftig eine höhere Vergütung durch den Kanton erhielten als bisher, wie es die SGK-NR in ihrem ursprünglichen Entwurf vorgeschlagen hatte. Der Nationalrat teilte diese Furcht jedoch nicht und folgte einer Minderheit de Courten (svp, BL), welche hier an der nationalrätlichen Position und somit an der höheren Vergütung für die Vertragsspitäler festhalten wollte. Ähnliche Befürchtungen standen hinter dem Vorschlag des Ständerats, dass Kostenbeteiligungen der Versicherten an Spitalkosten zukünftig nicht versichert werden dürften, was der Nationalrat ebenfalls ablehnte.
Weitere unbereinigte Differenzen betrafen schliesslich die Kostenverteilung bei den Pflegeleistungen, wo der Ständerat etwa einen Beitrag der Versicherten gefordert hatte, was der Nationalrat jedoch ablehnte. Hingegen verlangte die grosse Kammer, dass die Kostenübernahme von Pflegeleistungen ohne ärztliche Anordnung zukünftig auf gesamtschweizerischen Verträgen beruhen muss. Zudem muss der Bundesrat bei der Bezeichnung der übernommenen Leistungen gemäss Nationalrat ausdrücklich den Pflegebedarf von Personen mit komplexen Erkrankungen oder mit palliativer Pflege berücksichtigen.
Mit zahlreichen, aber deutlich weniger offenen Differenzen als zuvor ging EFAS damit zurück an den Ständerat.

In der Wintersession 2023 bereinigte das Parlament die Vorlage für eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich – 14 Jahre nach Einreichung der ursprünglichen parlamentarischen Initiative. Zwar war man sich einig, dass das wichtigste Projekt im Gesundheitsbereich seit der Einführung des KVG – wie es verschiedene Sprechende beider Räte nannten – nun nicht mehr scheitern solle. Auf dem Weg zu den Schlussabstimmungen gab es aber noch einige Knackpunkte zu bewältigen.

Den Anfang der Bereinigung in der Wintersession machte der Ständerat, wobei Erich Ettlin (mitte, OW) die Positionen der Kommissionsmehrheit darlegte. Zusammenfassend hielt er fest, dass EFAS nicht zu einer Mehr-, sondern aufgrund der zunehmenden integrierten Versorgung und verbesserten Kosteneffizienz zu einer Minderbelastung der Prämienzahlenden führe. In der Folge bereinigte der Ständerat zwar verschiedene redaktionelle Differenzen sowie kleinere Detailfragen, entschied aber in den grossen Fragen auf Festhalten.

Somit war es gut eine Woche später am Nationalrat, einen Schritt auf die kleine Kammer zuzugehen. Lorenz Hess (bdp, BE) begründete die Absicht der Kommissionsmehrheit, in den meisten Differenzen dem Ständerat zuzustimmen, damit, dass «die Haltung der Kantone und damit natürlich auch des Ständerates entscheidend [sei], weil die Kantone mit der Einführung der gleichen Finanzierung für ambulante und für stationäre Leistungen eine neue Zahlungsverantwortung haben». Folglich benötigten die Kantone auch Steuerungs- und Mitsprachemöglichkeiten, wie sie vor allem bei den zwei offenen Fragen zum Datenaustausch zwischen den Kantonen und den Versicherern zentral waren. Einerseits hatte der Ständerat erneut darauf bestanden, dass die Kantone Zugang zu den für die Spitalplanung, aber auch für die ambulante Planung nötigen Daten erhielten. Normalerweise sollten diese Daten in aggregierter Form vorliegen, in Ausnahmefällen aber auch als individuelle Patientendaten. Obwohl er sich zuvor dagegen gewehrt hatte, lenkte der Nationalrat in dieser Frage stillschweigend ein. In einer zweiten Frage zum Datenaustausch verlangten die Kantone andererseits auch wie bisher Zugang zu den jährlich anfallenden 1.5 Mio. Rechnungen zu stationären Leistungen sowie neu zu den 130 Mio. ambulanten Rechnungen – zumal sie ja neu auch einen Teil an diese Leistungen zahlen müssten. Als Kompromiss habe man veranlasst, dass die Kantone weiterhin die Rechnungen der stationären Leistungen und gleichzeitig die Möglichkeit erhalten sollten, gegen inkorrekte Rechnungen vorzugehen, hatte Erich Ettlin zuvor den Mitgliedern des Ständerats erklärt. Dadurch könnten die Kantone eingreifen, falls die Leistungserbringenden die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllen, ein nicht zulässiger Tarif angewendet wird oder falls die Anwendungsmodalitäten eines Tarifs nicht eingehalten werden. Zudem könnten die Kantone gegen die entsprechenden Entscheide der Versicherungen Beschwerde einlegen. Auch hier hatte der Nationalrat ursprünglich die Ausweitung des Zugangs der Kantone zu den Rechnungen abgelehnt, hiess diese nun aber gut und sprach sich zudem mit 135 zu 54 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) gegen einen Minderheitsantrag Silberschmidt (fdp, ZH) aus, welcher auf das Beschwerderecht der Kantone verzichten wollte.

Auch in der Differenz zu den Listenspitälern lenkte der Nationalrat ein. Der Ständerat hatte weiterhin darauf bestanden, den Vergütungsanteil der Listenspitäler bei 45 Prozent zu belassen und nicht, wie vom Nationalrat verlangt, auf 75 Prozent zu erhöhen. Der nationalrätliche Kommissionssprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) erklärte das Einlenken der SGK-NR damit, dass eine Erhöhung des Vergütungsanteils zu hohen Kosten für die Krankenversicherungen, einer steigenden Attraktivität der Zusatzversicherungen sowie der Vertragsspitäler und schliesslich zur Untergrabung der kantonalen Spitalplanung führe. Mit 101 zu 90 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat seiner Kommissionsmehrheit entgegen einer Minderheit Sauter (fdp, ZH), welche den Vergütungsanteil weiterhin erhöhen wollte.

Schliesslich war auch noch eine Differenz zur Abschaffung des Patientenbeitrags bei Pflegeleistungen offen – verbunden mit der Höhe des Kantonsbeitrags an die OKP-Kosten. Heute müssen Pflegebedürftige einen Teil der Pflegeleistungen bezahlen (aktuell maximal CHF 23 pro Tag), wobei der Bundesrat die Höhe dieses Beitrags festlegen kann. Hinzu kommen die Kosten für Betreuung, hauswirtschaftliche Leistungen und Pension im Pflegeheim. Der Nationalrat wollte diesen Patientenbeitrag an die Pflegeleistungen ursprünglich streichen und die entsprechenden Kosten in der Höhe von CHF 500 Mio. pro Jahr den Kantonen übertragen – was der Ständerat jedoch zwei Mal ablehnte. Nun lenkte der Nationalrat auch in diesem Punkt ein und sprach sich mit jeweils 121 zu 73 Stimmen gegen einen Minderheitsantrag Weichelt (al, ZG) auf Festhalten sowie einen Einzelantrag Wettstein (gp, SO), der nur im ambulanten Bereich auf die Patientenbeteiligung verzichten wollte, aus. Für das Protokoll hatte Erich Ettlin zuvor im Ständerat festgehalten, dass es hier nie darum gegangen sei, den Maximalbetrag des Patientenbeitrags abzuschaffen – wie mancherorts kritisiert worden sei –, sondern umgekehrt um die Abschaffung des Patientenbeitrags selbst.

Aufrecht erhielt der Nationalrat somit lediglich die Differenz zum Inkrafttreten von EFAS und insbesondere zum Zeitpunkt des Einbezugs der Pflegekosten. Der Ständerat wollte die Pflegekosten spätestens sieben Jahre nach Einführung von EFAS integrieren, der Nationalrat frühestens nach sieben Jahren, wobei jedoch die Tarife für die Pflegeleistungen bekannt und die Pflegeinitiative umgesetzt sein müssten. Kommissionssprecher Ettlin hatte sich im Ständerat insbesondere dagegen gewehrt, dass die Umsetzung der Pflegeinitiative abgewartet werden müsse, zumal der «Moment, in dem die Pflege-Initiative umgesetzt ist, […] gar nicht erfass[t]» werden könne. Der Nationalrat willigte nun zwar bezüglich des Inkrafttretens nach sieben Jahren ein, behielt aber die Bedingung zum Vorliegen der Pflegetarife sowie zur Umsetzung der Pflegeinitiative sinngemäss bei. Jedoch präzisierte er diese, «in einem Sinne, der auch für den Ständerat tragbar sein sollte», wie Kommissionssprecher Hess erläuterte: Nur wenn einheitliche Tarife und transparente Kosten vorliegen, können die Pflegekosten nach sieben Jahren einbezogen werden. Damit zeigte sich der Ständerat einverstanden, womit die letzte Differenz wenige Tage später bereinigt werden konnte. EFAS war somit bereit für die Schlussabstimmungen.

Die Schlussabstimmungen fanden am 22. Dezember 2023 statt, wobei der Nationalrat die Vorlage mit 141 zu 42 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) guthiess, der Ständerat mit 42 zu 3 Stimmen. Im Nationalrat stammten die ablehnenden Stimmen von Minderheiten der SVP- (20 Stimmen) und der SP-Fraktion (15 Stimmen) sowie von der Hälfte der Grünen-Fraktion (7 Stimmen) und im Ständerat von drei Mitgliedern der SP.

Ob dies das Ende der vierzehnjährigen Erarbeitungsphase von EFAS war, war damit jedoch keineswegs sicher: Noch am Tag der Schlussabstimmungen gab die Gewerkschaft VPOD bekannt, das Referendum gegen die Vorlage zu ergreifen. Durch EFAS erhielten die Krankenkassen «noch mehr Macht über unser Gesundheitssystem», was die Profitorientierung verstärke, den Spardruck erhöhe, das Pflegepersonal weiter unter Druck setze und schliesslich zu einer Kostenverschiebung von den Kantonen zu den Versicherten und somit zu einem Anstieg der Krankenkassenprämien und der Kostenbeteiligung der Patientinnen und Patienten führe.

Ende April 2024 gab die Bundeskanzlei bekannt, dass das vom VPOD angestrebte Referendum gegen die einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) mit 56'960 gültigen Unterschriften zustandegekommen sei. Folglich soll Ende November 2024 über die Vorlage abgestimmt werden.