Voranschlag 2017 (BRG 16.041)

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Der Bericht des Bundesrates zum Voranschlag 2017 vom 24. August 2016 sah Ausgaben in der Höhe von knapp CHF 70 Mrd. bei einem ordentlichen Finanzierungsdefizit von ca. CHF 200 Mio. vor. Trotz der voraussichtlich günstigen Entwicklung der Einnahmen schien ein Defizit aufgrund der steigenden Ausgaben im Migrationsbereich und bei den stark gebundenen Ausgaben zu Vorlagen, welche kürzlich vom Parlament verabschiedet worden waren respektive verabschiedet werden sollen – dazu gehören insbesondere der Zahlungsrahmen der Armee 2017-2020, die Reform der Altersvorsorge 2020, der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) und die Unternehmenssteuerreform III –, kaum zu vermeiden. Der Bundesrat beantragte zudem, einen Teil der Asylkosten in der Höhe von CHF 400 Mio. als ausserordentliche Ausgaben zu verbuchen und so von der Schuldenbremse auszunehmen. Diese Möglichkeit sehen die Bundesverfassung (BV) und das Finanzhaushaltsgesetz (FHG) bei „aussergewöhnlichen und vom Bund nicht steuerbaren Entwicklungen“ (Art. 15 Abs. 1 Bst. a FHG) vor, welche der Bundesrat hier als gegeben erachtete. Durch diese Massnahme schloss der vom Bundesrat eingebrachte Voranschlag 2017 mit einem strukturellen, also konjunkturell bereinigten Überschuss von CHF 125 Mio. und erfüllte damit die Vorgaben der Schuldenbremse.

Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Wintersession 2016 beriet der Nationalrat den Voranschlag 2017 als Erstrat. Dabei setzte er den Rotstift vor allem im Eigenbereich an. So beschloss er unter anderem Kürzungen beim Bundespersonal, bei externen Beratern und Dienstleistungen sowie bei der Informatik, sprach aber mehr Geld für die Landwirtschaft und die Bildung als es der Bundesrat vorgesehen hatte. Die Hauptdiskussion im Nationalrat drehte sich aber um die vom Bundesrat vorgesehene ausserordentliche Budgetierung von Asylausgaben in der Höhe von CHF 400 Mio. und die grundlegende Frage, ob ein solches Vorgehen eine Aufweichung der Schuldenbremse darstelle. Während die Mehrheit der FK-NR die Kriterien der Ausserordentlichkeit bei der Schuldenbremse, insbesondere die Einmaligkeit und Unvorhersehbarkeit, als nicht gegeben erachtete, wies Philipp Hadorn (sp, SO) im Namen der Kommissionsminderheit darauf hin, dass bei der Erarbeitung dieser Ausnahmeklausel das Asylwesen explizit als Anwendungsfall erwähnt worden war. Die Finanzkommission des Nationalrats beantragte diesbezüglich, die Asylausgaben aufgrund der neusten Schätzungen des SEM mithilfe von dessen ursprünglicher Schätzmethode zu kalkulieren und nicht – wie es der Bundesrat getan hatte – aufgrund der vom SEM neu entwickelten Schätzmethode vom Mai 2016. Dadurch konnte die Schätzung der Anzahl Asylgesuche von 45‘000, mit denen der Bundesrat im Sommer 2016 gerechnet hatte, auf etwa 30‘000 Asylgesuche reduziert werden. In Übereinstimmung mit diesen neuen Zahlen reduzierte die Finanzkommission die Betriebsausgaben bei den Empfangs- und Verfahrenszentren und die Ausgaben bei der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge um etwa CHF 340 Mio. Zusammen mit einer Kreditsperre im Umfang von 60 Mio., die auf alle Departemente verteilt werden sollte, würde dies einen Verzicht auf ausserordentliche Asylausgaben erlauben. Dieser Konzeptentscheid war in der Kommission mit 13 zu 12 Stimmen knapp angenommen worden, noch knapper fiel die Entscheidung im Nationalrat aus: Dieser stimmte dem Kommissionsvorschlag nur dank dem Stichentscheid von Ratspräsident Stahl (svp, ZH) mit 97 zu 96 Stimmen zu. Bundesrat Maurer kritisierte das Vorgehen, bei Bedarf plötzlich die Diskussionsgrundlage zu ändern und nicht wie üblich und bei allen anderen Budgetpositionen die Zahlen von Juni 2016 zu verwenden. Diese Praxis, „wenn es unangenehm wird, noch gewisse Änderungen [vorzunehmen]“, gefährde die Schuldenbremse stärker als die Ausserordentlichkeit gewisser Ausgaben.

Bei der Gesamtabstimmung sprachen sich die Fraktionen der SP und der Grünen mehrheitlich gegen den Voranschlag aus, weil ihnen die Sparanstrengungen deutlich zu weit gingen. Gleichzeitig beschloss aber auch die SVP-Fraktion, den Voranschlag abzulehnen und begründete dieses Vorgehen damit, dass in Zeiten ohne Rezession ein ausgeglichenes Budget angestrebt werden sollte. Damit lehnte der Nationalrat den Voranschlag 2017 mit 77 zu 113 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab. Der Ständerat wird somit bei seiner Beratung am 5. Dezember 2016 nur den Bericht des Bundesrates, nicht aber die Beschlüsse des Nationalrates diskutieren. Anschliessend wird sich der Nationalrat noch einmal mit dem Voranschlag beschäftigen müssen, wobei er theoretisch mit der Diskussion nochmals von vorne beginnen müsste. Zum ersten Mal stellte sich beim Bund damit auch die Frage, was wäre, wenn die Räte bis zum 1. Januar 2017 kein Budget verabschieden könnten. Denn obwohl die meisten Kantone solche Regelungen kennen, sieht der Bund für diesen Fall keinen rechtlich vorgeschriebenen Ablauf vor. Gemäss Philipp Rohr, dem Sprecher der Finanzverwaltung, dürfte der Bund dann theoretisch keine Zahlungen mehr tätigen. Um dies zu verhindern, müsste das Parlament eine Art Notbudget beschliessen, bevor in der Frühlingssession ein neuer ordentlicher Voranschlag erarbeitet werden könnte. Olivier Feller (fdp, VD) reichte in der Folge eine Motion ein, welche diese rechtliche Lücke schliessen soll.

Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

Nachdem der Nationalrat den Voranschlag 2017 in der ersten Runde abgelehnt hatte, stand vier Tage später dessen Behandlung durch den Ständerat an. Der Antrag seiner Finanzkommission beinhaltete ein strukturelles Defizit von CHF 13,4 Mio., das es im Laufe der Behandlung zu beseitigen galt. Stattdessen zeigte sich der Ständerat aber mehrheitlich grosszügig: Zum einen erklärte er sich einverstanden, die vom Bundesrat vorgeschlagenen CHF 400 Mio. für den Asylbereich ausserordentlich zu verbuchen und somit von der Schuldenbremse auszunehmen. Zum anderen erhöhte er das Budget gegenüber dem Bericht des Bundesrates vor allem im Bildungsbereich und in der Landwirtschaft. So wollte der Bundesrat zum Beispiel die Direktzahlungen an die Bauern um knapp CHF 62 Mio. kürzen, der Ständerat entschied sich aber mit 21 zu 20 Stimmen knapp dagegen. Dies obwohl Christian Levrat (sp, FR) darauf hingewiesen hatte, dass der Ständerat im Differenzbereinigungsverfahren auf ein Druckmittel angewiesen sei, um dem Nationalrat einen Kompromiss bei dessen geplanten Kürzungen im Asylbereich und in der Verwaltung abringen zu können. Dadurch dass sich bei einer Einigungskonferenz zum Budget bei Uneinigkeit zwischen den Räten jeweils der tiefere Betrag durchsetzt, blieben dem Ständerat mit diesem Entscheid lediglich die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte als Druckmittel. Überall sonst hatte der Nationalrat in der ersten Behandlung des Voranschlags tiefere Beträge budgetiert als nun der Ständerat. Insgesamt beinhaltete der Voranschlag nach der Behandlung durch den Ständerat ein strukturelles Finanzierungsdefizit von CHF 13,7 Mio., wodurch er die Vorgaben der Schuldenbremse verletzte. Dennoch nahm ihn die grosse Kammer mit 39 zu 4 Stimmen an, wohlwissend, dass diese Differenz in späteren Runden noch korrigiert werden würde.

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Am 7. Dezember begann der Nationalrat bei der Debatte des Voranschlags 2017 noch einmal von vorne. Bereits der Antrag der FK-NR hatte jedoch deutlich gemacht, dass sich die inhaltlichen Positionen seit der letzten Beratung nicht verändert hatten. Entsprechend sah der Voranschlag 2017 am Ende der Behandlung wieder genau gleich aus wie noch eine Woche zuvor, lediglich das Resultat der Gesamtabstimmung hatte sich verändert: Die SP-Fraktion lehnte das Budget zwar noch immer geschlossen ab, die SVP-Fraktion enthielt sich jedoch grösstenteils der Stimme, so dass der Voranschlag mit 82 zu 52 Stimmen bei 65 Enthaltungen angenommen wurde. Dabei schuf der Nationalrat zahlreiche Differenzen zum Ständerat.

Im Differenzbereinigungsverfahren schloss sich der Ständerat bezüglich der Finanzierung der Asylkosten dem Nationalrat an. Folglich entschied man sich, im Voranschlag 2017 die tiefere Schätzung der Anzahl Asylanträge zu verwenden, wodurch bei den Betriebsausgaben der Empfangs- und Verfahrenszentren sowie bei den Sozialhilfekosten für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge insgesamt CHF 344 Mio. gespart werden konnten. Zudem wurde eine Kreditsperre von CHF 60 Mio., verteilt auf alle Departemente, beschlossen, was einen Verzicht auf eine Ausserordentlichkeit der Asylausgaben erlaubte. Auch bezüglich des sogenannten Schoggi-Gesetzes, das durch Ausfuhrbeiträge einen Preisausgleich zwischen Rohstoffen aus der Schweiz und dem Ausland vorsieht, schloss sich der Ständerat dem Vorschlag des Nationalrats an und erhöhte die Exportsubventionen in der Landwirtschaft um CHF 26,7 Mio.

Nachdem die sechs noch bestehenden Differenzen im Rahmen des Differenzbereinigungsverfahrens nicht geklärt werden konnten, wurde eine Einigungskonferenz einberufen. Diese folgte in den vier kleinen Differenzen dem Nationalrat und suchte in den zwei grossen Differenzen Kompromissvorschläge zwischen den beiden Kammern. Im Nationalrat votierten jedoch unter anderem die SVP-, FDP- und BDP-Fraktionen gegen den Kompromissvorschlag der Einigungskonferenz, so dass dieser mit 105 zu 84 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt wurde. Folglich werden jeweils die tieferen Beträge aus den Beratungen definitiv übernommen. Beim Bundespersonal (CH 50 Mio.), bei externen Beratungen (CHF 60,3 Mio.) und der Informatik (CHF 17,5 Mio.) werden somit Querschnittskürzungen von insgesamt CHF 128 Mio. vorgenommen, wie es der Nationalrat gewünscht hatte. Entgegen dessen Präferenzen wird hingegen die Qualitäts- und Absatzförderung der Landwirtschaft nicht um CHF 2.5 Mio. erhöht. Damit weist der definitive Voranschlag 2017 ein Finanzierungsdefizit von CHF 250 Mio. auf, hält jedoch die Vorgaben der Schuldenbremse mit einem strukturellen Überschuss von CHF 92 Mio. ein.

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Nach den Vorgaben des neuen Führungsmodells für die Bundesverwaltung (NFB) wird der Aufgaben- und Finanzplan 2018-2020 neu mit dem Voranschlag 2017 zusammengeführt, was den Überblick über die mittelfristige finanzielle Entwicklung des Bundes verbessern soll. Dabei werden die Eigenbereiche der Verwaltungseinheiten mit Globalbudgets geführt, wobei das Parlament die Zielvorgaben der Verwaltungseinheiten ändern kann. Dies soll es dem Parlament erlauben, seine Führung nicht nur mit der Zuteilung von Beträgen, sondern auch mit der Vorgabe von Zielen auszuüben. Wie einige Parlamentarier kritisierten, wurden diese Möglichkeiten in der Wintersession 2016 noch zu wenig wahrgenommen.

Der Finanzplan 2018-2020 beinhaltete gemäss dem Bericht des Bundesrates hohe strukturelle Defizite in der Höhe von CHF 1,5 Mrd. (2018), 1,9 Mrd. (2019) und 1,4 Mrd. (2020). So werden die Ausgaben pro Jahr vermutlich stärker ansteigen (3,4%) als die Einnahmen (3,1%), was vor allem auf Mehrbelastungen durch verschiedene Parlamentsbeschlüsse zurückzuführen ist – allen voran auf die Unternehmenssteuerreform III, die Reform der Altersvorsorge 2020, den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) sowie den Zahlungsrahmen der Armee 2017-2020. Zudem steigen die Investitionsausgaben mit durchschnittlich 8,5% bis 2020 stark an, was der Bundesrat mit Investitionen in die Strasseninfrastruktur, mit der Förderung erneuerbarer Energien sowie mit höheren Rüstungsausgaben erklärt. Berücksichtigt werden im Finanzplan auch die mittelfristigen Konjunkturaussichten: Ab 2017 rechnet der Bundesrat mit einem Preisanstieg, ab 2018 mit einem Zinsanstieg und einem Wachstum des realen BIP von 2%, die sich aber ab 2019 bereits wieder abschwächen. Neben dieser zwischenzeitlichen konjunkturellen Erholung wirken sich auch Sonderfaktoren bei den Einnahmen sowie das Stabilisierungsprogramm 2017-2019 mit Entlastungen in der Höhe von CHF 800 Mio. (2017), 900 Mio. (2018) und 1 Mrd. (2019) positiv auf den Finanzplan aus. Dies reicht jedoch nicht aus, um das Ausgabenwachstum zu kompensieren, so dass sich in den Finanzplanjahren erhebliche strukturelle Defizite ergeben, die gemäss Schuldenbremse bereinigt werden müssen.

Die Behandlung des Finanzplans 2018-2020 in den Räten offenbarte dieselben Konfliktfelder wie die Debatte zum Voranschlag 2017. In Übereinstimmung mit Letzterem lehnte der Nationalrat in seiner ersten Beratung auch den Finanzplan 2018-2020 ab. Als besonders umstritten zwischen den beiden Räten erwiesen sich in der Folge die Beschlüsse im Eigenbereich, bei der Landwirtschaft, bei der Schweizerischen Akkreditierungsstelle sowie bei der Zollverwaltung. Der Nationalrat bestand bis zur Einigungskonferenz darauf, die im Voranschlag 2017 beschlossenen Sparmassnahmen bei der Beratung und den externen Dienstleistungen sowie die Kürzungen bei den Personalausgaben in den Finanzplanjahren fortzuführen. Zudem beabsichtigte er, die Ausfuhrbeiträge an die landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte zu erhöhen sowie neue Vollzeitstellen beim Grenzwachtkorps und bei der Schweizerischen Akkreditierungsstelle zu schaffen. Der Ständerat stimmte der Erhöhung der Ausfuhrbeiträge zu, lehnte die übrigen Änderungen hingegen ab. Die Einigungskonferenz unterbreitete den Räten einen Kompromissvorschlag, der keine neuen Stellen beim Grenzwachtkorps, hingegen bei der Akkreditierungsstelle vorsah, auf die Weiterführung der Kürzungen bei Beratung und Dienstleistungen verzichtete und die zusätzlichen Sparmassnahmen bei den Personalausgaben gegenüber dem nationalrätlichen Vorschlag um die Hälfte reduzierte. Mit diesem Kompromiss zeigten sich sowohl National- als auch Ständerat einverstanden und nahmen den Aufgaben- und Finanzplan 2018-2020 in dieser Form an.

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