Nein zur doppelten Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen! (Mo. 17.3520)

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«Nein zur doppelten Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen!» überschrieb Edith Graf-Litscher (sp, TG) ihre Motion vom Juni 2017 und verlangte eine Anpassung von Strassenverkehrsgesetz und Verkehrszulassungsverordnung, mit dem Ziel, dass die zuständigen Behörden bei Fahrausweisentzügen bei Berufsfahrerinnen und Berufsfahrern die Sanktionen auf privater und beruflicher Ebene differenzieren können. Die Motionärin sah Berufsfahrerinnen und -fahrer bei einem Ausweisentzug doppelt bestraft: Sie fand, das persönliche Verschulden sei wie im Strafrecht zu gewichten. In seiner Stellungnahme vom August 2017 hielt der Bundesrat fest, die Behörden würden das Verschulden bereits bei der geltenden Regelung berücksichtigen und könnten auch die Dauer eines Ausweisentzuges für verschiedene Fahrzeugkategorien differenzieren. Er erachtete deshalb die Forderungen als erfüllt und beantragte eine Ablehnung der Motion. Im Nationalrat, der die Motion im Juni 2019 traktandiert hatte, wurde die Motion aber mit 165 zu 15 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) überaus deutlich angenommen.

Dossier: Wie soll mit Raserdelikten umgegangen werden?

Die Motion Graf-Litscher (sp, TG) für ein Nein zur doppelten Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen beziehungsweise für eine Anpassung des Strassenverkehrsgesetzes und der Verkehrszulassungsverordnung und für die Möglichkeit, Sanktionen gegen Berufsfahrerinnen und Berufsfahrer stärker zu differenzieren, kam im Dezember vor den Zweitrat. Sie wurde vom Ständerat gemeinsam mit der inhaltlich sehr ähnlichen Motion Giezendanner (svp, AG; Mo. 17.3590) behandelt. Die KVF-SR hatte ihrem Rat die Annahme der Motion Graf-Litscher und die Ablehnung der Motion Giezendanner empfohlen. Die Kommissionsmehrheit lehnte die Motion Giezendanner ab, weil sie keinen Unterschied mache bezüglich der Schwere einer Verkehrsregelverletzung, für welche ein differenzierter Führerausweisentzug zu erwägen sei. Dies gehe eindeutig zu weit, erklärte die Kommission, man wolle «ausdrücklich nicht an den Grundpfeilern von Via sicura» rütteln. Eine Kommissionsminderheit Wicki (fdp, NW) beantragte hingegen auch die Annahme der Motion Giezendanner.
Bundesrätin Sommaruga schloss sich der Einschätzung der Kommission an und bat den Rat, sofern er bei Führerausweisentzügen stärker differenzieren wolle, die Motion Graf-Litscher anzunehmen und die Motion Giezendanner abzulehnen. Die Ratsmitglieder folgten dieser Empfehlung knapp: Die Motion Graf-Litscher wurde ohne Gegenstimmen angenommen und die Motion Giezendanner wurde mit 22 gegen 20 Stimmen (keine Enthaltungen) abgelehnt.

Dossier: Wie soll mit Raserdelikten umgegangen werden?

Mit der Revision der Verkehrszulassungsverordnung vom Juni 2022 setzte der Bundesrat die überwiesene Motion Graf-Litscher (sp, TG) betreffend Verhinderung der doppelten Strafe für Berufsfahrerinnen und Berufsfahrer um. Die Behörden können somit Fahrausweisentzüge bei Chauffeurinnen und Chauffeuren auf privater und beruflicher Ebene unterscheiden. Den Vorstoss schrieben National- und Ständerat im Sommer 2023 im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 ab.

Dossier: Wie soll mit Raserdelikten umgegangen werden?