Die aufgrund der Corona-Pandemie ergriffenen Massnahmen machten es nicht möglich, dass die Sondersession im Mai 2020 im Bundeshaus stattfinden konnte. Die Räte wichen deshalb auf Räumlichkeiten von Bernexpo aus. Dies machte freilich eine Anpassung des Geschäftsreglements des Nationalrats nötig. Das Büro-NR schlug in einer parlamentarischen Initiative vor, dass Vorstösse und parlamentarische Initiativen nur per Mail eingereicht – und mitunterzeichnet – werden dürfen und auf die Verteilung von physischen Sitzungsunterlagen gänzlich verzichtet werden solle. Mit diesen Änderungen sollten die vom BAG empfohlenen Verhaltens- und Hygienemassnahmen eingehalten werden. Schwieriger gestalteten sich die Anpassungen für die Stimmabgabe, gab es doch in den Räumlichkeiten von Bernexpo keine elektronische Abstimmungsanlage wie im Nationalratssaal, und auch eine Anzeigetafel fehlte. Es gab zwar ein elektronisches Ersatzsystem, dieses war aber nicht wie im Nationalratssaal fix mit dem Sitzplatz verknüpft. In der vorgeschlagenen Revision des Geschäftsreglements wurde deshalb vorgesehen, dass Abstimmen in der Bernexpo nur im Saal und am eigenen Platz erfolgen darf. Bei einem Ausfall der elektronischen Anlage ist normalerweise eine Abstimmung per Namensaufruf durchzuführen. Auch diese Regelung wurde angepasst, da dies mehr als 30 Minuten in Anspruch nehmen würde. Der Vorschlag des Büros war, in diesem Fall die Abstimmung mittels Aufstehen durchzuführen. Die Abstimmungsergebnisse schliesslich konnten nicht wie mit der Anlage im Bundeshaus unmittelbar nach einer Abstimmung veröffentlicht werden, sondern mittels Namenslisten, die nachträglich erstellt werden sollten. Die Listen würden mit erheblichem Mehraufwand nachträglich erstellt, was bis zu einer Woche dauern könnte. Die vorgeschlagenen Massnahmen sollten befristet gelten und würden mit der Rückkehr in den Nationalratssaal im Bundeshaus hinfällig – so die Vorschläge des Büros.
Eine Minderheit Glättli (gp, ZH) forderte zusätzlich zu den vorgeschlagenen Änderungen eine Verkürzung der Fristen für Beratungen von Motionen und Postulaten und für die Vorprüfung von parlamentarischen Initiativen im Rahmen von Covid-19-Anliegen. Wie Balthasar Glättli in der Ratsdebatte ausführte, hätte der Bundesrat eigentlich das Recht gehabt, die Beratung von Motionen zu blockieren, weil er das Recht auf eine Abstimmungsempfehlung hat und verlangen dürfte, dass die Räte erst über Vorstösse debattieren, wenn eine solche Empfehlung formuliert ist. Dies habe die Exekutive zwar nicht getan, trotzdem sei die Legislative auf das Entgegenkommen der zweiten Gewalt angewiesen. Eine Festlegung der Verkürzung von Fristen würde das Parlament «krisenfest» machen, so Glättli. Die Mehrheit des Nationalrats folgte hier allerdings dem Büro-NR und lehnte das Anliegen mit 128 zu 66 Stimmen ab. In der Gesamtabstimmung wurde der damit unveränderte Entwurf des Büros mit 194 zu 2 Stimmen gutgeheissen. Damit er sofort in Kraft treten konnte, war zudem eine Schlussabstimmung nötig. Diesmal sprachen sich 193 Anwesende für und 3 gegen den Entwurf aus. Zu den in der Gesamtabstimmung «Nein» stimmenden Alfred Heer (svp, ZH) und Erich Hess (svp, BE) gesellte sich in der Schlussabstimmung auch noch Pirmin Schwander (svp, SZ).