Strategische Positionen zum Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union

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Im Oktober 2013 hatte die APK-NR Stellung zur Verhandlungsposition der Schweiz hinsichtlich des institutionellen Abkommens mit der EU bezogen. Insbesondere verlangte sie vom Bundesrat, der EU vier Punkte darzulegen: 1. Die Schweiz wolle der EU weder direkt noch indirekt beitreten. 2. Die Schweiz unterhalte zwar vertragliche Beziehungen zur Regelung des Marktzutritts, wolle aber nicht Teil des europäischen Binnenmarkts werden. 3. Die Schweiz sei nicht bereit, Verträge abzuschliessen, welche ihre Souveränität beeinträchtigen und würde europäisches Recht nicht automatisch übernehmen und sich damit EU-/ oder EWR-Gerichtsbarkeit unterstellen. 4. Das seit 1992 bestehende Beitrittsgesuch der Schweiz zur EU sei als gegenstandslos zu betrachten.
Mit der Motion «Strategische Positionen zum Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union» forderte die SVP-Fraktion im Oktober 2013 den Bundesrat dazu auf, die vier oben genannten Kommissionsbeschlüsse der EU aktiv mitzuteilen und in den Verhandlungen konsequent zu vertreten. Für die SVP sei es von Bedeutung, dass das Parlament, der Bundesrat und die Verwaltung diese strategischen Positionen verinnerlichten und damit Klarheit in Fragen der schweizerischen Souveränität geschaffen werden könne.
Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, da die Forderungen der Motion sich mit der Haltung des Bundesrats deckten und in den laufenden Verhandlungen eingebracht würden. Er hob jedoch auch hervor, dass er der EU gegenüber die Bedeutung des guten und stabilen Verhältnisses und die wirtschaftliche Prosperität betonen werde.
Eigentlich hätte die Motion bereits in der Frühjahrssession 2014 im Nationalrat bearbeitet – und aufgrund der Zustimmung des Bundesrates stillschweigend angenommen – werden sollen, doch aufgrund der Bekämpfung durch Martin Naef (sp, ZH) kam es in der Sondersession im Mai 2015 zu einer Debatte. Martin Naef bat die Mitglieder des Nationalrats um die Ablehnung der Motion, da diese keinen konstruktiven Beitrag zur Lockerung des angespannten bilateralen Klimas darstelle. Eine zusätzliche «Baustelle» brauche es nach dem 9. Februar 2014 (Annahme der Masseneinwanderungsinitiative) nicht, so Naef. EDA-Departementschef Didier Burkhalter verteidigte allerdings das Anliegen der Motion und empfahl es zur Annahme, präzisierte jedoch auch, dass es zwar keine automatische aber zumindest eine dynamische Übernahme europäischen Rechts unter Achtung des Schweizer Systems gäbe. Der Nationalrat nahm alle vier Punkte der Motion mit deutlicher Mehrheit an, nur zur Ziffer 3 (die Übernahme von EU-Recht) fiel der Entscheid mit 97 zu 91 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) knapp aus.

Die kleine Kammer befasste sich in der Herbstsession 2015 mit der Motion zu den «strategischen Positionen zum Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union». Der Sprecher der APK-SR, Felix Gutzwiller (fdp, ZH), sprach sich im Namen der Kommission für die Annahme der Motion und der parallel diskutierten Motion Sommaruga (sp, GE; Mo. 14.3120) aus. Die beiden Motionen würden den Rahmen für die europapolitische Positionierung der Schweiz bilden und die Verhandlungen vereinfachen, so die Kommission. Eine Minderheit Berberat (sp, NE) forderte die Ablehnung der Motion, da sie «nichts Neues bringe» und eher einen «Rückschritt in der Debatte über die europäische Frage» darstelle. Der Ständerat nahm die Motion schliesslich aber doch mit 27 zu 12 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Im Rahmen des Berichts über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2016 (17.006) beantragte der Bundesrat die Abschreibung der SVP-Motion zu den strategischen Positionen im Verhältnis zur EU. Gemäss Bundesrat vertrete er die genannten Positionen der Schweiz gegenüber der EU in sämtlichen Verhandlungen, was auch das Verhandlungsmandat für das institutionelle Rahmenabkommen zeige. In Bezug auf Ziffer vier, welche das EU-Beitrittsgesuch der Schweiz als «gegenstandslos» bezeichnete, habe man im Juli 2016 brieflich den Rückzug desselbigen beantragt. Der Ständerat unterstützte den Abschreibungsantrag in der Sommersession 2017.