StGB. Vergehen gegen die Familie. Verweigerung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit Strafe bedrohen (Mo. 19.3597)

Als PDF speichern

Mittels Motion wollte Philippe Nantermod (fdp, VS) erwirken, dass das Verwehren des Besuchsrechts eines nichtsorgeberechtigten Elternteils unter Strafe gestellt wird. Wenn der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung dem nichtsorgeberechtigten Elternteil verweigert, sein Kind zu besuchen, komme dies einer Verletzung der Kinderrechte und einer Misshandlung sowohl des Kindes als auch des nichtsorgeberechtigten Elternteils gleich, so der Motionär.
Der Bundesrat stellte sich in seiner ausführlichen Begründung ablehnend zum Begehren, wobei er auf Diskussionen im Rahmen der Revision der elterlichen Sorge zu Beginn der 2010er Jahre verwies. Im Vorentwurf dieses Revisionsprojektes sei eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuches zwar vorgesehen gewesen, aufgrund der Vernehmlassungsantworten sei jedoch darauf verzichtet worden. Man habe befürchtet, dass Besuchsrechtskonflikte durch eine Strafandrohung noch verschärft würden und durch eine solche auch das Kind indirekt leide, weswegen der Bundesrat «die Schaffung neuer Straftatbestände nach wie vor nicht als adäquates Mittel» sehe.
Anders beurteilte dies der Nationalrat. In der Sondersession im Mai 2021 nahm er die Motion mit 100 zu 78 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Für Annahme sprachen sich die Fraktionen der SVP sowie der FDP.Liberalen und der GLP – letztere zwei jeweils mit einer abweichenden Stimme – sowie eine Minderheit der Mitte-Fraktion aus.

Die RK-SR wollte noch keine Stellung zur Frage nehmen, ob ein neuer Straftatbestand eingeführt werden soll, falls der obhutsberechtigte Elternteil dem nichtsorgeberechtigten Elternteil das Besuchsrecht verweigert. Die Kommission wollte zuvor den in Erfüllung eines Postulats Müller-Altermatt (mitte, SO) zu erstellenden Bericht (Po. 19.3503) abwarten, der Aufschluss über die bestehende kantonale Praxis im Umgang mit Streitigkeiten bei Familien mit getrennt lebenden Elternteilen geben soll. Aus diesem Grund beantragte die RK-SR ihrem Rat mit 11 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung, die Behandlung der entsprechenden Motion Nantermod (fdp, VS) zu sistieren.
In der Frühjahrssession 2022 kam der Ständerat diesem Antrag stillschweigend nach.