Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung (Mo. 20.3211)

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«Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung» lautete der Titel einer Motion Müller (fdp, LU). Konkret wollte der Luzerner Ständerat den Bundesrat zu einer Anpassung der Gesetzgebung auffordern, um die Zulassung von Medizinprodukten in der Schweiz zu ermöglichen, auch wenn diese von aussereuropäischen Regulierungssystemen stammten. Nachdem die Motion im September 2020 der SGK-SR zur Vorberatung zugewiesen worden war, nahm sich der Ständerat Ende Mai 2022 erneut dem Geschäft an. Die Kommission beantragte das Geschäft mit 7 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) zur Annahme, erläuterte Müller. In der Schweiz würden heute nur Medizinprodukte zugelassen, die über eine CE-Kennzeichnung verfügten, sich also mit der EU-Regulierung deckten. Durch die Umsetzung der neuen EU-Verordnung über Medizinprodukte seien für Unternehmen in diesem Gebiet «eine überbordende Bürokratie und grosse Unsicherheiten» entstanden, weshalb viele von ihnen ihre Produktionssortimente für den Markt auf dem europäischen Kontinent zurückfahren würden. Dies wiederum gehe mit Versorgungsengpässen einher. Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund ihres Fortschritts bezüglich Digitalisierung wendeten sich viele Unternehmen für die Erstzulassung an die Food and Drug Administration (FDA) der USA. Im Sinne der Versorgung der Schweizer Patientenschaft wäre es folglich zentral, die Medizinprodukte, die durch die FDA zugelassen werden, ebenfalls zu akzeptieren. Dabei stehe die Sicherheit der Patientinnen und Patienten jedoch stets an erster Stelle. Gesundheitsminister Berset zeigte sich mit diesen Ausführungen nicht einverstanden. Ein guter Zugang zu Medizinprodukten sei wichtig, dieser sei allerdings aus Sicht des Bundesrates nicht gefährdet. Es gelte, eine Balance zwischen dem Zugang und der Patientensicherheit zu finden. Letztere hänge von der Kenntnis der aussereuropäischen Normensysteme und dem Zugang sowie dem Austausch von Informationen ab. Beides sei mit aussereuropäischen Staaten zurzeit nicht gegeben. Der Bundesrat beantrage daher die Ablehnung der Motion. Das Stöckli liess sich davon jedoch nicht überzeugen und nahm den Vorstoss mit 23 zu 12 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an.

In der Wintersession 2022 beschäftigte sich der Nationalrat mit einer Motion Müller (fdp, LU), welche auf mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung abzielte. Während eine Mehrheit der SGK-NR die Annahme des Vorstosses forderte, um Versorgungsengpässen entgegenzuwirken, und sich davon überzeugt zeigte, dass das Zulassungsverfahren in den USA über einen der Schweiz ebenbürtigen Standard verfüge, sprach sich eine Kommissionsminderheit rund um Manuela Weichelt (al, ZG) gegen die Motion aus. Sie führte Bedenken zur Sicherheit der Patientenschaft und die Möglichkeit von Ausnahmebewilligungen ins Feld. Gesundheitsminister Alain Berset teilte die Ansicht bezüglich Patientensicherheit – in den USA gebe es zum Beispiel eine Tendenz zur Deregulierung der Gesetzgebung für Medizinprodukte («une tendance à la dérégulation de la législation sur les dispositifs médicaux») – und erklärte, dass die Versorgung der Schweiz mit Medizinprodukten derzeit gesichert sei. Nichtsdestotrotz folgte die grosse Kammer mit 100 zu 79 Stimmen dem Antrag der Kommissionsmehrheit und nahm die Motion an. Damit bestätigte sie ihren Beschluss, den sie bereits bei der gleichlautenden Motion Rösti (Mo. 20.3370) gefasst hatte.