Irreguläre Sekundärmigration stoppen und Ursachen bekämpfen (Mo. 23.3533)

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Mit einer Motion wollte die FDP-Fraktion die irreguläre Sekundärmigration stoppen und deren Ursachen bekämpfen. Sie bemängelte, dass die Dublin-Rückführung von Asylsuchenden, die sich zuvor bereits länger in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hatten, zurzeit nicht richtig funktioniere. Dabei verwies die Fraktion auf die Situation in Italien, aber auch auf zunehmend erschwerte Rückführungsbedingungen in andere Länder. Mit folgenden sechs Aufträgen wollte die Urheberin den Bundesrat zur Verbesserung der Situation anhalten: Erstens verlangte die FDP-Fraktion eine Änderung des Asylgesetzes, damit der Bund auf Asylgesuche von Personen, die sich zuvor in einem sicheren Drittland aufgehalten hatten, konsequent nicht mehr eintritt. Zweitens forderte sie eine Beschleunigung des Wegweisungsverfahrens, drittens eine Evaluation der Aktionspläne mit Deutschland und Österreich zur Bekämpfung der irregulären Sekundärmigration, viertens den Abschluss von Rückübernahmeabkommen mit weiteren Drittstaaten, fünftens Anpassungen der Liste der sicheren Drittstaaten, in die eine Rückführung zulässig ist, sowie sechstens verstärkte Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Schlepperkriminalität. In seiner Stellungnahme hob der Bundesrat die laufenden Bemühungen hervor und zeigte sich bereit, die Forderungen zwei bis sechs auch in diesem Sinne anzunehmen. Die vorgeschlagene Änderung des Asylgesetzes beantragte er jedoch zur Ablehnung, da es eine solche verunmöglichen würde, in spezifischen Fällen – etwa bei humanitären Einzelfällen – das Asylgesuch zu prüfen, obwohl ein anderer Staat dafür zuständig wäre. Eine solche Formulierung würde der Dublin-III-Verordnung und dem Non-Refoulement-Prinzip – und somit zwingendem Völkerrecht – widersprechen, so der Bundesrat. Der Nationalrat, der die Motion im Rahmen der in der Herbstsession 2023 stattfindenden ausserordentlichen Session «Zuwanderung und Asyl» beriet, folgte indes einem Antrag Dettling (svp, SZ) und nahm die Motion in ihrer ursprünglichen Fassung, also inklusive der ersten Forderung, an. Erfolglos blieb ein Antrag von Céline Widmer (sp, ZH), die neben der ersten auch die zweite, vierte und fünfte Forderung der Motion ablehnen wollte. Für die vollständige Annahme der Motion sprachen sich die Fraktionen der SVP, der FDP und der Mitte aus, die beiden letzteren mit vereinzelten Ausnahmen.

Die Motion der FDP-Fraktion mit sechs Forderungen zur Bekämpfung der Ursachen der irregulären Sekundärmigration stiess in der SPK-SR mehrheitlich auf Zustimmung. Im Unterschied zum Nationalrat, der die Motion im Vorjahr in ihrer ursprünglichen Form angenommen hatte, beantragte eine mit 5 zu 2 Stimmen (5 Enthaltungen) gefällte Kommissionsmehrheit, den bereits in der grossen Kammer umstrittenen ersten Punkt der Motion abzulehnen. Dieser verlangte, dass der Bund in keinem Fall mehr auf Asylgesuche von Personen eintritt, die sich zuvor in einem sicheren Drittstaat aufgehalten haben. Wie auch der Bundesrat vertrat die Kommissionsmehrheit die Ansicht, dass die aktuellen Bestimmungen im Asylgesetz erhalten bleiben müssen, damit der Bund auch weiterhin in begründeten Einzelfällen – namentlich zum Schutz von Familien mit Kindern oder weiteren vulnerablen Personen – die Möglichkeit hat, dennoch auf ein Asylgesuch einzutreten, obwohl ein anderer sicherer Drittstaat dafür zuständig wäre. Damit bestünde auch kein Widerspruch zur Dublin-III-Verordnung, die ein Selbsteintrittsrecht vorsehe, so die Kommissionsmehrheit. Ihre Argumentation untermauerte sie im Kommissionsbericht mit Zahlen: Im Jahr 2023 habe die Schweiz 375 Selbsteintritte vorgenommen und im gleichen Zeitraum 7'000 mit dem Dublin-Abkommen konforme Nichteintretensentscheide gefällt. Die Kommissionsminderheit setzte sich hingegen für eine vollständige Annahme der Motion und somit für eine Streichung dieser Ausnahmebestimmung im Asylgesetz ein. Für die Minderheit argumentierte Esther Friedli (svp, SG) in der Frühjahrssession 2024 im Rat mit steigenden Asylgesuchszahlen und Problemen bei den Dublin-Überstellungen, insbesondere nach Italien. Zudem erachtete sie die Rückführung in einen sicheren Drittstaat in jedem Fall als verhältnismässig. Mit knappen 22 zu 21 Stimmen (2 Enthaltungen) folgte der Ständerat schliesslich dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit, womit die Motion ohne erstes Lemma angenommen wurde. Für vollständige Annahme der Motion votierten mit vereinzelten Ausnahmen die Mitglieder der FDP und der SVP, wobei sie von sechs Mitgliedern der Mitte unterstützt wurden.