Im April 2023 lancierte eine Trägerschaft bestehend aus Organisationen für Menschen mit Behinderungen (AGILE.CH, Inclusion Handicap und Tatkraft), Amnesty International Schweiz und der Stiftung für direkte Demokratie zusammen mit zahlreichen Betroffenen und Unterstützenden aus der Zivilgesellschaft die Volksinitiative «Für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen» (Inklusions-Initiative). Diese verlangt die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen sowie die dafür notwendigen Unterstützungs- und Anpassungsmassnahmen. Speziell hob die Initiative die Notwendigkeit des Rechts zur freien Wahl des eigenen Wohnorts und der Wohnform hervor. An der zur Lancierung des Volksbegehrens einberufenen Medienkonferenz wiesen Angehörige des Initiativkomitees darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen trotz des seit 20 Jahren bestehenden Behindertengleichstellungsgesetzes beinahe in jedem Lebensbereich Benachteiligungen erfahren würden. Im Vormonat hatte etwa auch ein Bericht des Bundesrates aufgezeigt, dass bei der Zugänglichkeit zum ÖV nach wie vor beträchtliche Barrieren bestehen. Das Initiativkomitee hat bis zum 25. Oktober 2024 Zeit, die notwendigen Unterschriften für sein Anliegen zu sammeln.

Anfang September 2024, zwei Monate vor Ablauf der Sammelfrist, reichte ein breit abgestütztes Initiativkomitee bei der Bundeskanzlei die sogenannte Inklusions-Initiative ein, welche die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen fordert. Printmedial begleitet wurde die Einreichung der Initiative abgesehen von wenigen Kurzmeldungen ausschliesslich in der Westschweiz. Wie «Le Temps» berichtete, versammelten sich zur Einreichung über 1'000 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Bundesplatz, um auf die nach wie vor bestehenden Diskriminierungen in diversen Bereichen aufmerksam zu machen. Um auch Personen im Rollstuhl eine barrierefreie Übergabe der Unterschriftenboxen an die Bundeskanzlei zu ermöglichen, war auf der Bundesterrasse eine provisorische Rampe aufgestellt worden. Besagte Westschweizer Tageszeitung hatte die Forderungen der Initiative bereits wenige Tage vor der Einreichung und in Zusammenhang mit den zeitgleich stattfindenden Paralympischen Spielen in Paris in einem Interview mit der EDI-Vorsteherin Elisabeth Baume-Schneider aufgegriffen, welche die Schweizer Regierung als zuständige Bundesrätin an den Paralympischen Spielen vertrat (der Parasport ist dem EDI und nicht wie der restliche Sport dem VBS angegliedert). Die Bundesrätin zeigte sich im Interview überzeugt, dass die Initiative die Debatte um die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen beflügeln werde, und hoffte, dass in dieser Sache gemeinschaftliche Lösungen zwischen den verschiedenen Verbänden, den Kantonen und dem Bund gefunden werden könnten.

Im Oktober gab die Bundeskanzlei das Zustandekommen der Initiative bekannt. Von den 109'110 eingereichten Unterschriften waren 107'910 für gültig befunden worden. Gegenüber SRF Online betonte das Initiativkomitee, dass keine Unterschriften mithilfe kommerzieller Anbieter zustande gekommen seinen. Nur wenige Tage vor der Einreichung der Initiative war eine Tamedia-Recherche veröffentlicht worden, die aufzeigte, dass kommerzielle Firmen mutmasslich auf unrechtmässigem Weg Unterschriften für Volksinitiativen gesammelt hatten.