In Dezember 2023 wurde der von SBFI und EDK in Auftrag gegebene Bericht zu den Schweizer Resultaten der PISA-Studie 2022 veröffentlicht. Dieser von der OECD durchgeführte Ländervergleich misst die Kompetenzen von 15-Jährigen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Wie der Studie zu entnehmen war, lagen die Schweizer Jugendlichen in allen drei Bereichen über dem OECD-Durchschnitt. Allerdings wurden die OECD-Mindestanforderungen in Mathematik von 19 Prozent der erfassten Schweizer Jugendlichen nicht erreicht; beim Lesen mussten gar 25 Prozent der Schweizer Schülerinnen und Schüler als leistungsschwach eingestuft werden. Nebst diesen Kompetenzerfassungen wurden im Rahmen der PISA-Studie auch individuelle Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie abgefragt. Dabei zeigte sich, dass viele Jugendliche während des Lockdowns von positiven Lernerfahrungen und einem hohen Wohlbefinden profitieren konnten. Allerdings fehlte der Hälfte der befragten Schülerinnen und Schüler die Lernmotivation.
Die Ergebnisse der PISA Studie 2022 wurden auch dieses Mal eifrig in den Medien diskutiert. Zu Reden gab insbesondere das Abschneiden bei der Lesekompetenz. Georges Felouzis, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Genf, machte dafür vor allem zwei Gründe aus: der steigende Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und auch die für die Schweiz typische frühe Trennung nach Bildungsgängen (Primar/Sek), welche tendenziell schwächere Schülerinnen und Schüler benachteilige. Über die Digitalisierung als Ursache für das relativ schwache Abschneiden bei der Lesekompetenz waren sich die Expertinnen und Experten uneins. Während Jeanina Miskovic von der PH Zürich darauf hinwies, dass auch vor dem Einzug von Internet und Social Media nicht alle Kinder Bücherratten waren und es vor allem darauf ankomme, die Schülerinnen und Schüler beim Leseprozess, wo auch immer dieser stattfinde, sorgfältig zu begleiten, plädierte der Psychologe Lutz Jäncke dafür, dass die Kinder und Jugendlichen vermehrt wieder von Hand schreiben, da sie sich dadurch die Buchstaben und Wörter, die für das Lesen die Grundlage darstellen, besser einprägen würden. Die Präsidentin des LCH, Dagmar Rösler, und die Bildungsforscherin Margrit Stamm forderten in Zusammenhang mit der Lesekompetenz, dass die Eltern vermehrt eine Vorbildfunktion einnehmen sollten: Die Schülerinnen und Schüler sollten in ihrem Zuhause ein leseförderndes Umfeld antreffen. Dies sei eine Voraussetzung dafür, dass die Kinder und Jugendlichen wieder mehr Freude am Lesen empfinden würden. Anke Schmitz, Professorin an der Pädagogischen Fachhochschule Nordwestschweiz, erläuterte, dass das intensive Üben in der Schule positive Effekte beim Lesen mit sich bringen könne. Diese Meinung teilte der Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid (SVP), der dafür im Kanton Nidwalden bereits die Lektionenzahl erhöhte. Der Tages-Anzeiger wiederum forderte bessere Massnahmen gegen den grassierenden Lehrkräftemangel, zumal die PISA-Studie auch gezeigt habe, dass Lehrkräftemangel mit schlechteren Leistungen in Mathematik einhergehe. Alain Pichard (glp, BE), Lehrer und GLP-Mitglied, forderte schliesslich, dass sich die Schulen wieder vermehrt auf die Vermittlung der Grundkompetenzen in Lesen, Schreiben und Rechnen konzentrieren müssten, andere Fächer oder Thematiken müssten im Gegenzug reduziert angeboten oder gänzlich aus dem Lehrplan gestrichen werden, da die Kinder und Jugendlichen ansonsten überfordert seien.