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In den letzten Jahren kam es in der Schweiz zu einer generellen Zunahme von Homeschooling. Laut Zahlen von Tamedia ist die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, welche zu Hause unterrichtet werden, zwischen dem Schuljahr 2019/20 und dem Schuljahr 2023/24 von 2'461 auf 4'160 gestiegen. Zwischen den Kantonen zeigten sich insbesondere in Bezug auf die kantonalen Vorschriften sowie auf die Gesamtzahl der zu Hause unterrichteten Kinder deutliche Unterschiede. Klar an der Spitze bezüglich der Anzahl stand der Kanton Bern, in welchem keine strikten Regeln für das Homeschooling gelten; so muss die unterrichtende Person beispielsweise kein Lehrdiplom vorweisen. In anderen Kantonen, etwa im Kanton Zug, würden hingegen gar keine Kinder im Homeschooling unterrichtet, da dies dort nur erlaubt werde, wenn es dem Kind unmöglich ist, in eine öffentliche oder private Schule zu gehen, erklärte der Tages-Anzeiger.
In verschiedenen Zeitungsberichten wurden einige Familien porträtiert, welche Homeschooling praktizieren. Die Gründe, welche diese Personen für den privaten Unterricht ins Feld führten, bezogen sich vor allem auf das Wohlergehen der Kinder sowie auf das Schulsystem und den Lehrplan 21. So kritisierten sie etwa, dass es in den Schulen zu grosse Klassen gebe, weshalb nicht genug auf das einzelne Kind eingegangen werden könne. Zudem laste aufgrund der Notengebung und der Hausaufgaben ein zu grosser Druck auf den Kindern. Zu Wort kam etwa auch Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin von LCH, die am Homeschooling vor allem die mangelnde Sozialisation der Kinder kritisierte. Es sei für die Entwicklung der Kinder essenziell, einerseits mit Schwierigkeiten und Streit in der Peergroup umzugehen und andererseits Freundschaften und Beziehungen ausserhalb der Familie aufzubauen. Sie kritisierte zudem, dass in manchen Kantonen keine pädagogische Ausbildung für das Unterrichten zu Hause verlangt werde, woran die Bildungsqualität leiden könne. Sie forderte dementsprechend national einheitliche und strenge Regeln für diese Unterrichtsform. Schliesslich könne Homeschooling zu einer Schwächung der Volksschule führen, wenn nur noch diejenigen Kinder in die reguläre Schule gingen, deren Familien sich kein Homeschooling leisten könnten.

Zunahme von Homeschooling

Im Juni 2024 publizierte die FDP ein Papier mit dem Titel «Volksschule am Anschlag: Zurück zum Bildungsauftrag». Das von der Delegiertenversammlung verabschiedete Papier enthielt insgesamt 17 Forderungen, dabei stachen folgende Punkte hervor: Erstens sei die Integration, wie sie heute in der Schule umgesetzt werde, nicht zielführend. Sie benachteilige vielmehr die lernschwachen Kinder und behindere den Unterricht der ganzen Klasse. Die Schwächen der Kinder sollten in Zukunft wieder individueller, das heisst in gesonderten Klassen, angegangen werden. Zweitens sollten im Unterricht wieder die Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Mathematik im Vordergrund stehen. Mit dieser Fokussierung könne unter anderem der Überforderung von Kindern entgegengewirkt werden. In Bezug auf die Sprachkompetenzen forderte die Partei, dass fremdsprachige Kinder vor dem Eintritt in die Volksschule die lokale Sprache beherrschen sollten. In der Primarschule wiederum solle das Erlernen der Erstsprache im Zentrum stehen. Eine erste Fremdsprache solle erst unterrichtet werden, wenn die Erstsprache gut beherrscht wird. Eine weitere Forderung der FDP bestand in der Aufrechterhaltung des Notensystems. Nur durch ein «transparentes und einfach anwendbares Bewertungs- und Beurteilungssystem» könnten die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler richtig abgebildet, Vergleiche ermöglicht und die Fortschritte gemessen werden. Weiter forderte die FDP, dass die Schulen und Politik gegen den Fachkräftemangel bei den Lehrkräften vorgehen, indem die Lehrpersonen verschiedene Anreize erhalten, um hochprozentig zu arbeiten. Zudem wurde eine neutrale Vermittlung des Unterrichtsstoffes verlangt; Lehrmittel, welche einseitig oder tendenziös seien, sollen vermieden werden.
Für dieses Papier gab es viel Widerspruch, aber auch Lob zu verzeichnen. Medial hohe Wellen schlug dabei vor allem die Forderung nach einer Einschränkung des integrativen Unterrichts: Kritik kam beispielsweise von Nationalrat Islam Alijaj (sp, ZH), der monierte, dass die Forderung nach Abschaffung des integrierten Unterrichts der Chancengerechtigkeit widerspreche; Inklusion könne nicht gelingen, wenn Kinder schon in jungen Jahren separiert würden. Auch Romain Lanners, Direktor des Zentrums für Heil- und Sonderpädagogik, äusserte sich irritiert, da die Forschung diese Aussagen widerlege und die Vorteile der integrativen Schule deren Nachteile überwögen, sowohl für Kinder mit Förderbedarf als auch für die anderen Kinder. Auch Dagmar Rösler vom LCH sprach bezüglich der Abschaffung der Integration von «rückständigen Forderungen» (Tages-Anzeiger). In der NZZ wurde hingegen der Mut der FDP hervorgehoben, diese Debatte überhaupt zu lancieren. Die NZZ am Sonntag wiederum stellte den wissenschaftlichen Konsens zur Integration in Frage; selbst die Hochschule für Heilpädagogik habe festgehalten, dass sich die Lernfortschritte von integriert unterrichteten Kindern nicht deutlich von den Leistungen von separiert geschulten Kindern unterscheiden. Weiter wurde in der NZZ am Sonntag kritisiert, dass schulische Konzepte, wie die Integration in die Regelklassen, einmal eingeführt, kaum mehr in Frage gestellt würden. Schliesslich mutmasste dieselbe Zeitung, dass entsprechende politische Vorstösse, die in den Kantonen von der FDP eingereicht werden könnten, bei der SVP auf fruchtbaren Boden stossen dürften. Aber auch die «Grünliberalen und die Mitte [verträten] über weite Strecken ähnliche Positionen», glaubte die NZZ am Sonntag zu wissen.

FDP-Papier «Volksschule am Anschlag: Zurück zum Bildungsauftrag»

In Dezember 2023 wurde der von SBFI und EDK in Auftrag gegebene Bericht zu den Schweizer Resultaten der PISA-Studie 2022 veröffentlicht. Dieser von der OECD durchgeführte Ländervergleich misst die Kompetenzen von 15-Jährigen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Wie der Studie zu entnehmen war, lagen die Schweizer Jugendlichen in allen drei Bereichen über dem OECD-Durchschnitt. Allerdings wurden die OECD-Mindestanforderungen in Mathematik von 19 Prozent der erfassten Schweizer Jugendlichen nicht erreicht; beim Lesen mussten gar 25 Prozent der Schweizer Schülerinnen und Schüler als leistungsschwach eingestuft werden. Nebst diesen Kompetenzerfassungen wurden im Rahmen der PISA-Studie auch individuelle Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie abgefragt. Dabei zeigte sich, dass viele Jugendliche während des Lockdowns von positiven Lernerfahrungen und einem hohen Wohlbefinden profitieren konnten. Allerdings fehlte der Hälfte der befragten Schülerinnen und Schüler die Lernmotivation.

Die Ergebnisse der PISA Studie 2022 wurden auch dieses Mal eifrig in den Medien diskutiert. Zu Reden gab insbesondere das Abschneiden bei der Lesekompetenz. Georges Felouzis, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Genf, machte dafür vor allem zwei Gründe aus: der steigende Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und auch die für die Schweiz typische frühe Trennung nach Bildungsgängen (Primar/Sek), welche tendenziell schwächere Schülerinnen und Schüler benachteilige. Über die Digitalisierung als Ursache für das relativ schwache Abschneiden bei der Lesekompetenz waren sich die Expertinnen und Experten uneins. Während Jeanina Miskovic von der PH Zürich darauf hinwies, dass auch vor dem Einzug von Internet und Social Media nicht alle Kinder Bücherratten waren und es vor allem darauf ankomme, die Schülerinnen und Schüler beim Leseprozess, wo auch immer dieser stattfinde, sorgfältig zu begleiten, plädierte der Psychologe Lutz Jäncke dafür, dass die Kinder und Jugendlichen vermehrt wieder von Hand schreiben, da sie sich dadurch die Buchstaben und Wörter, die für das Lesen die Grundlage darstellen, besser einprägen würden. Die Präsidentin des LCH, Dagmar Rösler, und die Bildungsforscherin Margrit Stamm forderten in Zusammenhang mit der Lesekompetenz, dass die Eltern vermehrt eine Vorbildfunktion einnehmen sollten: Die Schülerinnen und Schüler sollten in ihrem Zuhause ein leseförderndes Umfeld antreffen. Dies sei eine Voraussetzung dafür, dass die Kinder und Jugendlichen wieder mehr Freude am Lesen empfinden würden. Anke Schmitz, Professorin an der Pädagogischen Fachhochschule Nordwestschweiz, erläuterte, dass das intensive Üben in der Schule positive Effekte beim Lesen mit sich bringen könne. Diese Meinung teilte der Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid (SVP), der dafür im Kanton Nidwalden bereits die Lektionenzahl erhöhte. Der Tages-Anzeiger wiederum forderte bessere Massnahmen gegen den grassierenden Lehrkräftemangel, zumal die PISA-Studie auch gezeigt habe, dass Lehrkräftemangel mit schlechteren Leistungen in Mathematik einhergehe. Alain Pichard (glp, BE), Lehrer und GLP-Mitglied, forderte schliesslich, dass sich die Schulen wieder vermehrt auf die Vermittlung der Grundkompetenzen in Lesen, Schreiben und Rechnen konzentrieren müssten, andere Fächer oder Thematiken müssten im Gegenzug reduziert angeboten oder gänzlich aus dem Lehrplan gestrichen werden, da die Kinder und Jugendlichen ansonsten überfordert seien.

PISA-Erhebung 2022

Der Mangel an diplomierten Lehrkräften, insbesondere für die Primar- und Sekundarstufe, führte rund um den Schulbeginn im Sommer 2022 zu einer intensiven Mediendebatte. Bereits vor dem Schulstart, der in den meisten Kantonen in August stattfand, zeigte sich, dass es in vielen Schulen zu Engpässen kommen wird. Deshalb durften beispielsweise in den Schulen im Kanton Zürich auch Personen ohne entsprechendes Diplom angestellt werden, während vielerorts zudem Zivildienstleistende und sogenannte Klassenassistenzen eingestellt wurden. Die vermehrte Einstellung Letzterer wurde von Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des LCH, kritisiert, da es zu Kompetenzüberschreitungen kommen könne, wenn eine solche Assistenz etwa für eine reguläre Lehrperson einspringen müsse. Gegenüber der Presse fügte Rösler hinzu, dass die Qualität des Unterrichts darunter leide, wenn nicht adäquat ausgebildete Personen, wie etwa Studierende der PH, vor die Klassen gestellt würden. Auch bestehe die Herausforderung, dass die neu ausgebildeten Lehrkräfte begleitet werden müssten, damit diese nicht sogleich wieder «verheizt» würden und deshalb bald wieder aus dem Beruf ausstiegen. Rösler kritisierte insbesondere die Kantone, welche in den Augen des LCH zu wenig gegen den Lehrkräftemangel unternähmen. Zusammen mit dem «syndicat des enseignant-es romand-es» (SER) forderte der LCH konkret, dass eine finanzielle Unterstützung für die Ausbildung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern zur Lehrerin/zum Lehrer eingeführt wird und dass eine administrative Entlastung der Klassenlehrerinnen und -lehrer erfolgt.
In den Zeitungen wurden ebenfalls Lösungsvorschläge diskutiert, wie der Beruf der Lehrperson wieder attraktiver gemacht und dem Lehrkräftemangel entgegengewirkt werden könnte: So wurde beispielsweise vorgeschlagen, die Löhne, insbesondere für die Lernenden in der Unterstufe, zu erhöhen. Ursula Renold, Professorin für Bildungssysteme an der ETHZ, regte gegenüber der Aargauer Zeitung an, das Lohnsystem so auszugestalten, dass es lukrativer würde, ein höheres Pensum zu übernehmen. Zahlreiche Lehrkräfte unterrichteten nämlich nur wenige Lektionen, was dazu führe, dass der Koordinationsaufwand im Lehrkörper hoch sei und es insgesamt mehr Lehrkräfte brauche. Eine weitere grosse Herausforderung oder gar ein Problem sahen viele Zeitungen auch im Konzept der integrativen Klassen, also dem System, in welchem möglichst alle Kinder in derselben Klasse unterrichtet werden und es keine Sonderklassen gibt - etwa für verhaltensauffällige Kinder oder Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten oder besonderen Bedürfnissen. In der NZZ forderte etwa Alain Pichard (BE, glp), Lehrer und Grossrat im Kanton Bern, dass die sogenannten Klein- oder Sonderklassen wieder eingeführt werden, damit sich die Lehrkräfte wieder vermehrt der Wissensvermittlung widmen können. Zudem sollten die Lehrpersonen weniger administrative Aufgaben erledigen müssen, wurde in einem weiteren Meinungsbeitrag der NZZ ergänzt.
Im Nachgang zu dieser im Sommer geführten Debatte wurden auch seitens der nationalen Politik gewisse Forderungen gestellt: Die WBK-NR verlangte in insgesamt vier Vorstössen mit der Berufsmatura einen prüfungsfreien Zugang zur Pädagogischen Hochschule für die Ausbildung zur Primarlehrperson (Mo. 22.4267 und Po. 22.4268), eine gezielte Datenerhebung über die Verweildauer im Beruf (Po. 22.4265) sowie wissenschaftliche Evaluationen der verschiedenen Schulreformen (Po. 22.4266).

Mangel an Lehrpersonen (2022)
Dossier: Mangel an Lehrpersonen

Kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 begannen sich die Schweizer Medien mit den Auswirkungen geflüchteter ukrainischer Kinder auf das Schweizer Schulsystem auseinanderzusetzen.
Noch bevor überhaupt die ersten Kinder aus der Ukraine in der Schweiz eingeschult wurden, sagten die Zeitungen voraus, dass die zusätzlichen Schülerinnen und Schüler die Schulsysteme vor grosse Herausforderungen stellen würden. Wie diverse Berichte aus den Gemeinden sowie Gespräche mit Fachpersonen zeigten, galt es insbesondere folgende Probleme anzugehen: Die wichtigste Problematik bestand in der eigentlichen Integration der zahlreichen ukrainischen Schülerinnen und Schüler in das Schweizer Schulsystem, zumal die Kantone und Gemeinden auch lange Zeit nicht wussten, mit wie vielen Kindern sie überhaupt rechnen mussten. Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin von LCH, sprach sich dafür aus, dass die Kinder von Beginn weg in die Regelklassen aufgenommen und somit keine Sonderklassen gebildet würden. Dies setzte jedoch voraus, dass sich die Kinder gleichmässig auf die verschiedenen Gemeinden verteilten und es zu keinen Konzentrationen kommt, da die einzelnen Klassen mit der Integration von mehr als zwei fremdsprachigen Kindern überfordert sein könnten. Gemäss Medienberichten handhabten die Gemeinden dies aber sehr unterschiedlich; in Saanen (BE) beispielsweise wurden gleich drei sogenannte Willkommensklassen eröffnet, da rund 50 Waisenkinder im Rahmen einer privaten Initiative in dieser Gemeinde aufgenommen worden waren. Die zweite grosse Herausforderung bestand im ohnehin gravierenden Lehrpersonenmangel, der nun durch die tausenden von neu einzuschulenden Kindern aus der Ukraine noch verschärft wurde. Dagmar Rösler forderte daher, dass die Lehrpersonen dringend unterstützt werden müssen, zumal aufgrund der Covid-19-Pandemie bereits viele Lehrkräfte ausgefallen seien. In zahlreichen Gemeinden wurden auch pädagogisch ausgebildete Personen, die aus der Ukraine geflüchtet waren, und ukrainisch oder russisch sprechende Personen, die schon länger in der Schweiz leben, als Unterrichtshilfen eingesetzt. Ein weiteres Problem bildeten in manchen Gemeinden die fehlenden Schulräume, wie Stephan Huber, Leiter Forschung und Entwicklung an der Pädagogischen Hochschule Zug, ausführte.

Ukrainische Flüchtlinge im Schweizer Schulsystem

Am 29. April 2020 beschloss der Bundesrat, dass die Schulen der Stufen Primar und Sekundarstufe I, welche aufgrund der Corona-Pandemie hatten geschlossen werden müssen, am 11. Mai 2020 wieder öffnen dürfen. Der Wiedereröffnung der Schulen voraus ging ein Statement von Daniel Koch vom BAG, in welchem er den Medien erläuterte, dass sich unter den Infizierten kaum Kinder befänden und dass diese nicht die Haupttreiber dieser Epidemie seien. Diese Aussage wurde zwar von einigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern angezweifelt, aber Kinder hätten offenbar weniger Symptome und steckten damit weniger oft andere Personen an, wie der Leiter der Abteilung für Infektiologie Christoph Berger gegenüber der NZZ bestätigte.
Die Ankündigung der Schulöffnungen machte in der Schweiz eine Art Röstigraben sichtbar, zumindest zwischen Genf und Waadt und dem Rest der Schweiz, wie die Medien berichteten. Diese beiden Kantone, die beide viele Infizierte aufzuweisen hatten, äusserten grosse gesundheitlich begründete Vorbehalte gegenüber einer Öffnung am 11. Mai, zumal nicht klar sei, welche Schutzmassnahmen die Öffnung begleiteten. Die Erarbeitung der Schutzkonzepte überliess der Bundesrat in der Tat den Kantonen respektive den Gemeinden. Er gab nur einige Eckwerte für die Konzepte vor, wie etwa den 2m-Abstand zwischen Lehrpersonen und Schülern respektive Schülerinnen und die Beachtung der Hygieneregeln. Eine Maskenpflicht sah der Bundesrat nicht vor. Ebensowenig gab es Angaben zu einer Maximalgrösse der Schulklassen, was dazu führte, dass in einigen Kantonen die ganze Klasse unterrichtet wurde, während in anderen Kantonen Halbklassenunterricht vorgesehen war, wie Le Temps berichtete. Bei vulnerablen Personen (Kinder oder Lehrpersonen) sollten die Kantone für individuelle Lösungen sorgen, so der Bundesrat. Die Regierung beschloss ebenso, dass es an den Kantonen sei, zu entscheiden, ob die Schulen Zeugnisse ausstellen oder darauf verzichten sollen. Dieser grosse Spielraum für die Kantone wurde von verschiedenen Medien und Fachpersonen kritisiert. Die NZZ etwa sprach von einem Wirrwarr und einem föderalen Flickenteppich. Dagmar Rösler vom LCH und Thomas Minder vom Schulleiter­-Verband kritisierten den Bundesrat ebenfalls und gaben zu Protokoll, dass sie sich klarere und einheitlichere Vorgaben für die Schulöffnung gewünscht hätten, insbesondere betreffend maximale Klassengrössen.
Im Bereich der Gymnasien entschied der Bundesrat Ende April 2020 ebenfalls, dass jeder Kanton selber festlegen könne, ob er schriftliche Maturaprüfungen durchführen wolle oder nicht. Die mündlichen Prüfungen waren zuvor von der EDK bereits zur Absage empfohlen worden, was für die Kantone aber nicht verbindlich war. Bereits vor dem offiziellen Entscheid des Bundesrates Anfang Mai hatten einige Kantone entschieden, ob sie die Maturaprüfungen durchführen möchten oder nicht. Michael Hengartner, Präsident des ETH-Rats, bedauerte in der Sonntagszeitung, dass bei den Maturaprüfungen kein einheitliches Vorgehen zustande gekommen war. Er persönlich halte die Matura für ein wichtiges Ereignis im Leben der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten.
Bei den Berufsschulen entschieden Bund, Kantone und die Sozialpartner gemeinsam, dass die schriftlichen Lehrabschlussprüfungen nicht stattfinden werden, sondern die Erfahrungsnoten herangezogen werden sollen. Die praktischen Prüfungen sollten aber wenn immer möglich stattfinden, sofern die Hygieneregeln eingehalten werden können.

Schulschliessungen aufgrund des Coronavirus
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Am 13. März 2019 beschloss der Bundesrat mittels einer Verordnung weitreichende Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19). Mit dieser Verordnung wurde unter anderem beschlossen, dass ab dem 16. März 2020 alle Schulen inklusive der Hochschulen geschlossen bleiben mussten. Kindertagesstätten hingegen durften nur schliessen, wenn die zuständigen Behörden andere geeignete Betreuungsangebote vorgesehen hatten. Der Bundesrat griff damit stark in die Kompetenz der Kantone ein, welche in der Regel im Bereich Primarstufe, Sekundarschule, Gymnasium und Fachmittelschule zuständig sind.
In der Folge wurden sämtliche Schulen, einschliesslich Kindergärten, Grundschulen, Sekundarschulen, Gymnasien, Berufsschulen und Hochschulen, geschlossen. Kinder, Jugendliche sowie Studentinnen und Studenten wurden fortan zu Hause unterrichtet, insbesondere durch digitale Lernangebote. Die Medien berichteten ausführlich über die Schliessungen der Schulen und veröffentlichten zahlreiche Erfahrungsberichte über einzelne Schulen und deren Lehrkörper, gingen aber auch zu den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern nach Hause, um zu berichten, wie diese die Situation meisterten. Zu Beginn des sogenannten Lockdowns schrieben die Zeitungen über die kantonalen Unterschiede in der Handhabung der Schliessungen. So war in einigen Kantonen beispielsweise nicht klar, für welche Kinder und Jugendlichen ein Alternativprogramm in der Schule geboten werden musste, weil diese nicht zu Hause betreut werden konnten. Zahlreiche Zeitungen wiesen auch generell auf den Fakt hin, dass das Ausfallen des Präsenzunterrichts vor allem für bereits schwächere Schülerinnen und Schüler gravierende Folgen haben könne. Die Kinder bräuchten den sozialen Austausch in der Klasse als Korrektiv zum Elternhaus und die Schule trage stark dazu bei, Kinder aus einem bildungsfernen Elternhaus besser zu integrieren, so Philippe Wampfler, Deutschlehrer, in der NZZ. Dem pflichtete auch Margrit Stamm, emeritierte Professorin für Erziehungswissenschaften, im Sonntagsblick bei. Einige Eltern hätten viel weniger Kapazitäten als andere, um die Kinder zu Hause zu betreuen. Die Schulen müssten dafür sorgen, dass schwächere Schüler nicht noch mehr abgehängt würden.
Im Bereich der Grundschulen stand die Umstellung von analogem zu digitalem Unterricht und damit einige neue Unterrichtsformen im Fokus der Berichterstattung. Zunächst brachten einige Lehrerinnen und Lehrer die Schulmaterialien den Kindern nach Hause oder die Kinder konnten die Lehrmittel gestaffelt aus den Schulen abholen, wie einige Zeitungen berichteten. In den darauffolgenden Tagen wurde dann immer mehr auf den digitalen Unterricht übergeleitet und die Lehrpersonen schickten die Aufgaben per E-Mail oder es wurde auf Onlineplattformen zurückgegriffen. Die Sonntagszeitung berichtete, dass der Zürcher Lehrmittelverlag früh reagierte und für den Fernunterricht kostenlose Sonderlizenzen für E-Learning auf allen Schulstufen zur Verfügung stellte. Auf Stufe Bund wurde die staatliche Fachagentur Educa.ch eingeschaltet, welche den Einsatz von digitalen Lehrmitteln und Onlinediensten vorantreiben sollte, wie der Sonntags-Blick berichtete. Die Medien berichteten detailliert über die forcierte Digitalisierung des Unterrichts und über deren Vor- und Nachteile. Man war sich dabei einig, dass die Digitalisierung des Unterrichts einen Schub erhalten hatte, sie aber das Klassenzimmer und die Interaktion der Schüler und Schülerinnen untereinander und vor allem mit der Lehrperson nicht ersetze könne. Dem stimmte auch Dagmar Rösler, Präsidentin des LCH im Blick bei und wies zudem auf die Wichtigkeit des haptischen Erlebens hin, welches beim Online-Unterricht kaum gegeben sei.
Bei den Gymnasien und den Berufsschulen stand die Frage nach den Abschlussprüfungen im Vordergrund der Berichterstattungen. Dabei war lange Zeit unklar, ob und wie diese bei den beiden Bildungseinrichtungen stattfinden sollten, wobei Bund, Kantone und die Organisationen der Arbeitswelt daran seien, Lösungen zu finden, damit die Prüfungen stattfinden könnten, wie die NZZ berichtete. Ende März wurde von zwei Schülerinnen und Schülern aus dem Kanton Baselland eine Petition eingereicht, welche den Bundesrat dazu aufrief, 2020 alle Abschlussprüfungen abzusagen, wie die BAZ und andere Medien berichteten. In Zusammenhang mit den Abschlussprüfungen wiesen die Medien auch auf die Probleme der Jugendlichen bei der Suche nach einer Lehrstelle oder bei der täglichen Arbeit im Betrieb hin. Le Temps berichtete beispielsweise, dass viele Lernende weiterhin in ihrem Betrieb arbeiteten, obwohl dort die hygienischen Anforderungen nicht eingehalten werden könnten. Und in der Aargauer Zeitung wurde Stefan Wolter, Direktor der SKBF zitiert, der befürchtete, dass zahlreiche Unternehmen, welche Lernende ausbilden, schliessen werden müssen. Dadurch gebe es zahlreiche Lernende, die ihre Ausbildung abbrechen müssten und vor dem Nichts stünden. Ihnen müsse geholfen werden.

Schulschliessungen aufgrund des Coronavirus
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Was der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer LCH bereits im Juni 2018 nach einer Delegiertenversammlung bekannt gegeben hatte, wurde im August 2019 in die Tat umgesetzt: Der oberste Lehrer Beat Zemp trat per 1. August 2019 als Zentralpräsident zurück. Zemp besetzte das Amt seit 30 Jahren und hatte dieses dementsprechend mitgeprägt: Wie der LCH in einer Medienmitteilung festhielt, baute Zemp in dieser Zeit den Verband mit unterdessen 30'000 Mitgliedern zu einem von der Politik ernst genommenen Akteur aus. Auch in Deutschland und Österreich machte sich Zemp an internationalen Lehrerkonferenzen einen Namen. In Zemps Amtsperiode habe sich einiges verändert, wie der Tages-Anzeiger festhielt: 1991, also ein Jahr nach Zemps Amtsantritt, sei etwa das Ohrfeigen von Schülern durch Lehrpersonen noch erlaubt gewesen.
Als Nachfolgerin wurde die Primarlehrerin Dagmar Rösler gewählt, welche zuvor bereits sieben Jahre den Dachverband der Solothurner Lehrerinnen und Lehrer präsidiert hatte. Wie der Verband bekannt gab, werde Dagmar Rösler insbesondere die «Berufs- und Standesorganisation vorantreiben und die sprachregionale, nationale und internationale Bildungspolitik mitgestalten».

Rücktritt Beat Zemp LCH

Ausgangspunkt einer hitzigen medialen Diskussion um die frühkindliche Förderung war ein Artikel von SVP-Bildungspolitikerin Verena Herzog (svp, TG) in der SVP-Zeitung «Klartext», in welcher sie argumentierte, dass «eine verfehlte Zuwanderungspolitik durch staatlich verordnete Krippenerziehung wettgemacht werden» solle. Stein des Anstosses war dann ihre Aussage, in welcher sie Kinder in Krippen mit Verdingkindern verglich, die zwecks besserer Erziehung weggegeben wurden. Der Staat solle sich hierbei in grösserer Zurückhaltung üben – damals wie heute, so Herzog.
Vertreter und Vertreterinnen von Betreuungsorganisationen sowie vom Verein Fremdplatziert kritisierten den Vergleich vehement.
Die Aussage Herzogs liess sich in den Kontext der Debatten in Bundesbern über die frühkindliche Förderung einordnen. So wurde entschieden, dass neue Kita-Plätze weiterhin subventioniert werden und dass steuerpolitisch jene Eltern finanziell entlastet werden, die ihren Nachwuchs fremdbetreuen lassen (BRG 18.050). Herzog störte sich auch an den Bestrebungen, die Frühförderung der null- bis vierjährigen Kinder auszubauen. In der zuständigen Bildungskommission hätte ihr niemand beantworten können, was mit jenen Eltern passiere, die ihre Kinder nicht in die Frühförderung schicken wollten. Der Kindergartenbesuch sei auch freiwillig gewesen und dann obligatorisch geworden. Dasselbe wäre für die Frühförderung fatal, so Herzog.
Praktisch zur selben Zeit berichteten die deutschsprachigen Medien bezeichnenderweise über die Bemühungen einiger Kantone und Städte, die sprachliche Frühförderung von Kindern nichtdeutscher Muttersprache zu stärken. Viele Kinder sprächen zu Hause kein oder kaum Deutsch und seien daher komplett überfordert, wenn sie in die erste Klasse einträten. In einem Interview äusserte sich auch Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbandes der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer. Sie forderte ein schweizweites Obligatorium für eine Frühförderung analog dem Basler Modell. In diesem Modell «Frühe Deutschförderung» werden eineinhalb Jahre vor dem Kindergarteneintritt die Deutschkenntnisse fremdsprachiger Kinder ermittelt. Wenn diese nicht genügen, müssen die Kinder an mindestens zwei halben Tagen pro Woche eine Spielgruppe oder ein Tagesheim besuchen. In der Folge forderte Christoph Eymann (lpd, BS), Nationalrat und Präsident der SKOS, in einer zu Beginn von Nationalrätin Herzog bekämpften und schliesslich überwiesenen Motion, dass der Bundesrat prüfe und Bericht erstatte, wie die frühe Sprachförderung vor Eintritt in den Kindergarten mithilfe des Bundes im ganzen Land umgesetzt werden könne.
Ins gleiche Horn blies im Übrigen auch ein Bericht des Schweizerischen Wissenschaftsrates, der dringenden Handlungsbedarf bei der frühkindlichen Förderung sah. Gemäss den Medien sei ein schweizweites Obligatorium der sprachlichen Frühförderung jedoch derzeit nicht realistisch, weil die Frühförderung in der Kompetenz der Kantone liege.

Frühkindliche Förderung