Kein WHO-Abkommen ohne parlamentarische Genehmigung (Mo. 22.3546)

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Die SVP-Fraktion reichte im Juni 2022 eine Motion ein, in welcher sie forderte, dass kein WHO-Abkommen ohne parlamentarische Genehmigung abgeschlossen werden dürfe. Hintergrund der Motion waren die Bemühungen der WHO, ein Abkommen zur Vorsorge und Bereitschaft auf Pandemien und zur Stärkung der Internationalen Gesundheitsvorschriften auszuarbeiten.
Wie Andreas Glarner (svp, AG) anlässlich der Sondersession vom April 2024 ausführte, könnte mit dem «Pandemievertrag» eine grosse Zunahme der Einflussmöglichkeiten der WHO zulasten der einzelnen Mitgliedstaaten einhergehen. So genüge bereits eine potentielle gesundheitliche Notlage auf internationaler Ebene, um eine weltweite Gesundheitsnotlage auszurufen; eine Einigung mit den WHO-Vertragsstaaten sei dazu nicht mehr nötig. Als besonders stossend empfand Glarner den Umstand, dass sich die Staaten mit diesem Vertrag dazu verpflichteten, gegen falsche oder irreführende Informationen über Gesundheitsrisiken vorzugehen; dies widerspreche der in der BV garantierten Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit. Insgesamt komme es mit dieser Veränderung der WHO – von einem beratenden Organ zu einer Organisation, welche rechtsverbindliche Vorgaben machen könne – zu einer zu grossen Machtkonzentration, welche der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung der Schweiz grundsätzlich widerspreche.
Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider plädierte seitens des Bundesrats auf Ablehnung der Motion. Zum einen sei der Vertrag aktuell noch nicht fertig verhandelt; je nach Inhalt des Vertrags werde dieser ohnehin dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt. Zum andern werde der Vertrag nichts daran ändern, dass die Schweiz souverän über ihre eigene Gesundheitspolitik und über mögliche Massnahmen im Pandemiefall entscheiden könne.
Nach einigen Rückfragen seitens der SVP-Fraktion schritt die grosse Kammer zur Abstimmung. Die Motion stiess neben der SVP-Fraktion auch auf Zustimmung der Mitte und der FDP.Liberalen; sie wurde mit 116 zu 69 Stimmen und 3 Enthaltungen angenommen.

WHO-Pandemievertrag

Die parlamentarische Genehmigung eines möglichen WHO-Pandemie-Abkommens war Gegenstand eines Vorstosses der SVP-Fraktion, der in der Herbstsession 2024 auf der Agenda des Ständerates stand. Für die SGK-SR berichtete Esther Friedli (svp, SG), dass im internationalen Gesundheitsbereich derzeit zwei wichtige Geschäfte diskutiert würden, die auch in der Kommission immer wieder auf der Traktandenliste stünden: Zum einen handle es sich um die sogenannten internationalen Gesundheitsvorschriften. Hierbei habe es in den letzten Monaten Änderungen gegeben. Der Bundesrat werde diese Änderungen debattieren und die Anpassungen dem Parlament eventualiter zukommen lassen. Zum anderen beschäftigte sich die Kommission auch immer wieder mit dem WHO-Pandemieabkommen, wobei auf internationaler Ebene bislang noch keine Einigkeit für ein solches Abkommen erzielt werden konnte. Trotzdem wolle die SGK-SR, welche die Motion mit 8 zu 3 Stimmen guthiess, sicherstellen, dass das Abkommen sodann dem Parlament unterbreitet wird, auch wenn es sich lediglich um soft law handeln sollte, schloss Friedli. Anschliessend erläuterte Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider, dass für die Anpassungen der internationalen Gesundheitsvorschriften keine Änderungen der nationalen Gesetzgebung notwendig sein werden, trotzdem werde Baume-Schneider dem Gesamtbundesrat vorschlagen, eine Vernehmlassung durchzuführen und die parlamentarischen Kommissionen zu informieren. Bezüglich des Pandemieabkommens der WHO informierte die Gesundheitsministerin darüber, dass sich die Schweiz aktiv in die Verhandlungen einbringt, um einen Abkommenstext zu erreichen, welcher die Interessen der Schweiz, beispielsweise im Bereich des Geistigen Eigentums, wahrt. Nach der Annahme des Abkommens durch die Weltgesundheitsversammlung sei es jedoch immer noch an der Schweiz – und aufgrund der politischen Tragweite werde das Abkommen auch dem Parlament vorgelegt – zu entscheiden, ob sie das Abkommen unterzeichnen möchte oder nicht. Weil der Bundesrat folglich ohnehin vorsehe, das Abkommen dem Parlament zu unterbreiten, bat Bundesrätin Baume-Schneider, die vorliegende Motion abzulehnen. Der Ständerat entschied sich jedoch dafür, die Motion mit 29 zu 8 Stimmen und 4 Enthaltungen anzunehmen. Die ablehnenden Stimmen sowie die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der Mitte, der GLP, der SP sowie der Grünen.

WHO-Pandemievertrag