KVG. Stärkung der Grundversorgung dank eines besseren Angebots an Hausärztinnen und Hausärzten (Mo. 22.4357)

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Mit einer Motion forderte Jacques Nicolet (svp, VD) den Bundesrat Mitte Dezember 2022 dazu auf, im KVG eine Klausel zu ergänzen, damit Hausärztinnen und Hausärzte einen besseren Einzelleistungstarif erhalten, ohne dass sich dadurch die Kosten für die Prämienzahlenden erhöhten.
Die Motion gelangte in der Sommersession 2024 in den Nationalrat, wo der Motionär der grossen Kammer seinen Vorstoss präsentierte: Momentan herrsche in der Schweiz ein akuter Mangel an Ärztinnen und Ärzten in der Grundversorgung, wodurch die dezentrale medizinische Versorgung gefährdet sei und die Vorteile der Grundversorgung, wie die enge Bekanntschaft zwischen dem medizinischen Personal und den Patientinnen und Patienten, nur ungenügend ausgenützt würden. Eine Aufwertung des Einzelleistungstarifs würde mehr Ärztinnen und Ärzte dazu motivieren, sich für die weniger kostspielige Grundversorgung anstelle eines Spezialgebiets zu entscheiden. Diese Umstellung müsse im übrigen für die Prämienzahlenden kostenneutral sein. Zwar deuteten verschiedene Berichte auf eine Übertarifierung der fachärztlichen Eingriffe hin, jedoch blieben die Ärzteverbände bei der nötigen Neugewichtung bisher untätig, um keinen internen Konflikt zu schüren, so Nicolet. Deshalb solle der Bund diese im Rahmen des KVG vornehmen. Gemäss Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider unterstütze der Bundesrat zwar die Aufwertung der Grundversorgung, weswegen er auch entsprechende Änderungen bei den Tarmed-Anpassungen von 2014 und 2018 vollzogen habe, jedoch sei eine gesetzliche Anpassung nicht nötig, da in erster Linie die Tarifpartner für die Höhe der Tarife zuständig seien. Dennoch sei man mit dem Motionär einverstanden, dass die Grundversorgung weiter gestärkt werden müsse. So beabsichtige sie die Erarbeitung eines neuen Masterplans auf Grundlage der Postulate Juillard (mitte, JU; Po. 23.3678) und Hurni (sp, NE; Po. 23.3864), um den Zugang zur medizinischen Grundversorgung in den ländlichen Regionen zu verbessern. Die Motion hingegen empfehle der Bundesrat zur Ablehnung. Die grosse Kammer nahm die Motion jedoch mit 158 zu 20 Stimmen (11 Enthaltungen) an. Lediglich vereinzelte Personen aus der FDP.Liberalen-Fraktion und der GLP-Fraktion votierten gegen den Vorstoss.

In der Frühjahrssession 2025 beugte sich die kleine Kammer als Zweitrat über eine Motion Nicolet (svp, VD), welche den Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten durch die Aufnahme einer Regelung zum Einzelleistungstarif ins KVG beheben wollte. Ende Januar hatte die SGK-SR die Motion mit 9 zu 3 Stimmen (1 Enthaltung) zur Annahme empfohlen, was Hannes Germann (svp, SH) – Sprecher der Kommissionsmehrheit – mit dem Umstand begründete, dass ein guter Einzelleistungstarif «von zentraler Bedeutung» sei, um die Fachrichtung wieder beliebter für junge Ärztinnen und Ärzte zu machen. Eine Kommissionsminderheit um Peter Hegglin (mitte, ZG) forderte die Ablehnung der Motion. Zwar wolle auch die Minderheit den Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten beheben, jedoch schaffe die Motion einen Präzedenzfall, da üblicherweise die Tarifpartner die Einzelleistungstarife aushandeln und durch den Vorstoss ein Leistungserbringer «eine gesetzliche Sonderbehandlung» erhalte. Ausserdem werde die Stellung der Hausärztinnen und Hausärzte bereits mit dem Wechsel auf TARDOC verbessert, womit die Motion obsolet sei, so Peter Hegglin. Der Ständerat nahm die Motion mit 35 zu 10 Stimmen an. Die Nein-Voten stammten von Mitgliedern der Fraktionen der FDP und der Mitte.