Verkehrsregime Gotthardtransitstrassenverkehr (St. Iv. 23.310)

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Der Kanton Uri reichte im Juni 2023 die Standesinitiative «Verkehrsregime Gotthard-Transitstrassenverkehr» ein. Das Verkehrsaufkommen am Gotthardstrassentunnel und die Kapazität der alpenquerenden Strassen würden nicht mehr übereinstimmen, was zu zunehmenden Staustunden sowie Ausweichverkehr auf die Kantonsstrassen führe. Die Stausituation sei für die Urner Bevölkerung und auch für den Tourismus in Uri zunehmend belastend. Die vom ASTRA und der Urner Kantonspolizei ergriffenen Massnahmen würden dabei nur bedingt Abhilfe schaffen und der Kanton erwarte, dass sich die angespannte Verkehrssituation am Gotthard «nicht selbstständig entschärfen wird». Aus diesen Gründen forderte der Kanton Uri, dass das SVG oder andere Rechtsgrundlagen angepasst werden, um die Steuerung des Verkehrsaufkommens sowie die Stausituation für den Kanton zu verbessern. Dabei sollten fünf Massnahmen explizit überprüft werden. Erstens sollte der Verkehr durch den Gotthard verflüssigt werden, ohne dass dabei eine Erhöhung der Strassenkapazität notwendig wird. Zweitens sollte der Ausweichverkehr auf die Kantonsstrassen eingeschränkt werden, sodass die Kantonsstrassen primär den innerkantonalen Verkehr bedienen. Drittens sollten mittel- bis langfristige Massnahmen ausgearbeitet werden, um das Kapazitätsvolumen der Gotthard-Transitachse angemessener auszuschöpfen. Geprüft werden sollte dabei insbesondere ein Slot-System für die Tunnelbefahrung. Viertens sprach sich der Kanton Uri dafür aus, dass der alpenquerende Transitverkehr in den Verhandlungen zum Landverkehrsabkommen mit der EU aufgenommen wird. Schliesslich sollten fünftens die international koordinierten Massnahmen zur Erreichung der Ziele der Verkehrsverlagerung intensiviert werden.

Mit der ersten Vorprüfung der Standesinitiative beschäftigte sich die KVF-SR. Die Kommission war zwar der Ansicht, dass Handlungsbedarf bezüglich des Verkehrsregimes am Gotthard bestehe, gab dem Anliegen des Kantons Uri aber mit 9 zu 0 Stimmen (1 Enthaltung) keine Folge. Die Kommission argumentierte, dass bereits verschiedene Massnahmen zur Verbesserung der Stausituation am Gotthard ergriffen worden seien. Bevor weitere Schritte geplant werden, soll laut der KVF-SR ein Postulatsbericht betreffend die Verbesserung des Verkehrsmanagements im alpenquerenden Verkehr abgewartet werden.

Der Ständerat befasste sich in der Sommersession 2024 mit einer Standesinitiative des Kantons Uri zum Verkehrsregime im Gotthard-Transitstrassenverkehr.
Im Rat erläuterte Marianne Maret (mitte, VS) die Position der KVF-SR und beantragte in deren Namen, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Die Kommission anerkenne zwar das grosse Problem der Stausituation am Gotthardstrassentunnel für die Urner Bevölkerung. Es seien jedoch bereits verschiedene Massnahmen angedacht oder umgesetzt worden, um dem anhaltenden Stau am Gotthard entgegenzuwirken.
Für den Kanton Uri meldeten sich die beiden Urner Ratsmitglieder – Josef Dittli (fdp) und Heidi Z'Graggen (mitte) – zu Wort. Das grösste Problem stelle der Ausweichverkehr dar. Bei grossem Stauaufkommen am Gotthard komme der Lokalverkehr von Altdorf bis Göschenen zum Stillstand, was nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für den öffentlichen Verkehr und Blaulichtorganisationen eine grosse Einschränkung sei. Allerdings seien seit der Einreichung der Standesinitiative verschiedene Schritte wie runde Tische sowie Massnahmen gegen den Ausweichverkehr eingeleitet worden. Auch sei ein Grossteil der Forderungen der Standesinitiative im mittlerweile erschienenen Postulatsbericht zum Ausweichverkehr auf der Nord-Süd-Achse abgehandelt worden, der eine Auslegeordnung zur aktuellen Situation am Gotthard sowie eine Übersicht zu möglichen Massnahmen gegen den Ausweichverkehr auf die Kantonsstrassen biete. Sowohl Dittli als auch Z'Graggen sprachen sich deshalb dafür aus, der Standesinitiative keine Folge zu geben.
Der Ständerat folgte seiner Kommission sowie den beiden Urner Ratsmitgliedern und gab der Initiative keine Folge.

Nachdem der Ständerat einer Standesinitiative des Kantons Uri zum Verkehrsregime im Gotthard-Transitstrassenverkehr keine Folge gegeben hatte, erteilte auch die KVF-NR dem Urner Anliegen eine Absage. Mit 12 zu 9 Stimmen (3 Enthaltungen) beantragte sie ihrem Rat, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Die Kommission hatte sich in Anbetracht eines Postulatsberichts vertieft mit möglichen Massnahmen zum Ausweichverkehr auf der Nord-Süd-Achse befasst und dazu zwei Motionen eingereicht (Mo. 25.3003 und Mo. 25.3004). Gemäss Kommissionsmehrheit bestand somit kein Handlungsbedarf mehr.

In der Sondersession im Mai 2025 beriet der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Uri, welche Verbesserungen am Verkehrsregime im Gotthard-Transitstrassenverkehr forderte. Im Ständerat war die Standesinitiative bereits abgelehnt worden, und auch die KVF-NR empfahl ihrem Rat mit 12 zu 9 Stimmen (3 Enthaltungen), der Standesinitiative keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Lorenzo Quadri (lega, TI) unterstrich im Rat, dass das Anliegen der Motion mit verschiedenen von Parlament, Bund und Kantonen neu erarbeiteten Vorstössen und Massnahmen bereits erfüllt werde.
Eine Kommissionsminderheit um den Urner Nationalrat Simon Stadler (mitte), beantragte der Initiative Folge zu geben. Stadler anerkannte zwar, dass Bund und Kantone erste Massnahmen ergriffen hätten, der «grosse Wurf» sei dabei aber noch nicht gelungen. Es seien deshalb neue Massnahmen nötig, um die Verkehrssituation in den betroffenen Berggebieten zu verbessern und die Verkehrsverlagerung voranzutreiben.
Stadler fand schliesslich jedoch keine Mehrheit im Rat: Der Nationalrat beschloss mit 108 zu 82 Stimmen (2 Enthaltungen), der Standesinitative keine Folge zu geben, womit das Anliegen erledigt war. Für Folgegeben hatten die geschlossenen Fraktionen von SP, GLP und Grünen sowie ein Teil der Mitte-Fraktion gestimmt.