Marianne Binder-Keller (mitte, AG) deponierte im Dezember 2022 zum zweiten Mal ein Postulat zum Verbot des Kopftuchtragens in der Schule, nachdem ihr identisches Postulat 20.4728 nie traktandiert worden war. Binder-Keller forderte den Bundesrat dazu auf, in einem Bericht auszuführen, wie eine Gesetzesgrundlage für ein solches Verbot geschaffen werden kann. Es gehe ihr mit ihrer Forderung um die Gleichberechtigung der Geschlechter und um die Freiheit der Mädchen. Das Kopftuch bei muslimischen Mädchen sei nämlich ein Zeichen der «Unterordnung und Diskriminierung» und widerspreche der Bundesverfassung.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats. In der Sommersession 2024 erläuterte Justizminister Beat Jans gegenüber Jacqueline de Quattro (fdp, VD), die das Postulat übernommen hatte, dass sowohl die Religionsausübung als auch das Schulwesen in der Kompetenz der Kantone liegen. Zudem habe das Bundesgericht zu diesem Thema bereits geurteilt, dass ein generelles Kopftuchverbot für Schülerinnen in öffentlichen Schulen gegen die Verfassung verstosse (BGE 142 I 49). Darüber hinaus habe sich der Bundesrat schon im Bericht in Erfüllung des Postulats 13.3672 von Thomas Aeschi (svp, ZG) mit diesem Thema beschäftigt und sei zum Schluss gekommen, dass kein Handlungsbedarf bestehe. An dieser Auffassung habe sich nichts geändert. Schliesslich verfügten die Kantone im Einzelfall, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls oder der Chancengleichheit vorliege, bereits über «die nötigen Instrumente, um ein Kind zu schützen». In der anschliessenden Abstimmung nahm die grosse Kammer das Postulat mit 104 zu 77 Stimmen und 10 Enthaltungen an. Für Annahme des Postulates sprachen sich die ganze SVP-Fraktion, die fast geschlossen stimmende Mitte-Fraktion sowie etwa die Hälfte der FDP.Liberalen-Fraktion aus. Dazu gesellten sich noch wenige Stimmen aus der GLP-Fraktion.