Von zahlreichen Volksinitiativen und dem Ringen um Gegenvorschläge
Im Jahr 2025 dominierte die Asylpolitik im Themenbereich «Soziale Gruppen» wie in jedem Jahr seit 2022 sowohl die Medienberichterstattung (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse) als auch die Parlamentsarbeit. Insbesondere aufgrund von Diskussionen um Volksinitiativen und allfällige Gegenvorschläge standen aber auch die Themen «Migration», «Familien» und «Menschen mit Behinderungen» ganz oben auf der politischen Agenda.
Wie bereits 2023 und 2024 wurden auch im Jahr 2025 zahlreiche Vorstösse zu Verschärfungen in der Asylpolitik eingereicht und behandelt. Auf der Tagesordnung standen diese Forderungen nicht zuletzt aufgrund von zwei von der SVP-Fraktion einberufenen ausserordentliche Sessionen (im März und September). Wie bereits im Vorjahr fanden einige dieser Vorstösse Mehrheiten in beiden Kammern, darunter auch solche aus der SVP-Fraktion. National- und Ständerat beauftragten den Bundesrat im Jahr 2025 etwa damit, Grenzkontrollen zu verschärfen, den Wegweisungsvollzug konsequenter zu gestalten oder schärfer gegen straffällige Asylsuchende vorzugehen. Dass der Schutzstatus S seit November 2025 nur noch erteilt wird, wenn sich der letzte Wohnsitz der Gesuchstellenden in besetzten oder umkämpften Regionen der Ukraine befand, ist jedoch das Ergebnis einer bereits im Dezember des Vorjahres teilweise überwiesenen Motion. Handlungsbedarf beim Wegweisungsvollzug sowie im Bereich der Kriminalität orteten auch Bund, Kantone, Gemeinden und Städte in ihrer Ende November publizierten Asylstrategie 2027.
Das Parlament beschäftigte sich 2025 in der Asylpolitik indes nicht nur mit Vorstössen. So beschloss es die Übernahme des EU-Migrations- und Asylpaktes, wobei sich auch der Nationalrat nach längeren Diskussionen dazu bereit erklärte, am Solidaritätsmechanismus teilzunehmen, um EU-Länder mit besonders vielen geflüchteten Personen zu entlasten. Unter Dach und Fach gebracht wurde ferner eine Änderung des Asylgesetzes, welche die Sicherheit in und um Asylzentren erhöhen will. Schliesslich sieht das Entlastungspaket 27 Kürzungen bei den Abgeltungspauschalen vor, wodurch die Kantone und Gemeinden weniger Bundesunterstützung für die Deckung der Sozialhilfekosten für Personen im Asylbereich erhalten sollen. Der Ständerat stellte sich in der Wintersession hinter die vorgeschlagene Massnahme, die mit einem Volumen von insgesamt etwas über einer Milliarde den grössten Spareffekt im Paket aufweist.
Viel Aufmerksamkeit erhielt die SVP im Berichtsjahr mit ihren migrationspolitischen Volksinitiativen: 2025 debattierten National- und Ständerat von allen behandelten Geschäften am zweitlängsten über die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)», die in den meisten Medien als Gefahr für die bilateralen Beziehungen und für das Vertragspaket mit der EU erachtet wird (vgl. APS-Analyse der Wortmeldungen). Beide Kammern lehnten es ab, der Initiative einen direkten Gegenentwurf gegenüberzustellen – trotz entsprechendem Vorschlag der Mitte-Fraktion. Ferner gab die BK im November das Zustandekommen der Grenzschutzinitiative der SVP bekannt, die unter anderem eine Obergrenze von 5'000 bewilligten Asylgesuchen pro Jahr verlangt. Durch wiederholten Nichteintretensentscheid scheiterte hingegen in der Frühjahrssession ein durch eine linke parlamentarische Initiative angestossenes Projekt zur Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug.
Im Bereich der Familienpolitik erklärten die Räte die seit 2023 debattierte Vorlage zur Verstetigung der finanziellen Unterstützung für die familienergänzenden Kinderbetreuung nachträglich zum indirekten Gegenvorschlag zur Kita-Initiative der SP, die vom Bund eine Übernahme von zwei Dritteln der Betreuungskosten verlangt. In der im Dezember verabschiedeten Vorlage hatte sich der Ständerat – anders als noch im Vorjahr – zu einer Bundesbeteiligung im Rahmen von Programmvereinbarungen mit den Kantonen entschieden. Diese fiel mit Verweis auf die angespannten Bundesfinanzen indes tiefer aus als ursprünglich vom Nationalrat geplant. Die Finanzierung der neu zu schaffenden Betreuungszulage zur Unterstützung der familienexternen Betreuungskosten soll zudem alleinige Sache der Kantone bleiben. Was die Forderung der Bundesbeteiligung angeht, geht der Gegenvorschlag somit deutlich weniger weit als die Initiative.
Auch was die im April 2025 lancierte Familienzeit-Initiative betrifft, die für beide Elternteile je 18 Wochen bezahlte Elternzeit fordert, gehen die Vorstellungen von Initiativkomitee und Parlament wohl auseinander. So wurde mit einem Entscheid der SGK-NR Ende Mai zwar zwei Standesinitiativen Folge gegeben, welche die Einführung einer Elternzeit fordern; gemäss Kommissionsmehrheit soll diese jedoch in einer flexiblen Aufteilung der bestehenden 16 Urlaubswochen bestehen (14 für die Mutter, 2 Wochen für den anderen Elternteil). Ende Jahr verabschiedete das Parlament schliesslich eine Revision des Erwerbsersatzgesetzes, die Verbesserungen bei den EO-Leistungen, die in Zusammenhang mit der Geburt oder Adoption eines Kindes stehen, mit sich bringt. Hohe Wellen schlugen schliesslich die Pläne des Bundesrates, internationale Adoptionen zu verbieten. Mit einer im Herbst präsentierten Botschaft zur Änderung des Zivilgesetzbuches will der Bundesrat indes Stiefkindadoptionen erleichtern, was insbesondere Regenbogenfamilien zugutekommen soll.
Einen indirekten Gegenvorschlag soll es auch zur Volksinitiative «Für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Inklusions-Initiative)» geben. Im Juni gab der Bundesrat einen entsprechenden Vorentwurf in die Vernehmlassung. Damit soll auch eine im Berichtsjahr überwiesene Motion, die die freie Wahl des Wohnorts und der Wohnform für Menschen mit Behinderungen fordert, erfüllt werden. Als Erfolg der 2023 durchgeführten Behindertensession werteten die betroffenen Interessengruppen im Berichtsjahr schliesslich die Überweisung einer Motion, gemäss welcher auch Menschen mit umfassender Beistandschaft künftig ihre politischen Rechte ausüben dürfen sollen.
In der Kinder- und Jugendpolitik wurde ein Meilenstein erreicht: Die Räte verabschiedeten eine Änderung des Zivilgesetzbuches, mit welcher das Recht auf gewaltfreie Erziehung als programmatische Norm verankert wurde. Mit dem Ziel einer stärkeren Bekämpfung von Gewalt veröffentlichte der Bundesrat im Oktober ferner seine Botschaft in Erfüllung dreier Motionen, die Krisenzentren für die Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt verlangen. Zudem startete im November im Auftrag des Parlaments (Mo. 21.4418; Mo. 21.4470; Mo. 21.4471; Mo. 22.3011) die erste nationale Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt. Schliesslich verursachte die im Jahr 2025 gemäss EDI «alarmierend» hohe Zahl an Femiziden Schlagzeilen. Die SP kündigte daraufhin die Lancierung einer Volksinitiative an, um Frauen besser vor Gewalt zu schützen.