Bevölkerung und Arbeit 2025: Geprägt von Lohnfragen

von Anja Heidelberger und Nic Töny

Auch im Jahr 2025 wurden im Themenbereich «Bevölkerung und Arbeit» zahlreiche verschiedene Themen diskutiert, wobei die Löhne einmal mehr im Fokus standen.

Für grosse Diskussion sorgte die Frage nach der Sicherung des Schweizer Lohnschutzes im Rahmen der sogenannten Bilateralen III. Insbesondere gaben hier die gekürzte Voranmeldefrist für ausländische Unternehmen und die Übernahme der EU-Spesenregelung zu reden, weshalb die Sozialpartner unter Vermittlung des Seco in diesem Bereich über innenpolitische Abfederungsmassnahmen verhandelten. Im März einigten sie sich auf ein 14-teiliges Massnahmenpaket, das in der Vernehmlassung zu den Bilateralen III grösstenteils auf Zustimmung stiess – mit Ausnahme der höchst umstrittenen Stärkung des Kündigungsschutzes von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern.

Auch im Parlament wurde in diesem Jahr intensiv über die Löhne diskutiert. In der Sommersession hiess der Nationalrat unter grosser medialer Aufmerksamkeit (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse) die aufgrund einer angenommenen Motion ausgearbeitete Regelung, wonach allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge künftig Vorrang vor kantonalen Mindestlohngesetzen erhalten sollen, als Erstrat gut. Der Ständerat sistierte in der Folge jedoch die Behandlung der Vorlage, um Fragen zur verfassungsmässigen Kompetenz der verschiedenen Staatsebenen abklären zu lassen. Auch sonst war es kein gutes Jahr für die Befürwortenden eines Mindestlohns: Im Februar lehnte die Stimmbevölkerung in den Kantonen Basel-Landschaft und Solothurn die Einführung von Mindestlöhnen ab, im November diejenige des Kantons Freiburg. In den Städten Zürich und Winterthur waren entsprechende Regelungen in Erwartung eines Bundesgerichtsurteils hängig, nachdem das Verwaltungsgericht Rekurse gegen die im Jahr 2023 von der Stimmbevölkerung angenommenen Mindestlöhne in den beiden Städten gutgeheissen hatte. Das fehlende Urteil des höchsten Gerichts führte auch bei entsprechenden Projekten in den Städten Bern, Biel und Schaffhausen zu Verzögerungen. Einzig die Stadt Luzern setzte per 1. Januar 2026 einen Mindestlohn in Kraft.

Im Berichtsjahr vom Parlament bereits verabschiedet werden konnte hingegen ein neues Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch betreffend Lohndaten (AIALG), das aufgrund des Grenzgängerabkommens mit Italien sowie des Zusatzabkommens über die Telearbeit mit Frankreich notwendig geworden war und die Grundlage für den Informationsaustausch von Lohndaten zwischen der ESTV und den Kantonen bildete.

Ebenfalls um Löhne, aber insbesondere um die Arbeitszeit ging es bei den Verhandlungen zur Erneuerung des Landesmantelvertrags im Baugewerbe, der die Arbeitsbedingungen von 80'000 Personen regelt und per Ende 2025 ausläuft. Nachdem die Verhandlungen seit Juli erfolglos geblieben waren, entschieden sich im Oktober knapp 90 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für Streikmassnahmen. In den folgenden Wochen kam es in verschiedenen Schweizer Orten zu Arbeitsniederlegungen. Erst Mitte Dezember gelang es den Sozialpartnern in der zehnten Verhandlungsrunde, sich auf einen neuen Vertrag mit sechsjähriger Laufzeit zu einigen und so einen vertragslosen Zustand im Folgejahr zu verhindern. Der neue Vertrag muss jedoch noch von den jeweiligen Entscheidungsgremien genehmigt werden.

Grosse mediale Aufmerksamkeit erzielte auch ein Entwurf der WAK-NR, der die Homeoffice-Regelungen flexibilisieren will – unter anderem soll damit die tägliche Arbeitszeit ausgedehnt, die Mindestruhezeit reduziert und die Sonntagsarbeit an höchstens sechs Sonntagen erlaubt werden. Der Nationalrat hiess den entsprechende Entwurf mit einigen Verschärfungen gut. Das Revisionsvorhaben führte zu grosser Kritik der Gewerkschaften, die dadurch eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen befürchten. Ende Jahr stand zwar die Beratung im Ständerat noch aus, dennoch wurden bereits Referendumsdrohungen laut.

Dossier: Rétrospective annuelle 2025