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Bildung, Kultur und Medien
Medien
Discussion au sujet d'un article constitutionnel sur la radio et la télévision — Un rapport sur le développement de la télévision se heurte à des critiques — L'orchestre de la radio alémanique est attribué à Bâle — Libéralisation dans le domaine de l'information — Interventions destinées d limiter la commercialisation de la presse.
 
Der neue Anlauf zu einer verfassungsmässigen Verankerung der Ordnung für Radio und Fernsehen, der aus den öffentlichen Diskussionen von Anfang 1967 hervorgegangen war, führte im Sommer 1968 zur Einleitung eines Vernehmlassungsverfahrens über einen Entwurf des EVED zu einem Art. 36quater [1]. Dieser lehnt sich fast wörtlich an den. Vorschlag des Bundesrates von 1956 an; er ordnet dem Bund die Gesetzgebungskompetenz und die Erfüllung der technischen Aufgaben zu, verlangt die Betrauung einer oder mehrerer öffentlicher oder privater Institutionen mit dem Programmdienst und schreibt für diesen die Berücksichtigung der kulturellen Bedürfnisse der Kantone, Landesteile, Bevölkerungsgruppen und Sprachgebiete vor. Einzige Neuerung ist die Einführung eines Grundsatzes der « Radio-und Fernsehfreiheit », der diffch Gesetz näher zu umschreiben wäre, für den Programmdienst. Die neue Freiheit war in einem bereits 1967 von Prof. H. Huber erstatteten Gutachten als ein institutioneller Grundsatz für die Gesamtordnung von Radio und Fernsehen, ein « freiheitlicher Geist », nicht als individuelles Recht interpretiert worden. Sie richte sich sowohl gegen eine Beherrschung durch den Staat wie auch gegen beherrschende Einflüsse von gesellschaftlichen Machtkonzentrationen, nicht aber gegen eine staatliche Kontrolle zur Wahrung von Sicherheit, Ordnung und völkerrechtlicher Stellung des Landes [2].
Der Entwurf wurde im allgemeinen günstig aufgenommen, doch liessen der ungewohnte Begriff der « Radio- und Fernsehfreiheit » und seine ungewisse Tragweite das Verlangen nach möglichst frühzeitiger Orientierung über den Inhalt des vorgesehenen Ausführungsgesetzes laut werden [3]. Freisinnige Kreise empfahlen, im Interesse einer weitherzigen Auslegung auf eine gesetzliche Präzisierung des neuen Grundsatzes zu verzichten [4]. Verschiedene Stimmen kritisiertest, dass der Bundesrat mit seinem Bericht über den Ausbau des Fernsehens die Monopolstellung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und damit seine eigene Kontrollposition vom Parlament sanktionieren lasse, wodurch die Interpretation der Radio- und Fernsehfreiheit vorweggenommen werde [5]. Von konservativer Seite wurde dagegen verlangt, dass die Programmgestaltung nicht nur auf kulturelle, sondern auch auf staatspolitische Bedürfnisse Rücksicht nehme [6]. In den unterschiedlichen Stellungnahmen spiegelte sich der Streit um die Frage, ob der freiheitliche Geist im Monopolbetrieb von den Behörden, von den organisierten gesellschaftlichen Gruppen oder von den im Betrieb selber Tätigen am besten zu gewährleisten sei [7]. Zur Korrektur des SRG-Monopols wurde angeregt, strittige Programmfragen von einem nur dem Parlament oder dem Bundesrat verantwortlichen Radio- und Fernsehrat entscheiden zu lassen [8].
Der erwähnte Fernsehbericht des Bundesrates bezog sich auf verschiedene parlamentarische Vorstösse der Jahre 1966 und 1967, in denen es um Programmauswahl und technische Programmvermittlung gegangen war [9]. Er bestätigte die von der SRG 1967 bekanntgegebenen Pläne und die von Bundesrat Gnägi im Parlament geäusserten Stellungnahmen; die zweite und dritte Senderkette, die der Schweiz nach dem europäischen Wellenplan zur Verfügung stehen, sollen somit für Programme verwendet werden, für deren Zusammenstellung die SRG verantwortlich ist. Über die zweite Kette empfingen bereits 1968 gewisse Gegenden das Programm einer anderen Sprachregion des Landes; Sendung und Empfang eines dritten Programms, das neuer Studios bedarf, sind erst von 1971/72 an möglich. Sowohl für die Erweiterung des Programmangebots wie auch für die am 1. Oktober offiziell eröffneten Farbsendungen wurde die Finanzierung bis 1974 als gesichert erklärt [10]. Bei der parlamentarischen Behandlung beantragten im Nationalrat verschiedene Fraktionen, den Bericht, der sich sowohl gegen die Konkurrenz einer weitiren Fernsehgesellschaft wie auch gegen besondere Vorkehren zurVerbesserung des Auslandempfangs wandte, nur mit Vorbehalten zur Kenntnis zu nehmen; sie drangen jedoch nicht durch. Dagegen überwies der Rat ein Postulat, das zur Vorbereitung der Schweiz auf die Erweiterung des internationalen Programmwettbewerbs durch eine vervollkommnete Satellitenfunktechnik aufforderte [11]; die Aussicht auf eine raumtechnische Übertragung einer Vielzahl von Fernsehprogrammen diente den Monopolgegnern auch als Argument gegen die Bevorzugung inländischer Sendungen in der Ausbaupolitik des Bundesrates [12].
Dieser Politik entsprach es, wenn der Nationalrat im Dezember ein Postulat ablehnte, das besondere Bundesmassnahmen wünschte, um den Westschweizern den Empfang der auf einem andern System beruhenden französischen Farbsendungen zu erleichtern [13]. Ein anderes Regionalproblem, das Basel, Zürich und die Ostschweiz bewegte, wurde durch die zuständigen Organe der SRG entschieden: trotz den Anstrengungen eines im Februar gebildeten Aktionsausschusses, der von mehreren Kantonen und Städten Beitragszusicherungen erhielt, verlor Zürich das Radioorchester Beromünster an das freigebigere Basel [14].
In den Diskussionen um die Radio- und Fernsehfreiheit wurde immer wieder der Vergleich mit der Presse gezogen, die — ihrer privatwirtschaftlichen Struktur entsprechend — unter einer Freiheitsgarantie steht, deren Grenzen sehr zurückhaltend markiert sind [15]. Das Gemeinsame in der politischen Problematik der verschiedenen Massenmedien ergibt sich aus deren Stellung im Spannungsfeld zwischen Staatsinteresse, Gruppeninteressen, Bedürfnis nach Information und Gestaltungsdrang der Ausführenden. Je nach dem Standort kann die staatliche Einflussnahme als Druck und Beengung oder als Rückhalt und Schutz erscheinen.
Ein Entgegenkommen an das Informationsbedürfnis bedeutete es, als im Zusammenhang mit der Reorganisation der Bundeskanzlei zugleich das Informationswesen der Bundesverwaltung neu geordnet wurde; mit seiner Betreuung wurde der eine der beiden Vizekanzler, der frühere Journalist W. Buser, beauftragt. Bundespräsident Spültier betonte schon am Jahresbeginn den Willen des Bundesrates, die Information der Öffentlichkeit in Zusammenarbeit mit den Massenmedien auszubauen [16]. Als kurz darauf das Bekanntwerden der Expertenvorschläge für die 7. AHV-Revision durch Indiskretion einigen Unwillen auslöste, entschloss sich der Bundesrat, die Informationsschleusen künftig auch für wichtige Anträge von Expertenkommissionen zu öffnen [17]. In den eidgenössischen Räten setzte sich gleichfalls das Verlangen nach grösserer Freiheit bei der Informationsbeschaffung durch: im Rahmen der Beratung des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren beharrte der Nationalrat im Juni auf seiner liberaleren Fassung des Zeugnisverweigerungsrechts der Presse, nach welcher es nur in bézug auf innere und äussere Landessicherheit einen Vorbehalt geben soll; er dehnte zudem das umstrittene Recht auf das Radio- und Fernsehpersonal aus. Angesichts des aus Pressekreisen drohenden Referendums und nicht zuletzt unter dem Eindruck des beispielhaften Widerstandes der tschechoslowakischen Informationsorgane lenkte der Ständerat im September ein [18].
Eine Gefahr für die Vielfalt und Unabhängigkeit der Information wurde von verschiedener Seite auch in der Bildung privater Machtkonzentrationen gesehen; so war der Ringier-Konzern mit seinen Positionen in Presse, Bildvermittlung, Werbefernsehen, Papierindustrie und Grossdetailhandel Gegenstand eingehender Berichte [19] und parlamentarischer Vorstösse. Eine von Nationalrat Müller (k.-chr., LU) angeregte kartellrechtliche Erhebung über den Markt für Presseerzeugnisse und Bildagenturen wurde von der Kartellkommission an die Hand genommen; gegenüber weiteren Massnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit der seit 1935 von einer Volksinitiative geforderten Revision des Art. 55 der Bundesverfassung, verhielt sich Bundesrat von Moos dagegen zurückhaltend, wobei er sich auf ablehnende Stimmen aus Pressekreisen berief [20]. Auf eine andere Intervention hin sicherte Bundesrat Bonvin zu, dass mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Basis mittlerer und kleinerer Zeitungsverlage die Werbesendungen beim Fernsehen nicht mehr ausgedehnt und beim Radio nicht eingeführt werden sollten [21]. Anderseits ersuchten die Zeitungsverleger die PTT um günstige Tarife für den Aufbau von Fernsatznetzen, mit denen der Zeitungsbetrieb stärker rationalisiert werden könnte [22]. Auf die Massenpresse bezog sich schliesslich die vom Nationalrat überwiesene Motion Broger (k.-chr., AI), die eine Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes gegen Verletzungen der Persönlichkeitssphäre verlangte [23].
P.G.
 
[1] NZZ, 381, 24.6.68. Vgl. dazu SPJ, 1967, S. 128, u. BBl, 1968, I, S. 1584 f.
[2] Vgl. insbes. NZZ, 451, 24.7.68; 558, 10.9.68; 559, 11.9.68; GdL, 172-174, 25.-27./28.7.68; Tat, 187, 10.8.68; BN, 343, 17./18.8.68.
[3] Weltwoche, 1815, 23.8.68; NZZ, 571, 17.9.68 (NR Eibel, rad., ZH); 587, 24.9.68; 643, 17.10.68; Die Schweizer Presse, 4, 1.10.68; Prof. W. Geiger am Schweizerischen Juristentag (NZZ, 621, 8.10.68).
[4] Freisinnig-demokratische Partei (NZZ, 700, 12.11.68); Bund, 215, 13.9.68.
[5] Vgl. weiter unten; ferner NZ, 259, 9.6.68; NR Eibel in NZZ, 571, 17.9.68; Lb, 228, 28.9.68.
[6] Konservativ-christlichsoziale Volkspartei (Vat., 288, 10.12.68); ähnlich BGB (NZZ, 765, 10.12.68) und Schweizerische Gewerbekammer (Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 36, 6.9.68). Vgl. auch Lib., 16, 18.10.68.
[7] Vgl. dazu noch BN, 301, 20./21.7.68; 312, 27./28.7.68; Tat, 173, 25.7.68; Bund, 185, 9.8.68; 246, 20.10.68; NZZ, 562, 12.9.68; 670, 30.10.68. Zur Problematik der gesellschaftlichen Integration von Radio und Fernsehen vgl. MARKUS T. DRACK, «Zur Integration von Radio und Fernsehen », in Schweizer Rundschau, 67/1968, S. 265 ff.
[8] Hans Wili, « Grenzen und Konsequenzen der Medienfreiheit », in Schweizer Rundschau, 67/1968, S. 217 ff.
[9] BBI, 1968, I, S. 1584 ff. Vgl. dazu SPJ, 1967, S. 129, u. NZZ, 5484, 19.12.67.
[10] Dabei wurde mit einer Zunahme der Fernsehteilnehmerzahl auf 1 670 000 gerechnet; am 11.12. wurde die Erteilung der 1 000 000. Konzession bekanntgegeben (NZZ, 768, 11.12.68). Zur Eröffnung des Farbfernsehens vgl. NZZ, 607, 2.10.68; NZ, 455, 2.10.68; TdG, 233, 4.10.68.
[11] Vgl. Anträge der radikaldemokratischen, der demokratisch-evangelischen und der Landesringfraktion sowie Postulat Chevallaz (rad., VD), vom NR am 26.9. überwiesen (NZZ, 595, 26.9.68; 596, 27.9.68). Der StR nahm am 17.12. oppositionslos vom Bericht Kenntnis (Sten. Bull. StR, 1968, S. 302 ff.).
[12] Lb, 141, 19.6.68 (Schweiz. Studiengruppe für Konsumentenfragen); 233, 4.10.68; Tat, 217, 14.9.68; NZ, 449, 29.9.68.
[13] Postulat Ziegler (soz., GE) (NZZ, 784, 18.12.68).
[14] NZZ, 132, 28.2.68; 519, 23.8.68; 523, 26.8.68; 610, 3.10.68; 706, 14.11.68; BN, 250, 18.6.68; 496, 23./24.11.68; Vr, 261, 6.11.68.
[15] Vgl. BN, 301, 20./21.7.68; Bund, 215, 13.9.68; NZ, 439, 23.9.68; NZZ, 587, 24.9.68. Die Neue Helvetische Gesellschaft widmete dem Informationsproblem ihr Jahrbuch für 1969 (Die Schweiz, Nationales Jahrbuch der NHG, 40/1969).
[16] NZZ, 19, 10.1.68; Bund, 7, 10.1.68; TdG, 9, 11.1.68; Ostschw., 9, 11.1.68; Lb., 10, 12.1.68; Tat, 10, 13.1.68; Genossenschaft, 3, 20.1.68. Vgl. dazu W. Busen, « Aufgaben und Grenzen der staatlichen Information », in Die Schweiz, Nationales Jahrbuch der NHG, 40/1969, S. 129 ff. Zur Reorganisation der Bundeskanzlei siehe oben, S. 11.
[17] NZZ, 85, 8.2.68. Vgl. dazu Tw, 10, 13./14.1.68; Lb, 13, 16.1.68; 19, 21.1.68. Zur AHVRevision siehe oben, S. 109 ff.
[18] Sten. Bull. NR, 1968, S. 317 f., 612; Sten. Bull. StR, 1968, S. 196 ff. Definitiver Text in BBI, 1968, II, S. 1226 f. (Art. 16). Vgl. dazu SPJ, 1967, S. 130 f., und oben, S. 25. Zur Referendumsdrohung vgl. NZZ, 76, 5.2.68.
[19] Vat., 11, 13.1.68; 13, 16.1.68; 16, 19.1.68; NZ, 21, 14.1.68; 29, 18.1.68; 33, 21.1.68. Der Verlag Ringier drohte mit einer Klage (NZZ, 29, 15.1.68; vgl. auch Vat., 21, 25.1.68; Tat, 22, 27.1.68).
[20] Vgl. Postulat Müller, vom NR am 26.6. überwiesen (NZZ, 387, 26.6.68). Vgl. auch oben, S. 55. Aus Linkskreisen wurde sogar vorgeschlagen, der Staat solle durch besondere gesetzliche Vorschriften und Kontrollen grössere Konzentrationen verhindern (Schaffhauser Arbeiterzeitung, 202, 1.9.67).
[21] Vgl. Interpellation Dürrenmatt (lib., BS) (BN, 406 u. 407, 27.9.68).
[22] NZZ, 789, 20.12.68.
[23] Vgl. oben, S. 25. Der Motionär regte u.a. ein Recht auf Gegendarstellung in Presse, Radio und Fernsehen an (vgl. auch HANS WILI, «Grenzen und Konsequenzen der Medienfreiheit », in Schweizer Rundschau, 67/1968, S. 217 ff.).
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