Bildung, Kultur und Medien
Medien
Différends sur l'établissement des programmes de radio et de télévision — Extension des activités du service des ondes courtes — Querelle sur les sources d'information de la radio — Publication d'un rapport de la Commission des cartels sur la concentration dans la presse — Vers un code d'honneur de la presse — Discussion sur les problèmes de l'information au Palais fédéral.
Radio und Fernsehen
Das Vernehmlassungsverfahren über. einen Entwurf des EVED zu einem
Artikel 36 quater über Radio und Fernsehen wurde abgeschlossen, ohne dass wesentlich neue Gesichtspunkte in die Diskussion gebracht worden wären
[1]. Als Hauptproblem erwies sich die komplexe Frage der Radio- und Fernsehfreiheit. Der Bundesrat sah sich noch nicht in der Lage, eine Botschaft zu veröffentlichen, da aus dem Vernehmlassungsverfahren hervorgegangen war, dass gleichzeitig mit der Verfassungsvorlage ein Entwurf für die Ausführungsgesetzgebung erwartet wird
[2]. Die Auseinandersetzungen zwischen Anhängern einer mehr progressiven und einer mehr konservativen Programmgestaltung gingen weiter. Auffallend war die vermehrte Zahl konservativer Vorstösse, die sich kritisch mit Fernsehprogrammen auseinandersetzten, und die vom Bundesrat eher zurückhaltend beantwortet wurden
[3]. Als im Oktober gewisse Sendungen und einzelne Mitarbeiter des welschen Fernsehens von konservativen Kreisen der Kantone Freiburg und Wallis scharf angegriffen wurden, erklärten der Verein der Schweizer Presse und der Verband der Angestellten des Schweizer Fernsehens ihre Beunruhigung über Versuche politischer und parlamentarischer Kreise, Einfluss auf die Programmgestaltung von Radio und Fernsehen zu nehmen
[4]. Die Beunruhigung fand ihren Niederschlag an der Generalversammlung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG). Zentralpräsident A. Guinand sprach sich dahin aus, dass primär die Frage nach der Funktion der Massenmedien in der gegenwärtigen und künftigen Gesellschaft durch die Ausarbeitung einer wohldurchdachten Gesamtkonzeption zu beantworten wäre
[5].
Durch Änderungen in der Programmgestaltung des Kurzwellendienstes des Radios wurde versucht, die kulturelle Ausstrahlung der Schweiz zu verstärken. Ausserdem ermächtigte die SRG den Kurzwellendienst, ausländischen Radiostatiónen gratis Sendungen über die Schweiz anzubieten, die in Zusammenarbeit mit Pro Helvetia gestaltet werden. Die dadurch bedingten vermehrten Finanzbedürfnisse konnten durch Erhöhung der Bundesbeiträge sichergestellt werden
[6]. Die andauernden finanziellen Schwierigkeiten des Radios führten zur Bestellung eines Ausschusses der SRG, der die Möglichkeiten vermehrter Mittelbeschaffung zu prüfen und sich insbesondere mit verschiedenen Eingaben zu befassen hat
[7].
Mit dem Ausbau der
Nachrichtensendungen des Radios stellte sich die Frage des Nachrichtenbezugs. Der Bundesrat hatte bisher von der in der Konzession enthaltenen Kompetenz, die Quellen zu bezeichnen, die für die Nachrichtensendungen benützt werden dürften, keinen Gebrauch gemacht. Nun wurde beanstandet, dass das Radio neben den Meldungen der Schweizerischen Depeschenagentur auch solche ausländischer Agenturen verwende. Der Bundesrat betonte in Beantwortung einer dringlichen Kleinen Anfrage, dass der Radionachrichtendienst eine völlig unabhängige und unverkennbar schweizerische Stimme bleiben müsse. Die SRG und die Schweizerische Depeschenagentur einigten sich in der Folge darüber, dass die Agentur weiterhin die Auswahl der Nachrichten und die Redaktion von vier täglichen Bulletins besorgt, dass diese jedoch inskünftig in den zuständigen Studios verlesen werden sollen
[8]. In der Westschweiz verstärkten sich die Forderungen nach einer eigenen Tagesschau des welschen Fernsehens. In einer Stellungnahme machte der Bundesrat wirtschaftliche und technische Gründe für eine Zentralisation in Zürich, wo der Stoff immerhin durch drei verschiedensprachige Redaktionen bearbeitet wird, geltend
[9].
Der technische Ausbau der Fernsehsendeeinrichtungen nahm wie vorgesehen seinen Fortgang. Im Hinblick auf die Entwicklung der Satellitenfunktechnik erklärte der Bundesrat die grundsätzliche Bereitschaft der Schweiz, sich an der Verwirklichung eines europäischen experimentellen Fernsehverteilsatelliten zu beteiligen
[10].
Presse
Die Lage der Presse, die im Unterschied zu Radio und Fernsehen vom Staat unabhängig, aber um so mehr dem Einfluss wirtschaftlicher Kräfte ausgesetzt ist, wurde durch einen Bericht der Kartellkommission aufgehellt. Dieser kam in der Frage der wirtschaftlichen Konzentration zum Schluss, dass zwar noch kein Anlass zu ernsthafter Besorgnis bestehe, dass jedoch Tendenzen vorhanden seien, die eine beschleunigte Entwicklung voraussehen liessen. Als Gründe wurden die Kostensteigerung im Druckereigewerbe, die Konkurrenzierung der Zeitungen durch Radio und Fernsehen und insbesondere die Beeinträchtigung ihres Annoncengeschäfts (im Mittel 75 % der Verlagseinnahmen) durch die Gratisanzeiger aufgeführt. Die Kartellkommission forderte die offene Darlegung der Besitzverhältnisse bei den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen und als mögliche Massnahmen Erleichterungen auf dem Gebiet der Posttaxen und der Warenumsatzsteuer für die informative und meinungsbildende Presse. Vor allem jedoch sollte die Selbsthilfe durch Kooperation zwischen verschiedenen Zeitungen intensiviert werden
[11]. In diesem Sinne begrüsste die Kartellkommission den Zusammenschluss der sozialdemokratischen Tageszeitungen (mit Ausnahme der « Tagwacht » in Bern) zur « AZ » mit gemeinsamer Zentralredaktion in Zürich und Lokalredaktionen an den Erscheinungsorten
[12]. Sie kündigte ausserdem eine Sonderuntersuchung über die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Gebiet des Annoncenwesens und allfällige Auswirkungen auf die Pressekonzentration an. Dadurch sah sich der Ringier-Verlag veranlasst, auf ein Projekt, die Wochenzeitschrift « L'Illustré » in .einer Auflage von 460 000 Exemplaren an alle Haushaltungen der Welschschweiz zu verteilen, zu verzichten
[13]. Um die Verantwortung der Massenmedien als Vermittler von Information und als Meinungsträger gegenüber der Öffentlichkeit klar und unmissverständlich zu fixieren, legte der Verein der Schweizer Presse seinen Mitgliedern einen Entwurf zu einem Ehrenkodex vor. Das Fehlen von präzisen Sanktionsbestimmungen führte jedoch zur Rückweisung an den Vorstand
[14]. Eine Minderheit aus Kreisen der kommerzialisierten Presse sprach sich prinzipiell gegen einen Ehrenkodex aus. Verschiedene Wechsel in den Redaktionen und den Erscheinungsformen der Massenblätter erregten grösseres Aufsehen
[15].
Öffentliche Informationspolitik
Vermehrt setzte sich der Gedanke durch, dass eine umfassende und sachliche
Information durch die Behörden im Interesse der Demokratie notwendig sei. Ein im Sommer veröffentlichter Bericht von M. Nef über seine Tätigkeit als Berater des Bundesrates für Presse- und Informationsfragen ging von der Feststellung aus, dass Information als integrierender Bestandteil der Verwaltungstätigkeit zu betrachten sei. Nef befürwortete eine gezielte Informationspolitik mit möglichst frühzeitigen und regelmässigen Orientierungen. Als Voraussetzung dazu empfahl er den Ausbau der departementalen Informationsdienste, wie er bereits seit einiger Zeit im Gang ist
[16]. Als besonders heikler Informationsbereich erwies sich die Landesverteidigung. Im Zusammenhang mit der «Florida »-Affäre vertrat der Oberauditor der Armee, Oberstbrigadier E. Lohner, die Ansicht, die Zeitungen dürften über geheime militärische Tatbestände auch dann nicht berichten, wenn diese bereits durch ein Votum im Ratssaal bekannt geworden seien. Als er damit den Widerspruch der Presse erregte
[17], nahm Bundesrat Gnägi von einer solchen einschränkenden Auslegung der Pressefreiheit Abstand und kündigte an, dass die Frage der Vereinbarkeit von freier Berichterstattung und Wahrung des militärischen Geheimnisses vom Bundesrat in Zusammenarbeit mit dem Verein der Schweizer Presse geprüft werden solle
[18]. Das Bedürfnis nach wissenschaftlich fundierter Information über die jüngste Vergangenheit wurde dadurch befriedigt, dass der Bundesrat Prof. E. Bonjour zur Veröffentlichung seines Berichts über die Geschichte der Schweiz im Zweiten Weltkrieg ermächtigte
[19].
[1] Vgl. SPJ, 1968, S. 130 f. Die Schweiz. Bankiervereinigung forderte vermehrte Berücksichtigung wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Fragen in der Programmgestaltung (Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 6, 7.2.69).
[2] Gesch.ber., 1969, S. 202 f.
[3] Kleine Anfrage NR Barras (k.-chr., FR) über eine Sendung des Westschweizer Fernsehens in Lib., 141, 20.3.69; zur Antwort des Bundesrats vgl. NZZ, 329, 3.6.69; NZ, 248, 4.6.69; GdL, 140, 19.6.69; TLM, 173, 22.6.69; La Gruyère, 71, 24.6.69. Kleine Anfrage NR Kurmann (k.-chr., LU), in NZZ, 599, 1.10.69; zur Antwort des Bundesrats vgl. NZZ, 730, 16.12.69.
[4] Zu den Auseinandersetzungen in der Welschschweiz vgl. TdG, 249, 24.10.69; 252, 28.10.69; ferner Interpellation NR Ziegler (soz., GE) über den Druckversuch (GdL, 263, 11.11.69). Zu den Resolutionen vgl. NZZ, 652, 31.10.69; Tat, 268, 14.11.69.
[6] NZZ, 129, 27.2.69; TAW, 44, 4.11.69; Die Bundessubventionen an den Kurzwellendienst wurden von bisher 1,2 Mio Fr. auf 2,3 Mio Fr. erhöht (NZZ, 17, 12.1.70).
[7] NZZ, 17, 12.1.70. Eine Eingabe des Arbeitnehmer-Radio- und Fernsehbundes beantragte vermehrte Bundesmittel für den Kurzwellendienst und Erhöhung der Werbegebühren beim Fernsehen, wobei die Mehreinnahmen dem Radio zugute kämen, lehnte aber eine Erhöhung der Konzessionsgebühren ab (vgl. Tw, 242, 16.10.69).
[8] Vgl. NZN, 153, 5.7.69; Sonntags-Journal, 27, 5./6.7.69; NZZ, 433, 17.7.69.
[9] NZZ, 315, 27.5.69; GdL, 295, 18.12.69; TLM, 353, 19.12.69.
[11] Vgl. SPJ, 1968, S. 133; Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission; 4/1969, S. 171 ff.
[12] Vgl. Tw, 205, 3.9.69.
[13] Vgl. GdL, 117, 22.5.69; ferner Interpellation NR Freymond (rad., VD), die sich auf das Vorhaben des Ringier-Verlags bezog (TLM, 179, 28.6.69; NZZ, 389, 29.6.69; NZ, 508, 5.11.69).
[14] Vr, 256, 1.11.69; BN, 469, 10.11.69; NZZ, 667, 10.11.69; 678, 16.11.69.
[15] Redaktionswechsel bei der « Weltwoche »: Hans O. Staub neuer Chefredaktor (vgl. Weltwoche, 1845, 21.3.69; 1851, 2.5.69; NZZ, 157, 12.3.69; 579, 19.9.69); Redaktions- und Namenswechsel bei der « Zürcher Woche », neu « Sonntags-Journal »: vier Herausgeber und Miteigentümer (R. Bigler, Fr. Dürrenmatt, M. Kutter und J. R. v. Salis; vgl. Zürcher Woche, 13, 28.3.69; NZZ, 142, 5.3.69; NZ, 135, 23.3.69); Neuausgabe des «Sonntags-Blick» (vgl. NZZ, 182, 24.3.69); Eingehen der « Neuen Presse» (NZZ, 123, 25.2.69; Tw, 46, 25.2.69; Vat., 47, 26.2.69).
[16] Vgl. SPJ, 1966, S. 127; 1968, S. 132; MAX NEF, Ausbau der Information aus dem Bundeshaus, (Bern 1969). Spezielle Kontakte nahm die Bundeskanzlei mit den Tessiner Massenmedien auf, um die Information zu verbessern (NZZ, 296, 18.5.69). Eine Arbeitstagung der Schweizerischen Staatsschreiberkonferenz, die Problemen des Informationsausbaus gewidmet war, liess sich von Vizekanzler Buser über die Bundeshausinformation orientieren (NZZ, 254, 28.4.69).
[17] Vgl. Vat., 245, 22.10.69; Bund, 248, 23.10.69; TLM, 296, 23.10.69; JdG, 247, 23.10.69; TdG, 248, 23.10.69; BN, 442, 23.10.69; NZ, 487, 23.10.69; Vr, 248, 23.10.69; 250, 25.10.69; Lib., 20, 23.10.69.
[18] Sten. Bull. NR, 1969, S. 1031 f.
[19] Vgl. oben, S. 10; ferner SPJ, 1966, S. 128; NZZ, 541, 3.9.69. 549, 8.9.69.