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Wirtschaft
Geld, Währung und Kredit
Introduction de droits de tirage spéciaux dans le cadre du Fonds monétaire international — Malgré la réévaluation du mark allemand, maintien de la parité du franc suisse — Rareté sur le marché de l'argent et des capitaux — La hausse de l'intérêt sur le plan international se fait sentir en Suisse — Pièces de cinq francs en cupro-nickel — La révision de la loi sur la Banque nationale est abandonnée au profit d'une convention entre la Banque nationale et les banques suisses — Application des limites de crédit d partir du ler septembre 1969 — Attaques de l'étranger contre les banques dont l'expansion se poursuit et contre le secret bancaire — Négociations sur un traité d'assistance légale avec les USA — Introduction du régime du permis pour les banques étrangères — Accueil favorable au projet de révision de la loi sur les banques.
Geld und Währung
Das Geschehen auf dem Gebiete der internationalen Währungsordnung war 1969 durch eine Reihe aussergewöhnlicher Ereignisse wie die Abwertung des französischen Franc, die Aufwertung der deutschen Mark, die internationale Zinshausse und strukturelle Neuerungen im Währungssystem gekennzeichnet. Eine solche Neuerung stellte die Einführung der sogenannten Sonderziehungsrechte dar. In dieser umstrittenen Frage konnte zwischen den wichtigsten Industrieländern im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IMF), dem die Schweiz nicht angehört, ein Kompromiss gefunden werden. Man einigte sich darauf, in der Form dieser Ziehungsrechte im Laufe der kommenden drei Jahre neue künstliche internationale Währungsreserven im Umfang von 9,5 Mia Dollar zu schaffen, wobei die Verteilung auf der Grundlage der derzeitigen Quoten des IMF vorgenommen werden soll. Diese Quoten, die nach den Fondssatzungen alle fünf Jahre neu festgesetzt werden müssen, waren allerdings umstritten. Die Länder, die in einer starken wirtschaftlichen Expansion standen, forderten, meist zulasten des amerikanischen Einflusses, eine Erhöhung ihrer Anteile [1]. Stimmen aus unserem Land, das von der Einführung der Sonderziehungsrechte nur indirekt betroffen wird, machten dem neuen. Reservemittel gegenüber Vorbehalte. Es wurde ein zusätzlicher Inflationsschub befürchtet und daran erinnert, dass bestimmte Voraussetzungen zu einer Aktivierung der Sonderziehungsrechte nicht erfüllt seien: einmal sei kein Mangel an internationaler Liquidität festzustellen und zudem sei ein internationales Zahlungsbilanzgleichgewicht kaum hergestellt worden [2].
Von unmittelbarer Bedeutung für die Schweiz waren die Währungsprobleme in Europa. Die Abwertung des französischen Franc um 12,5 % wurde von schweizerischen Wirtschafts- und Finanzkreisen positiv aufgenommen, während der Bundesrat, der weder dramatisieren noch bagatellisieren wollte, den Willen zum, Festhalten an der Frankenparität bekundete [3]. Anlass zu Auseinandersetzungen in unserem Land gaben die Vorgänge um die Mark in Deutschland. Die Bundesrepublik hatte nach einer Schliessung der Devisenbörsen vor den Bundestagswahlen und nach einer kurzfristigen Freigabe der Wechselkurse die Mark schliesslich um 8,5 % aufgewertet [4]. Im Ausland hatten sofort Gerüchte die Runde gemacht, dass als nächste. Währung der Schweizer Franken aufgewertet werde, was indessen vom Bundesrat verschiedentlich dementiert wurde [5]. Damit wurde aber eine ausgiebige Währungsdiskussion in der Öffentlichkeit nicht verhindert. Die Befürworter einer Aufwertung sahen in dieser Massnahme vor allem ein geeignetes Mittel der Konjunkturpolitik, das sich gegen eine importierte Inflation einsetzen lasse. Sie vertraten die Ansicht, dass das Festhalten an der Währungsparität ohne gleichzeitige konjunkturpolitische Eingriffe einer Option für die Anpassungsinflation gleichkomme. Die Aufwertung zwinge zudem zu Produktivitätssteigerungen und banne die Gefahr eines Ausverkaufs schweizerischer Unternehmungen an das Ausland [6]. Die Aufwertungsgegner machten demgegenüber geltend, Paritätsänderungen seien in der Schweiz nach traditionellem währungspolitischem Grundsatz kein Instrument der kurzfristigen Konjunkturpolitik. Sie seien vielmehr als schwerwiegender struktureller Eingriff zu betrachten, der sich nur in Zeiten echten nationalen Notstandes rechtfertigen lasse [7]. Bundesrat Celio begründete das Festhalten an der Frankenparität vor den eidgenössischen Räten, indem er darauf hinwies, dass durch eine Aufwertung gewisse Zweige der Exportindustrie härter getroffen worden wären als andere; Mindereinnahmen im Fremdenverkehr und in der Landwirtschaft hätten zudem regionale Strukturprobleme hervorrufen können. Er kündigte indessen andere konjunkturpolitische Massnahmen an [8].
Eine Schwierigkeit, die Parität des Frankens schlagartig zu verändern, hätte auch darin bestanden, dass diese im Münzgesetz verankert ist. Eine Wechselkursänderung hätte somit eine Gesetzesrevision oder aber einen dringenden Bundesbeschluss mit einer nachgehenden Abstimmung erfordert. Eine Motion Biel (LdU, ZH), die dieses Verfahren vereinfachen und den Bundesrat ermächtigen wollte, auf Empfehlung des Direktoriums und des Bankausschusses der Nationalbank die Goldparität in eigener Kompetenz zu ändern, wurde als Postulat entgegengenommen [9].
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Der schweizerische Geld- und Kapitalmarkt stand 1969 im Zeichen der,Mittelknappheit. Wegen des konjunkturellen Aufschwungs im Inland zeichnete sich ein neues Anschwellen der Investitionen ab, wobei sich bei der Beanspruchung des Kapitalmarktes eine Gewichtsverlagerung zeigte : während die Aktienemissionen mehr Mittel absorbierten als im Vorjahr, wurde durch die Begebung von Obligationen-Anleihen weniger Kapital beansprucht [10]. Trotzdem kam es zu verschiedenen 'Misserfolgen bei Obligationen-Emissionen. Um so mehr riefen angesichts des angespannten inländischen Kapitalmarkts die Kapitalexporte der Kritik. Einmal stiessen Anleihen an Griechenland und an Südafrika hauptsächlich aus aussenpolitischen Gründen auf Opposition, und zwar namentlich aus Linkskreisen [11]. Die zunehmende Dynamik des Eurodollarmarktes, dessen Gesamtvolumen auf rund 30 Mia Dollar geschätzt wurde und dessen Zinssätze im September auf 11 1/8 % kletterten, führten des weitern dazu, dass Liquiditäten mit Vorliebe im Ausland gehalten wurden. Zwar wurde von Seite der Banken den Kritikern dieser Erscheinung gegenüber geltend gemacht, die .Anlagen würden nicht auf ihre Initiative, sondern direkt durch die Anlagesuchenden oder auf deren ausdrücklichen Wunsch hin am Euromarkt plaziert [12].
Die internationale Zinshausse, von der gesagt wurde, sie habe ein Ausmass angenommen, wie dies in der neueren Wirtschaftsgeschichte der Welt noch nie der Fall gewesen sei, konnte nicht ohne Einfluss auf das inländische Zinsniveau bleiben. Die meisten Zinssätze stiegen erheblich an [13]. Der Diskontsatz wurde von 3 % auf 3 3/4 % und der Lombardsatz von 3 3/4 % auf 4 3/4 % erhöht [14]. Diese Entwicklung führte in den eidgenössischen Räten zu Interventionen, in denen Massnahmen zur Einschränkung ausländischer Emissionen und eine durch die Nationalbank zu betreibende Marktverflüssigung vorgeschlagen wurden. Diesen Anregungen wurde indessen entgegengehalten, der Zinsanstieg gehe von der restriktiven Geldpolitik der amerikanischen Währungsbehörden aus und könne deshalb auf die vorgeschlagene Art nicht beeinflusst werden; die Schweiz weise ohnehin immer noch das niedrigste Zinsniveau auf. Aus konjunkturpolitischen Gründen seien die vorgeschlagenen Massnahmen zudem ungeeignet; im Gegenteil sei die Beschränkung des Geldangebotes unerlässlich und der Abfluss von Geldern ins Ausland sei deshalb zu begrüssen [15]. Auch die Forderung nach einer Stabilisierung und Isolierung der Hypothekarzinssätze, bei denen sich Erhöhungen über den Umweg der Wohnungsmieten und der Steigerung der Produktionskosten in der Landwirtschaft direkt auf den Preisindex auswirken [16], wurde abgelehnt. Der Bundesrat wies darauf hin, dass der Bund über keine Möglichkeiten verfüge, auf den Hypothekarzinssatz einzuwirken. Eine Ausklammerung des Hypothekarkredits aus dem Gesamtzusammenhang des Geld- und Kapitalmarkts wäre auch deshalb nicht angebracht, weil bei einer deutlichen Diskrepanz zwischen Hypothekarzins und anderen Zinssätzen eine starke Zurückhaltung bei der Erteilung von Hypothekardarlehen entstehen müsste [17].
Bei der Versorgung des Geldverkehrs mit Scheidemünzen normalisierte sich die Lage soweit, dass das Hortungsverbot und das Exportverbot für Rohsilber und Silberhalbzeug aufgehoben werden konnten [18]. Bei den Fünflibern kam es indessen zu einer Mangellage, da die Hortung grösser geworden war als die Produktion. Der Bundesrat beschloss deshalb, auch die Fünffrankenstücke aus Kupfernickel prägen zu lassen [19]. Die Münzensammelwut nahm gerade auch bei den Bronzemünzen derartige Formen an, dass sich das EFZD veranlasst sah, die Anzahl der Ein- und Zweiräppler der Jahrgänge 1968 und 1969 massiv zu erhöhen, um so den bisher seltenen Münzen dieser Jahrgänge den Charakter eines begehrten Sammelgutes zu nehmen [20].
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Eine unerwartete Wendung nahm die Diskussion um die Revision des Nationalbankgesetzes. Die 1968 unterbreitete Vorlage für einen Ausbau des Notenbankinstrumentariums hatte im wesentlichen vier Instrumente vorgesehen : eine Verstärkung der Offenmarktpolitik, eine Verpflichtung der Banken zur Hinterlegung von Mindestguthaben, die auf dem Zuwachs der Verbindlichkeiten berechnet werden, die Einschränkung des Gesamtzuwachses der Kreditgewährung der Banken und die gesetzliche Verankerung der Überwachung der Emissionstätigkeit [21]. Nachdem die vorberatende Kommission des Nationalrates im November 1968 den Eintretensbeschluss verschoben hatte, führte sie im Januar 1969 Hearings durch [22], und zwar mit Vertretern der Rechtswissenschaft, die uneinheitliche Meinungen zur Verfassungsmässigkeit der Vorlage äusserten [23], und mit Exponenten der Banken, die zeigten, dass das Bankgewerbe keine Einheitsfront mehr bildete [24]. Eintreten auf die Vorlage wurde zwar mit 16 : 9 Stimmen beschlossen; dann aber setzte sich ein Ordnungsantrag von Nationalrat Tenchio (GR) namens der Konservativ-Christlichsozialen durch, der verlangte, dass die Behandlung der Vorlage auszusetzen sei (Annahme mit 17 : 8 Stimmen), dass der Bundesrat die Gestaltung von freiwilligen Vereinbarungen erneut prüfen und vorantreiben möchte (18 : 4 Stimmen) und dass die Frage der Verfassungsmässigkeit nochmals abgeklärt werden solle (10 : 9 Stimmen) [25]. Der Bundesrat zeigte sich nicht gewillt, seine Vorlage zurückzuziehen, und die Vertreter der Nationalbank verteidigten das Instrumentarium weiter [26].
Die Bankiervereinigung reichte dann dem Bundesrat einen Entwurf zu einem Gentlemen's Agreement ein, welches ungefähr den gleichen materiellen Inhalt hatte wie das vom Bundesrat vorgeschlagene Gesetz. Der Vertragsentwurf beschränkte sich aber auf die Mindestguthaben und die Kreditbegrenzung. Die Banken waren der Ansicht, die Offenmarktpolitik könne auf dem Wege der Gesetzesinterpretation intensiviert werden, und die im März 1967 im Rahmen der Bankiervereinigung getroffene Konvention garantiere eine funktionstüchtige Kontrolle der Emissionstätigkeit [27]. Die nationalrätliche Kommission beschloss darauf mit 17 : 6 Stimmen, auf die Detailberatung des Gesetzesprojektes zu verzichten und dem von den Bankiers unterbreiteten Vertragsentwurf den Vorzug zu geben [28]. Der Vertragstext musste allerdings noch bereinigt werden. Nach langen Verhandlungen einigten sich die Nationalbank und die Bankiervereinigung in den Fragen der Laufzeit und vor allem der Kompetenzen. Der Verwaltungsrat der Bankiervereinigung wurde ermächtigt, mit dem Direktorium der Nationalbank über die Einforderung von Mindestreserven und über die Begrenzung der Kreditzuwachsraten zu entscheiden. Kann keine Einigung erzielt werden, so soll sich nach einem komplizierten Prozedere in letzter Instanz der Bankausschuss der Nationalbank durchsetzen können. Die Vereinbarung, die einen Rahmenvertrag darstellt, wurde auf drei Jahre fest abgeschlossen und kann erstmals am 1. September 1972 auf Ende 1974 gekündigt werden. Die Überwachung der Bestimmungen wurde den bankengesetzlichen Revisionsstellen übertragen: Es bestehen privatrechtliche Sanktionsmöglichkeiten [29]. Nachdem die grosse Mehrheit der 343 Bankinstitute mit einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mio Fr. das Abkommen unterzeichnet hatte, konnte es in Kraft treten [30]. Damit hatte die gesetzliche Lösung ausgespielt.
Die eidgenössischen Räte folgten den Anträgen ihrer vorbereitenden Kommissionen [31] und beschlossen Nichteintreten auf die Gesetzesvorlage. Die sozialdemokratische Fraktion hielt, mit der PdA und einzelnen anderen Parlamentariern zusammen, als einzige Regierungspartei am Entwurf des Bundesrates fest. Der Landesring und der Gewerbevertreter Fischer (rad., BE) lehnten nicht nur die Gesetzesvorlage ab, sondern wandten sich auch gegen den privatrechtlichen Instrumentariumsersatz, in dem sie in erster Linie eine Umgehung des Referendums sahen [32]. Die neue freiwillige Vereinbarung hatte auch sogleich ihre Bewährungsprobe zu bestehen. Am 20. August einigte sich die Nationalbank mit den Banken, auf den 1. September eine Kreditbegrenzung in Kraft treten zu lassen. Die beiden Partner beschlossen, die Zuwachsraten, berechnet auf dem Ausgangsvolumen von Ende August, auf maximal 9-11,5 % zu beschränken [33]. Ein Zeitungsartikel und vor allem eine Fernsehsendung machten indessen die Öffentlichkeit auf Indizien und Daten aufmerksam, die darauf schliessen liessen, dass bei einigen Bankinstituten im August eine weit überdurchschnittliche Kreditausweitung und zum Teil eine Änderung des Buchungssystems erfolgt war, und zwar mit der Absicht, vor dem Inkrafttreten der Kreditbeschränkung eine möglichst günstige Ausgangslage zu schaffen. Dieser Sachverhalt, der sich später, wenn auch nicht im Umfang der vor dem Fernsehen gemachten Angaben, bestätigte, veranlasste die Vertragspartner, den Stichtag für den Stand der inländischen Kredite der Banken, auf welchem der zulässige Kreditzuwachs berechnet werden sollte, vom 31. August auf den 31. Juli zurückzuverlegen [34].
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Banken
Für die Banken war 1969 wiederum ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr. Das Wachstum, an dem die drei grössten Institute erneut den Hauptanteil hatten, hielt unvermindert an; sowohl Bilanzsummen wie Reingewinne erreichten neue Rekordhöhen [35]. Da die Grossbanken gezwungen waren, die eigenen Mittel nach den Bestimmungen des Bankengesetzes den erhöhten Verbindlichkeiten anzupassen, nahmen sie Kapitalerhöhungen in unterschiedlichem Ausmass vor [36].
Die Angriffe auf schweizerische Banken und insbesondere auf das Bankgeheimnis von seiten des Auslandes häuften sich. Die schwedische Bankinspektion regte einen diplomatischen Vorstoss an. Sie möchte den in ihrem Lande üblichen Einblick in die Geschäfte der Banken auch in den schwedisch beherrschten Banken in der Schweiz erwirken, nachdem in einem undurchsichtigen Fall unter Berufung auf das Bankgeheimnis von einer solchen Bank eine Auskunft verweigert worden war [37]. Von britischer Seite wurden Vorwürfe gegen Schweizer Banken erhoben, weil diese sich aktiv an Transaktionen beteiligt haben sollen, die in England als illegaler Kapitalexport gelten [38]. Die heftigsten Angriffe kamen von seiten der USA. Im amerikanischen Repräsentantenhaus wurde aufgrund eines Berichts des amerikanischen Justizministeriums eine Untersuchung über die Missbräuche begonnen, die von Amerikanern mit Hilfe von Schweizer Banken unternommen werden und die amerikanische Interessen schädigen und vor allem amerikanische Gesetze verletzen. Die « New York Times » veröffentlichte eine detaillierte Studie des Kapitalfluchtsystems, die eine grosse Wirkung auf die amerikanische Öffentlichkeit hatte. In einem Bericht des Pentagons wurde erklärt, dass die geheimen Bankkonti in der Schweiz das wichtigste Mittel darstellten, um ausländische Spione in den Vereinigten Staaten zu bezahlen. Verschiedentlich wurden auch Fälle gemeldet, bei denen die Mafia illegal erworbene Gelder über Mittelsmänner in die Schweiz hatte transferieren lassen [39]. Vor diesem Hintergrund begannen Gespräche zwischen den USA und der Schweiz über den Abschluss eines umfassenden Rechtshilfeabkommens. Dabei ging es den Amerikanern um Regelungen, die es den Strafverfolgungsbehörden gestatten würden, ohne Rücksicht auf das schweizerische Bankgeheimnis Einblick in die Bankkonten von Amerikanern zu erhalten, die im Verdacht von Verbrechen, Steuerhinterziehungen, Kreditbetrügereien und ungesetzlichen Börsenmanipulationen stehen [40]. Die Bankiervereinigung betonte, dass im Bankgeheimnis kein Hindernis für die Verbrechenbekämpfung zu erblicken sei. Die schweizerische Rechtshilfe müsse aber auch gegenüber den USA auf Vergehen gegen das gemeine Recht beschränkt bleiben [41]. Dabei zeigten sich grundsätzliche Unterschiede in der Rechtsauffassung zwischen den beiden Staaten. In den USA gelten Fiskaldelikte als Verstösse gegen das gemeine Recht und somit als Verbrechen, während sie in der Schweiz nur unter das Verwaltungsrecht fallen. Die Verhandlungen in dieser Frage konnten 1969 noch nicht zu Ende geführt werden [42].
Die Vorlage für einen Bundesbeschluss über die Bewilligungspflicht für ausländisch beherrschte Banken, die 1968 bereits im Ständerat angenommen worden war [43], wurde bei den Diskussionen im Nationalrat mit dem Bankgeheimnis in Zusammenhang gebracht. Es wurde geltend gemacht, diese Institution werde gefährdet, wenn viele ausländische Banken sich ihrer bedienen könnten. Mit diesem Beschluss diskriminiere man das Ausland nicht. Im Gegenteil, man könne damit dem Vorwurf des Auslandes entgegentreten, dass die mangelnden Kontrollmöglichkeiten der Etablierung zweifelhafter Elemente Vorschub leisteten. Das Vorgehen der Schweiz werde im Ausland begrüsst und führe nicht zu Retorsionsmassnahmen. Der Nationalrat beschloss, in Abweichung vom Ständerat, die rückwirkende Inkraftsetzung des Beschlusses auf 1. Januar 1969 fallen zu lassen, und unterstellte diesen dem Referendum. Nachdem er zuerst eine Meldepflicht für Banken mit einer ausländischen Beteiligung von mehr als 20 % hatte einführen wollen, folgte er in diesem Punkt schliesslich dem Ständerat, der die Grenze bei 50 % angesetzt hatte. Der Bundesbeschluss trat am 1. Juli 1969 in Kraft [44]. Die Opposition, die sich vor allem aus dem Landesring rekrutierte, hatte die neue Ordnung nicht zuletzt mit dem Argument abgelehnt, man hätte die neuen Bestimmungen ebensogut auch erst im zu revidierenden Bankengesetz unterbringen können [45]. Der Bundesrat betrachtete die Massnahmen aber als zu dringlich und wollte nicht so lange warten. Den Entwurf des EFZD zur Revision des Bankengesetzes liess er den interessierten Kreisen im Juni zur Vernehmlassung zukommen. In dieser Revision geht es um eine Erweiterung des Geltungsbereiches, um eine Erschwerung der Gründung neuer Banken, um eine Erhöhung des Konkursprivilegs für Spareinlagen und um eine Ausdehnung der Kompetenzen der Bankenkommission [46]. Der Entwurf wurde in seinen Grundzügen gut aufgenommen [47].
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[1] NZZ, 452, 25.7.69; 459, 29.7.69; 468, 3.8.69; 597, 30.9.69; 600, 1.10.69; 607, 6.10.69; GdL, 232, 6.10.69; vgl. SPJ, 1968, S. 57.
[2] So z. B. A. Sarasin, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung am schweizerischen Bankiertag (NZZ, 595, 29.9.69). Vgl. auch NZZ, 468, 3.8.69; 637, 23.10.69.
[3] NZZ, 485, 11.8.69; GdL, 184, 9./10.8.69; 188, 14.8.69.
[4] GdL, 231, 4./5.10.69; 249, 25./26.10.69; NZZ, 590, 25.9.69; TdG, 228, 30.9.69.
[5] Lb, 231, 4.10.69; NZZ, 609, 7.10.69; 610, 7.10.69; BN, 490, 22./23.11.69; TLM, 327, 23.11.69.
[6] NZZ, 617, 11.10.69; NZN, 250, 28.10.69; NZ, 503, 2.11.69; NZZ, 255, 4.11.69; 666, 9.11.69; Lb, 257, 4.11.69; NZ, 523, 13.11.69; 525, 14.11.69; Bund, 267, 14.11.69; 268, 15.11.69; 282, 2.12.69; Tat, 279, 27.11.69; 299, 20.12.69.
[7] NZZ, 632, 15.10.69; 656, 3.11.69; Tw, 276, 25.11.69; 285, 2.12.69.
[8] Sten. Bull. NR, 1969, S. 964; NZZ, 695, 26.11.69. Vgl. oben, S. 63.
[9] Sten. Bull. NR, 1969, S. 950 ff.; Lb, 257, 4.11.69.
[10] Die Aktienemissionen (inkl. nicht öffentlich aufgelegte) stiegen von 1935 Mio Fr. auf 2457 Mio Fr. Die Neubeanspruchung bei den Obligationenemissionen sank von 3736 Mio Fr auf 3355 Mio Fr. Vgl. Die Volkswirtschaft, 43/1970, S. 89 f.; BN, 537, 23.12.69.
[11] Kleine Anfrage von NR Wyler (soz., TI) betreffend Anleihen an Athener Oberstenregime von 143 Mio Fr. (Ostschw., 205, 4.9.69; NZZ, 544, 4.9.69). Protest von 40 Persönlichkeiten vor allem aus Genf gegen die Anleihe der Republik Südafrika (NZZ, 92, 12.2.69). Eine Interpellation von H. Braunschweig im Zürcher Grossen Rat verlangte Nichtkotierung dieser Titel an der Zürcher Börse (NZZ, 256, 28.4.69).
[12] Bei den Eurodollars handelt es sich um normale USA-Dollar-Guthaben, die ausserhalb der Vereinigten Staaten gehandelt und in Form von Krediten ausgeliehen werden. Vgl. dazu NZZ, 360, 16.6.69; Kritik in PS, 179, 9.8.69; VO, 185, 13.8.69; Stellungnahme der Banken in Bulletin des Schweizerischen Bankvereins, 1969, S. 45 ff.; 1970, S. 10 ff.
[13] Bulletin der Schweizerischen Kreditanstalt, 75/1969, S. 224 ff.; Vat., 1, 3.1.70; BN, 537, 23.12.69. Schweizerische Bankgesellschaft, Nationale Zinsstrukturen und internationales Zinsgefälle, Zürich, Februar 1970.
[14] GdL, 214, 13./14.9.69.
[15] Antwort des Bundesrates auf Kleine Anfragen der NR Max Weber (soz., BE) und Heil (k.-chr., ZH) (NZZ, 195, 28.3.69; NZN, 74, 29.3.69) und auf eine weitere Kleine Anfrage von NR Brunner (rad., ZG) (NZZ, 719, 10.12.69); NR Copt (rad., VS), beunruhigt über den überbordenden Export schweizerischen Kapitals, fragte den Bundesrat, ob nicht zugunsten der wirtschaftlichen Randgebiete in der Schweiz zu intervenieren sei (TdG, 223, 24.9.69).
[16] Auf diesen Zusammenhang wurde schon bei der Erhöhung des Zinssatzes für Kassaobligationen hingewiesen (NBZ, 222, 24.9.69). NR Max Weber (soz., BE), der sich bereits gegen die Diskontsatzerhöhung gewehrt hatte (Tw, 151, 2.7.69; 179, 4.8.69), nahm den Gedanken in der Budgetdebatte wieder auf (Tw, 291, 12.12.69; Sten. Bull. NR, 1969, S. 959). Vgl. auch JEAN GOLAY, « Le financement de la construction en Suisse» in, Revue économique et sociale, 27/1969, S. 25 ff.; NZZ, 39, 25.1.70; Tat, 7, 9.1.70.
[17] In der Wintersession des NR wurde die Motion Fischer (BGB, TG) betreffend Stabilisierung des Hypothekarzinsfusses abgeschrieben und gleichzeitig eine Kleine Anfrage Zeller (k.-chr., SG) beantwortet (NZZ, 737, 20.12.69; Vr, 298, 20.12.69).
[18] Antwort auf eine Kleine Anfrage von NR Broger (k.-chr., Al) (NZZ, 111, 20.2.69); NZZ, 362, 17.6.69.
[19] NZZ, 534, 1.9.69; 535, 1.9.69; AS, 1969, S. 714 f.
[20] Antwort auf Kleine Anfragen von NR Schalcher (dem., ZH) (Bund, 273, 21.11.69) und von StR Clavadetscher (rad., LU) (Bund, 41, 19.2.70); NZ, 89, 24.2.70.
[21] BBl, 1968, II, S. 253 (Botschaft); vgl. SPJ, 1968, S. 59 ff.
[22] NZZ, 46, 22.1.69; Lb, 17, 22.1.69; vgl. SPJ, 1968, S. 61.
[23] Prof. H. Nef verneinte die Verfassungsmässigkeit der Vorlage, die Professoren M. Imboden und R. Bäumlin bejahten sie mit unterschiedlicher Begründung.
[24] Im Gegensatz zum Präsidenten der Bankiervereinigung und zu den Grossbanken befürworteten die Kantonal- und Lokalbanken die Einführung von Kreditbegrenzungen. Vgl. auch BN, 79, 21.2.69.
[25] Lb, 18, 23.1.69; wf, Dokumentations- und Pressedienst, 4, 27.1.69.
[26] NZZ, 68, 31.1.69; Ostschw., 26, 31.1.69; Bund, 28, 4.2.69; Tw, 126, 3.6.69.
[27] NZZ, 278, 8.5.69; 283, 9.5.69; NZ, 207, 8.5.69; vgl. SPJ, 1968, S. 58.
[28] NZ, 237, 29.5.69.
[29] Vat., 155, 8.7.69; Lb, 176, 1.8.69; NZZ, 542, 4.9.69 (Pressekonferenz der Schweizerischen Bankiervereinigung).
[30] Nach den letzten Angaben im StR wurde das Abkommen von 326 der 343 Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mio Fr. unterzeichnet. Diese zustimmenden Institute verfügen über eine Bilanzsumme von 138 Mia Fr. oder 99 % der Bilanzsumme aller angefragten Banken (Sten. Bull. StR, 1969, S. 338). Für provisorische Zahlen vgl. auch NZZ, 533, 1.9.69. Bedeutende Ausnahmen bilden die Migros Bank (Tat, 209, 6./7.9.69) und die Bank in Reinach.
[31] Kommission des NR mit 18: 5 Stimmen (GdL, 208, 6./7.9.69), Kommission des StR mit 8: 4 Stimmen (NZZ, 691, 24.11.69).
[32] Der NR beschloss am 1.10.69 mit 80: 62, der StR am 16.12.69 mit 31: 1 Stimmen Nichteintreten (Sten. Bull. NR, 1969, S. 597 ff.; Sten. Bull. StR, 1969, S. 337 ff.). Für Stellungnahmen aus Gewerbekreisen vgl. auch NZ, 226, 21.5.69; 260, 11.6.69; NZZ, 357, 15.6.69; Schweizerische Gewerbe-Zeitung, 3, 17.1.69; 4, 24.1.69; 23, 6.6.69; 36, 5.9.69.
[33] NZZ, 518, 25.8.69; 519, 25.8.69.
[34] BN, 436, 20.10.69; NZ, 485, 22.10.69; Tw, 247, 22.10.69; NZZ, 631, 20.10.69; 649, 30.10.69; 679, 17.11.69. Vgl. auch Erklärungen von Kommissionspräsident Luder (rad., SO) vor dem StR (Sten. Bull. StR, 1969, S. 338 f.).
[35] Übersicht und Kommentar in Zürcher AZ, 40, 19.2.70. Vgl. Bankverein (NZ, 69, 11.2.70), Kreditanstalt (NZ, 86, 23.2.70), Bankgesellschaft (NZ, 93, 26.2.70), Volksbank (NZ, 48, 30.1.70); SPJ, 1968, S. 58.
[36] NZZ, 100, 14.2.69; TdG, 37, 13.2.69; NZZ, 548, 7.9.69; 556, 10.9.69; Bulletin der Schweizerischen Kreditanstalt, 75/1969, S. 3.
[37] NZZ, 434, 18.7.69.
[38] NZZ, 678, 16.11.69; GdL, 301, 26.12.69. Gemäss Berichten der brasilianischen Polizei sollen auch die Führer der dortigen Terroristen geheime Bankkonten in der Schweiz haben (GdL, 305, 31.12.69).
[39] Bund, 293, 15.12.69; Lb, 301, 27.12.69; TdG, 89, 17.4.69; NZZ, 249, 24.4.69; NZ, 72, 13.2.70; 104, 5.3.70, 109, 8.3.70.
[40] NZZ, 331, 16.4.69.
[41] Bund, 104, 6.5.69; NZZ, 579, 21.9.69; Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 57/1968-69, S. 89 f.
[42] Vgl. Antwort auf eine Kleine Anfrage von NR Ziegler (soz., GE) (TLM, 263, 20.9.69); Gesch. ber., 1969, S. 16; TdG, 120, 26.5.69; NZ, 205, 7.5.69; BN, 314, 31.7.69.
[43] Vgl. SPJ, 1968, S. 58 f.
[44] Sitzung der Kommission des NR (NZ, 26, 17.1.69; NZZ, 89, 11.2.69). Verhandlungen im NR am 4.3. und am 18.3. (Sten. Bull. NR, 1969, S. 1 ff. und S. 156 ff.); Verhandlungen im StR am 13.3. und am 19.3. (Sten. Bull. StR, 1969, S. 48 ff. und S. 58 f.); Schlussabstimmungen: im NR mit 137 zu 19 Stimmen (Sten. Bull. NR, 1969, S. 220) im StR mit 19: 1 Stimmen (Sten. Bull. StR, 1969, S. 90). VgI. BB1, 1969, I, S. 614 ff.; AS, 1969, S. 442 ff.
[45] NR Biel (LdU, ZH) hatte einen Nichteintretensantrag gestellt, der mit 109: 24 Stimmen abgelehnt wurde.
[46] NZZ, 362, 17.6.69; Bund, 138, 17.6.69; Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 57/1968-69, S. 68 ff.
[47] Vgl. z. B. Stellungnahmen der BGB (NZZ, 578, 19.9.69), der Konservativ-Christlichsozialen Volkspartei (Ostschw., 248, 25.10.69), der Vereinigung schweiz. Angestelltenverbände (NZZ, 500, 17.8.69); ferner Gesch. ber., 1969, S. 142.
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