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Bildung, Kultur und Medien
Medien
L'article constitutionnel sur la radio et la télévision est toujours en attente — Adoption d'un nouveau contrat collectif de travail pour la presse de Suisse romande — Demande visant à instituer un poste de porte-parole du Conseil fédéral — La publication du rapport Bonjour soulève des controverses en Suisse romande.
Radio und Fernsehen
Auch im abgelaufenen Jahr war der Bundesrat nicht in der Lage, einen Verfassungsartikel über Radio und Fernsehen samt einem Entwurf für die Ausführungsgesetzgebung vorzulegen [1]. Die Verzögerung, die Kritik hervorrief, war bedingt durch unterschiedliche Vorstellungen über den Inhalt der Radio- und Fernsehfreiheit, die sich auch in der Öffentlichkeit manifestierten [2]. Neben zahlreichen auf Einzelfälle beschränkten Vorstössen im Parlament wurde insbesondere ein Postulat Schürmann (k.-chr., SO) überwiesen; dieses enthielt die Forderung, es seien vermehrt politische, wirtschaftliche und soziale Fragen am Fernsehen zu behandeln, wobei möglichst viele Meinungen berücksichtigt werden sollten [3].
Der von der Generaldirektion der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft den zuständigen Organen zur Vernehmlassung zugestellte Bericht über das künftige zweite Programm des Fernsehens erntete wenig Anerkennung. Insbesondere dessen uneinheitliche Zusammensetzung (Programmteile ausländischer Sender, gekaufte Produktionen privater Gesellschaften, Eigenproduktionen und Bildungsprogramme) wurde beanstandet. Der Arbeitnehmer-Radio- und -Fernsehbund verlangte vor der Einführung eines zweiten Programms eine breitere Meinungsbildung und wünschte eine zusätzliche Finanzierung künftiger Bildungssendungen durch Bund und Kantone [4]. Beim Radio standen weiterhin finanzielle Probleme im Vordergrund. Die verschiedentlich angeregte Einführung von Werbesendungen des Radios lehnte der Bundesrat indessen ab [5]. Eine unbestrittene Forderung betraf den Ausbau der Lokalsendungen, deren Dauer von einer Sendestunde pro Woche auf eine Sendestunde pro Tag erhöht werden soll [6].
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Presse
Die durch die Expansion neuer Massenmedien grundlegend veränderten Wettbewerbsverhältnisse im Informationswesen sind eine wesentliche Ursache der zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Presse. In einem Zeitpunkt, da die Einnahmen aus dem Inseratengeschäft rückläufig sind, sollten die Zeitungen vermehrte personelle und technische Investitionen vornehmen, um mit Radio und Fernsehen Schritt halten zu können. Diese Situation äusserte sich in Divergenzen zwischen Verlegern und Journalisten, die auch durch einen neuen vom Verein der Schweizer Presse (VSP) genehmigten Gesamtarbeitsvertrag für die welsche Schweiz nicht vollständig beseitigt werden konnten. Auch im revidierten Vertrag sind die Mindestlöhne für das Welschland deutlich tiefer angesetzt als in der deutschen Schweiz [7]. Die weitere Diskussion über die Einführung eines Ehrenkodex im Sinne einer Selbstkontrolle der Massenmedien innerhalb des VSP führte zu keinem Ergebnis. Der Vorschlag des Zentralvorstandes, einen Presserat einzusetzen, wurde zurückgewiesen [8]. Die im Bericht der Kartellkommission angeregte vermehrte Kooperation führte im Aargau und in Luzern zur Zusammenarbeit von Zeitungen verschiedener parteipolitischer Richtungen [9]. Mit einigem Interesse sah man dem Wiedererscheinen des «Republikaners» entgegen, der nach mehrjährigem Unterbruch von Nationalrat Schwarzenbach herausgegeben wird [10].
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Öffentliche Informationspolitik
Mehrere Ereignisse des abgelaufenen Jahres boten Anlass zum Überdenken der Informationspolitik. Im Anschluss an die Abstimmung über die Überfremdungsinitiative meinte Pierre Béguin, unser Land setze sich grossen Gefahren des inneren Auseinanderlebens aus, wenn die Information und der Kontakt zwischen den sozialen Gruppen nicht neu überdacht würden [11]. Im Zusammenhang mit den Flugzeugentführungen wurde festgestellt, dass die Information aus dem Bundeshaus in Krisensituationen ungenügend sei. Von verschiedener Seite ertönte der Ruf nach einem Informationszentrum und nach Einsetzung eines Sprechers des Bundesrates [12]. Der Wunsch nach regelmässigen Sendezeiten für den Bundesrat am Fernsehen verstärkte sich, als bekannt wurde, dass Bundesrat Celio vor der Abstimmung über die Bundesfinanzreform keine Gelegenheit zur Verteidigung seiner Vorlage geboten worden war [13]. Dem weiteren Ausbau der sachlichen Information dienten die vom Bundesrat erlassenen internen Richtlinien über das Vorverfahren der Gesetzgebung. Bei Einleitung eines Vernehmlassungsverfahrens soll in der Regel auch die Presse die einschlägige Dokumentation erhalten; ausserdem haben die Ergebnisse des Verfahrens normalerweise nicht mehr vertraulichen Charakter [14].
Mit dem Erscheinen des Bonjour-Berichts als Band 4-6 von Edgar Bonjours « Geschichte der schweizerischen Neutralität » in der ersten Jahreshälfte und einer von Pro Helvetia betreuten französischen Fassung im Winter 1970/71 war eine wissenschaftliche Information über die jüngste Vergangenheit gegeben, die eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit auslöste [15]. In der deutschen Schweiz wurde die Publikation im ganzen lobend zur Kenntnis genommen. In der welschen Schweiz erregte jedoch die Trübung des Bildes von General Guisan die Gemüter, und auch die Haltung von Bundesrat Pilet wurde nuancierter gewürdigt [16].
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[1] Vgl. SPJ, 1968, S. 130 f.; 1969, S. 142 f.; NBüZ, 97, 3.4.70; Vat., 80, 8.4.70.
[2] Vgl. Interpellation Jaccottet (lib., VD), die den Bundesrat einlädt zu prüfen, ob im Verfassungsartikel nicht die Informationsfreiheit garantiert werden solle, die auch die Pressefreiheit einschliessen würde, in GdL, 127, 4.6.70. Interpellation Baumann (BGB, AG) in NZZ, 584, 15.12.70; dringliche Kleine Anfragen Ziegler (soz., GE) und Chavanne (soz., GE) in GdL, 60, 13.3.70; TLM, 72, 13.3.70. Vgl. zusätzlich TdG, 61, 13.3.70; GdL, 61, 14./15.3.70; 261, 9.11.70; TLM, 80, 21.3.70; 81, 22.3.70; BN, 485, 17.11.70; NZZ, 537, 18.11.70; NBZ, 271, 20.11.70; NZN, 272, 20.11.70; 273, 21.11.70.
[3] In NZZ. 584, 15.12.70. Die Debatte wurde verschoben.
[4] Vgl. Weltwoche, 44, 30.10.70; Lb, 253, 30.10.70; NZZ, 559, 1.12.70.
[5] Vgl. NZZ, 545, 23.11.70; 586, 16.12.70; Lb, 293, 16.12.70.
[6] Vgl. NZZ, 296, 30.6.70; 545, 23.11.70.
[7] Vgl. GdL, 148, 29,6.70; 155, 7.7.70; NZZ, 305, 5.7.70; TdG, 145, 24.6.70.
[8] Vgl. NZZ, 425, 13.9.70; 438, 21.9.70; NZ, 368, 13.8.70; TdG, 220, 21.9.70; Sonntags-Journal. 39, 26./27.9.70.
[9] Vgl. SPJ, 1969, S. 144; Vat., 245, 22.10.70; gemeinsamer Druck- und Inseratenpool von Badener Tagblatt und Aargauer Volksblatt. Inseratenpool von Vaterland und Luzerner Tagblatt.
[10] Vgl. BN. 490, 20.11.70; NZZ, 537, 18.11.70.
[11] Vgl. GdL, 133, 1.6.70; NZZ, 314, 10.7.70.
[12] Vgl. Lb, 250, 27.10.70; NZZ, 448, 27.9.70; 471, 10.10.70; TAW, 37, 15.9.70; Weltwoche, 51, 18.12.70.
[13] Vgl. BN, 485, 17.11.70; NZZ, 537, 18.11.70; Bund, 270, 18.11.70; NZN, 271, 20.11.70; Lb, 274, 24.11.70; JdG, 272, 21./22.11.70.
[14] Vgl. BBI,.1970, I, S. 993 ff.; ferner oben, S. 23 f.
[15] EDGAR BONJOUR, Geschichte der schweizerischen Neutralität, vier Jahrhunderte eidgenössischer Aussenpolitik, Band 4-6: 1939-1945, Basel-Stuttgart 1970. Zur Kritik vgl. PETER GILG, « Diskussion um den Bonjour-Bericht », in Reformatio, 20/1971, H. 1, S. 35 ff.
[16] Vgl. GdL, 35, 12.2.70; 52, 4.3.70; 49, 28.2./1.3.70; NZZ, 84, 20.2.70; 109, 6.3.70; Bund, 67, 22.3.70; JdG, 43, 21./22.2.70; 47, 26.2.70; 48, 27.2.70.
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