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Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Paysans et socialistes lancent des initiatives sur le droit foncier — Après la publication de principes en matière de compensation économique en faveur de l'agriculture, l'Union suisse des paysans décide de soutenir la loi sur l'aménagement du territoire ; celle-ci sera rejetée en votation populaire, malgré le soutien de la majorité des formations politiques nationales — Le parlement proroge l'arrêté permettant la conservation des zones protégées; discussions à propos d'un nouveau projet de loi — Grand débat sur la planification urbaine à Zurich — Sous la pression des milieux intéressés, le Conseil fédéral renonce à proposer des restrictions plus sévères lors d'acquisitions d'immeubles par des étrangers — La réserve des propriétaires d'immeubles amène le gouvernement à libérer l'aide pour la rénovation de logements de conditions sociales — Le Conseil national approuve la prolongation des mesures contre les abus dans le secteur locatif et le contre-projet d l'initiative pour une protection efficace des locataires.
Raumplanung
Die Bestrebungen für eine gesamtschweizerisch koordinierte und. bundesgesetzlich abgestützte Raumplanung erlitten einen empfindlichen Rückschlag. Das 1974 von den eidgenössischen Räten gutgeheissene Raumplanungsgesetz scheiterte in der Volksabstimmung. Mit einer Übergangslösung sicherte darauf das Parlament die Erhaltung der Schutzzonen bis zum Erlass eines neuen Gesetzes.
Die Auseinandersetzung um das Raumplanungsgesetz [1] wurde durch die Lancierung zweier Volksbegehren kompliziert, denen radikalere Bodenrechtsvorstellungen zugrunde liegen. Im Januar veröffentlichten bäuerliche Dissidentenkreise der Westschweiz eine Initiative, welche die Erhaltung des landwirtschaftlichen Bodens durch Vorkaufsrecht, Preis- und Entschuldungsvorschriften anstrebt. Im März begann die SPS mit der Unterschriftensammlung für die im Vorjahr vom Parteitag gutgeheissene Bodenrechtsinitiative, die vor allem den Grundbesitz juristischer Personen beschränken will und in einer Übergangsbestimmung vorsieht, dass diese Beschränkungen innert fünf Jahren durch Verkauf realisiert werden müssen, wenn keine entschädigungslose Konfiskation durch die Gemeinde eintreten soll [2]. Die bäuerlichen Dissidenten verhielten sich gegenüber dem Raumplanungsgesetz ablehnend [3], die Sozialdemokraten dagegen unterstützten es. Im Abstimmungskampf wurde die SP-Initiative von Befürwortern als Alarmsignal zur Empfehlung der gemässigten Vorlage benützt, während man sie auf der Gegenseite als drohende Konsequenz eines ersten falschen Schritts hinstellte [4].
Schon 1975 hatten waadtländische Föderalisten (Ligue vaudoise, Liberale Partei) und gewisse Wirtschaftskreise (Gewerbeverband, Hauseigentümerverband, Redressement national) gegen das Raumplanungsgesetz Stellung bezogen [5]. Um den Bauernverband vom Anschluss an das gegnerische Lager zurückzuhalten, publizierte der Bundesrat im März Grundsätze für den im Gesetz vorgesehenen « volkswirtschaftlichen Ausgleich » zugunsten der Landwirtschaft. Dieser sollte namentlich in einer Erhöhung der Beitragssätze für Strukturverbesserungsmassnahmen und in Flächenbeiträgen für das Berggebiet bestehen ; für die Finanzierung wurden sowohl Erträge aus der Mehrwertabschöpfung wie allgemeine Bundesmittel ins Auge gefasst [6]. Eine Woche später beschlossen die Delegierten des Schweizerischen Bauernverbandes mit Dreifünftelmehrheit die Ja-Parole. Für das Gesetz entschieden sich auch die meisten Landesparteien — die FDP und die SVP allerdings nur mit Zweidrittelmehr, wobei mehr als die Hälfte ihrer Kantonalparteien ausscherte. Für ein Ja traten ferner die Arbeitnehmerverbände, die Mietervereinigung sowie die Organisationen des Umwelt-, Natur- und Heimatschutzes ein. Gegen das Gesetz stellten sich die Liberaldemokraten und die Republikaner ; die POCH gab die Stimme frei. Da in Industrie- und Handelskreisen die Meinungen geteilt waren, verzichteten deren Spitzenverbände auf eine Parole [7].
Der Abstimmung ging eine lange und intensive Kampagne voraus. An Tagungen zahlreicher Organisationen, durch Ausstellungen und vor allem mit einer Menge von Artikeln und Inseraten in der Presse versuchten die Befürworter, an ihrer Spitze der Chef des EJPD, Bundesrat Furgler, die Stimmbürger für den ungewohnten Gesetzesinhalt zu interessieren und zu gewinnen. Sie appellierten an den Willen zur Gestaltung der Zukunft, zum haushälterischen Umgang mit dem Boden und zur Erhaltung der Landschaft ; sie warnten vor der Zersiedlung und vor deren Folgen für Landwirtschaft und Tourismus. Demgegenüber setzten die Gegner auf das Misstrauen gegen Bürokraten und Planer, auf die Abneigung gegen zentralistische Vorschriften und auf die Sorge um den Bestand des Privateigentums ; sie zogen auch die Verfassungsmässigkeit der über bloss allgemeine Grundsätze hinausgehenden Regelungen in Zweifel und weckten Befürchtungen, das Gesetz werde gerade die Übel, die es bekämpfen sollte — Siedlungskonzentration, Bodenpreissteigerung, Belastung der öffentlichen Hand und der Steuerzahler — noch verschlimmern [8]. Mit solchen Argumenten zogen sie zwar den Vorwurf der Verdrehung und Unwahrhaftigkeit auf sich, drängten aber die Befürworter zugleich in die Defensive, ohne sich von ihnen zu verbindlichen Gegenvorschlägen nötigen zu lassen [9]. Der beidseitige Aufwand hatte freilich nur eine mässig mobilisierende Wirkung : noch drei Wochen vor der Abstimmung wussten laut einer Umfrage erst 26 %, worum es bei der Vorlage ging ; die Stimmbeteiligung erreichte bloss 34,6 % [10].
Am 13. Juni wurde das « Gesetz des Jahrhunderts » mit 654 233 gegen 626 134 Stimmen verworfen. Annehmende Mehrheiten gab es nur in sechs Kantonen und Halbkantonen und fast ausschliesslich in Ballungszentren ; die Gegnerschaft war am stärksten in Berggebieten, vor allem im Wallis. Die Raumplanung erwies sich als ein Anliegen dicht besiedelter Gegenden ; die ländliche Bevölkerung verhielt sich mehrheitlich skeptisch. Ungünstig hatte sich offenbar auch das rigorose Durchgreifen beim Vollzug des Dringlichkeitsbeschlusses von 1972 ausgewirkt [11].
Der Chef des EJPD reagierte auf das Verdikt mit der Feststellung, der Erlass eines Raumplanungsgesetzes werde von der Verfassung geboten. Um die aufgrund des Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung eingerichteten Schutzzonen zu erhalten, beantragte der Bundesrat noch im Juni eine Verlängerung des Ende 1976 auslaufenden Beschlusses um zwei Jahre ; in der Zwischenzeit sollte ein neues Gesetz geschaffen werden. Der Antrag erhielt aber zwei Änderungen gegenüber dem bisherigen Beschluss. Einerseits fiel die Dringlichkeitsklausel weg, was eine rasche parlamentarische Verabschiedung im Herbst bedingte. Anderseits wurden die Kantone verpflichtet, die eidgenössischen Schutzbestimmungen aufzuheben, sobald ihre eigenen Rechtsgrundlagen als Ersatz genügen würden ; damit gedachte der Bundesrat dem Föderalismus seine Reverenz zu erweisen und gleichzeitig der kantonalen Gesetzgebung Beine zu machen. Die Räte beeilten sich mit der Verabschiedung des Beschlusses, erweiterten aber die Geltungsdauer bis Ende 1979, um dem neuen Gesetz einen ruhigeren Werdegang zu ermöglichen [12]. Die Gegner der verworfenen Vorlage, die ihr Aktionskomitee einstweilen bestehen liessen, nahmen von einem Referendum Abstand [13]. Der Delegierte für Raumplanung sorgte weiterhin für die Koordination innerhalb der Bundesverwaltung sowie zwischen dem Bund und den Kantonen ; soweit diese freilich noch über keine Gesamtplanungen verfügten, blieb die Zusammenarbeit lückenhaft [14].
Bereits zeichneten sich einige Umrisse des neuen Gesetzes ab. Die zuständigen Bundesorgane konsultierten die interessierten Organisationen und die Kantonsregierungen und arbeiteten einen Vorentwurf aus. Da die Gegner der ersten Vorlage namentlich an der Befugnis zur Enteignung aus planerischen Gründen (zwecks Durchführung von Nutzungsplänen oder Förderung des Baulandangebots) und an der Mehrwertabschöpfung Anstoss genommen hatten, verzichtete man auf diese beiden « Giftzähne ». Damit fiel auch die Grundlage für den sog. volkswirtschaftlichen Ausgleich zugunsten der Landwirtschaft dahin. Die Kantone wünschten ausserdem neue Regelungen für die Aufstellung von nationalen Leitbildern und kantonalen Gesamtrichtplänen sowie für enteignungsähnliche Eigentumsbeschränkungen. Die Lösung sollte in einer stärkeren Rücksichtnahme auf die traditionellen Zuständigkeiten der Kantone und Gemeinden gesucht werden [15].
Auch auf sozialdemokratischer Seite plädierte man für eine Entlastung des neuen Entwurfs. Der Bund solle sich auf die Bezeichnung der unbedingt freizuhaltenden Gebiete (Wald, Landwirtschafts- und Schutzzonen) beschränken und die Kantone von der Ausarbeitung schwer verständlicher Richtpläne dispensieren. In ähnlichem Sinne äusserte sich der Direktor der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung, R. Stüdeli [16]. Prof. M. Lendi, der Jurist des ORL-Instituts der ETH Zürich, billigte seinerseits den Kantonen weitgehende Selbständigkeit, insbesondere in der Nutzungsplanung, zu ; er betonte aber zugleich die Notwendigkeit einer nationalen Raumordnungspolitik, die über die Zonenplanung hinaus vor allem einen Abbau des Entwicklungsgefälles zwischen den Kantonen anzustreben hätte, allerdings nicht durch eine Angleichung, sondern durch eine optimale differenzierte Ausgestaltung der regionalen Lebensgrundlagen [17]. Angesichts des verbreiteten Misstrauens gegenüber der Macht der Planungsbürokratie legte er besonderes Gewicht auf eine rechtliche Bindung der planenden Instanzen. Da Planung aber Setzung von Zielen und deren Verwirklichung durch geeignete Mittel bedeutet, unterscheidet sie sich vom traditionellen Verwaltungshandeln, dessen Akte zwingend von bestimmten Tatbeständen ausgelöst werden. Deshalb postuliert Prof. Lendi den Erlass materieller Planungsgrundsätze, die zwar das Ermessen nicht ausschalten, weil Planungsziele einander entgegenstehen können, die aber eine rechtliche Kontrolle des planenden Ermessens ermöglichen [18].
Seit 1974 hatte der Delegierte für Raumplanung zahlreiche Studien, die zum Teil der Auslegung des umstrittenen Gesetzes galten, in Auftrag gegeben. Dies wurde im Parlament als Geldverschwendung angefochten. Der Bundesrat rechtfertigte jedoch die veranlassten Vorarbeiten und bestritt, dass sie mit dem 13. Juni wertlos geworden seien [19]. Er beanspruchte auch neue Mittel zur Förderung der Regional- und Ortsplanungen ; die Räte bewilligten sie, allerdings mit dem nachdrücklichen Wunsch, dass sie für drei statt bloss für zwei Jahre ausreichen sollten [20].
Dass Planung — gerade im lokalen Raum — eine Wahl zwischen verschiedenen möglichen Zielen bedeutet, zeigte sich in einer zweitägigen Debatte des Zürcher Stadtparlaments über einen Bericht, den eine Parlamentskommission zu den Entwicklungsvarianten Prof. H. Jürgensens von 1973 und 1974 vorlegte. Den Postulaten und Empfehlungen der Kommission, die mehr auf Wohnqualität und Belebung der Quartiere ausgingen als auf wirtschaftlichen Wiederaufschwung, wurde einerseits kleinbürgerliche Beschränktheit, anderseits Unbekümmertheit um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt zum Vorwurf gemacht. Im wesentlichen bestätigten die Zürcher Gemeinderäte jedoch die von der Exekutive beantragte Stabilisierungstendenz [21].
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Bodenrecht
Aus den Zielsetzungen der Raumplanung ergeben sich grundlegende Fragen des Bodenrechts. Die beiden erwähnten bodenrechtlichen Initiativen basieren nicht mehr auf einer individualistischen Eigentumsvorstellung ; sie ordnen diese — sei es aus einer konservativen oder aus einer progressiven Sicht — einem kollektiven Interesse am Boden unter. Der Problematik des Eigentumsbegriffs im Spannungsfeld zwischen individuellen und kollektiven Ansprüchen widmete der Schweizerische Juristenverein seine Jahrestagung im Oktober. Während die vorbereiteten Diskussionsgrundlagen eine sozialrechtliche Tendenz vertraten, überwog bei den Votanten die individualrechtliche Interpretation des Eigentums [22].
Wieweit ein nationales Allgemeininteresse den Bodenmarkt für die ausländische Nachfrage einschränken soll, blieb gleichfalls umstritten. Im Februar gab der Bundesrat dem Drängen des Immobilienhandels etwas nach und lockerte die Vollzugsverordnung zum Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, der sog. « Lex Furgler », dahin, dass schweizerische Käufer, Einzelpersonen oder Gesellschaften, weniger streng auf ihre allfällige Abhängigkeit von ausländischen Interessenten durchleutet werden sollen [23]. Weitere Erleichterungen wurden den Fremdenverkehrsorten gewährt [24]. Das EJPD versuchte jedoch gleichzeitig, durch Verstärkung der Bundesaufsicht über kantonale Strafverfahren die Maschen der « Lex Furgler », die bis Ende 1977 befristet ist, wieder enger zu knüpfen. Eine solche Beeinträchtigung der kantonalen Justizautonomie stiess freilich in der romanischen Schweiz wie in den meisten Bergkantonen auf Widerstand. Die vier Fremdenverkehrskantone Graubünden, Tessin, Waadt und Wallis unternahmen sogar einen gemeinsamen Vorstoss, der auf zusätzliche Lockerungen zur Belebung touristischer Regionen ausging. Da entschied sich der Bundesrat im Dezember, den Räten eine unveränderte Verlängerung des Erlasses um fünf Jahre zu beantragen. Da der Nachfragedruck aus dem Ausland anhält, tendiert aber das EJPD weiterhin auf eine Neukonzeption der reichlich kompliziert gewordenen Regelung ; eine solche soll im Zusammenhang mit Revisionen des Aktienrechts und der Gesetzgebung über die Wirtschaftskriminalität an die Hand genommen werden [25].
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Wohnungsbau
Der Wohnungsbau zeigte weiterhin einen starken rezessionsbedingten Rückgang. Nicht nur nahm 1976 die Zahl der neuerstellten Wohnungen gegenüber dem Vorjahr noch mehr ab als bisher ; auch die Baubewilligungen verminderten sich erneut. Diese Entwicklung führte zu einer Stabilisierung des Leerwohnungsbestandes ; sie wirkte sich aber zugleich in einer zusätzlichen Verschlechterung der Beschäftigungslage im Baugewerbe aus [26].
Die 1975 vom Parlament beschlossenen Förderungsmassnahmen für die Renovation von Altwohnungen, die das Bundesamt für Wohnungswesen mit einer Werbeaktion bekannt machte, hatten zunächst wenig Erfolg, da die Bundeshilfe neben dem konjunkturpolitischen auch ein sozialpolitisches Ziel anstrebte ; so stellte sie die renovierten Wohnungen während der Zeit ihrer finanziellen Begünstigung unter Mietzinsüberwachung und unter ein Zweckentfremdungsverbot, was viele Hauseigentümer davon abhielt, sie in Anspruch zu nehmen [27]. Dies veranlasste den Bundesrat im Mai, die sozialpolitischen Auflagen fallenzulassen und die erforderlichen Bedingungen zu vereinfachen ; die Gestaltung der Mietzinse unterliegt nun bloss noch der allgemeinen Missbrauchsgesetzgebung [28]. Seither ist das Interesse an der Hilfsaktion, insbesondere an den während sechs Jahren gewährten Zuschüssen an die Verzinsung des aufgenommenen Kapitals, gestiegen. Die für diese Zuschüsse 1975 und 1976 aus Arbeitsbeschaffungsmitteln zur Verfügung gestellten 50 Mio Fr. wurden bis Jahresende knapp zur Hälfte beansprucht [29]. Eine Erleichterung verfügte der Bundesrat auch für die Hilfe an Wohnungsverbesserungen in Berggebieten, indem er die vorgeschriebenen Einkommens- und Vermögensgrenzen hinaufsetzte, um damit die Bundesbeiträge mehr als bisher nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerungskreisen zukommen zu lassen [30]. Parlamentarischen Vorstössen, die eine Änderung des Finanzierungssystems für Neubauten anstrebten, da dieses mit einer steigenden Lohnentwicklung rechnet, begegnete der Chef des EVD jedoch mit Zurückhaltung, indem er auf die knappen Bundesfinanzen verwies [31].
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Mietwesen
Der hohe Leerwohnungsbestand, der sich während des ganzen Jahres auf rund 2 % hielt, hatte im Mietwesen wohl eine Preisstabilisierung zur Folge, nicht aber die vielfach erwartete Verbilligung. Gelegentliche Abschläge wurden durch eine Verteuerung der neuerstellten und der renovierten Objekte mehr als ausgeglichen. Ein Grossteil der leerstehenden Wohnungen befindet sich eben im Besitz finanzkräftiger Unternehmungen (Anlagefonds, Banken, Versicherungen, Pensionskassen), die lieber vorübergehend gewisse Verluste in Kauf nehmen, als dass sie eine allgemeine Senkung des Preisniveaus zulassen [32]. Die Herabsetzung der Hypothekarzinsen seit Jahresbeginn schlug kaum auf die Mieten durch, obwohl der Schweizerische Hauseigentümerverband empfahl, Zinsverbilligungen mindestens bei Althypotheken an die Mieter weiterzugeben, sofern früher entsprechende Erhöhungen der Mietzinse vorgenommen worden seien [33].
Weil der Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen von 1972 die Anfechtung von Mietzinsen nur bei Vertragsabschluss und bei Heraufsetzungen zulässt, konnten die zuständigen Bundesstellen vorerst nicht mehr tun als der Interessenverband [34]. Sozialdemokratische Vorstösse im Nationalrat verlangten dagegen eine Ergänzung des Erlasses, damit — analog zum neuen Preisüberwachungsbeschluss — auch Senkungen der Vermieterkosten, mit denen man 1972 noch nicht gerechnet hatte, an den Mieter weitergegeben werden müssten. Ausserdem lag seit 1973 die Volksinitiative für einen wirksamen Mieterschutz vor ; diese will einerseits alle Mietzinse unter Bewilligungspflicht stellen und als Grundlage für ihre Beurteilung nur ausgewiesene Kosten anerkennen, anderseits den Kündigungsschutz für Mieter und Pächter ausdehnen, indem sie nicht bloss den Aufschub, sondern auch die Aufhebung einer als ungerechtfertigt bewerteten Kündigung ermöglichen würde [35].
Da der erwähnte Beschluss im Juli 1977 ausläuft, sah sich der Bundesrat aufgrund von Art. 34 septies BV genötigt, Ersatz zu schaffen. Gleichzeitig hatte er nun aber auch zur Mieterschutzinitiative Stellung zu nehmen. Die Wiedereinführung der Mietpreiskontrolle lehnte er unter Hinweis auf frühere Erklärungen ab, und den Kündigungsschutz gedachte er im Rahmen der geplanten Revision der mietrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts zu erweitern. Deshalb empfahl er im Juni den Räten eine Verwerfung des Volksbegehrens, jedoch nicht ohne ihnen einen Gegenvorschlag zu unterbreiten. Formell sollte dieser darin bestehen, dass die Kompetenz des Bundes zur Missbrauchsgesetzgebung definitiv auf das ganze Land ausgedehnt würde. Nach Art. 34 septies BV beschränkte sich diese Befugnis auf Mangelgebiete, und nur der befristete Preisüberwachungsbeschluss erlaubt seit Ende 1972 die gleichmässige Erfassung sämtlicher Gemeinden [36]. Materiell trug aber der Bundesrat den aus Mieterkreisen und Linksparteien gestellten Begehren dadurch Rechnung, dass er für den neuen Missbrauchsbeschluss im Oktober einige Verschärfungen beantragte. Der Mieter sollte vor allem die Weitergabe von Kostensenkungen beanspruchen können und im Falle einer Anfechtung des Mietzinses vor einer nachträglichen Kündigung besser geschützt sein [37].
Der Nationalrat stimmte im Dezember den Vorschlägen der Exekutive ohne wesentliche Änderungen zu. Die Linke vermochte weder die Initiative durchzusetzen noch eine Verstärkung des Kündigungsschutzes in den Gegenvorschlag oder in den Missbrauchsbeschluss einzufügen ; ebensowenig gelang es ihr, die Bewertung angefochtener Mietzinse allein auf die Höhe der Kosten zu gründen und eine Berücksichtigung der « orts- oder quartierüblichen » Preislage auszuschalten. Die dem Hauseigentum nahestehenden Kreise begnügten sich im wesentlichen damit, die Vorschläge des Bundesrates für die Missbrauchsbekämpfung zu verteidigen ; sie brachten dabei auch einige mieterfreundliche Korrekturen, die von einer Mehrheit der vorberatenden Kommission unterstützt wurden, zu Fall. Als jedoch der Gewerbepolitiker Fischer (fdp, BE) beantragte, den Beschluss zum definitiven Gesetz zu erheben, um damit die gegen die Mieterinteressen behaupteten Stellungen zu konsolidieren, drang er nicht durch [38].
Die in Art. 34 septies BV gebotene Möglichkeit, das Mietverhältnis auf allgemeinverbindlich erklärte Kollektivverträge abzustützen, befindet sich im EJPD noch in Prüfung. Am Schweizerischen Juristentag wies der Vizedirektor der Justizabteilung, Prof. H. Hausheer, auf die Grenzen dieses Rechtsinstruments hin : es vermöge den angestrebten Interessenausgleich nur herbeizuführen, wenn die Partner über eine genügende Organisationsmacht verfügten [39].
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[1] Vgl. dazu L. Schürmann, « Der Zweckartikel des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) », in Wirtschaft und Recht, 28/1976, S. 1 ff. ; M. Wirth, Grundlagen und Ausgestaltung der Mehrwertabschöpfung, Zürich 1976 ; A. Wagner, « Die Mehrwertabschöpfung aus finanzwissenschaftlicher Sicht », in Schweiz. Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung, 77/1976, S. 322 ff. ; H. Lenherr, Mitwirkungsrechte und Rechtsschutz im Raumplanungswesen, Diss. Zürich 1976 ; D. Werner, Probleme der Grundsatzgesetzgebung des Bundes auf dem Gebiet der Raumplanung, Zürich 1975 ; J. Fischer, Das Raumplanungsgesetz als Beispiel einer politischen Planung in der Schweiz, Diss. Freiburg, Reinheim 1975 ; P. Simonius, Eigentum und Raumplanung, Zürich 1976 ; Dokumente und Information zur schweiz. Orts-, Regional- und Landesplanung (DISP), 1976, Nr. 41.
[2] Bäuerliche Initiative : vgl. oben, Teil I, 4c (Structures). SPS : Presse vom 13.3.76 ; vgl. SPJ, 1975, S. 116.
[3] Vgl. unten, Teil III b (Organisations paysannes dissidentes).
[4] Parole der SPS : JdG (ats), 86, 12.4.76. Alarmsignal : Ww, 11, 17.3.76 ; NZZ, 124, 29.5.76. Konsequenz : JdG, 61, 13.3.76.
[5] Vgl. SPJ, 1975, S. 115.
[6] Presse vom 10.3.76.
[7] SBV : Presse vom 18.3.76. Für die Parolen vgl. Vat., 132, 9.6.76 ; NZZ (sda), 133, 10.6.76 ; 135, 12.6.76. FDP : Presse vom 24.5.76 ; vgl. auch Politische Rundschau, 55/1976, Nr. 1. SVP : Presse vom 17.5.76. Negative Kantonalparolen : FDP von FR, GL, GR, LU, NE, NW, OW, SG, SZ, TG, UR, VD und ZG ; SVP von AG, BE, FR, SZ, TG und ZH ; CVP von GR und NW. Die Verbände des Gastgewerbes und des Fremdenverkehrs unterstützten die Vorlage. Zur Haltung von Industrie und Handel vgl. wf, Dok., 22/23, 31.5.76.
[8] Inhalt des Gesetzes in BBl, 1974, 11, S. 816 ff.; vgl. dazu SPJ, 1972, S. 101 f. ; 1973, S. 99 ff. ; 1974, S. 103 f. Tagungen : vgl. TG, 34, 11.2.76 ; LNN, 45, 24.2.76 ; Ostschw., 75, 30.3.76 ; BN, 83, 8.4.76 ; Presse vom 10., 17. und 24.5.76. Ausstellungen : VO, 5, 9.1.76 ; Ostschw., 109, 11.5.76 ; TA, 126,. 2.6.76. Presse : vgl. Tagespresse, insbes. ab Anfang Mai ; grössere Blätter behandelten die Frage oft kontradiktorisch, meist unterstützten sie redaktionell das Gesetz. Inserate : Argus zählte 3417 Inserate, davon 1697 dafür und 1720 dagegen (TA, sda, 152, 3.7.76).
[9] Vorwurf : NZZ, 124, 29.5.76 ; 129, 4.6.76 ; BZ, 129, 4.6.76 ; TW, 130, 5.6.76. Vgl. auch J.-P. Vouga, De la fosse aux ours d la fosse aux lions, Vevey 1976.
[10] Umfrage (Publitest) : NZ, 173, 5.6.76.
[11] BBI, 1976, II, S. 1567. Vgl. Presse vom 14.6.76; Raumplanung Schweiz, 1976, Nr. 3, S. 3 ff.; Bund, 185, 10.8.76. Annehmende Mehrheiten erbrachten BL, BS, NE, SO, TI u. ZH, ferner alle Städte mit mehr als 30 000 Einwohnern ausser Lausanne. Zum Dringlichkeitsbeschluss vgl. SPJ, 1973, S. 99.
[12] Reaktion BR Furglers : Presse vom 14.6.76. Antrag des BR : BBI, 1976, II, S. 1254 ff. Parlamentarische Behandlung : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 917 ff., 1020 u. 1271 ; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 367 ff., 459 u. 549. Definitiver Text : BBI, 1976, III; S. 625 f. Vgl. SPJ, 1972, S. 100.
[13] NZZ (sda), 165, 17.7.76 ; Bund, 198, 25.8.76.
[14] Amtl. Bull. NR, 1976, S. 960 f. ; Gesch.ber., 1977, S. 149 f. Die verwaltungsinterne Koordination obliegt speziell der Chefbeamtenkonferenz (Raumplanung Schweiz, 1976, Nr. 1/2, S. 7 ff.).
[15] TA, 263, 10.11.76 ; SZ, 265, 13.11.76 ; NZZ (sda), 281, 30.11.76 ; Gesch.ber., 1977, S. 147 ff. Beide Räte forderten den BR zur Vorlage eines neuen Gesetzes auf (Motion Keller, fdp, TG : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 965 ; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 636).
[16] Vgl. Th. Guggenheim, in TW, 156, 7.7.76. Stüdeli : TA, 263, 10.11.76.
[17] M. Lendi, « Kantonale Raumordnungspolitik », in Dokumente und Informationen zur schweiz. Orts-, Regional- und Landesplanung (DISP), 1977, Nr. 44, S. 5 ff. Vgl. auch H. Ringli, « Aufgaben der nationalen Raumplanung », ebd., S. 12 ff.
[18] M. Lendi, « Planung und Planungsrecht », in DISP, 1976, Nr. 43, S. 5 ff. Vgl. auch ders., « Planungsrecht und Eigentum », in Schweiz. Juristenverein, Referate und Mitteilungen, 110/1976, S. 1 ff.
[19] Vgl. Interpellation Ueltschi (svp, BE) : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 965 f.
[20] BBI, 1976, III, S. 568 ff. u. 1549 f. ; Amtl. Bull. NR, 1976, S. 1317 f. ; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 593 f.
[21] NZZ, 61, 13.3.76 ; 65, 18.3.76 ; 67, 20.3.76 ; TA, 65, 18.3.76 ; 67, 20.3.76. Vgl. SPJ, 1974, S. 105.
[22] Initiativen : vgl. oben, Raumplanung. Juristenverein : JdG, 230, 2.10.76 ; NZZ, 232, 4.10.76. Diskussionsgrundlagen : M. Lendi, « Planungsrecht und Eigentum », in Schweiz. Juristenverein, Re/erate und Mitteilungen, 110/1976, S. 1 ff. ; P. Moor, « Aménagement du territoire et propriété privée », ebd., S. 365 ff. ; Th. Bühler, « Neukonzeption des Eigentumsbegriffs und der Eigentumsordnung auf Verfassungsstufe », in Schweiz. Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung, 77/1976, S. 369 ff.
[23] AS, 1976, S. 607 ff.; Presse vom 12.2.76. Vgl. SPJ, 1972, S. 103 f. ; 1973, S. 101 f. 1974, S. 106.
[24] AS, 1976, S. 2389 ff. ; Presse vom 11.11.76. Der bisherige Bundesratsbeschluss über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland wurde dabei durch eine Verordnung ersetzt (vgl. BBl, 1977, I, S. 49 f. und SPJ, 1975, S. 116).
[25] BBI, 1977, I, S. 45 ff. ; Presse vom 23.12.76. Für ein Klagerecht des Bundes setzte sich auch ein Postulat Muheim (sp, LU) ein (Amtl. Bull. NR, 1976, S. 959 f.). Vgl. ferner LNN, 73, 27.3.76 ; NZ, 203, 2.7.76 ; NZZ, 278, 26.11.76 sowie oben, Teil I, 4a (Gesellschaftsrecht).
[26] Neuerstellte Wohnungen in Gemeinden mit über 2000 Einwohnern : 24 581 (1975 : 42 357 1974: 56 897 ; 1973: 61 905) ; baubewilligte Wohnungen in denselben : 22 682 (1975 : 29 863 1974: 45 422 ; 1973: 62 765) ; Leerwohnungen in denselben am 1.12.76: 40 473 = 2,04 % (1975 : 40 224 = 2,05 % ; 1974 : 23 397 = 1,22 %). Vgl. Die Volkswirtschaft, 48/1975, S. 71 ; 49/1976, S. 72 ; 50/1977, S. 69 f. u. 131. Zur Lage im Baugewerbe vgl. oben, Teil I, 4a (Konjunkturlage).
[27] Vgl. SPJ, 1975, S. 117 f. ; ferner NZZ, 3, 6.1.76 ; NZ, 9, 10.1.76 ; LNN, 13, 17.1.76. Zur Mietzinsüberwachung nach Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vgl. Art. 25 der Vollzugsverordnung (Systematische Sammlung des Bundesrechts, 843.1).
[28] Zuschüsse an die Kapitalverzinsung müssen freilich an die Mieter weitergegeben werden (AS, 1976, S. 1111 ff. ; vgl. Presse vom 6.5.76). Ein Antrag aus dem NR, die Renovationsaktion durch die Ausrichtung von einmaligen Baukostenbeiträgen zu beleben, unterlag im StR (Amtl. Bull. NR, 1976, S. 252 ff., 314 f. ; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 113 ff.).
[29] Gesch.ber., 1976, S. 254 ff. ; über Unterschiede zwischen den Kantonen vgl. TA, 9, 12.1.77. Arbeitsbeschaffungsmittel : BBI, 1975, II, S. 210 ; 1976, S. 1089 ; vgl. auch oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik).
[30] AS, 1976, S. 1534 f. Vgl. SPJ, 1969, S. 112 ; 1970, S. 123.
[31] Motion Nauer (sp, ZH) und Einfache Anfrage Kiinzi (fdp, ZH) : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 970 ff. Angefochten wurde vor allem die Voraussetzung, dass die Mietzinse in den unterstützten Wohnbauten anfänglich wesentlich unter den Eigentümerlasten gehalten, dann aber jährlich angehoben und schliesslich zur Rückzahlung der Bundesvorschüsse verwendet werden könnten ; ein solcher Mietzinsplan schrecke die potentiellen Bauherren ab.
[32] Zum Leerwohnungsbestand vgl. oben, Anm. 26. In den 40 Gemeinden, in denen das BIGA Mietpreiserhebungen durchführt, stieg der Durchschnittswert von November 1975 bis Mai 1976 um 1,2 %, von Mai bis November 1976 noch um 0,7 % (Die Volkswirtschaft, 49/1976, S. 668). Vgl. dazu Bund, 7, 11.1.76 ; Tat, 69, 22.3.76 ; 309, 31.12.76 ; ferner R. Loertscher, Eine empirische Untersuchung über die Entwicklung der Mietpreise in der Agglomeration Zürich, Diss. Zürich (1975), sowie SPJ, 1975, S. 118.
[33] Der schweizerische Hauseigentümer, 4, 15.2.76.
[34] NZZ (sda), 72, 26.3.76 (Erklärung des Bundesamtes für Wohnungswesen und des Beauftragten für die Preisüberwachung). Vgl. SPJ, 1972, S. 106 f., sowie R. Müller. Der Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen vom 30. Juni 1972. Diss. Zürich 1976.
[35] Vorstösse : Motionen der SP-Fraktion und NR Grobets (sp, GE) : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 512 f. u. 845 f. Preisüberwachungsbeschluss: SPJ, 1975, S. 68. Initiative: SPJ, 1972, S. 107 ; 1973, S. 103 ; 1975, S. 118. Vgl. auch aus klassenkämpferischer Sicht : Arbeitskollektiv der Roten Hilfe Zürich, S'Mieterbüechli, Zürich o.].
[36] BBI, 1976, II, S. 1345 ff. Zur Revision des Mietrechts im OR vgl. unten, Anm. 39, zum Preisüberwachungsbeschluss SPJ, 1972, S. 63 f.
[37] BBI, 1976, III, S. 849 ff. Nach bisheriger Regelung fehlt ein Kündigungsschutz, wenn zwischen Vermieter und Mieter ein Vergleich zustandekommt, was bei 80 % der Anfechtungen der Fall ist.
[38] Amtl. Bull. NR, 1976, S. 1617 ff. und 1626 ff. (Missbrauchsbeschluss) sowie 1651 ff. (Initiative und Gegenvorschlag).
[39] H. Hausheer, « Die Allgemeinverbindlicherklärung von Kollektivverträgen als gesetzgeberisches Gestaltungsmittel », in Schweiz. Juristenverein, Referate und Mitteilungen, 110/1976, S. 225 ff. Vgl. auch J.-F. Perrin, « Les conventions déclarées de force obligatoire générale en tant que source de droit », ebd., S. 487 ff., sowie SPJ, 1973, S. 104 ; 1974, S. 108.
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